4. Internationale Sommerschule im DLA Marbach

Im Schillerjahr 2009 richtet sich der Blick auf das Verhältnis von Literatur, Anthropologie und Psychologie von der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. In der fortschreitenden Aufklärung entwickeln sich neue Sichtweisen auf Seele, Körper und Geist. Wie verschränken sich literarische Verfahren und philologische Beobachtung, Medizin, Evolutionsbiologie und Psychologie, wenn vom Menschen die Rede ist? Welchen Einfluss üben die Erkenntnisse in der Geschichte der Humanwissenschaften auf die Philologien aus? Wo lassen sich Periodisierungen ansetzen, welche Deutungskonflikte entstehen? Im Rahmen der 4. Internationalen Sommerschule, die vom Sonntag, 19. Juli, bis Freitag, 06. August 2009 im Deutschen Literaturarchiv Marbach stattfindet, greifen einundzwanzig Stipendiatinnen und Stipendiaten aus aller Welt (China, Côte d’Ivoire, Deutschland, Frankreich, Italien, Kanada, Rumänien, Russland, Togo, Ungarn und USA) diese Fragestellungen auf. Gemeinsam mit elf Dozentinnen und Dozenten erarbeiten sie anhand ausgewählter Texte entscheidende Themenkomplexe, die sich aus literarischen und philosophischen Beschreibungen des Menschen zwischen 1800 und 2000 ergeben. 

Neben dem Seminarprogramm werden die Stipendiaten mit dem Marbacher Campus und dessen Geschichte sowie der Arbeit der einzelnen Abteilungen vertraut gemacht. Sie erhalten Einführungen in die Quellen- und Handschriftenkunde, in die Arbeitsweisen eines Literaturarchivs sowie in die Hilfsmittel und Kataloge und erarbeiten ein begrenztes Thema anhand der Bestände der Bibliothek, der Dokumentationsstelle und der Handschriftenabteilung. Die Ergebnisse werden bei einem Abschlusssymposium am 6. August 2009 vorgestellt. Während der Sommerschule liest die Gegenwartsautorin Dagmar Leupold aus ihren aktuellen Arbeiten und diskutiert mit den Stipendiaten im geschlossenen Seminarkreis.

Den Auftakt einer Abendvortragsserie bestreiten in der ersten Seminarwoche die Wissenschaftler Dr. Thomas Schmidt (Marbach), Dr. Stefan Börnchen (Luxemburg) und Prof. Dr. Jochen Hörisch (Mannheim). Prof. Dr. Liliane Weissberg (Pennsylvania) wird anlässlich der Sommerschule am Internationalen Zentrum für Kultur- und Technikforschung der Universität Stuttgart sprechen. Die Abendveranstaltungen sind öffentlich und beginnen jeweils um 20.00 Uhr. Der Eintritt ist frei. Die Marbacher Sommerschule ist ein gemeinsames Projekt des Deutschen Literaturarchivs Marbach, der Universität Stuttgart, des King’s College London, der University of Pennsylvania, Philadelphia und des DAAD. Sie wird von Dr. Marcel Lepper (DLA Marbach), Prof. Dr. Liliane Weissberg (University of Pennsylvania) und Prof. Dr. Horst Thomé (Universität Stuttgart) geleitet. Eröffnet wurde die 4. Internationale Sommerschule am Sonntag, 19. Juli 2009, im Deutschen Literaturarchiv Marbach durch die Vertreter der beteiligten Institutionen. 

Kontakt
Deutsches Literaturarchiv Marbach
Handschriftenabteilung
Dr. Marcel Lepper 
Postfach 1162
71666 Marbach am Neckar
Tel.: 0 7144 / 848 – 171 
Fax: 0 7144 / 848 – 191 
Marcel.Lepper@dla-marbach.de 

Quelle: Pressemitteilung DLA Marbach, 13.7.2009

Schön anzusehen – bauhaus-archiv

Bauhaus-Archiv im Rohbau, Sheds Leer, hell und von Licht durchflutet – das Bauhaus-Archiv/Museum für Gestaltung zeigt sich in diesem Sommer offen wie nie: Als Museum ohne Exponate werden die Ausstellungshallen erstmals wieder in ihrem ursprünglichen Zustand präsentiert. Unter dem Titel \“schön anzusehen – bauhaus-archiv\“ eröffnen sich vom 22. Juli bis 4. Oktober 2009 in den bisher aus konservatorischen Gründen abgedunkelten Museumsräumen neue Ausblicke und Perspektiven. Durch die zum Landwehrkanal geöffnete Fensterfront und die freigelegten Oberlichter der markanten Shed-Dächer wird das Bauhaus-Archiv zu einem besonderen Objekt der gleichzeitig laufenden Ausstellung \“Modell Bauhaus\“ im Martin-Gropius-Bau. Künstlerische Interventionen, Film, Musik und Podiumsgespräche rücken das letzte von Walter Gropius entworfene Gebäude selbst in den Mittelpunkt einer lebendigen Auseinandersetzung mit dem Bauhaus.

Als \“verkorkstes Alterswerk\“ bezeichnete der Bauhaus-Schüler Max Bill das Bauhaus-Archiv und verschärfte damit die Diskussion in den Medien zur Eröffnung des Hauses im Dezember 1979. Mit einer Dokumentation über Max Bill beginnt auch die Filmreihe \“Architektur im Film\“. Wo immer Bill das Schicksal in die Quere kam, waren es Momente der Herausforderung – ein Leben des Scheiterns und des Erfolgs (Sa, 31.07., 20.30 Uhr).
Die bildgewaltige Dokumentation \“Die Erde von Oben\“ basiert auf dem gleichnamigen Bildband des Fotografen Yann Arthus-Bertrand. Mit Spezialeffekten und Bildanimationen erzählt der Film von einer unabdingbaren Versöhnung zwischen Mensch und Natur (Sa, 22.08., 20.30 Uhr).

Zum Konzert-Raum wird die leere Ausstellungshalle an fünf Abenden: Unter dem Titel Klangraum werden zeitgenössische Positionen vorgestellt. Ein eigenes Mendelssohn-Universum erschafft Michael Schiefel, einer der vielseitigsten und schillerndsten Jazzmusiker und jongliert im Bauhaus-Archiv zusammen mit Carsten Daerr am Klavier mit Motiven und Themen (Mo, 31.08., 19.30 Uhr).

Mit Podiumsgesprächen zu aktuellen Themen aus Kunst, Architektur und Design bietet das Bauhaus-Archiv eine Plattform für die kritische Kontextualisierung des Bauhauses in der Gegenwart.

Zusammen mit dem DMY – International Design Festival Berlin vergab das Bauhaus-Archiv Anfang Juni zum ersten Mal den DMY-Award. Die Gewinner und Nominierten werden in der DMY Jury Selection vom 8. bis 31. August 2009 präsentiert. An fünf Tagen lässt das Künstlerkollektiv raumlaborberlin das leere Gropius-Gebäude mit dem Vordach des Hauses der Elektroindustrie am Alexanderplatz in Dialog treten (27. – 31.08.). Die Einreichungen des CODE Plakatwettbewerbs zu Berlin als UNESCO City of Design gibt es im September zu sehen (05.09. – 10.09.).

Schnitten, Stullen, Bemmen – beim Picknick für Puristen lädt das Bauhaus-Archiv zum Verweilen rund um das leere Gebäude am Landwehrkanal ein. 

Programm:

Architektur im Film:
31.07. Max Bill – Das absolute Augenmaß
01.08. Bird`s Nest – Herzog & de Meuron in China
21.08. Tall – Die amerikanischen Wolkenkratzer und Louis Sullivan
22.08. Die Erde von Oben
11.09. My Architect: A Son\’s Journey
12.09. Rem Koolhaas – A Kind of Architect
25.09. Sketches of Frank Gehry
26.09. Berlin Babylon
> jeweils 20.30 Uhr

Kunst, Architektur und Design im Diskurs:
23.07. Drei in eins: Das Bauhaus in Weimar, Dessau und Berlin
06.08. Bauhauskommunikation
20.08. Berlin – Stadt der Moderne
10.09. Design aus Berlin
24.09. Architektur- und Designausbildung heute!
> jeweils 20.00 Uhr

Konzerte: 
25.07. Klangraum Bauhaus-Archiv
15.08. Klangraum Bauhaus-Archiv
31.08. Jüdische Kulturtage: Michael Schiefel spielt (mit) Mendelssohn
03.09. Jüdische Kulturtage: Mendelssohn: Klaviertrios
19.09. Klangraum Bauhaus-Archiv
> jeweils 19.30 Uhr

Sonderveranstaltungen:
22.07. Vernissage: schön anzusehen – bauhaus-archiv (19 Uhr)
08.08. DMY Sommerfest (19 Uhr)
29.08. Lange Nacht der Museen
05.09. CODE Plakatwettbewerb: UNESCO City of Design
12.09. Tag des Offenen Denkmals
04.10. Finissage: schön anzusehen – bauhaus-archiv (19 Uhr)

Präsentationen:
08.08. – 31.08. DMY Jury Selection 2009
05.09. – 10.09. CODE Plakatwettbewerb: UNESCO City of Design
27.08. – 31.08. Installation von raumlaborberlin

schön anzusehen – bauhaus-archiv
Ein Sommerprojekt des Bauhaus-Archiv/Museum für Gestaltung
22.07. – 04.10.2009
täglich außer dienstags: 10 – 17 Uhr

Eintritt: 3 €, ermäßigt 1,50 €, inkl. Audioguide (Mitglieder frei)
Führungen: 11 Uhr & 15 Uhr, 2 €
Film und Diskussionen: 6 €, ermäßigt 4 €
Konzerte: 15/8 €, ermäßigt 12/6 €

Kontakt
Bauhaus-Archiv/Museum für Gestaltung
Klingelhöferstr. 14
10785 Berlin
Tel.: 0 30 / 25 40 02 0
Fax: 0 30 / 25 40 02 10
bauhaus@bauhaus.de

Quelle: Pressemitteilung Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung, 7.7.2009

Geschichte des österreichischen Lagers Glasenbach aufgearbeitet

„Das Buch über das ‘Lager Glasenbach‘ ist ein weiterer Baustein in der Aufarbeitung der Geschichte. Es schließt eine Lücke in der zeitgeschichtlichen Aufarbeitung der NS-Zeit.“ Das betonte Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller heute, Dienstag, 14. Juli 2009, bei einem Informationsgespräch mit der Ersten Präsidentin des Oberösterreichischen Landtages, Angela Orthner, anlässlich der Präsentation des Buches „Camp Marcus W. Orr Glasenbach als Internierungslager nach 1945“ von Dr. Oskar Dohle und Mag. Peter Eigelsberger im Salzburger Landesarchiv. Landeshauptfrau Burgstaller formulierte ein klares Bekenntnis zur Aufarbeitung der Geschichte. Dies sei auch Antrieb des gemeinsamen Projekts des Salzburger und des Oberösterreichischen Landesarchivs gewesen. „Der zentrale Punkt ist die Öffentlichkeit und die Aufarbeitung der Geschehnisse“, so Burgstaller. Bis in die späten 1980er Jahre habe es in Österreich keine tiefgreifende öffentliche Auseinandersetzung über die Zeit des Nationalsozialismus gegeben, diese sei bedauerlicher Weise erst spät in Gang gekommen. Das sei mit ein Grund, warum Forschungsvorhaben wie etwa das vorliegende Buchprojekt erst im 21. Jahrhundert vorgelegt werden. „Es ist aber nicht zu spät, zu fragen, zu forschen und zu erinnern“, betonte Landeshauptfrau Burgstaller.

„Die Geschichte ist nicht teilbar und kann vor allem nicht verstanden werden, wenn man sie nicht als Ganzes annimmt. Die Jahre von 1938 bis 1945 stehen für einen Zeitraum, in dem unser Land schwerer geprüft wurde als jemals zuvor in seiner Geschichte. Auf den 12. März 1938 folgten Jahre des NS-Terrors und ab September 1939 des Krieges“, sagte Oberösterreichs Landtagspräsidentin Angela Orthner. „Diese Jahre stehen für die beispiellosen Verbrechen des Nationalsozialismus und für den blutigsten Krieg der Menschheitsgeschichte. Oberösterreicher waren Opfer, Oberösterreicher waren Täter, Oberösterreich war Tatort. Uns ist bewusst, dass auch Oberösterreicher Teil der NS-Verbrechensmaschinerie waren, zu Mittätern wurden und Schuld auf sich geladen haben.“ Diese Schuld nehme uns Lebenden noch heute in Haftung.

„Das Leid, das der Nationalsozialismus über dieses Land gebracht hat, lässt sich nicht in Zahlen ausdrücken. Dennoch müssen Zahlen an dieser Stelle genannt werden, um die Dimension der Verbrechen zu verdeutlichen“, betonte Orthner. 200.000 Menschen wurden im Konzentrationslager Mauthausen und in seinen Nebenlagern gequält, mehr als die Hälfte davon ermordet. 30.000 weiteren Menschen wurde der Wert ihres Lebens abgesprochen, sie wurden in Hartheim ermordet. 40.000 Oberösterreicher fielen in Hitlers Angriffskrieg. Mehr als 3.000 am Krieg völlig unbeteiligte Zivilpersonen starben bei Bombenangriffen.

„Oberösterreich ist ein Land, das die dunkelsten Kapitel seiner Geschichte annimmt, wie sie wirklich waren. Wir bekennen uns zu unserer Verantwortung vor der Geschichte“, so Präsidentin Orthner. „Es gehört zu den vordringlichsten Aufgaben in unserem Land, das Wissen darüber zu vermitteln und das Bewusstsein für das ganze Ausmaß der geschichtlichen Last wach zu halten. Insbesondere müssen wir daran erinnern, dass hinter den Verbrechen der damaligen Zeit ein Ungeist stand; ein Ungeist, der die Verhöhnung und Zerstörung aller sichtlichen Normen vorsah, der systematisch Unmenschlichkeit nicht nur zuließ, sondern sogar förderte, ein Ungeist, der so allgegenwärtig war, wie die Diktatur totalitär. Das dürfen und wollen wir niemals vergessen.“ Landtagspräsidentin Orthner formulierte folgende Aufträge:

  • Kein schlampiger Umgang mit der Geschichte. Auch deren dunkelste Kapitel müssen in unser aller Bewusstsein bleiben, aufgeschlagen und aufgearbeitet werden.
  • Auch in einer Demokratie ist Politik Menschenwerk und damit nie fehlerlos. Dennoch darf es trotz aller Probleme und Unzulänglichkeiten keine Alternative zur Demokratie geben. Wir haben unmissverständlich zu ihr zu stehen.
  • Der politische Dialog darf nie abbrechen. Politik braucht Kultur, eine Kultur des Dialogs und eines vernünftigen Miteinanders trotz des notwendigen politischen Wettbewerbs. Politik braucht Anstand, auch in Zeiten harter politischer Auseinandersetzung.
  • Wir müssen alles tun, damit wir jene ökonomischen Fehlentwicklungen verhindern, die in den 1920er und 1930er Jahren den Aufstieg von Radikalen möglich machten. Die Massenarbeitslosigkeit dieser Zeit war ein fruchtbarer Nährboden für den Nationalsozialismus. Eine Politik, die Radikalen keine Chance geben will, darf sich daher nie mit Arbeitslosigkeit abfinden.
  • Wir dürfen nie wieder ein Regime zulassen, dessen Programm Hass, Intoleranz und Herrenmenschen-Wahn waren. Für den Nationalsozialismus zählte nur der Starke. Wir müssen dem eine Gesellschaft entgegensetzen, die alles tut, dass auch die Schwachen ihre Würde nie verlieren. Nie wieder darf zwischen wertem und unwertem Leben unterschieden werden.
  • Wir müssen das Vereinte Europa weiterbauen, das dem ganzen Kontinent Frieden, Freiheit, politische Stabilität und starke Demokratie garantiert – ein Europa, in dem die Menschenrechte zum selbstverständlichen Teil der Verfassung gehören, in dem Fremdenhass und Rassismus keinen Platz haben und in dem nie mehr Menschen ihre Würde abgesprochen wird, weil sie anderen Religionen, Weltanschauungen oder Gesinnungsgemeinschaften angehören.

Das Land Oberösterreich habe in den vergangenen Jahren intensiv an der Aufarbeitung seiner jüngeren Geschichte gearbeitet und dabei auch die dunklen Kapitel der Vergangenheit nicht ausgespart, berichtete Landtagspräsidentin Orthner. So wurden durch das Landesarchiv außer dem Buch über das „Lager Glasenbach“ verschiedene Projekte durchgeführt. „Die Tatsache, dass rund zwei Jahre lang am Stadtrand von Salzburg ein Lager für tausende ehemalige Nationalsozialisten bestand, fand bislang kaum Niederschlag in der wissenschaftlichen Literatur. Von einigen wenigen Aufsätzen abgesehen, widmeten sich nur die gedruckten Erinnerungen ehemaliger Internierter von Camp Marcus W. Orr diesem Thema“, berichtete Dr. Oskar Dohle vom Landesarchiv, gemeinsam mit Mag. Peter Eigelsberger, Autor des Werkes. Selbst die genaue Situierung dieses Internierungslagers blieb in vielen Darstellungen unklar, denn entgegen einem bis heute weit verbreiteten Irrtum befand es sich nicht in Glasenbach (Gemeinde Elsbethen), sondern im Süden der Landeshauptstadt Salzburg, zwischen Alpenstraße und Salzach, im Bereich der heutigen Alpensiedlung, ungefähr zwischen Hans-Webersdorfer-Straße und Ginzkeyplatz.

In diesem Lager unter US-Verwaltung waren von Sommer 1945 bis zu seiner Übergabe an die österreichische Bundesregierung am 5. August 1947 tausende österreichische Nationalsozialisten und Sympathisanten des NS-Regimes (Höchststand im Januar 1947: 8.051) interniert. Bis Januar 1948 wurden dort auf einem Teil des Lagerareals von der US-Armee noch Nationalsozialisten, die während der NS-Zeit schwere strafrechtlich relevante Verbrechen begangen hatten, bei denen aus begründetem Verdacht noch weitere Untersuchungen liefen oder die an ausländische Gerichte ausgeliefert werden sollten, inhaftiert.

„Überlegungen, zu diesem Thema eine grundlegende Publikation zu erstellen, sind im Salzburger Landesarchiv seit Jahren vorhanden“, so Dr. Dohle weiter. Als im Oberösterreichischen Landesarchiv ein ähnliches Forschungsvorhaben bezüglich „Camp Marcus W. Orr“ begonnen wurde, entschlossen sich die beiden Landesarchive zu einem Gemeinschaftsprojekt. Die Forschungen stützten sich dabei zum Großteil auf die Schriftstücke der Landesverwaltungen von Salzburg und Oberösterreich sowie in geringerem Umfang auf Unterlagen österreichischer Bundesstellen, da fast keine schriftliche Überlieferung von US-Behörden zur Verfügung stand. Zusätzlich wurde versucht, durch Zeitzeugen-Befragungen und die Auswertung privater Aufzeichnungen Informationen über die Lebensbedingungen und den Alltag im „Lager Glasenbach“ zu erhalten. Es gelang, neben ehemaligen Lagerinsassen auch einen pensionierten österreichischen Gendarmen, der 1947 zur Bewachung des Lagers eingeteilt war, zu befragen.

Bei den Recherchen wurden in beiden Archiven hunderte Archivkartons durchgesehen, weil es einerseits zum „Camp Marcus W. Orr“ keine geschlossenen Archivbestände gibt, andererseits viele Abteilungen der Landesverwaltungen in den Jahren 1945 bis 1947 mit diesem Thema befasst waren. Diese aufwändigen Recherchen brachten zum Teil spektakuläre Funde, wie etwa einen amerikanischen Lagerplan im Maßstab 1:1.000. Er war eine vielfach unentbehrliche Unterstützung und „Erinnerungshilfe“ bei der Befragung von Zeitzeugen.

Erstmals standen den Historikern die bisher nicht zugänglichen Akten der Sicherheitsdirektion zur Verfügung. Der Schriftverkehr und die Lageberichte dieser Behörde sind für den Zeitraum ab November 1946 erhalten und lieferten viele neue Details, vor allem über die Spätphase des Lagers. In Oberösterreich brachte die Auswertung der Akten des Volksgerichtes Linz, vor dem sich „belastete“ Nationalsozialisten bis 1955 zu verantworten hatten, neue Erkenntnisse vor allem zum Umgang österreichischer Behörden mit dieser Personengruppe. Den beiden Autoren wurde erstmals aus dem Archiv des Internationalen Roten Kreuzes in Genf der schriftliche Bericht über den Besuch einer Rot-Kreuz-Delegation im „Camp Marcus W. Orr“ (Ende August bis Anfang September 1946) zur Verfügung gestellt. Diese überaus detaillierten Aufzeichnungen rundeten die Erkenntnisse zu den Lebensbedingungen im Lager ab.

Ein Schwerpunkt der Untersuchungen lag neben der Einbindung von Zeitzeugenberichten auf der Darstellung der Ernährungssituation sowie der hygienischen Bedingungen im Lager. Eingehend wurden die wöchentlichen „Hygiene-Berichte“, die „Medizinischen Wochenberichte“ sowie die Protokolle der „Compoundärztebesprechungen“ einer wissenschaftlichen Analyse unterzogen. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf dem Lagerspital, wo prominente inhaftierte Ärzte eine medizinische Versorgung auf höchstem Niveau sicherstellten und auch erfolgreich chirurgische Eingriffe vornahmen. Die Geräteausstattung in diesem Hospital war durchaus mit jener in öffentlichen Krankenhäusern vergleichbar – in manchen Bereichen wahrscheinlich sogar besser.

Eine möglichst umfassende Untersuchung der Geschichte des Lagers Glasenbach gehört zweifellos seit Jahren zu den Desideraten der Geschichte der Nachkriegszeit in Österreich. Die Gründe für diese Lücke in der österreichischen Zeitgeschichtsforschung sind einerseits die unübersichtliche Quellenlage in den verschiedenen Archiven im In- und Ausland, andererseits setzte bei vielen ehemaligen „Glasenbachern“ erst jetzt die Bereitschaft ein, über dieses Kapitel in ihrem Leben mit Historikern zu sprechen. Die vorliegende Publikation kann daher als „Buch der letzten Chance“ bezeichnet werden, denn in vielen Fällen war es die unwiderruflich letzte Möglichkeit, mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aus „Camp Marcus W. Orr“ Interviews zu führen. Ihre ganz persönlichen Erinnerungen stellen eine wichtige Ergänzung der vorhandenen archivalischen Quellen dar und tragen wesentlich zum Verständnis vieler Aspekte der Lebens- und Haftbedingungen bei.

Mit diesem Buch soll ein Beitrag zur Aufarbeitung dieses Kapitels der österreichischen Nachkriegsgeschichte geleistet werden. Gleichzeitig kann es Fundament und Ausgangspunkt für eine weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Thema bilden. Das Buch „Camp Marcus W. Orr Glasenbach als Internierungslager nach 1945“ von Oskar Dohle und Peter Eigelsberger kann zum Preis von 26 Euro beim Salzburger Landesarchiv oder beim Oberösterreichischen Landesarchiv bestellt werden.

Kontakt:
Salzburger Landesarchiv
Michael-Pacher-Str. 40
A-5020 Salzburg
Tel.: 0662 / 8042 – 4521 oder – 4527
Fax: 0662 / 8042 – 4661
landesarchiv@salzburg.gv.at

Oberösterreichisches Landesarchiv
Anzengruberstraße 19
4020 Linz,
Tel.: +43 732 / 7720 – 146 01
Fax: +43 732 / 7720 – 146 19
landesarchiv@ooe.gv.at

Quelle: Salzburger Landeskorrespondenz, 14.7.2009

Doppelausstellung zur Schlacht bei Kunersdorf und zu Ewald von Kleist in Frankfurt an der Oder

Die Schlacht bei Kunersdorf vor den Toren Frankfurts bescherte Preußen 1759 eine empfindliche Niederlage im Siebenjährigen Krieg. Die Ausstellung im Museum Viadrina " Mirakel des Hauses Brandenburg" thematisiert das Kriegsgeschehen, seine Auswirkungen auf Stadt und Land sowie Erinnerungen an die Schlacht bei Kunersdorf. Die Exposition im Kleist-Museum " \“Mein Herz ist wund, doch darf ich\’s nicht bekennen…\“ Ewald von Kleist (1715-1759) stellt den preußischen Major und Dichter Ewald von Kleist vor. Er war ein entfernter Verwandter Heinrich von Kleists und starb an den Folgen der Verwundungen in der Schlacht bei Kunersdorf. Ein großer Teil der Ausstellungsstücke in beiden Häusern stammt sowohl aus den Beständen beider Museen, als auch aus dem Frankfurter Stadtarchiv. Außerdem stellten das Deutsche Historische Museum (Berlin) und die Berliner Familie Robbert, die sich seit Jahrhunderten mit der Sammlung von Stücken zum Thema Preußen beschäftigt, Leihgaben zur Verfügung.

1. Teil im Museum Viadrina – „Mirakel des Hauses Brandenburg“ (Stadtarchiv Frankfurt an der Oder/ Museum Viadrina) 
Ausstellungsdauer: 10.07. bis 1.11.2009

2009 jährt sich zum 250. Mal die Schlacht bei Kunersdorf, die Preußen vor den Toren Frankfurts eine empfindliche Niederlage bescherte und beinahe das Schicksal Preußens besiegelt hätte. Diese Schlacht war Teil des Siebenjährigen Krieges 1756 – 1763 (3. Schlesischer Krieg), in dem Preußen und Österreich mit ihren jeweiligen Verbündeten um Schlesien und die Vormacht im Reich kämpften. Das kleine Frankfurter Kämmereidorf Kunersdorf rückte im August 1759 für einen Moment ins Blicklicht eines europäischen Konfliktes. Während eine Tabakdose dem preußischen König Friedrich II. das Leben rettete, verloren mehr als 35.000 Soldaten auf beiden Seiten ihr Leben, wurden verwundet oder gerieten in Gefangenschaft. Schlaglichtartig wird in der Ausstellung die Region um Frankfurt in der Mitte des 18. Jahrhunderts vorgestellt. Anschließend werden die Geschehnisse, die unmittelbar mit dem Kriegsgeschehen im Zusammenhang standen, ihre Auswirkungen auf Stadt und Land wie auch die Erinnerungen an diese Schlacht verdeutlicht.

2. Teil im Kleist-Museum – „Mein Herz ist wund, doch darf ich´s nicht bekennen …“ (Stadtarchiv/ Kleist-Museum) 
Ausstellungsdauer: 10.07. bis 11.10.2009

Unter den Toten und Verwundeten dieser Schlacht war auch der preußische Major und Dichter der Aufklärung Ewald von Kleist. Der auf dem Kunersdorfer Schlachtfeld verwundete von Kleist wurde von einem russischen Offizier nach Frankfurt gebracht. Hier fand er Aufnahme im Haus des Professors Nikolai, (Gr. Oderstraße 37, Ecke Junkerstraße), wo er am 24. August starb. Zwei Tage später wurde er unter großer Anteilnahme auf dem, dem Militär vorbehaltenen Friedhofsteil bei St. Gertraud beigesetzt. Im Jahr darauf weilte auch Lessing an seiner Grabstätte. 1777 fasste die ein Jahr zuvor in Frankfurt gegründete Freimaurerloge \“Zum aufrichtigen Herzen\“ auf Anregung ihres Ehrenmitgliedes Leopold von Braunschweig den Beschluss, für Ewald von Kleist ein Denkmal zu errichten. Der Auftrag ging an den Potsdamer Bildhauer Melchior Kambly, der es in der Form eines dreiseitigen Obelisken 1778/79 gestaltete.

Ein Teil seiner Berühmtheit ist den Umständen seines Todes zuzuschreiben, denn die Dichtung Ewald von Kleists ist heute nahezu unbekannt. Ewald von Kleist zählt zu den bedeutenden Dichtern der Aufklärung. Als Naturlyriker prägte er neben Klopstock die Erlebnisdichtung des 18. Jahrhunderts. Seine Freundschaft mit zahlreichen Autoren der Zeit, besonders aber mit Johann Wilhelm Ludwig Gleim und Gotthold Ephraim Lessing, ist ein Beispiel der literarischen Geselligkeit. Aus familiären Zwängen, nicht aus innerer Neigung, schlug der auf Gut Zeblin bei Köslin geborene Kleist die militärische Laufbahn ein, machte dort eine schnelle Karriere. Doch seine Lyrik drückt das Leiden des freisinnigen Adligen am preußischen Garnisonsgeist aus, ist erfüllt vom Ideal eines harmonischen Lebens aller Stände, vom Lob der Natur. Die Ausstellung will ausgehend von den weltliterarischen Vorbildern das lyrische Werk Ewald von Kleists würdigen, seinen Freundeskreis in Wort und Bild vorstellen und einen Blick auf die Rezeption werfen.

Kontakt
Kleist-Museum
Faberstraße 7
15230 Frankfurt (Oder)
Tel.: 0335 / 53 11 55
Fax: 0335 / 500 49 45
info@kleist-museum.de

Museum Viadrina
Frankfurt (Oder)
Städtische Museen Junge Kunst und Viadrina
Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Straße 11
15230 Frankfurt (Oder)
Tel.: 0335 / 40 15 6 – 0 
Fax. 0335 / 40 15 6 – 11
verwaltung@museum-viadrina.de 

Stadtarchiv Frankfurt (Oder),
Collegienstraße 8 – 9
(Collegienhaus)
15230 Frankfurt (Oder) 
Tel.: 0335 / 680 – 3004 oder – 665 -9610
Fax: 0335 / 680 – 2773 
stadtarchiv@frankfurt-oder.de 

Quelle: Ausstellungen Kleist-Museum; Ausstellungen Museum Viadrina; Ausstellungen Stadtarchiv Frankfurt (Oder); Märkische Oderzeitung, 14.7.2009

Vom Wirtschaftsfaktor zum Welterbe – Bambergs Gärtner und Häcker

Im Rahmen eines Projektseminars an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg erforschten Studierende der Europäischen Ethnologie das Leben der Bamberger Gärtner und Häcker in Vergangenheit und Gegenwart. Die Ergebnisse der eindrucksvollen Forschungsarbeit werden ab dem 18. Juli 2009 als Sonderausstellung im Historischen Museum Bamberg präsentiert. Eineinhalb Jahre lang untersuchten die Studierenden um Dr. Marina Scheinost das Bamberger Gärtner- und Häckerwesen. Sie durchforsteten Archive und arbeiteten sich durch das Depot der Museen der Stadt Bamberg. Anschließend führten sie Interviews und nahmen an Prozessionen sowie deren Vorbereitung teil. Durch die aktuelle Forschungsarbeit der Studierenden der Otto-Friedrich-Universität Bamberg war es möglich, neben dem historischen Erbe auch das gegenwärtige Leben der Gärtner und Häcker sowie ihren Beitrag zum religiösen und kulturelle Leben der Stadt darzustellen. 

Die Ausstellung widmet sich nach einer Einführung zur Entwicklung der beiden Berufsgruppen drei Hauptthemen: Arbeit, Wohnen und religiöses Leben. Gezeigt werden bisher zum Teil unveröffentlichte Dokumente aus Bamberger Archiven sowie bisher nicht ausgestellte Objekte der Museen der Stadt Bamberg. Darüber hinaus können einmalige Objekte aus dem privaten Besitz der Gärtner und Häcker präsentiert werden. Eine Besonderheit der Ausstellung ist der Haushaltsnachlass von Georg und Katharina Bauer aus der Josephstraße 27, der in einem Ausschnitt vorgestellt wird und einen lebendigen Eindruck eines Gärtnerhaushalts des 20. Jahrhunderts vermittelt. 

Bamberg ist bekannt für seine Gärtner. Nicht umsonst lautet der Spitzname für die Bewohner Bambergs „Zwiebeltreter“. Doch auch die Berufsgruppe der Häcker spielte für Bamberg eine wichtige Rolle. Versorgten die Gärtner die Stadt mit Süßholz, Salat und Gemüse, so produzierten die Häcker Wein und Essig. Das Süßholz der Bamberger Gärtner machte die Stadt weithin bekannt und seit dem 16. Jahrhundert wurde Bamberg immer wieder, z.B. in Städtebeschreibungen, für seine Süßholzproduktion gerühmt. Während die Gärtner im Tal östlich der Regnitz siedelten, bewohnten die Häcker das für den Weinbau günstigere Berggebiet. Ihre Wohnquartiere gehören in Teilen zum Welterbegebiet und trugen maßgeblich zur Ernennung Bambergs zur Welterbestadt bei. 

Beide Berufsgruppen waren in Bruderschaften und Zünften organisiert. Die Häcker-Bruderschaft existiert bis heute. Die Gärtnerzunft wurde erst in einen Gewerbeverein und anschließend in einen Verein umgewandelt. Heute gibt es den Oberen und den Unteren Gärtnerverein in Bamberg. Bei Bambergs Prozessionen sind Gärtner wie Häcker präsent und bestimmen deren äußeres Erscheinungsbild in erheblichem Maße mit. 

Während der Ausstellung, die bis zum 1. November 2009 besichtigt werden kann, bieten die Studierenden Führungen durch die Sonderausstellung an:
Sonntag, den 6. September, 10:30 Uhr 
Freitag, den 18. September, 10:30 Uhr 
Freitag, den 2. Oktober, 14:30 Uhr 
Freitag, den 16. Oktober, 14:30 Uhr 
Freitag, den 30. Oktober, 14:30 Uhr 
Treffpunkt an der Museumskasse.

Kontakt
Historisches Museum Bamberg
Altes Rathaus
Obere Brücke 1
96047 Bamberg
Tel.: 0951 / 87 – 1141
Fax: 0951 / 87 – 1464
museum@stadt.bamberg.de

Quelle: Pressemeldung Stadt Bamberg, 14.7.2009

Landeskirchliches Archiv Kassel half Historischem Archiv Köln

Die Kölner haben ihren eigenen Humor. Am Eingang der großen Halle, in der die Funde aus dem eingestürzten Historischen Archiv der Stadt Köln lagern, hängt ein Plakat mit dem „Kölsche Grundgesetz“. Es besteht aus elf Redensarten, die typisch für die Stadt am Rhein sind. Dick unterstrichen ist hier Artikel 4: „Wat fott es, es fott.“

Entgegen dieser Weisheit finden sich die Kölner aber nicht damit ab, dass ihre Schätze fort sind. Und viele Kolleginnen und Kollegen helfen ihnen, eine erste Ordnung in das große Durcheinander zu bringen.
Am 3. März 2009 stürzte das Historische Archiv in der Kölner Severinstraße ein. Es wird wohl noch lange nach den Ursachen und möglichen Anzeichen für das Unglück gesucht werden. Seine erste Bilanz war erschreckend. Zwei Menschen aus der Nachbarschaft kamen ums Leben. Schriftlichen Spuren einer reichen Geschichte, die Regalreihen von 28 km Länge füllten, schienen unwiederbringlich verloren. Aber für das größte bürgerliche Archiv nördlich der Alpen mehrten sich bald die guten Anzeichen. Unerwartet viele Schriftstücke haben den Einsturz überdauert, wenn auch unter Massen von Schutt und Staub oder im Grundwasser. Um sie zu sichern und zu ordnen, wird fachkundige Hilfe gebraucht.

Auch der Verband kirchlicher Archive (EKD) setzt sich dafür ein. Die Vorsitzende Dr. Bettina Wischhöfer schrieb noch im März ihre Kolleginnen und Kollegen an, um über die Hilfsmöglichkeiten zu informieren. In ihrem eigenen Haus, dem Landeskirchlichen Archiv Kassel, erklärten sich drei Mitarbeiter spontan zu einem Einsatz in Köln bereit.

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Abb.: Thomas Gothe, Peter Heidtmann-Unglaube und Bernd Breidenbach (von links) vom Landeskirchlichen Archiv Kassel beim Hilfseinsatz in Köln (Foto: Landeskirchliches Archiv Kassel)

Thomas Gothe, Bernd Breidenbach und Peter Heidtmann-Unglaube machten sich am 27. Mai auf den Weg. In Köln erwartete sie eine bereits gut eingespielte Organisation. Untergebracht und verpflegt werden die Hilfskräfte in einer ehemaligen Kaserne. Von dort führt eine eigens eingerichtete Buslinie zum Arbeitsort. Das ist nicht die Ruine des Historischen Archivs in der Severinstraße, sondern eine Lagerhalle außerhalb der Stadt. Auf drei Etagen werden dort die geborgenen Archivalien angeliefert, gesäubert, sortiert und für die Restaurierung vorbereitet.

Die Sicherheitsvorschriften sind streng. Wer die Halle betritt oder verlässt, muss sich auf einer Liste ein- und austragen. Gearbeitet wird in Schutzanzügen, die den ganzen Körper einhüllen, mit Handschuhen und mit Mundschutz. Das Atmen fällt schwer, und im Verlauf der siebenstündigen Einsätze wird auch das Stehen zur Herausforderung.

In zwei Schichten arbeiten jeweils etwa 50 Helferinnen und Helfer, schleppen Kartons heran, breiten ihren Inhalt auf langen Tischen aus, trennen die Schriftstücke vom Schutt und notieren, was sie gefunden haben. Alles Beschriebene wird aufgehoben, selbst kleine Schnipsel mit wenigen Buchstaben. Vielleicht werden sie später mit Computerprogrammen geordnet, die bei den zerstückelten Stasi-Akten der früheren DDR zum Einsatz kamen. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Zunächst steht die grobe Arbeit an. Ungefähr 12000 Kartons mit Fundmaterial sind aus der Ruine des Historischen Archivs in der Severinstraße gekommen. Gut 100 davon haben die drei Helfer aus dem Landeskirchlichen Archiv Kassel bis zum 29. Mai abgetragen. Drei Tage hatte sie die Landeskirche dafür vom Dienst freigestellt. In dieser Zeit haben sie eine Menge Betonbrocken aussortiert, Staub weggewischt und Texte entziffert.

Darunter war viel Papier mit wenig Unterhaltungswert, etwa Steuer- und Gewerbeakten der letzten 3 Jahrzehnte. Manche Fundstücke ließen aber auch die Herzen höher schlagen. So tauchten im Schutt mehrere dicke, auf Pergament geschriebene Bücher aus dem Mittelalter auf. Es fanden sich gebundene Akten über den Strafvollzug in Köln um die Mitte des 16. Jahrhunderts und Unmengen von Quittungen aus den 1490er Jahren. Gerade diese frühen Dokumente sind erstaunlich gut erhalten.

So bestehen gute Aussichten für die alte Stadt Köln, ihr Historisches Archiv und damit ihr Gedächtnis zurückzuerlangen.

Peter Heidtmann-Unglaube

Symposion zu 75 Jahren Evangelischer Kirche von Kurhessen-Waldeck

Im Juni 2009 wurde die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck 75 Jahre alt. Angesichts der Gründung unter nationalsozialistischen Vorzeichen gab es keine Feier, sondern eine selbstkritische Auseinandersetzung mit 75 Jahren landeskirchlicher Geschichte in Form eines Symposions. In drei Sektionen näherte man sich dem Thema: Sektion I beschäftigte sich mit dem Zusammenschluss 1934, Sektion II behandelte die Jahre bis 1945 und Sektion III schlug den Bogen von 1945 bis zur Gegenwart.

Veranstalter waren die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck und der Waldeckische Geschichtsverein. Vorbereitung und Moderation des Symposions lag in den Händen von Dr. Jürgen Römer und Dr. Bettina Wischhöfer. Teilgenommen haben an der zweitägigen Veranstaltung rund 100 Interessierte im Christian-Daniel-Rauch-Museum. Eine Publikation ist in Vorbereitung.

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Das Foto zeigt alle Referenten von links nach rechts: Pfarrer Dr. Michael Dorhs (Predigerseminar Hofgeismar) PD Dr. Hans Otte (Landeskirchliches Archiv Hannover), Vizepräsident Dr. Volker Knöppel (Landeskirchenamt Kassel), Dr. Karl Murk (Staatsarchiv Marburg), Dr. Bettina Wischhöfer (Landeskirchliches Archiv Kassel), Prof. Dr. Jochen-Christoph Kaiser (Philipps-Universität Marburg), Pfarrer Michael Stahl (Hans-von-Soden-Institut der Philipps-Universität Marburg), Prof. Dr. Volker Leppin (Friedrich-Schiller-Universität Jena) Foto: Landeskirchliches Archiv Kassel

Bettina Wischhöfer (Kassel)

Neuer Masterstudiengang Archivwissenschaft an der FH Potsdam

Im Wintersemester 2009/10 wird voraussichtlich der neue Masterstudiengang Archivwissenschaft an der Fachhochschule Potsdam eröffnet. Der neue Masterstudiengang will zur Professionalisierung der archivarischen Fachausbildung in allen Archivsparten beitragen, insbesondere in den bisher oftmals nicht mit Fachkräften besetzten Sparten, wie z.B. den Kommunal-, Wirtschafts- und Kirchenarchiven. Er ergänzt den Bachelorstudiengang Archiv, der seit dem Wintersemester 2007/08 an der FH Potsdam angeboten wird. 

Das dreijährige berufsbegleitende, weiterbildende Studium gibt den in der Berufspraxis häufig anzutreffenden „Quereinsteigern“ die Möglichkeit, eine bisher nicht erworbene archivarische Fachqualifikation auf hohem Niveau zu erreichen. Der Masterstudiengang Archivwissenschaft ist aber auch für Absolventen anderer geisteswissenschaftlicher Fächer geeignet, die die fachliche Zusatzqualifikation für eine aktuelle berufliche Tätigkeit im Archivwesen benötigen. Der Studiengang bereitet u. a. auf Stellen des höheren Archivdienstes in öffentlichen Archiven von Bund und Ländern vor. Informationen über  Zulassungsvoraussetzungen können im Internet angesehen werden  Die Zulassungsanträge mit den entsprechenden Unterlagen sind bis zum 31. Juli 2009 an die Fachhochschule Potsdam, Abteilung Studienangelegenheiten, Postfach 600608, 14406 Potsdam zu richten. Ansprechpartner für weitergehende Informationen ist Harald Arends, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Informationswissenschaften.

Kontakt
Fachhochschule Potsdam
Fachbereich Informationswissenschaften
Harald Arends
Friedrich-Ebert-Straße 4
14467 Potsdam 
Tel.: 0331 / 580 – 1527 
Fax: 0331 / 580 – 2999 
harald.arends@fh-potsdam.d

Quelle: Medieninformation FH Potsdam, 13.7.2009

Erleuchtung der Welt – Sachsen und der Beginn der modernen Wissenschaften

Anlässlich des 600. Universitätsjubiläums zeigen Universität Leipzig, Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und Stadt Leipzig im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig die von ihnen gemeinsam konzipierte Jubiläumsausstellung \“Erleuchtung der Welt – Sachsen und der Beginn der modernen Wissenschaften\“. Maßgeblich an der Konzeption der Ausstellung beteiligt waren Dr. Rudolf Hiller von Gaertringen, Dr. Cecilie Hollberg, Museumsleiter Dr. Volker Rodekamp sowie Prof. Dr. Detlef Döring von der Akademie der Wissenschaften. Gemeinsam mit Vertretern aus Wissenschaft, Politik und Kultur hat die sächsische Wissenschaftsministerin Dr. Eva-Maria Stange am 8. Juli 2009 die Jubiläumsausstellung \“Erleuchtung der Welt. Sachsen und der Beginn der modernen Wissenschaften\“ in Leipzig eröffnet. \“Die Jubiläumsausstellung unterstreicht die besondere Rolle der Universität Leipzig als Motor der Wissenschaft und der gesellschaftlichen Entwicklung in Mitteldeutschland und weit darüber hinaus\“, sagte sie. Und weiter: \“Die älteste Universität in Sachsen leistete vom späten Mittelalter bis heute einen bedeutenden Beitrag zur Herausbildung der modernen Wissenschaften. Die Jubiläumsausstellung ist ein beeindruckender Querschnitt durch die Wissenschaftsentwicklung der Jahrhunderte am Standort Leipzig.\“

Heute ist die Universität Leipzig die zweitälteste Universität Deutschlands. Bereits im Zeitalter der Aufklärung stand sie im Mittelpunkt deutscher und europäischer Wissenschaft. Damals war Sachsen sogar eines der bedeutendsten Zentren europäischer Bildung. \“Was kaum einer weiß: Die Aufklärung in Deutschland begann in Sachsen\“, erklärte Projektleiter und Kustos PD Dr. Rudolf Hiller von Gaertringen. Wissenschaftler aller Disziplinen brachen von hier aus in neue geistige Welten auf. In Naturwissenschaft, Philosophie, Medizin und Jurisprudenz glänzte Leipzig mit Exzellenz. Nicht nur die erste Tageszeitung der Welt – auch sie ist in der Ausstellung zu sehen – wurde in Leipzig gedruckt. 

Außerdem wurden dort der erste Lehrstuhl für Arabistik an einer deutschen Universität eingerichtet sowie die Gerichtsmedizin etabliert. Leipzig wurde zum Impulsgeber einer ganzen Epoche. Die Auswirkungen reichten von Mitteldeutschland bis in alle heutigen Bundesländer. Dafür sprechen nicht zuletzt die Namen berühmter Lehrer und Absolventen der Leipziger Universität wie Goethe, Gottsched, Lessing und Leibniz. Mit ihren Erkenntnissen erleuchteten sie die Welt. \“Viele kluge Köpfe, die zwischen dem 17. und beginnenden 19. Jahrhundert die Geistes- und Naturwissenschaften revolutioniert haben, waren Gelehrte der Universität Leipzig. Mit ihren Erkenntnissen erleuchteten sie die Welt – und so erklärt sich der Titel unserer Ausstellung\“, erklärte Kuratorin Dr. Cecilie Hollberg. Da jede der 30 Abteilungen mit kurzen Einführungstexten vorgestellt werde, sei kein größeres Vorwissen nötig. \“Die Ausstellung betrachtet die Universität aber nicht isoliert, sondern im Kontext von Land und Stadt\“, ergänzte Prof. Dr. Dr. Detlef Döring, Leiter des wissenschaftlichen Beirats der Ausstellung. Und weiter: \“Das in der Messestadt lebende kaufmännische Bürgertum war in einmaliger Weise den Wissenschaften, aber auch den Künsten gegenüber aufgeschlossen und förderte sie in jeder Hinsicht. Diese für Deutschland einmaligen Rahmenbedingungen ermöglichten es, dass Leipzig zu einem Ort der Erleuchtung der Welt werden konnte.\“ 

Illustriert und zugänglich gemacht werden jene Erkenntnisse mit 680 kostbaren und selten gezeigten Exponaten. Diese stammen sowohl aus den Sammlungen der Universität Leipzig, dem Stadtgeschichtlichen Museum, der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, den Archiven des Landes Sachsen als auch aus internationalen Sammlungen. Dank der finanziellen Unterstützung durch den Freistaat Sachsen in Höhe von rund zwei Millionen Euro konnten sie nach Leipzig geholt werden. Der Rektor der Universität Leipzig, Prof. Dr. Franz Häuser, bedankte sich für dieses Engagement. Häuser sagte: \“Ich danke dem Ministerpräsidenten, dass er die Schirmherrschaft über die Ausstellung übernommen hat, und auch dafür, dass der Freistaat die nicht geringe Finanzierung sicher gestellt hat.\“ Bei der Sächsischen Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Dr. Eva-Maria Stange, bedankte sich Häuser für ihre Mitarbeit im Ausstellungsbeirat: \“Ich danke Frau Stange nicht nur, dass sie dem Ausstellungsbeirat vorgesessen hat, sondern auch dafür, dass sie mit ihren Nachfragen und Anregungen aktiv gestaltend mitgewirkt hat.\“ Vom 9. Juli bis 6. Dezember 2009 ist die Jubiläumsausstellung dienstags bis sonntags von 10:00 bis 18:00 Uhr für Besucher geöffnet. An zahlreichen Mitmach- und Hörstationen können die Besucher die erleuchtenden Ideen selbst ausprobieren – auf den Spuren großer Erfinder und Denker. Ergänzend zur Ausstellung sind ein Essay- und ein Katalogband erschienen.

Info: Band 1: Essayband
Im Auftrag des Rektors der Universität Leipzig, Franz Häuser, herausgegeben von Detlef Döring und Cecilie Hollberg unter Mitarbeit von Tobias U. Müller. 384 Seiten, ca. 300 farbige Abbildungen, Format 28,0 x 23,6 cm, Klappenbroschur, erschienen im Sandstein Verlag, Dresden 2009. 

Band 2: Katalog
Im Auftrag des Rektors der Universität Leipzig herausgegeben von Detlef Döring, Rudolf Hiller v. Gaertringen, Cecilie Hollberg, Volker Rodekamp, ca. 500 Seiten, ca. 600 farbige Abbildungen, Format 28,0 x 23,6 cm, Klappenbroschur, erschienen im Sandstein Verlag, Dresden 2009. 

Kontakt
Stadtgeschichtliches Museum Leipzig
Altes Rathaus
Markt 1
04109 Leipzig
Tel.: 0341 / 9 65 13 20
Fax: 0341 / 9 65 13 52 
stadtmuseum@leipzig.de

Quelle: Pressemeldung Uni Leipzig, 8.7.2009; Weltexpress, 12.7.2009; Aktuelles Sächsische Akademie der Wissenschaften; Ausstellungen Stadtgeschichtliches Museum Leipzig.

Preisverleihung für Jugendgeschichtswettbewerb »20 Jahre Friedliche Revolution«

Am 10. Juli 2009 veranstaltete der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Länder, Bundesminister Wolfgang Tiefensee, in Berlin zusammen mit der Deutschen Gesellschaft ein Jugendgeschichtsforum mit rund 200 Schülern aus Ostdeutschland. Eröffnet wurde das Jugendforum durch ein Zeitzeugengespräch mit Carola Stabe. Die Jugendlichen hatten die Möglichkeit, Stabe ihre Fragen zum Thema Umweltbewegung in der DDR, Friedliche Revolution und Deutsche Einheit zu stellen. Stabe berichtete spannend über ihre Erfahrungen als Umweltaktivistin und Oppositionelle in der DDR.
Danach unterhielten die Kabarettisten vom Bundeskabarett die 200 Gäste mit ihrem spritzigen und kurzweiligen Auftritt über Ost-West-Stereotype. Höhepunkt des Tagesprogramms war die Siegerehrung und die anschließende Podiumsdiskussion mit Minister Tiefensee, bei der die Jugendlichen angeregt über die Vermittlung von DDR-Geschichte
im Unterricht diskutierten. Parallel zur Veranstaltung informierten Gedenkstätten, Stiftungen sowie Geschichtsprojekte auf dem Markt der Möglichkeiten über ihre Arbeit und boten den Teilnehmern einen informativen Überblick über das Thema DDR und 20 Jahre Friedliche Revolution.

Wie man mit dem Thema richtig umgeht, zeigten die Schüler auf dem Jugendgeschichtsforum gleich selber. Anlässlich des 20. Jahrestages der friedlichen Revolution haben sie sich mit Arbeiten für eine Teilnahme bei den Foren beworben und sich im Unterricht intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. \“Die Beiträge zeigen: das Thema trifft auf das Interesse der Schüler. Die eingereichten Arbeiten haben kluge und kreative Autorinnen und Autoren. An den beteiligten Schulen gibt es engagierte Lehrerinnen und Lehrer und neben profundem Wissen jede Menge Ideen beim Entdecken, Erforschen, Diskutieren, Verarbeiten und Darstellen geschichtlicher Themen\“, so Tiefensee. In der Arbeit mit den Zeugen und den Zeugnissen von Geschichte haben die Schüler eigene Wege zur Geschichte gesucht und zu eigenen Urteilen über das Vergangene gefunden. 

Tiefensee betonte, dass sich bei der Beschäftigung mit der DDR-Geschichte viele Partner anbieten: Bundes- und Landesbeauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheit, die Bundes- und Landeszentralen für politische Bildung, viele Museen und Gedenkstätten. \“Wir müssen noch bessere Vorraussetzungen schaffen, damit bei diesem Thema entsprechender schulischer Freiraum besteht und das Angebot professioneller Partner auch angemessen genutzt werden kann. Schule und die Einrichtungen der politischen Bildung müssen noch besser vernetzt werden. Ich habe an die Bundesländer appelliert, den 20. Jahrestag des Mauerfalls zu nutzen, um ihre Lehrpläne dahingehend zu überprüfen und zu ergänzen. Denn Fakt ist: Die Deutung der DDR-Geschichte ist eine Zukunftsfrage für unsere Gesellschaft. Das Selbstverständnis unserer Demokratie erlaubt dabei keine \“fließenden Grenzen\“ zur Diktatur. Gegen Verklärung und Verharmlosung hilft eine ebenso kritische wie fundierte Betrachtung und Analyse der Politik, Gesellschaft und Wirtschaft der DDR. Es ist wichtig, ein vollständiges Bild der DDR unter Einbeziehung alltäglicher Erfahrungen unter den Bedingungen der Diktatur zu zeigen und öffentlich zu diskutieren\“, sagte Tiefensee.

Auf dem Berliner Jugendforum ’09 im Bundesverkehrsministerium kürte Bundesminister Wolfgang Tiefensee, die Preisträger aus den nördlichen neuen Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin, die am Schülergeschichtswettbewerb „20 Jahre Friedliche Revolution“ teilgenommen haben. Das Jugendgeschichtsforum für die Teilnehmer aus den südlichen neuen Bundesländern fand am 12. Juli 2009 in Leipzig statt. Bundesminister Wolfgang Tiefensee hatte im Frühjahr 2009 zu einem Geschichtswettbewerb für ostdeutsche Schülerinnen und Schüler sowie Jugendliche bis zu 20 Jahren aufgerufen. Drei Themen standen für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Auswahl: 
Die DDR und ihre Geschichte bis 1989/1990 
Die Friedliche Revolution 1989/1990 – Akteure und Prozesse sowie 
Die Deutsche Einheit seit 1990.

Zahlreiche Beiträge gingen ein und beeindruckten die Jury durch die reflektierte sowie differenzierte Auseinandersetzung der SchülerInnen mit diesem Kapitel deutscher Geschichte. Den ersten Preis in der Kategorie „Die DDR und ihre Geschichte“ holten die Schüler des Naturwissenschaftskurs` 11 vom Musikgymnasium Käthe Kollwitz in Rostock mit ihrem herausragenden Projekt „Delphin“. In einer fächerübergreifenden Forschungsarbeit hatten die Schüler die facettenreiche Geschichte eines spektakulären Fluchtversuches aus der DDR mit einem selbstgebauten U-Boot über die Ostsee in die Bundesrepublik erforscht. Die Jury hob in ihrem Votum die besonders imponierende fächerübergreifende und reflektierte Auseinandersetzung mit der Fluchtgeschichte eines ehemaligen Inoffiziellen Mitarbeiters hervor. 

Den dritten Platz zum Thema „20 Jahre Friedliche Revolution“ belegten die SchülerInnen des Evangelischen Gymnasiums am Dom zu Brandenburg für ihren Beitrag „Von der Schule geflogen. Wie die SED 1952/53 gegen die Junge Gemeinde vorgeht“. Fünf SchülerInnen setzten sich mit den historischen Ereignissen ihrer Umgebung auseinander. Unterstützt wurden sie dabei vom Jugendreferenten beim Christlichen Verein Junger Menschen, Sebastian Leenen und der Fernsehjournalistin Karen Strupp. Ausgangspunkt ihrer Nachforschungen war der sog. "Kirchenkampf" des Jahres 1953, als allein in der Stadt Brandenburg über 70 Schüler, die einer christlichen Jugendgruppe angehörten, ihre Schule verlassen mussten. Zusätzlich zum normalen Unterricht recherchierten die Schüler mehrere Monate lang im Brandenburger Domstiftsarchiv sowie im Stadtarchiv Brandenburg an der Havel und im Landeshauptarchiv Brandenburg. Dort fanden sie nicht nur Briefe und Berichte der Betroffenen, die versuchten, sich gegen die Willkür zur Wehr zu setzen, sondern stießen auch auf die Parteipropaganda in der Presse. Zusätzlich führten sie Zeitzeugengespräche und machten Interviews mit vielen betroffenen Jugendlichen aus der damaligen Zeit. Am Ende ihres Projektes stand dann sogar ein 20 Minuten langer Radiobeitrag mit dem Titel „Von der Schule geflogen“. Als Auszeichnung erhielten sie 100 Euro für ihre Schule sowie ein Jahresabo einer Geschichtszeitschrift.

Die Beteiligung am Geschichtswettbewerb „Jugendforum 09“ und anderen Geschichtswettbewerben zeigt das große Interesse der Jugendlichen an der Geschichte der DDR. Allerdings verweisen Umfragen auch auf nach wie vor beträchtliche Lücken im Geschichtswissen. Aus diesem Grund forderte Tiefensee: \“Die Lehrpläne müssen überarbeitet werden. Die DDR-Geschichte muss mehr auf den Stundenplan. Wir müssen gewährleisten, dass jeder Schüler, der seinen Abschluss macht, etwas über die deutsch-deutsche Geschichte weiß.\“

Kontakt:
Deutsche Gesellschaft e. V.
Eingetragener Verein zur Förderung politischer, kultureller und sozialer Beziehungen in Europa
Mosse Palais
Voßstraße 22
10117 Berlin-Mitte
Tel.: 030 / 88 412 141
Fax: 030 / 88 412 223
dg@deutsche-gesellschaft-ev.de

Domstiftsarchiv Brandenburg
Burghof 2
14776 Brandenburg
Tel.: 03381 / 211 22 15
archiv@dom-brandenburg.de

Stadtarchiv Brandenburg an der Havel
Kirchhofstraße 39-42
14776 Brandenburg an der Havel
Tel.: 03381 / 41 04 20
Fax: 03381 / 410 42 14
stadtarchiv@stadt-brandenburg.de 

Quelle: Märkische Allgemeine, 11.7.2009; Jugendforum \’09 – Jugendgeschichtswettbewerb; Pressemeldung Deutsche Gesellschaft, 10.7.2009; Pressemitteilung Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, 10.7.2009