Über Jahrhunderte hinweg haben Angehörige von Patrizierfamilien die Geschicke der Reichsstadt Ulm und ihres großen Herrschaftsgebiets gelenkt. Seit dem 16. Jahrhundert durchweg in den Adelsstand erhoben, waren sie Politiker, Gelehrte, Militärs, Geistliche, Stifter und Bauherren. Bis 1819 bekleideten die Patrizier alleine die Bürgermeister und die anderen leitenden Ämter der Stadt. Ihre Wappen zieren bis in die Gegenwart das Ulmer Münster und das Rathaus. Exponate aus dieser Zeit sind in einer kleinen, aber hochkarätigen Ausstellung vom 3. bis 30. März 2011 im Haus der Stadtgeschichte Ulm zu sehen.
Die einzige Ansicht der mittelalterlichen Burg im heutigen Ulmer Stadtteil Böfingen ist das farbigste Stück der neuen Sonderausstellung im Schwörhaus. Deren Thema "Ulmer Patrizier im Spiegel ihrer Privatarchive" bringt es freilich mit sich, dass dort schriftliche Dokumente dominieren. Jenes Bild bleibt also eine Ausnahme, und es kommt auch nicht aus den patrizischen Privatarchiven, die das Stadtarchiv Ulm verwahrt. Es zeigt jedoch, zu welchen Entdeckungen das Sichten und Ordnen dieser Bestände führen kann – vor allem, wenn dies durch einen findigen Historiker wie Dr. Stefan Lang geschieht.
Der stieß beim Durchforsten des Nachlasses der Familie Neithardt auf die Akten eines Prozesses aus dem Jahr 1495, über den er mehr erfahren wollte. Also forschte er im Hauptstaatsarchiv Stuttgart weiter – und fand in den dortigen Prozessunterlagen die älteste bekannte Darstellung Böfingens sowie Pfuhls und des Striebelhofes jenseits der Donau. – Lang erarbeitet eine Publikation zu der Geschichte der Patrizier, die bis zum Jahresende 2011 abgeschlossen sein soll.
Unter den in der Ausstellung präsentierten Exponaten sind zudem mit der Urkunde zur Einrichtung der Neithardtkapelle von 1437 das einzige erhaltene Gründungsdokument für eine Münsterkapelle zu sehen und eine spätmittelalterliche „To-do-Liste" vermittelt das umfangreiche Alltagsgeschäft eines Ulmer Stadtschreibers und enthält zugleich die schriftliche Ersterwähnung des Safranberges. Das abgewetzte Reisetagebuch des Anton Schermar aus den 1620er Jahren gibt Einblicke in die Ausbildungswege der Ulmer Elite, kaiserliche Privilegien belegen den Adelsstand der Patrizier und Bauzeichnungen mit den zugehörigen Handwerkerquittungen die Arbeiten an ihren repräsentativen Stadthäusern und Landgütern.
Link: Online-Katalog des Stadtarchivs Ulm zu den Patrizierfamilien
Kontakt:
Haus der Stadtgeschichte – Stadtarchiv Ulm
Schwörhaus
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Quelle: Stadt Ulm, Pressemitteilung; Henning Petershagen, Südwest Presse, 4.3.2011