Bilder eines an Demenz erkrankten Künstlers im kirchlich-diakonischen Archivzentrum Bielefeld

Vom 6. bis zum 29. Mai 2011 zeigen das Landeskirchliche Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen und das Hauptarchiv der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel die Wanderausstellung „Ich will Freiheit beim Malen!“ mit Bildern des an Demenz erkrankten Künstlers Eberhard Warns (1927-2007). Die Ausstellung ist in den Archiven am Bethelplatz, im kirchlich-diakonischen Archivzentrum, zu sehen.

Eberhard Warns war Pfarrer der Evangelischen Kirche von Westfalen. Nach beruflichen Aufgaben als Gemeinde-, Schul- und Studentenpfarrer war er von 1980 bis 1989 Leiter der Westfälischen Diakonenanstalt Nazareth und im Vorstand der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. 1927 in Wassenberg im Rheinland geboren, wuchs er seit 1930 in Gütersloh auf, besuchte dort die Schule und wurde als 17-jähriger junger Mann als Soldat in den Zweiten Weltkrieg eingezogen. Erst 1947 konnte er Abitur machen, dann folgte das Theologiestudium. Seine erste berufliche Station führte ihn nach Wetter an der Ruhr, dann war er langjährig als Landeswart der Schülerbibelkreise tätig, später wurde er Gemeindepfarrer in Soest. Als Studentenpfarrer und Religionslehrer am Gymnasium hatte er sich besonders der Pädagogik verpflichtet gefühlt. Seine letzte berufliche Station führte ihn schließlich nach Bethel, als Leiter der Diakonenanstalt Nazareth und Mitglied im Vorstand der heutigen v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Im Ruhestand blieb er zusammen mit seiner Ehefrau in Bielefeld wohnen; hier entstanden auch die Bilder, die in der Ausstellung zu sehen sind. Im Jahr 2007 verstarb Eberhard Warns. Sein Grab befindet sich auf dem Alten Friedhof in Bethel.

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Abb.: Else Natalie Warns, dieWitwe des Künstlers, vor einem Bild ihres Mannes bei der Ausstellungseröffnung in Bethel am 6. Mai (Foto: Paul Schulz/Bethel)

Sein umfangreicher Nachlass mit persönlichen Briefe, Fotos, Alben und Familiendokumenten wird im Landeskirchlichen Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen verwahrt. Neben den Bildern von Eberhard Warns werden in der Ausstellung auch Dokumente und Objekte, die v.a. aus den 1940er Jahren stammen, aus seinem Nachlass gezeigt.

Schon kurz nach seinem Ruhestand erleidet Eberhard Warns im Jahr 1990 einen ersten Schlaganfall; seit 1993 machen sich Verhaltensauffälligkeiten und Gedächtnisverlust bemerkbar, zunehmend verliert er das Gespür für Raum und Zeit. Die Anzeichen seiner demenziellen Erkrankung werden immer deutlicher sichtbar: Wahnvorstellungen, Weglaufen, große Unruhe, ein gestörter Tag-Nacht-Rhythmus, er verliert zeitweise seine Sprachfähigkeit. Eberhard Warns bleibt jedoch aktiv. Mit Unterstützung seiner Ehefrau nimmt er weiterhin an Tagungen und Kongressen teil, veröffentlicht, etwa zum Bibliodrama, ein Themenbereich, in dem er und seine Frau sich einen Namen gemacht haben. Nach einer schweren Hirnblutung im Stammhirn im Jahr 2003 entstehen die Bilder, die in der Ausstellung zu sehen sind. Bereits früher, vor allem in den Ferien, hatte Warns gemalt, meistens Landschaften mit gegenständlichen Darstellungen. Daran will seine Frau anknüpfen. Sie regt ihn zum Malen an, allerdings wie aus seinem vorherigen künstlerischen Schaffen gewohnt, zunächst in kleinen Formaten. Nach seinem nächtlichen Ausruf „Ich will Freiheit beim Malen!“ entstehen seine abstrakten, meist sehr großformatigen Werke.

Gegenläufig zu seiner immer mehr voranschreitenden Krankheit entfaltet Eberhard Warns seine künstlerische Ausdrucksfähigkeit immer weiter und entwickelt ein enormes Potential. Während er unter schwerer Unruhe, Wutausbrüchen und Warnvorstellungen leidet, immer orientierungsloser wird und häufig wegläuft, erlebt er an der Staffelei eine innere Freiheit, wird ein ausdrucksfähiger Mensch und findet zu einer sonst kaum mehr vorhandenen körperlichen Energie und Konzentrationsfähigkeit.

In der Künstlerhaus Lydda in Bethel erfährt Warns professionelle Anleitung bei seiner künstlerischen Gestaltung. Er kann seine Begabung immer weiter fortentwickeln und findet neue künstlerische Ausdrucksformen. Das Malen begleitet ihn stets, ob in der Tagespflege, in der Psychiatrie, im Pflegeheim oder bei der Pflege im häuslichen Umfeld.

Die Bilder in der Ausstellung zeigen sieben verschiedene Formate, in denen Eberhard Warns gemalt hat. Häufig entstanden großformatige Bilder im Ausmaß 100×140 cm, mit formatfüllenden Kompositionen. Kräftige Pinselstriche aus Acrylfarben, feine Linien, oft mit Ölpastellkreise, kennzeichnen viele seiner Werke. Hell-dunkel Kontraste dominieren. In seinen Bildern drücken sich Stationen seines Lebens aus: seine Beziehung zu seiner Frau und seiner Familie. Aber auch traumatische Erlebnisse während des Nationalsozialismus und der Kriegszeit als junger Soldat leiten ihn bei seiner Malerei. Hierzu werden in der Ausstellung ergänzende Dokumente aus seinem Nachlass gezeigt. Die Botschaft seiner Bilder wird von vielen Betrachtern ähnlich wahrgenommen.

Else Natalie Warns (geboren 1930) initiierte noch zu Lebzeiten ihres Mannes eine erste Ausstellung. Als Theaterpädagogin selbst mit künstlerischen Ausdrucksformen bestens vertraut, hat sie die Malerei ihres Mannes stets gefördert und ihn ermutigt. Seit der ersten Ausstellung 2004 wurden die Bilder von Eberhard Warns an vielen Orten im In- und Ausland gezeigt.

Else Natalie Warns hat ihren Mann über die vielen Jahre seiner Demenz stets begleitet und gepflegt, unterstützt von ihren vier Kindern und deren Familien. Mit der Ausstellung möchte sie zur Auseinandersetzung mit dem Thema Demenz anregen und all denen Mut und Hoffnung machen, die privat oder beruflich mit Menschen mit demenziellen Erkrankungen zu tun haben. Ihr Ehemann hat mit der Malerei einen Weg gefunden, trotz der schweren Erkrankung ein positives Lebensgefühl zu behalten und eine neue Ausdrucksform für seine Persönlichkeit zu finden. Sein künstlerisches Schaffen hat ihm geholfen sein Selbstwertgefühl zu behalten und mit seiner Krankheit umzugehen. Der Ehefrau, seiner Familie und seinen Freunden hat die Malerei eine neue Möglichkeit zur Kommunikation eröffnet – wegen des Sprachverlustes auch ohne Worte, im nonverbalen Austausch.

Die Ausstellungseröffnung am 6. Mai in Bethel wurde vorgenommen von Pastor Bernward Wolf (stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Bethel), Kerstin Stockhecke (Leiterin des Bethel-Archivs), Dr. Jens Murken (Leiter des Landeskirchlichen Archivs), Else Natalie Warns (Witwe des Künstlers) und Jürgen Heinrich vom Künstlerhaus Lydda in Bethel.

Ausstellungstitel
Eberhard Warns: „Ich will Freiheit beim Malen!“ Bilder eines an Demenz erkrankten Künstlers

Ausstellungsort
Archive am Bethelplatz
– Hauptarchiv der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
– Landeskirchliches Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen
Bethelplatz 2
33617 Bielefeld
Telefon: 0521/144-3506

Ausstellungszeitraum
6. bis 29. Mai 2011

Öffnungszeiten
Mo-Fr 9.00-16.00 Uhr. Zum Abschluss ist die Ausstellung auch am Wochenende geöffnet: Samstag, 28. Mai von 9.30-17.00 Uhr und Sonntag, 29. Mai von 12.00-16.00 Uhr.

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