Ausstellung über Joseph Süß Oppenheimer und Marie Philippine Müller im Staatsarchiv Wertheim

Das Staatsarchiv Wertheim präsentiert vom 5. Juni bis zum 11. September 2009 die Ausstellung „Beschlagnahmte Briefschaften\“ mit ihren zwei Teilen \“Der Kriminalprozess gegen Joseph Süß Oppenheimer 1737-1738“ und \“Marie Philippine Müller und Joseph Süß Oppenheimer: Wertheim – Stuttgart – Wien\“.

Im Mittelpunkt des ersten Teiles der Ausstellung des Landesarchivs Baden Württemberg im Archivverbund Main-Tauber stehen authentische Aktenstücke, die zum berühmt-berüchtigten Prozess gegen Oppenheimer erhalten sind und heute im Hauptstaatsarchiv in Stuttgart liegen. Der Geheime Finanzienrat des Herzogs Karl Alexander von Württemberg, bekannt als „Jud Süß“, war nach dem Tod des Herzogs im März 1737 inhaftiert und im Februar 1738 hingerichtet worden. Sein Leichnam wurde in einem Käfig auf dem Stuttgarter Galgenberg noch jahrelang zur Schau gestellt.

Die Präsentation umfasst neben zeitgenössischen Kupferstichen und Flugblättern sowie den amtlichen Unterlagen auch zahlreiche Dokumente aus dem Besitz Oppenheimers. Diese Aktenbestände bieten grundlegende weitere Perspektiven für die historische Forschung, zumal das aktuelle Bild des „Jud Süß“ nachhaltig von den tendenziösen Flugschriften geprägt wurde. Wie sich jetzt gezeigt hat, waren die Akten auch für den antisemitischen Hetzfilm „Jud Süß“ von 1940 bereits eingesehen worden. Nähere Informationen hierzu finden Sie als Internetausstellung auf den Seiten des Hauptstaatsarchivs Stuttgart. Des Weiteren ist soeben eine Publikation über den Prozess gegen Joseph Süß Oppenheimer beim Verlag W. Kohlhammer erschienen: "Die Quellen sprechen lassen. Der Kriminalprozess gegen Joseph Süß Oppenheimer".

Durch die Beziehung der Wertheimer Grafenmätresse Marie Philippine Müller zu Joseph Süß Oppenheimer erhält diese Ausstellung auch einen direkten Bezug zur Geschichte der Main-Tauber-Region. Dies wird im zweiten Teil der Ausstellung dargestellt: Marie Philippine Müller und Joseph Süß Oppenheimer: Wertheim – Stuttgart – Wien

Marie Philippine Müller hat wirklich gelebt. Sie stammte aus einer angesehenen Wertheimer Familie, wurde Waise, hatte ein uneheliches Kind mit einem Wertheimer Grafen, der sie nach Löwenstein brachte. Marie Müller wollte Unterhalt und Anerkennung als Dame de Löwenstein. Durch den Kontakt zu Joseph Süß Oppenheimer erreichte sie 1736 eine Aufforderung des Herzogs von Württemberg an den Wertheimer Grafen, sie angemessen zu unterstützen. Dann starb der Herzog, Oppenheimer wurde verhaftet und Marie geriet in seinen Prozess als eine der Frauen, mit denen er unzüchtig verkehrt haben sollte. Hatte sie? Detaillierte Schilderungen erhärteten den Verdacht. Aber war Oppenheimers Darstellung als viriler Freigeist nicht nur eine Projektion derjenigen, die seinen Kopf forderten? Im Urteil gegen Oppenheimer spielten diese Vorwürfe keine Rolle mehr. Marie Müller ging nach der Verhaftung Oppenheimers nach Wien und klagte vor dem obersten Reichsgericht gegen den Wertheimer Grafen. Nach 26 Jahren endete der Prozess mit einer bescheidenen Zahlung an sie. Graf Ludwig Moritz und das gemeinsame Kind waren längst verstorben. Marie Müller hatte nicht aufgegeben. Mit ihr wird ein abenteuerliches und gut dokumentiertes Leben einer bürgerlichen Frau aus dem 18. Jahrhundert vorgestellt, das durch die Verbindung mit Joseph Süß Oppenheimer eine entscheidende Wende erfuhr. Nähere Informationen hierzu finden Sie unter den Bausteinen zur Geschichte der Grafen von Löwenstein-Wertheim.

Im Begleitprogramm zur Ausstellung wird auch ein Seminar zu dem heute verbotenen Spielfilm „Jud Süß“ angeboten. Das Seminar mit Filmvorführung findet am Mittwoch, den 22. Juli 2009, ab 19.30 Uhr im Vortragssaal des Staatsarchivs Wertheim statt. Veranstalter sind der Archivverbund Main-Tauber in Verbindung mit der VHS Wertheim. Geleitet wird das Seminar von Dr. Robert Meier und Dr. Monika Schaupp. Die Teilnehmergebühr beträgt 8 Euro. Der Film, ein antisemitischer Propagandafilm aus dem Jahr 1940 um den württembergischen Finanzberater Joseph Süß Oppenheimer († 1738), der im Verlauf der Veranstaltung auch gezeigt wird, bedient sich bewusst verzerrend der historischen Figur und sollte die Bevölkerung auf die verschärfte Politik der Nationalsozialisten gegen die Juden einstimmen. Das Seminar informiert über die Zeitumstände, die zur Entstehung des Films führten. Es ermöglicht die kritische Auseinandersetzung mit dem Film als Mittel der nationalsozialisitischen Propaganda. Rechteinhaberin des sog. Vorbehaltsfilms \“Jud Süß\“ ist die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden.

Kontakt
Staatsarchiv Wertheim
Bronnbach 19
97877 Wertheim
Tel.: 09342 / 91592 – 0
Fax: 09342 / 91592 – 30
stawertheim@la-bw.de

Quelle: Veranstaltungen Staatsarchiv Wertheim; Ausstellungen Staatsarchiv Wertheim

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