Einen auf den ersten Blick ungewöhnlichen Dokumentenschatz hat jetzt die AOK-Regionaldirektion Steinfurt/Borken an das Kreisarchiv Borken übergeben. Im Keller des Kreishauses sind nun zum Beispiel Protokollbücher der leitenden Gremien der Ortskrankenkassen, Unterlagen zu den Sozialwahlen, Satzungen, Haushaltspläne, Rechnungsunterlagen und Geschäftsberichte der ehemaligen Ortskrankenkassen im Kreis zu finden. „Diese Unterlagen bieten Forschern viele interessante Möglichkeiten", erklärt Landrat Dr. Kai Zwicker. „Die Dokumente geben einen Einblick in die Geschichte des Gesundheitswesens und gleichzeitig der Wirtschaft im Westmünsterland." Der Landrat dankte dem LWL-Archivamt für Westfalen für die Sichtung und Ordnung der Dokumente. Finanziert hat diese Arbeit die AOK. Winfried Sessing von der Regionaldirektion Steinfurt/Borken der AOK war bei der Übergabe dabei.
Foto: Hans-Jürgen Höötmann (Mitte) und Nicola Bruns (2. v.r.) vom LWL-Archivamt übergaben die Dokumente mit Winfried Sessing von der AOK-Regionaldirektion Steinfurt/Borken (2.v.l.) an Landrat Dr. Kai Zwicker und Archivleiterin Renate Volks-Kuhlmann (Foto: Kreis Borken)
Die Allgemeinen Ortskrankenkassen in Westfalen-Lippe wurden nach Inkrafttreten des Bismarckschen Krankenversicherungsgesetzes 1884 auf der Ebene der Gemeinden gegründet. Im Laufe der Zeit wurden sie zu immer größeren Verwaltungsstellen zusammengelegt und passten sich so in etwa dem Zuschnitt der Kreise und kreisfreien Städte an. Die einzelnen Kassen waren bis zu ihrer Fusion zur AOK Westfalen-Lippe im Jahr 1994 rechtlich selbstständig und besaßen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung auf lokaler und regionaler Ebene eine starke Stellung.
„Daher ist eine Sicherung der Überlieferung der ehemals selbstständigen Kassen und die damit verbundene Ermöglichung sozial- und wirtschaftsgeschichtlicher Forschungen von hohem Wert", betont Hans-Jürgen Höötmann vom Archivamt des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Seine Kollegin Nicola Bruns übernahm im Kreis Borken die Aufbereitung des historischen Schriftgutes der ehemaligen AOK Borken und ihrer Vorläufer. Der nun übergebene Aktenbestand umfasst den Zeitraum von 1913 bis 1994 und hat mit 158 Archiveinheiten einen Umfang von etwa 3,5 laufenden Metern.
Die Unterlagen geben Auskunft über die Organisation der Krankenversicherung, die Ausgestaltung sozialer Sicherheit bei der Leistungsentwicklung sowie die demokratische Mitbestimmung der Versicherten und Arbeitsgeber. Sie lassen beispielsweise Rückschlüsse auf die öffentlich-rechtliche Daseinsvorsorge im Krankheitsfall zu.
Wie im Kreis Borken bewahren mittlerweile auch viele andere Stadt- und Kreisarchive das Schriftgut ehemaliger Allgemeiner Ortskrankenkassen in Westfalen-Lippe auf. So lassen sich die Quellen auch für vergleichende Untersuchungen nutzen. Mit der Übernahme des historischen Schriftgutes der ehemaligen AOK Borken verfügt das Kreisarchiv Borken nun einen bedeutenden Quellenfundus für die lokale und regionale Sozial- und Wirtschaftsgeschichte – einen Archivschatz, der gehoben werden will. Interessierte, die sich mit der Entwicklung des Gesundheitswesens im Westmünsterland auseinandersetzen möchten, können sich an die Leiterin des Kreisarchivs, Renate Volks-Kuhlmann, wenden.
Kontakt:
Kreisarchiv Borken
Renate Volks-Kuhlmann
Burloer Str. 93
46325 Borken
Tel.: 02861/821347
Fax: 02861-82-1341
r.volks-kuhlmann@kreis-borken.de
Quelle: Pressedienst des Kreises Borken, 21.7.2010;