Archivmäuse sind grau? Weit gefehlt. Im Lesesaal des Hauptstaatsarchivs Weimar steppten die Steppkes in Phantasieroben, was keinen Vergleich mit Ärmelschoner-Beschaulichkeit zuließ. Seit dem 11. Januar 2010 öffnet das Goethe- und Schillerarchiv als Untermieter im Hauptstaatsarchiv seine Pforten, weshalb es gestern zweierlei zu feiern gab: Die Gastfreundschaft unter Archivaren sowie die Übergabe bunter Fenster gegen triste Bauzäune.
Es geht nicht um irgendein Archiv. Es geht um das älteste Literaturarchiv des Landes und um die Kronjuwelen der Klassikstiftung. Die Unterbringung im Marstall macht es möglich, dass die Bestände des Goethe- und Schiller-Archivs während der Sanierung bis 2011 für die Forschung zugänglich sein werden: die originalen Manuskripte zu Goethes Faust, den Briefwechsel Goethes mit Schiller und die Briefe Goethes an Frau von Stein und mehr, summa summarum ein Regalkilometer Archivgut liegt unter denkbar besten klima- und sicherheitstechnischen Bedingungen verwahrt, 500 Meter Luftlinie entfernt in ihrem Übergangsrefugium, dem Thüringer Hauptstaatsarchiv.
Archivare hätten eine Abneigung gegen das Chaos und seien eine weltweit verschworene Organisation, weshalb der Direktor des Hauptstaatsarchivs, Bernhard Post, die Kooperation beider Einrichtungen als ein gelungenes Beispiel für Kollegialität nannte. So hat er nicht nur ein komplettes Magazin für die Goethe- und Schiller-Zimelien freigeräumt, sondern darüber hinaus Platz für Karteien, Arbeitsmittel und einen Lesesaal für Benutzer. Sein Archiv-Kollege vom anderen Ilm-Ufer, Bernhard Fischer, dankte für die Gastfreundschaft, die so unbürokratisch gewährt worden sei.
Dabei leben auch die Marstall-Archivare auf einer Baustelle: Im Herbst 2009 begann der dritte Bauabschnitt an dem Gebäude. Etwa zehn Millionen Euro würden investiert, um weitere Magazinräume zu schaffen. So ist der große Bauzaun zu erklären, der den Lesesaal schützen soll. An dessen Fenster sind seit gestern die vergrößerten Bilder zu sehen, die fast 20 Kinder der Mal- und Zeichenschule unter Anleitung von Christel Schöne malten. "Kostümparcours durch die Zeiten" heißt die Schau, die einen deprimierenden Blick auf eine mit Brettern vernagelte Welt verhindert. Einige Kinder sowie Mitglieder des Modetheaters "Gnadenlos schick" von Christel Schöne nutzten die Übergabe für eine skurrile Modeshow. Als Archivmaus schenkte Bernhard Post den Kindern Süßigkeiten: "Süße Mäuse".
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Quelle: Thorsten Büker, TLZ, Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, 11.1.2010