Fast fünf Wochen sind vergangen, seitdem Dokumente aus über tausend Jahren unter Schutt begraben wurden. Ein katastrophaler kultureller Verlust, der das deutsche Archivwesen in den Ausnahmezustand versetzt hat. Archivare aus ganz Deutschland sind angereist, um zu retten, was noch zu retten ist. Oft sind es nur noch Fetzen und Schnipsel, die von mittelalterlichen Urkunden und Chroniken oder von Stadtrats-Protokollen aus den 1980er Jahren übrig sind.
Auch Marén Weigel und Silke Erler vom Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt und Thomas Brünnler von der Dessau-Roßlauer Außenstelle des Archivs gehören zu der Schar von freiwilligen Helfern, die nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs in die Domstadt gekommen ist. In einer fast fensterlosen Lagerhalle im Süden Kölns arbeiten sich in weißen Overalls, täglich eine Schicht von sieben Stunden.
Immerhin zehn von insgesamt 25 Regalkilometer Akten konnten schon geborgen werden, darunter der Nachlass von Konrad Adenauer und Teile der berühmten Schreinsurkunden, die mittelalterliche Besitzverhältnisse dokumentieren. Mit Handfegern entfernen die freiwilligen Helfer den gröbsten Schmutz, sortieren das Material nach feucht und trocken, nummerieren und verzeichnen jedes zerknitterte Pergamentstückchen.
Marén Weigel, Silke Erler und Thomas Brünnler sind mit vier weiteren Mitarbeitern des Landeshauptarchivs Sachsen-Anhalt für fünf Tage nach Köln gereist. Ulrike Höroldt, die Leiterin des Landeshauptarchivs, hatte auf einer Konferenz vom Hilferuf der Kölner Kollegen erfahren und daraufhin eine Rund-Mail an ihre Mitarbeiter verschickt. Die sieben Kollegen haben sofort ihre Bereitschaft zugesagt, aus Verbundenheit zu Kölner Archivaren.
Die Rettung der Archivalien wird sich noch über Monate erstrecken, ein Ende ist nicht in Sicht. Wenn ihre Hilfe noch mal gebraucht werde, das sagen Marén Weigel, Silke Erler und Thomas Brünnler unisono, würden sie gerne wiederkommen.
Links:
- Köln. Retten, was zu retten ist (Video-File, MDR-Mediathek, 3.4.2009)
- Magdeburger Archivare zu Gast in Köln (Audio-File, MDR-Mediathek, 3.4.2009)
Quelle: Simon Müller, Mitteldeutsche Zeitung, 5.4.2009