Am 13. April 2011 fand im Geschichtsort Villa ten Hompel in Münster eine weitere hochkarätige Veranstaltung im Rahmen der Wanderausstellung „Feind ist wer anders denkt“, die zur Zeit in der Stadthausgalerie gezeigt wird, statt.
Prof. Dr. Hansjörg Geiger, der in der Zeit von 1990 bis 1995 Gründungsdirektor der Stasi-Unterlagenbehörde der ehemaligen DDR in Berlin (BStU) und später Präsident des Bundesnachrichtendienstes war, berichtete von seinen Pionierarbeiten im Umgang mit der Stasi in der DDR. 204 km Aktenmaterial und ein System von über 6 Millionen Karteikarten bauten 90.000 Mitarbeiter und am Schluss fast 190.000 informelle Mitarbeiter (IM) im Laufe der Jahre auf. 12.000 IMs waren auch im Westen aktiv.
Bildunterschrift von l.n.r.: Christoph Spieker, Leiter der Villa ten Hompel, Prof. Dr. Hansjörg Geiger, Gründungsdirektor der Stasiunterlagenhörde, Michael Tillmann, West-Ost-Forum, Horst Wiechers, Gegen Vergessen für Demokratie e. V. (Foto: Villa ten Hompel)
Vor den 50 Zuhörern schilderte er anschaulich die unerwarteten Hürden und großen Erwartungen an seine Tätigkeit in den ersten Monaten des vereinten Deutschlands, als sogar wichtige DDR-Politiker der ersten Stunde als informelle Mitarbeiter enttarnt wurden. Geiger musste mit seinen Behördenmitarbeitern improvisieren, „es war nichts da, nur große Erwartungen“.
Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) wollte die „Wahrheit“ über die eigene Bevölkerung erfahren, um dann nach eigenem Interesse damit umzugehen. Geiger charakterisierte das Verhalten als eine Form von Staatsmobbing, die nicht vor Entführungen und der Zerstörung von Existenzen zurückschreckte. Für die meisten DDR-Bürger war das MfS, die „STASI“, ein Synonym für Willkür, politischen Machtmissbrauch und Unterdrückung. Am 1. März 1990 wurden dann alle Mitarbeiter entlassen und die Behörde aufgelöst.
Es war das Verdienst der Bürgerbewegung, versicherte Geiger, dass die Akten nicht vernichtet wurden und heute international beispielhaft für eine Aufarbeitung zur Verfügung stehen. Das konnte er kürzlich in Ägypten auch persönlich erfahren. Allerdings bleibt es eine große Herausforderung z.B. die 10.000 meterhohen Säcke mit handzerrissenem Material wieder zusammenzusetzen.
Nach dem Ende der DDR bewegte die Menschen, wie intensiv die Bespitzelung mit Hilfe von „Inoffiziellen Mitarbeitern“, in das nächste Lebensumfeld der Betroffenen hineinwirkte. Die Stasi ließ sogar in Kindergärten das Sandmännchen malen, um festzustellen in welchen Familien das Westfernsehen gesehen wurde. Der Zugang zu den Akten der Staatssicherheit ist auch deswegen wichtig, betonte Geiger, um zu wissen, welchen Einfluss das MfS auf das Leben der Betroffenen genommen hatte und wem man vertrauen konnte. Eine Aufgabe die noch weitergeführt werden muss, das zeigen auch die bisher über 6 Millionen Auskunftsersuchen, die bisher an die ehemalige Gauck und jetzige Jahn-Behörde gestellt wurden.
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