Vor genau sechs Monaten, am 3. März 2009, stürzte das Historische Archiv der Stadt Köln ein. Der Kölner Stadt-Anzeiger nimmt dies zum Anlass, einen zusammenfassenden Überblick über den Stand der Dinge zu geben.
1. Wie viel Archivgut konnte bislang geborgen werden?
Rund 85 Prozent sind nach den Worten von Archiv-Direktorin Bettina Schmidt-Czaia inzwischen gesichert worden. Davon seien 35 Prozent schwer beschädigt, 50 Prozent wiesen mittlere Schädigungen auf, lediglich 15 Prozent seien leicht geschädigt. Schmidt-Czaia geht davon aus, dass aus dem Grundwasser weitere zehn Prozent des Archiv-Materials geborgen werden können. Darunter befänden sich unter anderem Handschriften der Komponisten Giuseppe Verdi und Engelbert Humperdinck. Der Rat hat Anfang August 2009 vier Millionen Euro zur Verfügung gestellt, damit nach einer Sicherung der Grube durch Stahlwände diese Archivalien mit einem Spezialbagger ans Tageslicht geholt werden können. Die Verwaltung rechnet damit, dass diese Arbeiten in etwa 15 Monaten abgeschlossen sein können.
2. Wo lagert das geborgene Archivgut jetzt?
Derzeit gebe es zwanzig "Asyl-Archive". Darunter sind das Archiv des Erzbistums Köln und die Diözesanbibliothek, die Archive verschiedener Landschaftsverbände, das Archiv der Uni Münster, das Archiv der Friedrich-Naumann-Stiftung in Gummersbach, das Landesarchiv Schleswig-Holstein und einige mehr.
3. Ist schon mit der Restaurierung einzelner Archivalien begonnen worden?
Laut Schmidt-Czaia sind drei Stücke in der Werkstatt des Stadtarchivs Neuss wiederhergestellt worden, die jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollen, „damit man sieht, was alles möglich ist“.
4. Wie lange wird die Restaurierung dauern und wie teuer wird sie sein?
„Wir gehen von 30 bis 50 Jahren aus“, sagt die Direktorin. Die Kosten schätzt sie „auf einen hohen dreistelligen Millionenbereich“, in der Vergangenheit war schon einmal die Summe von 350 Millionen Euro genannt worden. Zur Finanzierung ist unter anderem die Gründung einer Stiftung geplant. Aber für Schmidt-Czaia ist die Restaurierung „eine nationale Aufgabe“, an der sich auch Bund und Land beteiligen müssten.
5. Wo wird das neue Stadtarchiv stehen?
Die Verwaltung schlägt einen Standort am Eifelwall vor, die Politik muss nun darüber entscheiden. Nach derzeitigem Stand geht Schmidt-Czaia davon aus, dass das neue Haus im Jahr 2014 steht.
6. Wann werden die Arbeiten an der Unglücksbaustelle Waidmarkt fortgesetzt?
KVB-Vorstandssprecher Jürgen Fenske kann noch keinen Termin nennen: Der Zeitpunkt des Weiterbaus hänge unter anderem davon ab, wann die Bergung der Archivalien endgültig abgeschlossen und in welchem Zustand das Bauwerk sei. Davon hänge auch die Sanierungsplanung ab, die bereits angelaufen sei. Ebenso steht noch nicht fest, mit welchem Verfahren gebaut wird: denkbar sind Arbeiten unter Druckluft, eine Vereisung oder eine Betonierung unter Wasser.
7. Verzögern diese Arbeiten die Inbetriebnahme der Nord-Süd-Stadtbahn?
Ursprünglich war Ende 2010 angepeilt, jetzt ist selbst 2013 fraglich. An allen anderen Baustellen liefen die Arbeiten planmäßig weiter.
8. Wie viele Gutachter sind zur Ermittlung der Schadensursache eingeschaltet?
Laut Fenske fünf: Drei ermitteln im Auftrag der Staatsanwaltschaft, ein Gutachter von der Universität Kassel im Rahmen des gerichtlichen Beweissicherungsverfahrens, das die KVB eingeleitet hat, und ein Sachverständiger einer Tüv-Tochter im Auftrag der KVB. Nach den Worten von Günther Feld, Sprecher der Staatsanwaltschaft, ist derzeit „nicht absehbar“, wann die Ermittlungen zur Unglücksursache abgeschlossen sein werden.
Links: Bilder und Filme zum Einsturz des Archivs unter
Quelle: Matthias Pesch, KSTA, 2.9.2009