Zwei Parlamente berieten am 20. September 1990 über dasselbe Gesetz, das "Gesetz zu dem Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertrag". Den Einigungsvertrag hatten erst eine Woche zuvor die Verhandlungsführer der zwei deutschen Staaten – Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und DDR-Staatssekretär Günther Krause – unterzeichnet. Sowohl der Bundestag als auch die Volkskammer mussten dem Vertrag, der auch viele Grundgesetzänderungen vorsieht, nun mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen.
In der DDR-Volkskammer stimmen 299 Abgeordnete für den Vertrag. 80 Abgeordnete aus den Reihen der PDS und der Fraktion Bündnis90/Die Grünen stimmen dagegen. Ein Abgeordneter enthält sich. Die Nachricht erreicht den Bundestag in Bonn. Bei der namentlichen Abstimmung im Bundestag stimmen 440 Abgeordnete für den Einigungsvertrag. Die 47 Gegenstimmen stammen aus der Fraktion Bündnis90/Die Grünen und von 13 Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion. Drei Abgeordnete enthalten sich. Das Gesetz war damit angenommen. Einen Tag später, am 21. September 1990, stimmte auch der Bundesrat dem Gesetz einstimmig zu. Der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker unterzeichnete das Gesetz am 23. September 1990. Am 3. Oktober trat der Einigungsvertrag in Kraft.
Der Bundestag musste gleichzeitig zum Einigungsvertrag auch über die so genannte Vereinbarung vom 18. September 1990 abstimmen. Darin ging es um den Umgang mit den Stasi-Akten. Die DDR-Volkskammer hatte am 24. August 1990 das "Gesetz zur Sicherung und Nutzung der personenbezogenen Akten" des Ministeriums für Staatsicherheit (Stasi) beschlossen. Bürgerrechtler der DDR forderten, dass ein solches Gesetz zum Umgang mit den Stasi-Akten auch in den Einigungsvertrag aufgenommen werden sollte.
Nachdem dies jedoch nicht geschah und der Plan bestand, die Akten 30 Jahre lang ins Bundesarchiv zu \’sperren\‘, kamen Proteste auf. Am 4. September 1990 besetzten Bürgerrechtler die Räume der ehemaligen Stasi-Zentrale in Berlin und traten in den Hungerstreik. Am 18. September 1990 vereinbarten Wolfgang Schäuble und Günther Krause schließlich eine Zusatzklausel zum Einigungsvertrag zum Umgang mit den Stasi-Akten. Hierin wurde festgeschrieben, dass der Bundestag nach der Wiedervereinigung ein entsprechendes Gesetz schafft.
Das "Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik" (Stasi-Unterlagen-Gesetz) wurde am 20. Dezember 1991 vom Bundestag verabschiedet. Es regelt die Verwendung der Akten des Ministeriums für Staatssicherheit und der Akten des Geheimdienstes der DDR.
Quelle: Bundestag, Wegmarken Teil 10, 17.9.2010