Zwei Archive unter einem Dach: Die Evangelische Kirche von Westfalen (EKvW) und die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel haben ihre beiden Archive am Standort Bethelplatz zusammengeführt. Das neue Archivzentrum für Kirche und Diakonie mit Magazinbau, Lesesaal, Ausstellungsflächen, Seminarräumen und Büros ist am 31. Januar 2011 von Präses Alfred Buß und Pastor Ulrich Pohl offiziell eröffnet worden.
Für Bethels Vorstandsvorsitzenden Ulrich Pohl ist die Eröffnung des neuen Archivzentrums ein Beispiel für die gute Zusammenarbeit zwischen der Landeskirche und Bethel. „Es belegt auf eindrucksvolle Art und Weise die enge Zusammengehörigkeit von Kirche und Diakonie“, so Pohl. Es sei „wohl einmalig, dass eine Landeskirche und ein diakonisches Unternehmen gemeinsam ein solches Projekt geplant, finanziert und verwirklicht haben“.
Abb.: Eingangsfront der Archive am Bethelplatz
Betheler Bekenntnis und Barmer Theologische Erklärung
Im Archivzentrum für Kirche und Diakonie werden Dokumente mit überregionaler Bedeutung aufbewahrt – unter anderem das Original der Barmer Theologischen Erklärung von 1934 sowie das „Betheler Bekenntnis“, ein Vorläufer der Barmer Erklärung. „Sich daran zu erinnern, sich kritisch mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen und von solch eindrucksvollen Zeugnissen der Vergangenheit für gegenwärtiges Handeln zu lernen – das ist Aufgabe und Zweck des neuen Archivs.“ Präses Alfred Buß, der leitende Theologe der Evangelischen Kirche von Westfalen, ergänzte: „Wir verstehen nicht, wer wir sind, wenn wir nicht verstehen, wie wir dazu geworden sind. Dabei hilft der westfälischen Landeskirche dieses Archiv.“
Respekt vor der eigenen Geschichte
Oberkirchenrat Dr. Vicco von Bülow (Evangelische Kirche in Deutschland, Hannover) warf in seiner Festrede „Allerley kleine Papiere … von gar keiner Bedeutung“ einen etwas anderen Blick auf das Archivwesen. Einen quasi respektablen: „Wenn sich die Kirche ein Archiv wie dieses leistet, dann signalisiert sie damit: Wir schauen mit Aufmerksamkeit zurück auf die Menschen, deren Papiere wir in diesem Archiv aufbewahren. Wir haben Respekt vor unserer eigenen Geschichte. Wir wollen diese Geschichte nicht vergessen oder vernachlässigen. Wir wollen aus ihr lernen, soweit das geht. Wir wollen das Gute in ihr fortführen oder wiederholen. Im Reich Gottes gibt es ja bekanntlich kein Copyright. Wir wollen aber auch das Schlechte nicht verschweigen, wollen aufzeigen, was falsch gelaufen ist, um es zukünftig zu vermeiden. Kirchengeschichte ist auch Schuldgeschichte.“
"Liebesheirat am Bethelplatz"
Mit Freude und Augenzwinkern blickten Dr. Jens Murken, der Leiter des Landeskirchlichen Archivs, und Hauptarchiv-Leiterin Kerstin Stockhecke auf ihre „Liebesheirat am Bethelplatz“ (Westfalen-Blatt). Der Kern dieser medialen Schlagzeile sei durchaus wahr, scherzten die beiden: „Und wie es sich für eine gute Eheschließung gehört, ging eine längere Verlobungszeit dieser voran. Wir haben in dieser Zeit festgestellt, dass wir über viele gleiche Interessen verfügen: Wir hängen unser Herz gern an Dinge. Wir sammeln, aber längst nicht alles, sondern sondern aus. Wir schaffen und bewahren Kulturgut nicht für Bethel und die Landeskirche, sondern für die Gesellschaft von morgen. Weniger pathetisch gesprochen, es handelt sich um: Verwaltungsakten, Bauzeichnungen, Kirchenbücher, Fotos und Filme, ja selbst Dateien und Digitalisiertes. Unsere gesamte Aussteuer haben wir jetzt aus unseren Single-Lofts an der Mauerstraße in der Bielefelder Innenstadt und am Königsweg unten am Betheleck nebenan am Bethelplatz zusammengeführt. Wir haben nunmehr 11.000 laufende Meter in unseren neuen Zweckbau überführt. Dieser hat Platz für 22 km Archivgut und verfügt über tolle klimatische und logistische Bedingungen für die dauerhafte Sicherung unseres Hausstandes.“
Klaus Winterhoff, der Juristische Vizepräsident der westfälischen Landeskirche und Stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrates der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, erinnerte in seiner Begrüßung an Professor Dr. Bernd Hey: „Einer weilt nicht mehr unter uns, für den heute ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung gegangen wäre.“ Der langjährige Leiter des Landeskirchlichen Archivs war nach langer schwerer Krankheit am 27. Januar 2011 im Alter von 68 Jahren verstorben.
Hintergrund
Mit 5.000 Umzugskartons und 40.000 Archivkartons ist das Landeskirchliche Archiv Bielefeld von der Ritterstraße nach Bethel gewandert. Auf 15.000 laufenden Metern wird hier Archivgut der Landeskirche und ihrer Einrichtungen aufbewahrt, aber auch Nachlässe von kirchlich bedeutenden Persönlichkeiten. Überregionale Bedeutung haben die Sammlungen zum Kirchenkampf in der NS-Zeit. Dazu gehört das Original der Barmer Theologischen Erklärung von 1934. Hinzu kommt Schriftgut von Kirchengemeinden, das oft ungeordnet in Kellern oder auf Dachböden lagerte. Viele Gemeinden lassen es im Landeskirchlichen Archiv deponieren. Diese Dokumente reichen oft sehr weit zurück: „Zu unseren Schätzen zählen 847 Urkunden aus der Zeit seit 1222, die wir für die Kirchengemeinden verwahren“, erklärt Archivleiter Dr. Jens Murken.
Das Hauptarchiv Bethel verfügt über 3.300 laufende Meter, von denen gut 2.000 belegt sind. Der Platz müsste für etwa zehn Jahre ausreichen. Im Bereich des Hauptarchivs dokumentieren vor allem Verwaltungsakten die Geschichte der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel seit 1867 sowie die Entwicklungen der Betheler Stiftungen Sarepta und Nazareth.
Link: Fotostrecke von der Eröffnung der Archive am Bethelplatz
Kontakt:
Landeskirchliches Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen
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33617 Bielefeld
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Quelle: EKvW, Online-Redaktion, Pressemitteilung, 31.1.2011