„Die wissenschaftliche Aufarbeitung der Wittekindshofer Geschichte ist auch für unsere zukünftige Entwicklung wichtig. Wenn man in einer Institution weiß, wo man herkommt, ist das ein Maßstab, um zu beurteilen, wo man steht und welche Schritte in Zukunft zu gehen sind\“, meinte Vorstandssprecher Pfarrer Prof. Dr. Dierk Starnitzke anlässlich der Vertragsunterzeichnung am 27. Juli 2009. Vertragspartner und damit wissenschaftlicher Projektleiter ist der Bielefelder Historiker Professor Dr. Hans-Walter Schmuhl, der zusammen mit der Berliner Politikwissenschaftlerin Dr. Ulrike Winkler erstmals zusammenhängende Zeiträume der Geschichte der Diakonischen Stiftung erforschen wird. 2012, wenn im Wittekindshof das125-jährige Bestehen gefeiert wird, sollen diese Studien als Buch vorgelegt werden.
Für Hans-Walter Schmuhl und Ulrike Winkler stellt das Projekt eine reizvolle Herausforderung dar, bei der durchaus viel Neuland wissenschaftlicher Aufarbeitung harrt. „Die Diakonie als tragende Säule des Sozialstaates ist von der Geschichtswissenschaft bisher kaum wahrgenommen worden – hier klafft eine breite Forschungslücke. Umso lohnender ist es, die Geschichte diakonischer Einrichtungen vor dem Hintergrund des Auf- und Ausbaus sozialer Staatlichkeit in Deutschland neu zu erzählen\“, hebt Schmuhl hervor.
Zwar verfügt die Diakonische Stiftung über ein weitgehend geordnetes Archiv, für das Archivar Rainer Kregel zuständig ist, mit zahlreichen verzeichneten Beständen, einer systematischen wissenschaftlichen Bewertung wurden sie bislang aber noch nicht unterzogen. „Die Vorstandsprotokolle, Urkunden, Verträge und Briefe aus unserem Archiv sind wichtige Quellen. Aber natürlich möchten wir auch erfahren, was in anderen Archiven über den Wittekindshof zu finden ist\“, stellt Professor Starnitzke die Ausgangssituation dar. Es sei ihm wichtig, nicht nur eine Geschichte über Häuser und Leitungspersonen zu erarbeiten: „Unser Ziel ist es, den Alltag der Menschen darzustellen. Die Perspektiven der Menschen mit Behinderungen ist dabei ebenso wichtig wie die teils ganz erheblichen Herausforderungen, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu bewältigen hatten\“. Deshalb sollen auch Gespräche mit Zeitzeugen breiten Raum einnehmen: „Sowohl Professor Schmuhl als auch Frau Dr. Winkler haben viel Erfahrung im Umgang mit solchen teilweise sehr persönlichen Fragen und werden sensibel damit umgehen\“, versichert Starnitzke.
Dass Geschichten sozialer Institutionen von über hundertjähriger Dauer, gezeichnet von Notzeiten, zwei Weltkriegen und menschenverachtender Diktatur, wechselvoll verlaufen und durch Brüche gekennzeichnet sind, ist in den Publikationen, die Professor Schmuhl und Dr. Winkler jüngst über kirchliche und diakonische Institutionen veröffentlicht haben, eindringlich offen gelegt worden. „Dass der Wittekindshof sich im Rahmen der Erforschung seiner Geschichte neben manchen guten Entwicklungen auch mit solchen Brüchen und schwierigen Phasen beschäftigen muss, damit rechne ich, aber damit wollen und werden wir angemessen umgehen\“, so Vorstandssprecher Professor Dr. Starnitzke im Hinblick auf zwischenzeitlich in anderen Einrichtungen dokumentierte Geschehnisse in Häusern und Heimen in der frühen Bundesrepublik.
Kontakt:
Diakonische Stiftung Wittekindshof
Zur Kirche 2
32549 Bad Oeynhausen
Tel.: 0 5734 / 61 – 0
Quelle: Pressemitteilung Wittekindshof, 28.7.2009