Am 10. Juli 2009 veranstaltete der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Länder, Bundesminister Wolfgang Tiefensee, in Berlin zusammen mit der Deutschen Gesellschaft ein Jugendgeschichtsforum mit rund 200 Schülern aus Ostdeutschland. Eröffnet wurde das Jugendforum durch ein Zeitzeugengespräch mit Carola Stabe. Die Jugendlichen hatten die Möglichkeit, Stabe ihre Fragen zum Thema Umweltbewegung in der DDR, Friedliche Revolution und Deutsche Einheit zu stellen. Stabe berichtete spannend über ihre Erfahrungen als Umweltaktivistin und Oppositionelle in der DDR.
Danach unterhielten die Kabarettisten vom Bundeskabarett die 200 Gäste mit ihrem spritzigen und kurzweiligen Auftritt über Ost-West-Stereotype. Höhepunkt des Tagesprogramms war die Siegerehrung und die anschließende Podiumsdiskussion mit Minister Tiefensee, bei der die Jugendlichen angeregt über die Vermittlung von DDR-Geschichte
im Unterricht diskutierten. Parallel zur Veranstaltung informierten Gedenkstätten, Stiftungen sowie Geschichtsprojekte auf dem Markt der Möglichkeiten über ihre Arbeit und boten den Teilnehmern einen informativen Überblick über das Thema DDR und 20 Jahre Friedliche Revolution.
Wie man mit dem Thema richtig umgeht, zeigten die Schüler auf dem Jugendgeschichtsforum gleich selber. Anlässlich des 20. Jahrestages der friedlichen Revolution haben sie sich mit Arbeiten für eine Teilnahme bei den Foren beworben und sich im Unterricht intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. \“Die Beiträge zeigen: das Thema trifft auf das Interesse der Schüler. Die eingereichten Arbeiten haben kluge und kreative Autorinnen und Autoren. An den beteiligten Schulen gibt es engagierte Lehrerinnen und Lehrer und neben profundem Wissen jede Menge Ideen beim Entdecken, Erforschen, Diskutieren, Verarbeiten und Darstellen geschichtlicher Themen\“, so Tiefensee. In der Arbeit mit den Zeugen und den Zeugnissen von Geschichte haben die Schüler eigene Wege zur Geschichte gesucht und zu eigenen Urteilen über das Vergangene gefunden.
Tiefensee betonte, dass sich bei der Beschäftigung mit der DDR-Geschichte viele Partner anbieten: Bundes- und Landesbeauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheit, die Bundes- und Landeszentralen für politische Bildung, viele Museen und Gedenkstätten. \“Wir müssen noch bessere Vorraussetzungen schaffen, damit bei diesem Thema entsprechender schulischer Freiraum besteht und das Angebot professioneller Partner auch angemessen genutzt werden kann. Schule und die Einrichtungen der politischen Bildung müssen noch besser vernetzt werden. Ich habe an die Bundesländer appelliert, den 20. Jahrestag des Mauerfalls zu nutzen, um ihre Lehrpläne dahingehend zu überprüfen und zu ergänzen. Denn Fakt ist: Die Deutung der DDR-Geschichte ist eine Zukunftsfrage für unsere Gesellschaft. Das Selbstverständnis unserer Demokratie erlaubt dabei keine \“fließenden Grenzen\“ zur Diktatur. Gegen Verklärung und Verharmlosung hilft eine ebenso kritische wie fundierte Betrachtung und Analyse der Politik, Gesellschaft und Wirtschaft der DDR. Es ist wichtig, ein vollständiges Bild der DDR unter Einbeziehung alltäglicher Erfahrungen unter den Bedingungen der Diktatur zu zeigen und öffentlich zu diskutieren\“, sagte Tiefensee.
Auf dem Berliner Jugendforum ’09 im Bundesverkehrsministerium kürte Bundesminister Wolfgang Tiefensee, die Preisträger aus den nördlichen neuen Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin, die am Schülergeschichtswettbewerb „20 Jahre Friedliche Revolution“ teilgenommen haben. Das Jugendgeschichtsforum für die Teilnehmer aus den südlichen neuen Bundesländern fand am 12. Juli 2009 in Leipzig statt. Bundesminister Wolfgang Tiefensee hatte im Frühjahr 2009 zu einem Geschichtswettbewerb für ostdeutsche Schülerinnen und Schüler sowie Jugendliche bis zu 20 Jahren aufgerufen. Drei Themen standen für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Auswahl:
Die DDR und ihre Geschichte bis 1989/1990
Die Friedliche Revolution 1989/1990 – Akteure und Prozesse sowie
Die Deutsche Einheit seit 1990.
Zahlreiche Beiträge gingen ein und beeindruckten die Jury durch die reflektierte sowie differenzierte Auseinandersetzung der SchülerInnen mit diesem Kapitel deutscher Geschichte. Den ersten Preis in der Kategorie „Die DDR und ihre Geschichte“ holten die Schüler des Naturwissenschaftskurs` 11 vom Musikgymnasium Käthe Kollwitz in Rostock mit ihrem herausragenden Projekt „Delphin“. In einer fächerübergreifenden Forschungsarbeit hatten die Schüler die facettenreiche Geschichte eines spektakulären Fluchtversuches aus der DDR mit einem selbstgebauten U-Boot über die Ostsee in die Bundesrepublik erforscht. Die Jury hob in ihrem Votum die besonders imponierende fächerübergreifende und reflektierte Auseinandersetzung mit der Fluchtgeschichte eines ehemaligen Inoffiziellen Mitarbeiters hervor.
Den dritten Platz zum Thema „20 Jahre Friedliche Revolution“ belegten die SchülerInnen des Evangelischen Gymnasiums am Dom zu Brandenburg für ihren Beitrag „Von der Schule geflogen. Wie die SED 1952/53 gegen die Junge Gemeinde vorgeht“. Fünf SchülerInnen setzten sich mit den historischen Ereignissen ihrer Umgebung auseinander. Unterstützt wurden sie dabei vom Jugendreferenten beim Christlichen Verein Junger Menschen, Sebastian Leenen und der Fernsehjournalistin Karen Strupp. Ausgangspunkt ihrer Nachforschungen war der sog. "Kirchenkampf" des Jahres 1953, als allein in der Stadt Brandenburg über 70 Schüler, die einer christlichen Jugendgruppe angehörten, ihre Schule verlassen mussten. Zusätzlich zum normalen Unterricht recherchierten die Schüler mehrere Monate lang im Brandenburger Domstiftsarchiv sowie im Stadtarchiv Brandenburg an der Havel und im Landeshauptarchiv Brandenburg. Dort fanden sie nicht nur Briefe und Berichte der Betroffenen, die versuchten, sich gegen die Willkür zur Wehr zu setzen, sondern stießen auch auf die Parteipropaganda in der Presse. Zusätzlich führten sie Zeitzeugengespräche und machten Interviews mit vielen betroffenen Jugendlichen aus der damaligen Zeit. Am Ende ihres Projektes stand dann sogar ein 20 Minuten langer Radiobeitrag mit dem Titel „Von der Schule geflogen“. Als Auszeichnung erhielten sie 100 Euro für ihre Schule sowie ein Jahresabo einer Geschichtszeitschrift.
Die Beteiligung am Geschichtswettbewerb „Jugendforum 09“ und anderen Geschichtswettbewerben zeigt das große Interesse der Jugendlichen an der Geschichte der DDR. Allerdings verweisen Umfragen auch auf nach wie vor beträchtliche Lücken im Geschichtswissen. Aus diesem Grund forderte Tiefensee: \“Die Lehrpläne müssen überarbeitet werden. Die DDR-Geschichte muss mehr auf den Stundenplan. Wir müssen gewährleisten, dass jeder Schüler, der seinen Abschluss macht, etwas über die deutsch-deutsche Geschichte weiß.\“
Kontakt:
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Fax: 030 / 88 412 223
dg@deutsche-gesellschaft-ev.de
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14776 Brandenburg
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Kirchhofstraße 39-42
14776 Brandenburg an der Havel
Tel.: 03381 / 41 04 20
Fax: 03381 / 410 42 14
stadtarchiv@stadt-brandenburg.de
Quelle: Märkische Allgemeine, 11.7.2009; Jugendforum \’09 – Jugendgeschichtswettbewerb; Pressemeldung Deutsche Gesellschaft, 10.7.2009; Pressemitteilung Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, 10.7.2009