In der Endphase des Zweiten Weltkrieges wurde das Schloss Königsberg und die darin untergebrachten Sammlungen fast vollständig zerstört. Das so genannte \“Prussia-Museum\“ beherbergte bis dahin eine der größten und bedeutendsten archäologischen Sammlungen zur Vor- und Frühgeschichte Ostpreußens. Mehr als dreißig Jahre waren sie unter den Trümmern von Schloss Königsberg begraben. Unmittelbar vor der endgültigen Sprengung des Schlosses im Jahr 1968 gelang es Archäologen, die Ausstellungsräume zu ergraben. Dabei entdeckten sie nicht nur archäologische Fundstücke, sondern auch einige der dazu gehörigen Inventarbücher. In ihnen sind Grabungsergebnisse, Fundstellen, Zeichnungen, Rechnungen und Pläne zahlreicher Ausgrabungen der letzten 400 Jahre in Ostpreußen festgehalten.
2007 wurden die Inventarbücher schließlich aufwändig restauriert. In akribischer Kleinarbeit mussten Puzzleteile der Bücher gesichert und zusammengesetzt werden. Teils waren die Blätter verklebt, teils nur noch als Papierfetzen vorhanden. Vor allem die Feuchtigkeit hatte den Büchern zugesetzt. Schließlich konnten 1 5 Inventarbücher mit 1.584 Seiten aus den letzten beiden Jahrzehnten des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder hergestellt werden. Jetzt sind die Inventarbücher der archäologischen Sammlung des ehemaligen Prussia-Museums gerettet. Bei ihrer Rekonstruktion haben deutsche, polnische und russische Museen erfolgreich zusammengearbeitet.
Eine Ausstellung im Museum für Vor- und Frühgeschichte im Schloss Charlottenburg stellt jetzt die spannende Geschichte der Auffindung und Restaurierung der geretteten Inventarbücher des ehemaligen Prussia-Museums in Königsberg dar. Gleichzeitig belegt sie die erfolgreiche Zusammenarbeit des Berliner Museums mit dem Staatsarchiv Olsztyn und dem Archäologischen Nationalmuseum Warschau. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der beteiligten Museen unterstrichen bei der Eröffnung am 12. März 2009 die Bedeutung der Prussia-Sammlung. Für die Forschung über die heute baltische und nordpolnische Region seien die Dokumente unverzichtbar. Erst die länderübergreifende Zusammenarbeit habe gezeigt, welchen Verlust die Nationen mit der fast vollständigen Zerstörung dieses kulturellen Erbes erlitten haben. Die Ausstellung ist nach Überzeugung der Fachleute auch ein Beleg dafür, wie man politische Verantwortung gegenüber der Geschichte übernehmen kann. Und sie weist Wege, mit dem gemeinsamen Erbe umzugehen, erklärte ein Vertreter der polnischen Regierung. Zusätzlich zu den Inventarbüchern präsentiert das Museum für Vor- und Frühgeschichte erstmals in größerem Rahmen aufbewahrte Archiv- und Sammlungsbestände des ehemaligen Prussia-Museums, die dem Berliner Museum nach dem Fall der Mauer aus Mecklenburg-Vorpommern und aus der ehemaligen Akademie der Wissenschaften der DDR übergeben wurden. Mit dem Ende der Ausstellung am 26. April 2009 schließt das Museum für Vor- und Frühgeschichte nach 50 Jahren im Langhansbau im Schloss Charlottenburg. Das Museum bezieht das Neue Museum auf der Museumsinsel und wird im Oktober 2009 wiedereröffnet.
Kontakt:
Museum für Vor- und Frühgeschichte
Schloß Charlottenburg, Langhansbau
14059 Berlin
Tel.: 030 / 3267 – 4840
Fax: 030 / 3267 – 4812
mvf@smb.spk-berlin.de
Quelle: Pressemitteilung der Bundesregierung, 9.4.2009; Sonderausstellung Museum für Vor- und Frühgeschichte.