Suhrkamp-Archiv gehört zum geistigen Erbe Frankfurts

Das Präsidium der Goethe-Universität Frankfurt am Main hat am 19. Mai 2009 einstimmig für den Erhalt des Suhrkamp-Archivs in Frankfurt votiert. „Das Suhrkamp-Archiv gehört ohne Frage zum geistigen Erbe Frankfurts und sollte von hier auch nicht abgezogen werden“, erklärte Universitätspräsident Werner Müller-Esterl zu den sich in den letzten Tagen verdichtenden Medienberichten, nach denen das Deutsche Literaturarchiv Marbach Interesse an einer Übernahme der einmaligen Sammlung zeigt. „Angesichts der großen nationalen und internationalen Bedeutung der Sammlung werden Stadt, Land und Universität an einem Strang ziehen, um ihren Verbleib in Frankfurt zu sichern“, so Müller-Esterl.

Auf der Grundlage eines zwischen Universität und Suhrkamp-Stiftung geschlossenen Vertrages befinden sich seit 2002 bereits Teile der Sammlung in archivarischer Betreuung der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Laut dieser von Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz und dem ehemaligen Universitätspräsidenten Rudolf Steinberg unterzeichneten Vereinbarung sollten in Abständen von jeweils fünf Jahren weitere Teile des einmaligen Dokumentenbestandes in die archivarische Obhut der Goethe-Universität übergehen. Die Vereinbarung zwischen Stiftung und Universität sieht eine dauerhafte Verankerung des Archivs an der Goethe-Universität vor. „Die Universität hat bisher alle sich aus diesem Vertrag ergebenden Verpflichtungen erfüllt“, erklärte Müller-Esterl. „Daher sehen wir mit einiger Verwunderung, dass man hinsichtlich der weiteren Verwendung des Archivs offenbar schon Verhandlungen mit dritter Seite aufgenommen hat, ohne zuvor mit uns das Gespräch gesucht zu haben.“

So seien es erst Wissenschaftler der Goethe-Universität gewesen, die aus dem 2002 in Umzugskisten angelieferten großen Mengen ungeordneten Materials, das sich zum Teil in einem konservatorisch bedenklichen Zustand befand, überhaupt ein Archiv geformt hätten, das diesen Namen verdient. Aus dem Archiv sind innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes bereits eine Vielzahl national und international beachteter Editionen, Buch- und Zeitschriftenbeiträge sowie Ausstellungen und Vorträge hervorgegangen mit dem Ziel, wichtige Teile des Archivs möglichst schnell einer wissenschaftlichen Bewertung zukommen zu lassen. Zuletzt hatte Ende 2008 die Veröffentlichung des Briefwechsels zwischen Theodor W. Adorno und Siegfried Kracauer für erhebliches öffentliches Aufsehen gesorgt. Bereits 2003 war der Briefwechsel zwischen Peter Suhrkamp und Siegfried Unseld erschienen, 2006 dann der Briefwechsel zwischen Wolfgang Koeppen und Siegfried Unseld sowie eine Monografie über Hermann Hesse und den Suhrkamp-Verlag. Weitere Editionen wie die der Briefe Peter Suhrkamps an seine Frau Annemarie Seidel oder der Briefwechsel zwischen Max Frisch und Peter Suhrkamp werden derzeit vorbereitet. Bis spätestens 2014 ist die Integration des Suhrkamp-Archivs in das neue Archivzentrum geplant, das auf dem Campus Westend entstehen wird.

Es sei offensichtlich, dass es zwischen den an der Goethe-Universität beheimateten, reformorientierten Vordenkern des Nachkriegsdeutschlands wie zum Beispiel Adorno und dem Suhrkamp-Verlag eine nahezu symbiotische Beziehung gegeben habe, deren Geist das Archiv atmet. Müller-Esterl: „Ein Verbleib des Archivs an der Goethe-Universität ist schon deshalb sinnvoll, weil es zu einem nicht geringen Teil die Geschichte der Frankfurter Schule enthält. Damit erscheint die Goethe-Universität als der bestmögliche Ort, um dieses Erbe angemessen aufzuarbeiten, zu publizieren und der Wissenschaft und Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, so der Präsident. Zudem handele es sich um das umfassendste Archiv, das die Entwicklung der deutschen Nachkriegsliteratur dokumentiert. 

Im Dezember 2002 wechselte eine beispiellose Sammlung geisteswissenschaftlicher Quellen aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus den Kellern des Suhrkamp Verlags in der Lindenstraße auf den Campus Westend. 2003 nahm das „Archiv der Peter Suhrkamp Stiftung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität“ seine Arbeit auf – eines der bedeutendsten deutschen Literaturarchive der Moderne. Denn Peter Suhrkamp und sein Verlag gaben Autoren wie Hermann Hesse, Bertolt Brecht und Max Frisch, die intellektuelle Heimat, in der herausragende Literatur entstehen konnte. Administrativ ist das Archiv dem Fachbereich Neuere Philologien zugeordnet. Die wissenschaftliche Leitung liegt bei dem Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Volker Bohn, das Archiv wird betreut von dem Germanisten Wolfgang Schopf. Obwohl die konservatorische Sicherung und die Erschließung der Dokumente in der Aufbauphase Priorität genießen, steht das Archiv auch Besuchern (nach Anmeldung) offen. Zudem präsentiert das Archiv Teile des Bestands und eigene Forschungsergebnisse mit der Veranstaltungsreihe »Hauslesung«, die jeweils zum Ende des Semesters stattfindet, durch Ausstellungen und Editionen.

Aus den nur grob geordneten Materialien wuchs langsam ein funktionsfähiges Archiv, auf das Wissenschaftler aus dem In- und Ausland immer häufiger zugreifen. Die Peter Suhrkamp Stiftung stellte der Universität in der ersten Phase ein etwa 250.000 Blatt umfassendes Konvolut als Dauerleihgabe zur Verfügung, damit der Verbleib des Bestandes in Frankfurt, seine wissenschaftliche Aufarbeitung und seine Erschließung für die Forschung gewährleistet werden. Dazu gehören heute bereits der Nachlass des Verlagsgründers Peter Suhrkamp sowie sämtliche Korrespondenzen des Verlags, die erhaltenen Manuskripte und Herstellungsunterlagen sowie die Rezensionen der Bücher aus dem ersten Verlagsjahrzehnt bis zur Übernahme der verlegerischen Verantwortung durch Siegfried Unseld im Jahr 1959. Hinzu kommt die Korrespondenz des Insel Verlags mit seinen Autoren von 1945 bis 1963.

Der Großteil der Dokumente lässt sich in drei Gattungen gliedern: die Korrespondenz der Autoren mit dem Verleger oder den Lektoren, in der die Entstehung von Literatur in Perspektive auf den Autor transparent wird, Herstellungsunterlagen (wie Druckfahnen mit Autorenkorrekturen), in denen die vielen Schritte des Manuskripts auf dem Weg zum Buch deutlich werden, und zeitgenössische Rezensionen sowie weitere Reaktionen meinungsbildender Instanzen, womit die Wechselwirkung von Literatur und öffentlichen Diskursen nachvollziehbar wird.

Kontakt
Archiv der Peter Suhrkamp Stiftung
an der Johann Wolfgang Goethe-Universität
DSL 2
Grüneburgplatz 1
60629 Frankfurt am Main
Tel.: 0 69 / 798 – 32443
schopf@archiv-suhrkamp-stiftung.de

Quelle: Pressemitteilung der Goethe-Universität Frankfurt am Main, 19.5.2009; Archiv der Peter Suhrkamp Stiftung

Historischer Vortrag über kirchliches Leben in Suderwick

Mit dem kirchlichen Leben im Bocholter Ortsteil Suderwick im 19. Jahrhundert beschäftigt sich am Donnerstag, 28. Mai 2009, Dr. Beate Sophie Fleck aus Münster. Sie referiert auf Einladung des Gesprächskreises Bocholter Stadtgeschichte und des Heimatvereins Suderwick. Beginn ist 18.30 Uhr im Pfarrheim St. Michael, Kerkpatt. Der Gesprächskreis Bocholter Stadtgeschichte wird gebildet vom Stadtarchiv Bocholt und der VHS Bocholt-Rhede-Isselburg. Moderiert wird der Abend von Stadtarchivar Dr. Hans Oppel. Der Eintritt ist frei.

„Wie steht es im Allgemeinen mit dem religiösen Leben in der Gemeinde?“, wurde 1888 im bischöflichen Visitationsbericht für St. Michael in Suderwick gefragt. „Nicht gut“, antwortete der gerade neu eingeführte Pfarrer Eilers. War die Glaubenseinstellung und das aktive kirchliche Leben in der katholischen Pfarrei St. Michael wirklich so schlecht? – Antworten hierauf sollen in einem Vortrag gefunden werden, der einzelne Beispiele aus dem Pfarrleben beleuchtet. Neben einem kurzen geschichtlichen Abriss des 19. Jahrhunderts (u.a. Abtrennung des niederländischen Gebietes 1854 von der Pfarrei) werden die Themen Gottesdienste und Sakramente, Bruderschaften und Vereine, Volksmission sowie Wallfahrt nach Kevelaer Schwerpunkte bilden.

Kontakt
Stadtarchiv Bocholt
Münsterstr.76
46397 Bocholt
Tel.: 02871 / 953 – 349
Fax: 02871 / 953 – 347
stadtarchiv@mail.bocholt.de 
dr.oppel@mail.bocholt.de

Quelle: Pressemeldung Stadt Bocholt, 18.5.2009

Leopoldina erhält 15,7 Mio. Euro aus dem Konjunkturpaket II

Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina, seit 2008 Nationale Akademie der Wissenschaften, erhält die Möglichkeit, ihren Standort in Halle (Saale) deutlich auszubauen. Bundesminister Wolfgang Tiefensee übergab am 20. Mai 2009 in Halle (Saale) persönlich die Fördermittelzusage seines Ministeriums über 15,7 Mio. Euro an die Generalsekretärin der Leopoldina, Prof. Dr. Jutta Schnitzer-Ungefug. Mit den Mitteln, die aus dem Konjunkturpaket II Teilprogramm „Grundsanierung und Sanierung von Gebäuden“ zur Förderung der Grundsanierung und energetischen Modernisierung von Gebäuden zur Verfügung gestellt werden, ist es der Leopoldina möglich, ein denkmalgeschütztes Gebäude in Halle (Saale), das Logenhaus auf dem Jägerberg – ehemals Tschernyschewski-Haus – vom jetzigen Eigentümer, der Weltkugel-Stiftung in Berlin, zu erwerben und als künftigen Hauptsitz zu sanieren.

Mit der Ernennung zur Nationalen Akademie erfährt die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina seit 2009 und über die kommenden Jahre einen deutlichen personellen und finanziellen Aufwuchs. Waren noch im Jahr 2008 der Akademie 23,5 Personalstellen im institutionellen Haushalt zugeordnet, werden es perspektivisch in einigen Jahren knapp 70 Personalstellen sein (ohne Drittmittel). Diese können in den jetzigen Gebäuden der Akademie nicht untergebracht werden. Nach Sanierung werden in dem neuen Gebäude die mit Ernennung zur Nationalen Akademie neu etablierten Abteilungen für Politikberatung, für Internationale Beziehungen und für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Leitung der Akademie und die Verwaltung unterkommen. Am derzeitigen Standort Emil-Abderhalden-Straße und August-Bebel-Straße, wenige Gehminuten vom neuen Hauptgebäude entfernt, werden die Bibliothek mit den etwa 260.000 Bänden und das Archiv der Leopoldina mit den großen Magazinetagen verbleiben. 

Mit der Bewilligung der Mittel für die Nationale Akademie der Wissenschaften, für die sich die Bundesministerin Prof. Dr. Annette Schavan und der Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz nachhaltig ausgesprochen haben, wird es gelingen, die neuen Aufgaben der Nationalen Akademie in einem repräsentativen Ambiente wahrzunehmen, den Standort der Leopoldina in Halle (Saale) dauerhaft zu sichern und damit auch einen wichtigen Beitrag zur föderalen Struktur des Landes zu leisten.

Kontakt
Archiv der Leopoldina
Emil-Abderhalden-Str. 35
06108 Halle (Saale) 
Tel.: 0 345 / 4 72 39 – 21
Fax: 0 345 / 4 72 39 – 19
archiv@leopoldina-halle.de

Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, 20.5.2009

Publikation über die Dorfkirche St. Urbanus in Dortmund-Huckarde

Die Geschichte und Gegenwart der Kirche St. Urbanus und des Ortes Huckarde werden nun in einem neu erschienenen Buch in den Mittelpunkt gerückt. \“Mittelalter und Industrialisierung. St. Urbanus in Huckarde\“ dokumentiert die Ergebnisse einer Tagung im letzten Jahr, die die Huckarder Kirche St. Urbanus aus verschiedenen Blickwinkeln untersuchte. Die Publikation von Prof. Dr. Thomas Schilp, städtischer Archivdirektor im Stadtarchiv Dortmund und Professor an der Universität Duisburg-Essen sowie Prof. Dr. Barbara Welzel, Technische Universität Dortmund und Dortmunder Conrad-von-Soest-Gesellschaft, wird gemeinsam mit Pfarrer und (Mit-)Autor Michael Ortwald am Montag, 25. Mai 2009, um 18.30 Uhr in St. Urbanus an der Marienstraße 9 öffentlich vorgestellt. Der Eintritt ist frei. 

Die Kirche St. Urbanus ist heute ein Gotteshaus und ein Kulturdenkmal eigenen Typs: Sie erinnert an das Mittelalter und die Vormoderne, zugleich aber auch an die dramatischen Vorgänge der Industrialisierung des 19. und 20. Jahrhunderts, die aus dem kleinen Dorf Huckarde eine gigantische Industrieansiedlung um die Zeche \“Hansa\“ mit angeschlossener Kokerei werden ließen. Damit ist St. Urbanus ein besonders spannungsgeladener und aussagekräftiger Erinnerungsort. 

Im Mittelalter und der frühen Neuzeit zum Frauenstift Essen gehörend, wurde hier – im Zusammenhang mit umfangreichem Grundbesitz des Stifts – früh eine Kirche erbaut. Die Skulptur des Patrons, ein herausragendes Kunstwerk aus einer Blütezeit der Kirche im 14. Jahrhundert, wird noch heute verehrt und bei Prozessionen mitgeführt. Weitere Skulpturen des Mittelalters, die zum Teil im Diözesanmuseum Paderborn untergebracht sind, sind in der Kirche als Replik zu bewundern, eine spätmittelalterliche Kanzel mit Bildern der \“Verkehrten Welt\“ hat Berühmtheit erlangt. Im 19. Jahrhundert hat die Kirche auf die dramatischen Umstände reagiert, die mit dem immensen Bevölkerungszuwachs im Zuge der Industrialisierung verbunden waren: Der spätgotische Choranbau der Kirche wurde abgerissen, um diese mit einem Neubau erheblich zu vergrößern. Gleichzeitig erhielt St. Urbanus eine bedeutende Neuausstattung. 

Das neue Buch stellt die Dorfkirche als exemplarischen Erinnerungsort der Kultur und Geschichte der Region Ruhr in das Zentrum der Diskussion: Kunst- und Architekturhistoriker, Historiker, Musikwissenschaftler und Theologen haben ihr Wissen zusammengetragen, um neue Zugänge zu diesem einzigartigen Ort zu eröffnen. So wird die Architektur der Kirche und deren Ausstattung ebenso thematisiert wie die Geschichte Huckardes in der Region, die Skulpturen und liturgischen Geräte ebenso wie die berühmte Kanzel mit ihren theologischen Hintergründen, das kostbare Ziborium und die Glocken ebenso wie der Schatz der liturgischen Gewänder aus der Zeit um 1900. Weiterhin wird St. Urbanus als Erinnerungsort aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet, aus der Sicht des Pfarrers ebenso wie aus der Sicht von Kunstgeschichte und Geschichte. 

Info:
\“Mittelalter und Industrialisierung. St. Urbanus in Huckarde\“ erschien als Band 12 der Dortmunder Mittelalter-Forschungen im Bielefelder Verlag für Regionalgeschichte. Herausgeber sind Thomas Schilp und Barbara Welzel. Das 360 Seiten und zahlreiche Abbildungen umfassende Buch kostet im Buchhandel 29 Euro. Bei der Buchvorstellung am 25. Mai ist es zum Einführungspreis von 24,90 Euro erhältlich. 

Kontakt
Stadtarchiv Dortmund
Prof. Dr. Thomas Schilp
Märkische Str. 14
44122 Dortmund
Tel.: 0231 / 502 – 2156
Fax: 0231 / 502 – 6011
stadtarchiv-dortmund@stadtdo.de 
tschilp@stadtdo.de

Quelle: Pressemitteilung Stadt Dortmund, 20.5.2009; Derwesten.de, 20.5.2009

Zeugen der Shoah – über 50.000 Zeitzeugen-Interviews für die schulische Bildung

Die Freie Universität Berlin hat am 12. Mai 2009 erstmals das multimediale Archiv-Projekt „Zeugen der Shoah. Das Visual History Archive in der schulischen Bildung“ vorgestellt. Das von der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin (DKLB) geförderte Projekt eröffnet Schülerinnen und Schülern in Deutschland den Zugang zu über 50.000 Video-Interviews mit Zeugen des Holocaust und leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Erinnerung an die Opfer und zur Bildung über die NS-Zeit. „Das Anliegen meines Lebens ist, anderen und vor allem jungen Menschen das, was ich erlebt habe, möglichst nahe zu bringen“, sagte Inge Borck, die als einzige ihrer Familie die NS-Zeit überlebt hat, und betonte weiter: „Gemeinsam müssen wir die Verantwortung tragen, dass ein derartiges Grauen niemals wieder möglich sein kann. Daher finde ich das Projekt der Freien Universität wegweisend für eine positive Gemeinsamkeit.“ 

Die Freie Universität Berlin fördert mit weitreichenden multimedialen Archiv-Projekten die Forschungs- und Bildungsarbeit zum Nationalsozialismus, zum Holocaust und zu Formen der Erinnerung. Seit 2006 ermöglicht sie als erste europäische Institution den Vollzugriff für Wissenschaft und Forschung auf das „Visual History Archive“ des Shoah Foundation Institute for Visual History and Education der University of Southern California, das ursprünglich von Steven Spielberg initiiert wurde. In Lehre und Forschung an der Universität wird das unschätzbar wertvolle und umfangreiche Archiv seitdem intensiv genutzt. 

Mit der Unterstützung der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin verwirklicht das Center für Digitale Systeme (CeDiS) der Freien Universität nun die Erweiterung des „Visual History Archive“ speziell für die schulische Bildung. Neben der Bereitstellung der bisher ausschließlich englischsprachigen Plattform des digitalen Archivs auf Deutsch ist die bereits erfolgte Einrichtung eines Computerraumes für Schülerinnen und Schüler ein wesentlicher Bestandteil des Projekts. Darin können vor allem Schulklassen aus Berlin und Brandenburg betreut durch erfahrene Wissenschaftler und Pädagogen mit dem Archiv vor Ort arbeiten. „Ziel unserer Bemühungen ist es, die Arbeit mit den lebensgeschichtlichen Erzählungen nachhaltig in den Schulunterricht über den Nationalsozialismus zu integrieren“, erklärte Prof. Dr. Ursula Lehmkuhl, Erste Vizepräsidentin der Freien Universität. „Nichts kann eine Epoche oder ein historisches Ereignis eindringlicher dokumentieren als eine persönliche Schilderung der erlebten Geschichte.“

„Die deutschsprachige Oberfläche des „Visual History Archive“ wird die Nutzung der Zeitzeugenberichte als Grundlage für Bildung, Wissenschaft und Forschung in Deutschland erleichtern. So kann das Projekt als Vorbild für ähnliche Vorhaben gelten“, sagte Kim Simon, Interim Executive Director and Director of Programs des USC Shoah Foundation Institute bei der Präsentation in Berlin. „Unser Institut ist der Freien Universität dankbar für ihre Pionierarbeit auf diesem Gebiet und ihre Entschlossenheit, das Archiv für die schulische Bildung in ganz Deutschland nutzbar zu machen.“ 

Damit Schülerinnen und Schüler das digitale Archiv optimal nutzen können, realisiert CeDiS nicht nur die deutsche Version der Plattform, sondern erweitert diese auch um unterrichtsrelevante Funktionen wie eine neue Volltextsuche. Hierfür werden Transkripte von rund 2000 Interview-Stunden erstellt. „Zusätzlich binden wir interaktive Web 2.0-Elemente ein, sodass das Lernen für die Schüler attraktiver wird und sie scheinbar nebenbei wichtige Kompetenzen im Umgang mit Neuen Medien und Internet erwerben“, verdeutlichte CeDiS-Leiter Prof. Dr. Nicolas Apostolopoulos. Weitere Angebote umfassen Fortbildungen für Lehrkräfte, Unterrichtsmaterialien und eine Lernsoftware, die das Projektteam in Zusammenarbeit mit Fachdidaktikern der Freien Universität und dem Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) entwickelt. Für die bundesweite Nutzung entsteht eine DVD-Reihe mit ausgewählten Interviews, die 2010 fertiggestellt sein wird. 

Betreuungen von Schulklassen an Projekttagen sind an der Freien Universität bereits seit Herbst 2008 möglich. So haben auch schon mehrere Schulklassen aus Berlin und Brandenburg mit dem „Visual History Archive“ vor Ort gearbeitet. Aus dieser Erfahrung berichtete Dr. Martin Lücke, Lehrer und Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Didaktik der Geschichte am Friedrich-Meinecke-Institut: „Das Interesse der Schüler war bemerkenswert hoch, und obwohl die Beschäftigung mit den Video-Zeugnissen für sie einen besonders hohen Arbeitsaufwand bedeutete, war die Lernmotivation beachtlich. Das Archiv ermöglicht Schülerinnen und Schülern eine direkte und unmittelbare Begegnung mit konkreten Lebensgeschichten von Überlebenden der Shoah, sodass sie die Grausamkeiten des Nationalsozialismus viel besser begreifen können.“

Kontakt
Center für Digitale Systeme (CeDiS)
Prof. Dr. Nicolas Apostolopoulos 
Ihnestr. 24 — Raum 101 
14195 Berlin 
Tel.: 030 / 838 – 52050 
Fax: 030 / 838 – 52843 
napo@cedis.fu-berlin.de 

Friedrich-Meinecke-Institut (FMI)
Didaktik der Geschichte 
Dr. Martin Lücke 
Koserstr. 20 — Raum A 343 
14195 Berlin 
Tel.: 030 / 838 – 56768 
Fax: 030 / 838 – 54815 
martin.luecke@fu-berlin.de 

Quelle: Pressemitteilung Freie Universität Berlin, 12.5.2009

Der Überfall Harsewinkeler Bürger aufs Kloster Marienfeld

Jahrhunderte lang stritten die selbstbewussten Einwohner von Harsewinkel (Kreis Gütersloh) mit ihrem Grundherrn um ihre Rechte: das Marktrecht, die Wahl des Bürgermeisters, das Braurecht und überhaupt ihre Freiheit von der Abhängigkeit. Manchmal versuchten sie es mit Bittschriften und Gesuch, manchmal auch mit Gewalt. Manchmal wurde ihnen ein Wunsch erfüllt, oftmals eine Bitte abgeschlagen. Darüber berichten Quellen in Archiven und Abhandlungen in Büchern. Eine ganz andere Form der Darstellung war am 17. Mai 2009 auf der Bühne der Aula im Gymnasium Harsewinkel zu sehen. Denn Gymnasium und Stadtarchiv Harsewinkel hatten sich am Programm des Landes NRW "Kultur und Schule" beteiligt und ein Schuljahr lang unter der Regie der Bielefelder Theaterpädagogin Christine Ruis zwei Spielszenen aus der an Konflikten reichen Geschichte einstudiert. Die darstellenden Schüler kamen aus den Jahrgangsstufen fünf bis zehn. Im ersten Akt ging es um das 1592 verliehene Marktrecht. Aus dem Gesuch der Harsewinkeler und der Urkunde des Bischofs von Münster hat Stadtarchivar Eckhard Möller vier Spielszenen verfasst, die in einer Harsewinkeler Schankstube und im Palast des Bischofs spielen. Im zweiten Akt stand dann der Überfall auf das Kloster Marienfeld aus dem Jahr 1633 im Mittelpunkt. Nach kurzem Zögern entschied sich ein Trupp Harsewinkeler, bewaffnet mit Dreschflegeln und Harken, unter der Führung der Rädelsführer Krahmer und Tor Brüggen zum Kloster zu ziehen und es zu stürmen, allerdings ohne Erfolg.

Bei dem Historiendrama "Überfall aufs Kloster" handelte es sich bereits um das zweite historische Schulprojekt von Eckhard Möller und Christine Ruis. Denn bereits im Juni 2008 hatte es eine Aufführung von zwei kleinen Theaterstücken gegeben, bei dem es sich um das Projekt \’Datei löschen? Wollen Sie archivieren?\‘ handelte und mit dem sich das Stadtarchiv Harsewinkel an dem ersten Landeswettbewerb \’Archiv und Jugend\‘ des Ministerpräsidenten des Landes NRW beteiligt hatte. Acht Jugendliche hatten damals die beiden Stücke \’Der Schmied Drüe und seine Frau\‘ sowie \’Der ertappte Kartoffeldieb\‘ aufgeführt. Beide beruhen auf zwei Begebenheiten, die in den Polizeiakten des Stadtarchivs Harsewinkel dokumentiert sind und von Eckhard Möller und Christine Ruis in szenisch darstellbare Fassungen gebracht worden waren. Mit diesem Projekt hatte das Stadtarchiv Harsewinkel erstmals ein archivpädagogisches Projekt außerhalb der traditionellen Zusammenarbeit mit Schulen realisiert. Der verwendete theaterpädagogische Zugang erforderte von allen Beteiligten immer wieder aufs Neue die Reflexion darüber, wie nah an den Quellen die Handlung bleiben musste und wie weit sie sich, um den Anforderungen szenischer Darstellung zu genügen, von diesen entfernen durfte.

Kontakt
Stadtarchiv Harsewinkel
Eckhard Möller 
Münsterstr.14
33428 Harsewinkel
Tel.: 05247 / 935 – 127
Fax: 05247 / 935 – 119
eckhard.moeller@gt-net.de

Quelle: Stadt Harsewinkel; Projekte im Stadtarchiv Harsewinkel; Die Glocke vom 9.5.2009; Die Glocke vom 19. Mai 2009

100 Jahre Danzturm – Denkmal und Aussichtsturm in Iserlohn

Am Freitag, 22. Mai 2009, eröffnet Bürgermeister Klaus Müller um 11.00 Uhr im Iserlohner Stadtarchiv die Ausstellung “100 Jahre Danzturm – Denkmal und Aussichtsturm”. Alle Interessierten sind herzlich dazu eingeladen. Die Einführung übernimmt Stadtarchivar Götz Bettge. Am 22. Mai 1909 wurde der neben dem Forsthaus Telegraf errichtete Danzturm mit Ehrenhalle eingeweiht. Mit diesem Denkmal wurde der 1905 verstorbene Pädagoge und Naturfreund Professor Ernst Danz in einer außergewöhnlichen Form geehrt. Die Ausstellung des Stadtarchivs zeigt neben einigen Dokumenten zur Person Ernst Danz, der außerhalb seiner Lehrertätigkeit am Realgymnasium den Verschönerungsverein und den Sauerländischen Gebirgsverein mitbegründet hat, erstmals Aspekte zur Architektur des Turmes. Anhand von Plänen und Fotografien soll damit ein in seiner architektonischen Qualität bislang unterschätztes Bauwerk vorgestellt werden. Auch der Aspekt “Der Turm in der Werbung” soll im Rahmen dieser Ausstellung bis zum 26. Juni 2009 thematisiert werden.

Weitere Abschnitte der Ausstellung sind die Landschaftsplanung im Bereich oberhalb des Rupenteiches – die Wahl des Standortes des Denkmals – die Finanzierung des Turmbaues – die Entwicklung des Turmes zu einem Wahrzeichen der Stadt. Das Stadtarchiv Iserlohn ist geöffnet montags bis mittwochs von 8.00 bis 12.00 Uhr und von 13.00 bis 16.00 Uhr, donnerstags von 8.00 bis 12.00 Uhr und von 13.00 bis 18.00 Uhr sowie freitags von 8.00 bis 12.00 Uhr. Nach vorheriger Terminabsprache sind Gruppenführungen möglich. Ansprechpartner sind Götz Bettge und Tanja Marschall.

Kontakt
Stadtarchiv Iserlohn
Theodor-Heuss–Ring 5
58636 Iserlohn
Tel.: 02371 / 217 – 1920 / -1921
Fax: 02371 / 217 – 2982
archiv@iserlohn.de

Quelle: Pressemitteilung Stadt Iserlohn, 15.5.2009

Kreisarchiv Bitburg-Prüm jetzt auch im Internet vertreten

Das Kreisarchiv Bitburg-Prüm, seit kurzem auch im Internet zu finden, ist ein gemeinsames Archiv des Eifelkreises Bitburg-Prüm, der Verbandsgemeinden Arzfeld, Bitburg-Land, Irrel, Kyllburg, Speicher und Prüm sowie der Stadt Bitburg. Es wurde am 19. April 2007 eingeweiht und wird hauptamtlich von der Kreisarchivarin Tabea Skubski geleitet. Räumlich und organisatorisch ist das Archiv der Kreisverwaltung des Eifelkreises Bitburg-Prüm angeschlossen und dort dem Amt 01 „Personal, Büro des Landrats, Schulen und Kultur“ angegliedert. Der Schwerpunkt der Aktenüberlieferung liegt im 20. Jahrhundert. Leider sind nur wenige Unterlagen aus der Zeit vor 1945 vorhanden, da durch Kriegseinwirkungen die Altbestände fast völlig zerstört wurden. Ausnahme hiervon sind die Akten der Herrschaft Malberg mit einem Überlieferungszeitraum der vom 13. Jahrhundert bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts reicht. Wer an der Geschichte des Eifelkreises im Speziellen interessiert ist, Ahnenforschung oder wissenschaftliche Studien betreibt oder allgemein an Archivalien Interesse hegt, ist herzlich willkommen und wird bei Bedarf mit Rat und Tat unterstützt.

Durch die Einrichtung eines eigenen Archivs erfüllte der Kreis landesarchivgesetzlich geregelte Vorgaben. Die Kapazität des Kreisarchivs Bitburg-Prüm ist zunächst angelegt auf 20 Jahre und hat einen Regalmeterumfang von ca. 1300 lfm. Es hat Bedeutung für die Heimatkunde und Ortsgeschichte des Kreises. Die Unterlagen, die in den vergangenen Jahrzehnten an die Landesarchiverwaltung in Koblenz abgegebenen wurden, sind Anfang 2009 wieder nach Bitburg-Prüm zurückgebracht worden und stehen endlich wieder ortsnah für eine fachliche Benutzung zur Verfügung. Sie setzen sich aus folgenden Beständen mit einem Umfang von ca. 300 lfm. zusammen: aus der Herrschaft Malberg, dem Landratsamt Bitburg und der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm, dem Kreisausschuss Bitburg, dem Landratsamt Prüm, der Bürgermeisterei Dudeldorf, der Bürgermeisterei Daleiden-Leidenborn, der Bürgermeisterei Speicher und der Bürgermeisterei Körperich. Als Dauerleihgabe des Landeshauptarchivs Koblenz sind dem Archiv zudem Bestände aus der Stadt Prüm und den Bürgermeistereien Schönecken (-Wetteldorf), Rommersheim, Olzheim, Wallersheim, Prüm-Land, Waxweiler, Bleialf, Wolsfeld, Bitburg-Land, Bickendorf, Oberweis, Niederprüm-Pronsfeld und der Verbandsgemeinde Prüm übertragen worden. Das Kreisarchiv dient somit zur dauerhaften Aufbewahrung und Zugänglichkeit der historisch wertvollen kommunalen Aktenbestände im Landkreis Bitburg-Prüm.

Kontakt
Kreisarchiv Bitburg-Prüm
Trierer Str. 3
54634 Bitburg
Tel: 06561 / 15 – 1660 
kreisarchiv@bitburg-pruem.de

Quelle: Kreisnachrichten 20/2009 vom 16.05.2009; Kreisarchiv Bitburg-Prüm

Sächsisches Archivblatt 1/2009 erschienen

Das neue Heft 1/2009 des Sächsischen Archivblattes (Mitteilungen des Sächsischen Staatsarchivs) informiert u. a. über Hilfeleistungen für das Kölner Stadtarchiv, über Medienarchive in Sachsen, die Archivierung und Benutzung von Personenstandsunterlagen sowie über die Überlieferung der Bezirksdirektion Dresden der Deutschen Post.

Inhalt:

MARBURGER ARCHIVSCHÜLER BERGEN KÖLNER ARCHIVGUT
SVEN WOELKE

ZWISCHEN KONJUNKTURFLAUTE UND E-PAPER: PRESSEARCHIVE IN SACHSEN
UTE ESSEGERN

DIE ARCHIVE DER VERWALTUNGSDIREKTION DES MITTELDEUTSCHEN RUNDFUNKS
BIRGIT LEISTNER

PERSONENSTANDSREGISTER WERDEN ZU ARCHIVGUT
ARND VOLLMER

STERBEZWEITBÜCHER 1933–1945 IM STAATSARCHIV LEIPZIG
THEKLA KLUTTIG

BILANZIERUNG VON ARCHIVGUT IM STADTARCHIV PIRNA
CAROLA PETZOLD

VOR DEM ABRISS: ARCHIV ANRUFEN!
FELIX ROTH

ZUR ÜBERLIEFERUNG DER BEZIRKSDIREKTION DRESDEN DER DEUTSCHEN POST
LUTZ SARTOR

TEILNACHLASS ADELHELM DIETZEL IM STADTARCHIV DRESDEN
DOMINIK HAFFER

VOR 160 JAHREN: DER DRESDNER MAIAUFSTAND UND DIE „PROVINZ“
GERALD KOLDITZ

KUMPEL AUS DEM KNAST
CLEMENS HEITMANN / MARCUS SONNTAG

AUSSTELLUNG ZUR VERFOLGUNG LEIPZIGER JUDEN 1938/39
BIRGIT RICHTER

„DEUTSCHLAND LIEST“ IM BERGARCHIV FREIBERG
DENISE STUBERT / CHRISTA UNGER

TAGUNG „LAUSITZER ARCHIVLANDSCHAFTEN“
ARNOLD KLAFFENBÖCK

HÜTTENGESCHICHTE IM SAUERLAND UND ERZGEBIRGE
PETER HOHEISEL

ARCHIVGUT ZUM GOLFSPORT IM HAUPTSTAATSARCHIV DRESDEN
REGINA MALEK

REZENSIONEN

Gedächtnis der Stadt Neckarsulm am neuen Standort

Neckarsulm hat sein Stadtarchiv wieder in den Mittelpunkt des Stadtgeschehens gerückt. Nach zweieinhalb Jahren Umbau und Sanierung wurde jetzt das historische Gebäude Marktstraße 16 direkt neben dem Rathaus offiziell seiner Bestimmung übergeben. Der frühere Gasthof „Zur Rose“ ist die neue Heimat des Stadtarchivs Neckarsulm, das auf drei Stockwerken historische Dokumente und zeitgenössische Quellen unter optimalen Lagerbedingungen für die Nachwelt erhält und zu Forschungszwecken erschließt. In den klimatisierten Räumen werden derzeit 800 laufende Meter Archivgut sicher verwahrt. „Das Stadtarchiv hat eine tolle neue Heimat bekommen“, sagte Oberbürgermeister Joachim Scholz bei der Einweihung. „Dieses Gebäude ist wieder ortsbildprägend und eines der schönsten in unserer Stadt.“ Die 3,5 Millionen Euro für den „Totalumbau an der Grenze zum Neubau“ seien „außerordentlich gut und richtig investiert“, urteilte Joachim Scholz. Die Kombination von alter und neuer Bausubstanz sei herausragend und mache die Diensträume des Archivs zu den „mit Abstand schönsten in unserer Stadt“. Damit biete die Stadt auch einen neuen Bürgerservice: „Bürger, die das Archivgut einsehen wollen, können dies unter guten Rahmenbedingungen tun“, versicherte der OB.

Auch die Leiterin des Stadtarchivs, Barbara Löslein, verwies auf die „erhebliche Verbesserung für diejenigen, die das Stadtarchiv nutzen und dort arbeiten und für die historischen Dokumente“. Am neuen Standort könne das Stadtarchiv, das bislang im Notariatsgebäude in der Binswanger Straße untergebracht war, „seiner Aufgabe als Gedächtnis der Stadt besser gerecht werden“, erklärte die Archivleiterin. So sei der „Balanceakt“ gelungen, „in den historischen Mauern ein Archivgebäude zu errichten, das den Ansprüchen an Archive gerecht wird“. Der Lesesaal für Besucher mit angeschlossener Benutzerbibliothek befindet sich im ersten Obergeschoss. Das zweite Obergeschoss, das nur dem Archivpersonal zugänglich ist, dient als Hauptmagazin mit Verwaltungsakten von 1480 bis heute. Das dritte Obergeschoss wird als Magazinraum für städtebauliche Modelle und Gemälde genutzt. Im Erdgeschoss ist ein Bekleidungsfachgeschäft für Damen untergebracht. Am 16. Mai 2009 konnten sich bereits zahlreiche Besucher von dem gelungenen Umbau überzeugen und an Führungen durch das Stadtarchiv teilnehmen. Weitere Führungen sind im Juni und Juli geplant. Anmeldungen dafür nimmt das Stadtarchiv entgegen.

An die „sehr anspruchsvolle Bauaufgabe“ erinnerte Bürgermeister Klaus Grabbe. Das gesamte Gebäude musste ausgebeint und mit neuen Böden, Betondecken und -stützen ausgestattet werden, um die Last des Archivguts zu tragen. Die historische Sandsteinfassade aus dem 18. Jahrhundert, die seit 1967 hinter vorgesetzten Granitplatten verborgen war, wurde anhand von historischen Fotos originalgetreu rekonstruiert. „Eine Steinmetz-Meisterleistung“, so Klaus Grabbe. Auf der rückwärtigen Seite wurde die schöne Fachwerkfassade wieder hergestellt. Damit hat das Gebäude, das 1548 über einem älteren Gewölbekeller errichtet wurde, zwei Gesichter erhalten. „Die alte Neckarsulmer Rose ist wieder erblüht und strahlt prächtiger denn je“, lobte der Bürgermeister die gelungene Baumaßnahme, für die er dem ausführenden Architekten Roland Meister größte Anerkennung zollte. Im Magazin wurden drei mit Rosenornamenten verzierte Deckenbalken sorgfältig restauriert und erinnern an die ehemalige Bedeutung des Gebäudes.

Der Mitinhaber des Büros Meister + Wittich und Partner aus Stuttgart war am 22. April 2009 unerwartet gestorben und konnte so die Vollendung seines letzten Werkes nicht mehr miterleben. Gleichwohl hat sich Roland Meister mit der grundlegenden Sanierung des neuen Archivgebäudes in seiner Geburtsstadt ein besonderes Denkmal gesetzt. „Es ist eines der schönsten Gebäude in Neckarsulm geworden“, so Grabbe. „Nur wenige Gebäude atmen so eindrucksvoll die Neckarsulmer Vergangenheit.“ Dieser Tatsache war sich auch der Architekt voll bewusst. In seiner Eröffnungsrede, die er noch vor seinem Tod vorbereitet hatte, bemerkte Roland Meister: „Es lag uns am Herzen, dem alten Gasthof als einem der wenigen Gebäude im Stadtzentrum, das den Luftangriff im Zweiten Weltkrieg überstand, seine Würde zurückzugeben.“

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Fax: 07132 / 3511 – 331
barbara.loeslein@neckarsulm.de

Quelle: Aktuelles Stadt Neckarsulm, 15.5.2009; Heilbronner Stimme, 15.5.2009