Rostock gedenkt Walter Kempowski

Der 80. Geburtstag von Walter Kempowski am 29. April 2009 war Anlass für bundesweite Gedenkveranstaltungen, Lesungen und Ausstellungen. Auch seine Heimatstadt Rostock würdigte ihren im Herbst 2007 verstorbenen Ehrenbürger. Die zentrale Veranstaltung bildete am 29. April 2009 die Benennung eines Uferabschnitts Am Strande im Stadthafen in Kempowski-Ufer. In Anwesenheit der Witwe Hildegard Kempowski nahm Oberbürgermeister Roland Methling die feierliche Zeremonie, die musikalisch vom Saxophonisten Andreas Pasternack begleitet wurde, vor. Eingeweiht wurde auch ein gestalteter Gedenkort, für den der Greifswalder Künstler Geert Maciejewski verantwortlich zeichnet. 

Am Abend des Geburtstages fand im Festsaal des Rathauses eine musikalisch-literarische Gemeinschaftsveranstaltung der Hansestadt Rostock und des Kempowski-Archivs zu Ehren Walter Kempowskis statt. Die Schauspielerin Annett Renneberg las aus Kempowskis Tagebüchern „Sirius“, „Alkor“, „Hamit“ und „Somnia“ unter anderem seine Aufzeichnungen zum 29. April sowie Auszüge aus den Gesprächsprotokollen der Befragungen der Mutter Margarethe Kempowski durch Walter Kempowski. Annett Renneberg, die unter anderem durch ihre Mitwirkung in den Verfilmungen der Donna Leon-Romane \“Commissario Brunetti“ bekannt wurde, ist eine große Verehrerin Walter Kempowskis. Der Rostocker Pianist Steffen Graewer begleitete die Lesung am Klavier. 

Unter dem Titel „Walter Kempowski. Bürgerliche Repräsentanz – Erinnerungskultur – Gegenwartsbewältigung“ veranstalten das Institut für Germanistik der Universität Rostock und das Kempowski Archiv Rostock vom 30. April bis zum 2. Mai 2009 im Rostocker Rathaus ein internationales wissenschaftliches Symposium. Das Symposium führt Forscherpersönlichkeiten zusammen, die sich mit dem Autor in einschlägigen Arbeiten befasst haben und jetzt die Gelegenheit nutzen, ihre Einzelinteressen in einem derartigen Rahmen auszutauschen. Gasthörer sind herzlich willkommen. Am 30. April und am 1. Mai 2009 wird zu öffentlichen Abendvorträgen in das Rathaus geladen.

Die Akademie der Künste präsentiert vom 15. Mai bis zum 12. Juli 2009 im Kulturhistorischen Museum in Kooperation mit der Hansestadt Rostock und dem Kempowski-Archiv Rostock Teile der Ausstellung „Kempowskis Lebensläufe“ von 2007. 700 Alltagsfotos und 200 Lebensdokumente Dritter aus Walter Kempowskis Archiven fügen sich zu einer „Chronik der Deutschen“ im 20. Jahrhundert. Kempowskis Textcollage zum 1. Januar 1943 aus dem „Echolot“ wird in einer akustischen Installation, gelesen von 75 Akademie-Mitgliedern, zu erleben sein.

Kontakt
Kempowski-Archiv-Rostock – Ein bürgerliches Haus 
Klosterhof Haus 3 
18055 Rostock 
Tel.: 0381 / 203 – 75 40 
kempowski-archiv-rostock@t-online.de

Quelle: Aktuelles Hansestadt Rostock, 17.4.2009

Denkschrift der Allianz Schriftliches Kulturgut an Bundespräsident Köhler übergeben

Am 28. April 2009 übergab die Allianz Schriftliches Kulturgut erhalten Bundespräsident Horst Köhler die Denkschrift ZUKUNFT BEWAHREN. Das Papier formuliert eine nationale Strategie sowie pragmatische Handlungsempfehlungen für die Sicherung der historischen Bestände in Archiven und Bibliotheken. Bei der Übergabe appellierten die Generaldirektorin der Staatsbibliothek zu Berlin, Barbara Schneider-Kempf, der Generaldirektor der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Thomas Bürger, der Präsident des Niedersächsischen Landesarchivs Hannover, Bernd Kappelhoff und der Direktor der Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar, Michael Knoche, vor allem an den Bund und die Länder, den Erhalt von originalen Dokumenten sowie deren Digitalisierung und Verfilmung effizienter zu organisieren und zu fördern. Die Denkschrift greift eine Forderung der Enquete-Kommission \“Kultur in Deutschland\“ vom Dezember 2007 auf, eine nationale Konzeption für die Erhaltung von gefährdetem Kulturgut zu erarbeiten. 

Das Elbehochwasser im Jahr 2002, der Brand in der Anna Amalia Bibliothek Weimar 2004, zuletzt der Einsturz des Stadtarchivs Köln rüttelten die Öffentlichkeit stets auf: Erschütterung über verlorenes Kulturgut und Freude über gerettete Bestände mündeten in spontane Hilfen. Der Bund sowie betroffene Länder und Kommunen legten Sonderfonds auf, Bibliotheken und Archive halfen mit fachlicher Kompetenz, Privatpersonen, Stiftungen und Firmen spendeten Geld. Durch diese Katastrophen nahm die Öffentlichkeit mehr als zuvor wahr, wie umfangreich und bedeutsam die kulturellen Schätze in deutschen Archiven und Bibliotheken sind. Dennoch fehlt es im föderal verfassten Deutschland noch immer an einer nationalen Strategie zur Erhaltung des schriftlichen Kulturguts in Deutschland, um den Schutz unserer wissenschaftlichen und kulturellen Überlieferung systematisch und nachhaltig zu organisieren. 

Originale – Archivgut, Handschriften, Nachlässe, seltene Druckwerke – müssen in ihrem Bestand gesichert werden. Die Anstrengungen der Bundesländer und Kommunen reichen nicht aus und sind unzureichend koordiniert. Ein national abgestimmtes Konzept soll festgelegen, welches Dokument, welcher Druck durch welche Einrichtung wie und wann im Original zu sichern ist. Für die jeweiligen Schadensbilder sind geeignete Therapien anzuwenden oder noch zu entwickeln, es kommt also auch auf die enge Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen an. Die häufigsten Schäden entstehen durch starke Benutzung und durch Materialveränderungen, z.B. Tintenfraß und Säurefraß, aber auch immer wieder durch unzureichende Lagerungs- und Klimabedingungen. Allein die Schäden durch säurehaltiges Papier, zwischen 1850 und 1990 überall verwendet, zeigen die Dimension der Aufgabe an: Etwa 9,6 Milliarden Blatt unikales Archivgut sowie etwa 60 Millionen Druckschriften in den Bibliotheken sind vom Säurefraß betroffen. 

Noch immer sind umfangreiche Bestände aufgrund von Kriegsschäden nicht benutzbar und so der Forschung entzogen. Weitere zahlreiche Kostbarkeiten sind späteren Katastrophen (Feuer, Wasser, Einsturz von Gebäuden) zum Opfer gefallen und müssen so bald wie möglich zurück gewonnen werden. Die Sicherung des Originals und seine nachfolgende Digitalisierung gehören heute zusammen. Ohne zeitliche und räumliche Begrenzung kann ein Dokument oder ein Objekt erforscht und dabei frei von Schäden gehalten werden. Die koordinierenden Strukturen für breit angelegte Digitalisierungsprogramme sind mit der Deutschen Digitalen Bibliothek auf nationaler Ebene bereits angelegt. 

In sieben Punkten fasst die Denkschrift ZUKUNFT BEWAHREN Handlungsempfehlungen an Bund und Länder zusammen:
Der Bund soll – in Abstimmung mit den Ländern – die Federführung für die Erarbeitung einer nationalen Konzeption für die Erhaltung des schriftlichen Kulturerbes in Deutschland übernehmen. Nach gleichem Modell haben Bund und Länder bereits im Rahmen des Aufbaus der Deutschen Digitalen Bibliothek zusammengearbeitet. 

Die Länder sollen Landeskonzepte erarbeiten und miteinander abstimmen. Dazu müssen in den Archiven und Bibliotheken alle für die nationale Strategie relevanten Daten zusammengeführt werden. Die nötigen Infrastrukturen für diese Analysen sind einzurichten. 

Zur Umsetzung der nationalen Strategie für Bestandserhaltung sollen der Bund und die Länder bei einer der großen Einrichtungen eine zentrale Koordinierungsstelle einrichten. 

Die von den Unterhaltsträgern der Bibliotheken und Archive für Bestandserhaltung bereitgestellten Mittel müssen aufgestockt werden: Der Bund soll jährlich 10 Millionen € für den Erhalt von Originalen bereitstellen. 

Die Entwicklung neuer und nachhaltiger Verfahren für die Sicherung von Archiv- und Bibliotheksgut sind mit Hilfe öffentlicher Stiftungen wie der Kulturstiftung der Länder oder der Kulturstiftung des Bundes weiter zu forcieren. 

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft wird gebeten, einen Teil ihrer Mittel darauf zu konzentrieren, die mit ihrer Hilfe nach 1950 erworbene ausländische Literatur ebenfalls dauerhaft zu erhalten. 

Es wird weiterhin an die Öffentlichkeit appelliert, auch in Zukunft mit privatem Engagement die staatlichen Anstrengungen zu ergänzen, z.B. durch die Übernahme von Buchpatenschaften. 

Folgende Einrichtungen sind an der Allianz beteiligt: 

Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz 
Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden 
Deutsche Nationalbibliothek Frankfurt am Main und Leipzig 
Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg Frankfurt am Main 
Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen 
Niedersächsisches Landesarchiv Hannover 
Bundesarchiv Koblenz und Berlin 
Deutsches Literaturarchiv Marbach a. N
Bayerische Staatsbibliothek München 
Landesarchiv Baden-Württemberg Stuttgart 
Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar 

Vertreter folgender Institutionen nehmen an den Sitzungen der Allianz teil: 

Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) Berlin 
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) Bonn 
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Bonn 
Deutscher Bibliotheksverband (mehrere Gremien) 
Forum Bestandserhaltung, Universitäts- und Landesbibliothek Münster 
Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. 

Kontakt
Generaldirektorin der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Vorsitzende der Allianz Schriftliches Kulturgut erhalten
Barbara Schneider-Kempf 
Potsdamer Straße 33
10785 Berlin 
Tel.: 030 / 266 – 2323 
Fax: 030 / 266 – 2319 
barbara.schneider-kempf@sbb.spk-berlin.de 

Quelle: Pressemitteilung Staatsbibliothek zu Berlin, 29.4.2009

Tag der offenen Tür im Stadtarchiv Lemgo

Viele Besucherinnen und Besucher fanden am Sonntag, den 26. April 2009, bei schönem Wetter den Weg ins Süsterhaus, wo sich das Stadtarchiv Lemgo befindet. Sie erfuhren etwas zur Geschichte des Gebäudes, das lange Jahre als Schule diente und nun mit dem Stadtarchiv wieder eine Bildungseinrichtung beherbergt. Das Stadtarchiv ist überdies eine Kultureinrichtung, die beeindruckende Schätze der Stadt verwahrt. Zu jeder vollen Stunden fanden Führungen statt, bei denen diese Schätze besichtigt werden konnten: die eindrucksvollen Amtsbücher des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, die Hexenprozessakten, wertvolle Urkunden und die schönen Handschriften der Gymnasialbibliothek. Archivleiterin Dr. Anikó Szabó vermittelte die Bedeutung der städtischen Überlieferung ebenso wie die der nichtamtlichen Sammlungen, die insgesamt das gesellschaftliche Leben Lemgos dokumentieren.

Mit der Ausstellung „Verfemt, verfolgt – vergessen?“, konzipiert vom „Haus der Bayerischen Geschichte“ erinnerte das Stadtarchiv mit dem städtischen „Arbeitskreis 9. November“ und dem „Museumsverein Hexenbürgermeisterhaus“ an die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933. Um 15:00 Uhr referierte Dr. Anikó Szabó über die Ereignisse der Kulturvernichtung in der NS-Zeit und über das Schicksal der verfolgten Schriftstellerinnen und Schriftsteller sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Frau Heer von der Buchhandlung Pegasus stellte mit einem Büchertisch Werke und Biographien der damals verfolgten Autorinnen und Autoren vor. Anschließend ließen die Besucherinnen und Besucher bei einem kleinen Umtrunk den Tag der offenen Tür im und vor dem Gebäude des Stadtarchivs bei dem schönen Wetter ausklingen.

Kontakt:
Stadtarchiv Lemgo
Süsterhaus
Rampendal 20a
32657 Lemgo 
Tel. 0 52 61 / 21 32 75 
stadtarchiv@lemgo.de

Einblicke in das Archiv der Lippischen Landeskirche

Auf große Resonanz ist am 26. April 2009 der Tag der offenen Tür im Archiv der Lippischen Landeskirche in Detmold gestoßen. Archivarin Maja Schneider hatte zu diesem Anlass eine kleine Ausstellung zusammengestellt, mit der sie die zahlreichen Besucher auf einen Streifzug durch die Geschichte des Orgelbaus in Lippe nahm. Die Präsentation machte deutlich, wie wichtig die Orgel für die Kirchenmusik und die Menschen im Gottesdienst war und ist. Im Foyer wurden die Besucher des Kirchenarchivs von einer großen Litfass-Säule empfangen, an der verschiedene Zeitungsartikel rund um das Thema „Lippischer Orgelsommer“ (2006-2008) angebracht waren. Im angrenzenden Bereich hingen Fotografien von Orgeln aus lippischen Kirchen. Dokumente aus mehreren Jahrhunderten wiesen schlaglichtartig auf bekannte Orgelbauer und ihr Wirken in Lippe hin. Sie machten ebenfalls deutlich, welch hoher Stellenwert dem Dienst des Kantors und Organisten in einer Kirchengemeinde zukam.

Im Leseraum des Archivs fiel der Blick auf eine Sammlung von alten Schallplattenaufnahmen lippischer Kantoreien. Von Künstlern farbenprächtig gestaltete Orgelpfeifen rundeten die Präsentation ab. Zudem beantwortete Maja Schneider zahlreiche Fragen zu den Beständen, zur Arbeit des Archivs der Lippischen Landeskirche sowie zu dessen Benutzungsmöglichkeiten. Auf Wunsch durften die Besucher auch einen Blick in das Magazin werfen. „Über das große Interesse an der Veranstaltung habe ich mich sehr gefreut. Das war bei dem schönen Wetter nicht selbstverständlich“, erklärte Maja Schneider. Das Landeskirchliche Archiv besteht seit 1972 und ist unter anderem zuständig für die Bewahrung und Erschließung der schriftlichen Überlieferung der kirchenleitenden Organe, der landeskirchlichen Einrichtungen, Ämter und Dienste.

Kontakt
Archiv der Lippischen Landeskirche
Leopoldstraße 27
32756 Detmold
Tel.: 05231 / 976 – 803
Fax: 05231 / 976 – 850
archiv@lippische-landeskirche.de 

Quelle: Aktuelles Lippische Landeskirche, 27.4.2009

Wechsel bei der Leitung der Abteilung DDR im Bundesarchiv

Am 30. März 2009 verabschiedete der Präsident des Bundesarchivs, Herr Prof. Dr. Hartmut Weber, den langjährigen Leiter der Abteilung Deutsche Demokratische Republik im Bundesarchiv, Herrn Leitenden Archivdirektor Dr. Ernst Ritter, in den Ruhestand und stellte seine Nachfolgerin, Frau Archivdirektorin Petra Rauschenbach, vor.

In seiner Ansprache ließ der Präsident wichtige Stationen im Berufsleben von Dr. Ritter Revue passieren, das dieser ganz in den Dienst des Bundesarchivs gestellt hatte: Dr. Ernst Ritter schloss sein Studium der Geschichte, der Germanistik und der Geografie an den Universitäten Frankfurt am Main und Bonn mit einer Dissertation über das Stuttgarter Auslandsinstitut im Zeitraum 1917 – 1945 ab, für die er 1973 mit dem Friedrich- Sperl- Preis zur Förderung der Geisteswissenschaften ausgezeichnet wurde. Im Januar 1970 trat er in den Vorbereitungsdienst für den höheren Archivdienst beim Bundesarchiv ein. Nach dem Besuch der Marburger Archivschule und der Laufbahnprüfung im Juli 1972 war Ernst Ritter in mehreren Funktionen beim Bundesarchiv in Koblenz und bei der Zentralnachweisstelle in Aachen-Kornelimünster tätig. Nach der Herstellung der deutschen Einheit wechselte er als Referatsleiter in der Abteilung Deutsches Reich an den neuen Dienstort Potsdam und übernahm im Dezember 1998 die Leitung der Abteilung DDR in Berlin-Lichterfelde.

Der Präsident würdigte Dr. Ernst Ritter als überaus kompetenten, zuverlässigen Kollegen, der seine Abteilung ergebnisorientiert führte. Er überreichte ihm die Dankurkunde des Kulturstaatsministers und sprach dem scheidenden Abteilungsleiter den Dank des Bundesarchivs für seinen über 39 Jahre währenden Einsatz im und für das Bundesarchiv aus. Dr. Ritter unterstrich in seiner Ansprache, wie wichtig ihm seine Potsdamer Zeit war, in der er dazu beitragen konnte, die Bestände der Abteilung Deutsches Reich neu zu strukturieren. Er dankte seinen Abteilungsangehörigen vor allem für die engagierte Mitarbeit bei seinem Hauptanliegen, den Erschließungszustand der DDR-Bestände zu verbessern. 

Bei Archivdirektorin Petra Rauschenbach wies der Präsident auf wichtige Stationen in ihrem bisherigen Berufsleben hin. 1986 schloss sie das Studium der Archivwissenschaft an der Humboldt Universität zu Berlin mit einem Prädikatsexamen ab und arbeitete zunächst beim Zentralen Staatsarchiv der DDR in Potsdam. Nach der Wiedervereinigung wurde Petra Rauschenbach erst in der Abteilung DDR tätig und wechselte dann 1997 als Referatsleiterin zur Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv. Seit 2006 leitete sie das dort das Grundsatzreferat, wobei sie unter anderem für den Einsatz der Informationstechnik im archivischen Bereich der Stiftung und für die praktische Fachausbildung zuständig war. Daneben führt sie das Kompetenzzentrum für Retrodigitalisierung von Findmitteln und für Digitalisierung mit der Zuständigkeit für das ganze Bundesarchiv. Der Präsident bezeichnete die bisherige Leistungsbilanz von Petra Rauschenbach, aber auch ihre Aufgeschlossenheit für Neues, ihren Ideenreichtum und Motivationsfähigkeit als hervorragende Voraussetzungen für eine künftig auch erfolgreiche Leitung der Abteilung DDR.

Kontakt
Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde
Abteilung DDR 
Petra Rauschenbach 
Finckensteinallee 63
12205 Berlin
Tel.: 03018 / 7770 – 500 
Fax: 03018 / 7770 – 111 
berlin@barch.bund.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesarchiv, 1.4.2009

Unterstützung des Stadtarchivs Zwickau für die Kölner Kollegen

Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs am 3. März 2009 hält nach wie vor die Archivare und Archivmitarbeiter in ganz Deutschland in Atem. Noch immer sind unter den Trümmern zahlreiche Urkunden, Fotos und andere wertvolle Archivalien verschüttet. 

Bewegt und voller Anteilnahme haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stadtarchivs Zwickau um Direktorin Silva Teichert in den letzten Wochen die schwierigen Bergungsarbeiten an der Einsturzstelle des Kölner Stadtarchivs verfolgt. Getragen von dem Gedanken, was wäre, wenn uns ein solches Unglück widerführe, haben sich die Zwickauer Kolleginnen und Kollegen entschlossen, vor Ort praktische Hilfe zu leisten. 

Bei ihren Vorgesetzten in der Stadtverwaltung Zwickau erhielten sie sofort unumschränkte Unterstützung. Nach Absprachen mit den Kölner Kollegen konnte der Einsatz perfekt gemacht werden. In der ersten Maiwoche (04.-08.05.2009) werden sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stadtarchivs Zwickau bei den Bergungsarbeiten in Köln mithelfen.

Kontakt:
Stadtarchiv Zwickau
Lessingstr. 1
08058 Zwickau
Tel.: 0375 834701
Fax: 0375 834747
stadtarchiv@zwickau.de

Dokumentation zur Bochumer Campussanierung

Pünktlich zur Grundsteinlegung des Neubaus ID an der Ruhr-Universität Bochum am 20. März 2009 ist eine Dokumentation zur Campussanierung erschienen. Der Bau des neuen Gebäudes ist der erste Schritt zur umfassenden Modernisierung des Campus. Sie wird laut den Planungen gut eineinhalb Jahrzehnte – mehrere Studentengenerationen – in Anspruch nehmen und ist in ihren Dimensionen durchaus mit dem Aufbau der RUB in den 60er und 70er Jahres des vorigen Jahrhunderts vergleichbar. Grund genug für Jörg Lorenz, Leiter des Universitätsarchivs Bochum, und seine Mitarbeiterin Alexandra Apfelbaum, mit einer Dokumentation Rückschau zu halten – sowohl auf den recht langen, weil komplexen Weg der so genannten Hochschulstandortentwicklungsplanung als auch auf die vielfältigen Arbeiten zur Instandhaltung und Instandsetzung zuvor, die die (Bau-)Geschichte der RUB von Anfang an begleiteten.

Beton ist keineswegs so hart und unverwüstlich, wie es der sprichwörtliche Gebrauch des Begriffs nahe legt. Schon zehn Jahre nach Errichtung der ersten Bauten auf dem Campus zeigten sich Schäden, die eine umfassende Fassadensanierung unumgänglich machten. Im Zuge dieser Arbeiten erhielt der Campus auch das heute bekannte Farbleitsystem, die neue Farbigkeit löste das in den 1960er Jahren explizit gewollte „betongrau“ der Gebäude ab. Weitere Themen der Dokumentation sind die immer wieder notwendigen Instandsetzungen an den Flachdächern der Uni-Bauten, die Asbestsanierung und die Komplettsanierung der Mensa zu Anfang unseres Jahrtausends.

Langfristig geht es der Ruhr-Universität Bochum darum, die Idee des „Campus als Lebensraum“ zu verwirklichen. Der Prozess der Hochschulstandortentwicklungsplanung – er macht den Schwerpunkt der Dokumentation aus – wurde angestoßen, um vom Stückwerk der Instandsetzungen der vergangenen Jahrzehnte wegzukommen hin zu einer umfassenden Gesamtkonzeption. Dazu gehört neben der rein baulichen Planung die strukturelle Anpassung in Forschung und Lehre und damit die Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Universität, beispielweise durch gezielte Schwerpunktbildung. Das bereits 2006 im Wesentlichen beschlossene Realisierungskonzept sieht die Sanierung aller Gebäude der RUB innerhalb der nächsten 13 bis 16 Jahre vor – auch logistisch ist das eine große Herausforderung. Die Dokumentation, die man im Uni-Shop am Infopoint in der Universitätsverwaltung erhält, ist mit Fotomaterial aus dem Universitätsarchiv sowie einer Vielzahl von erläuternden Grafiken illustriert.

Info
Jörg Lorenz: Sanieren – gestalten – entwickeln. Von der Bauunterhaltung an der Ruhr-Universität Bochum zur Sanierung nach Standortkonzept, Bochum 2009, 63 S., 40 Abb., 12 Quellenauszüge, 2 Euro

Kontakt
Universitätsarchiv Bochum
Universitätsstraße 150
44801 Bochum 
Tel.: 0234 / 32 – 22 333 oder – 26 438 
Fax: 0234 / 32 – 02 333 
archiv@ruhr-uni-bochum.de 
Joerg.Lorenz@uv.rub.de

Quelle: Pressemeldung Ruhr-Universität Bochum, 23.3.2009

Fotoausstellung im Freiburger Museum für Stadtgeschichte

„‚Das Dorf hat Dächer – die Stadt hat Türme‘ – Freiburg zwischen 1860 und 1910 in Fotografien von Gottlieb Theodor Hase und Georg Röbcke“ lautet der Titel einer Ausstellung, die zur Zeit im Museum für Stadtgeschichte zu sehen ist und anhand historischer Aufnahmen Freiburgs besonderen Weg in die Moderne nachzeichnet. Die Schau ist Freiburgs Beitrag zur Ausstellungsreihe „Oberrhein um 1900“, mit der rund 30 Häuser in Deutschland, Frankreich und der Schweiz das zehnjährige Jubiläum des Oberrheinischen Museumspasses feiern.

Unter Oberbürgermeister Otto Winterer, der von 1888 bis 1913 im Amt war, wurde Freiburg zur Großstadt mit entsprechender Infrastruktur ausgebaut, und erhielt ein weithin beachtetes Stadtbild. Zeitgenossen priesen es stolz als „die schönste Großstadt Deutschlands“. Das geschichtsbewusste Stadtoberhaupt und seine Verwaltung sorgten bei allem Sinn für Modernität auch für die Bewahrung der historischen Bausubstanz, die liebevoll restauriert, oftmals im Sinne der Zeit „verbessert“ wurde. Mit dem Zitat im Ausstellungstitel reagierte Winterer auf das Ansinnen einiger Bürger, die beiden Stadttore abzubrechen, da sie der geplanten Straßenbahn im Wege stünden. Überall in der Stadt entstanden neue Gebäude – Kirchen, Schulen, Verwaltungsbauten, Wohn- und Geschäftshäuser – in allen möglichen Formen aus der Architekturgeschichte bis hin zum „modernen Baustil“, wie der Jugendstil zu Beginn des 20. Jahrhunderts genannt wurde.

Es sind unter den zahlreichen in Freiburg tätigen Lichtbildnern vor allem zwei Fotografen, denen die Dokumentation des alten Stadtbildes und seines Wandels zu verdanken ist: Gottlieb Theodor Hase (1818-1888 und Georg Röbcke (1863-1941). Etwa 80 ihrer Aufnahmen aus dem Denkmälerarchiv des Augustinermuseums – ergänzt durch einige Abzüge aus dem Freiburger Stadtarchiv – zeigt die Ausstellung im Museum für Stadtgeschichte. Sie verdeutlichen Freiburgs rasante städtebauliche Entwicklung von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg. Weitere Exponate stammen aus der Außenstelle des Badischen Landesmuseums in Staufen.

Der aus Erfurt stammende Gottlieb Theodor Hase war der erste professionelle Fotograf in Freiburg. Wie viele frühe Fotografen war er von Haus aus Portraitmaler. Als solcher bot er noch 1845 in der „Bayreuther Zeitung“ seine Dienste an: „Ich male Portraits in Öl, Aquarell, Pastell, Miniatur auf Elfenbein, Kreide- und Bleistiftzeichnungen in beliebigen Formaten. Ferner fertige ich Daguerreotypien aller Art, führe auch nach denselben Bilder ins Größere aus“. In Bamberg warb er 1849 allein mit seinen Erfahrungen im „Photographieren sowohl auf Metall als auch auf Papier“. 1852 eröffnete er in Oberlinden als „Maler und Photograph“ seine „Artistisch-Photographische Anstalt“. Zu Hases Spezialitäten zählten Portraits und Aufnahmen von Freiburger Straßenzügen, darunter zahlreiche Stereo-Aufnahmen, die durch entsprechende Geräte betrachtet, einen dreidimensionalen Eindruck erzeugten.

Karl Louis Georg Röbcke aus Lüchow, Kreis Hannover, kam 1885 als Gehilfe zu dem Freiburger Fotografen Christof Clare. 1896 machte er sich mit seinem „Photographischen Verlag“ selbstständig und übernahm Aufträge der Stadt und der Universität. So fertigte er Fotoserien zum Neubau des Elektrizitätswerks, für die Festschriften zur Eröffnung des Neuen Rathauses 1901 oder zur Einweihung des Stadttheaters 1910 und war ab 1912 alleiniger Fotograf für die Städtischen Sammlungen. In der Reihe „Alt Freiburg“ – zwölf Folgen mit je zwölf auf Karton aufgeklebten und mit kleinen Erläuterungstexten versehene Bildern – zeigte Röbcke malerische Winkel, alte Bürgerhäuser und historisch bedeutsame Gebäude der Stadt. Seine Panoramaaufnahmen vom Schlossberg und von der Koppel des Stadttheaters sind heute wichtige Quellen für die Baugeschichte der Stadt.

Die im Freiburger Stadtarchiv aufbewahrten Auftragsbücher Röbckes, die 1896 beginnen, enden 1959 mit fast 30.000 Nummern. Auch sein Fotoarchiv mit den Glasplatten befindet sich heute im Stadtarchiv. Der größte Teil der Aufnahmen und Glasplattennegative vom Münster befindet sich im Archiv des Freiburger Münsterbauvereins. Die Ausstellung läuft bis zum 28. Juni 2009. Sie ist dienstags bis freitags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 2, ermäßigt 1 Euro. Termine zu öffentlichen Führungen und Stadtrundgängen sowie die Angebote der Museumspädagogik für Kinder und Familien finden sich im aktuellen Dreimonatsprogramm der Städtischen Museen Freiburg sowie im Internet

Kontakt
Museum für Stadtgeschichte
Wentzingerhaus
Münsterplatz 30
79098 Freiburg im Breisgau
Tel.: 0761 / 201 – 2515
Fax: 0761 / 201 – 2598
msg@stadt.freiburg.de

Stadtarchiv Freiburg im Breisgau
Grünwälderstraße 15
79098 Freiburg
Tel.: 0761 / 201 – 2701
Fax: 0761 / 201 – 2799
stadtarchiv@stadt.freiburg.de

Quelle: Pressemitteilung Stadt Freiburg, 16.3.2009; Newsportal Stadt Freiburg, 27.3.2009; Badische Zeitung, 14.4.2009

Archivische Schätze aus 975 Jahren Amberger Geschichte

Zur Zeit ist die gemeinsame Ausstellung des Stadtarchivs Amberg und des Staatsarchivs Amberg "Archivische Schätze aus 975 Jahren Amberger Geschichte", die am 19. April 2009 eröffnet wurde, im Stadtmuseum Amberg zu besichtigen. 975 Jahre Amberger Geschichte haben im wahrsten Sinne des Wortes beredte Spuren in den Archiven hinterlassen. Sie dokumentieren den Werdegang Ambergs vom mittelalterlichen Dorf zur heutigen Stadt, deshalb kommt ihnen im Zusammenhang mit dem Jubiläum eine zentrale Rolle zu. Letzteres kann aufgrund einer von Kaiser Konrad II. am 24. April des Jahres 1034 ausgestellten Urkunde begangen werden, mit der dieser Bischof Eberhard I. von Bamberg eine ganze Reihe von Rechten in einem Ort namens „Ammenberg“ verlieh. Mit dieser Urkunde setzt die Amberg betreffende Überlieferung ein. Schon von daher ist dieses Diplom, das im Staatsarchiv Bamberg verwahrt wird, das Herzstück der Ausstellung und markiert deshalb auch – umrahmt von einer Vielzahl weiterer für die Stadtgeschichte bedeutsamer Archivalien – den Beginn der Ausstellung. 

Die Dokumente sind nicht einem bestimmten Thema der Stadtgeschichte gewidmet, sondern sollen in chronologischer Reihenfolge – beginnend mit dem Jahr 1034 und endend mit dem Jahr 1996 – Einblicke in die reiche Geschichte Ambergs geben. Dies gilt zum einen für die Überlieferung, die sich – soweit sie bei der Stadt entstanden ist – im Stadtarchiv Amberg befindet. Weitere Quellen, aus denen wichtige Aussagen zur Stadtgeschichte getroffen werden können, überliefern vor allem die Staatsarchive Amberg und Bamberg sowie das Bayerische Hauptstaatsarchiv in München. Vor diesem Hintergrund versteht es sich fast von selbst, dass es angesichts der erfreulich reichen Überlieferung notwendig war, eine Auswahl von 50 repräsentativen Ausstellungsstücken zu treffen, in der die verschiedenen „Archivalienarten“, vor allem Urkunden, Amtsbücher und Rechnungen präsentiert werden. Dazu zählen aber auch Wachssiegel, Bücher, Bilder, Skizzen und Pläne. Neben der historischen Aussage des jeweiligen Stücks kommt aber auch der ästhetische Aspekt nicht zu kurz, der einer ganzen Reihe von Archivalien eigen ist. Aus konservatorischen Gründen können die historischen Ausstellungsstücke allerdings nur bis zum 31. Mai 2009 gezeigt werden. 

Parallel zur Ausstellung ist ein gleichnamiger Begleitband erschienen. Alle Exponate werden dort ausführlich erklärt und ihre Bedeutung in den historischen Kontext gestellt. Ergänzend zur Ausstellung werden zudem auch noch Ausstellungsgespräche angeboten. Diese laden dazu ein, vier hochrangige und für die Stadtgeschichte bedeutende Exponate der Ausstellung im Hinblick auf ihre inneren und äußeren Merkmale vor allem aber im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Stadtgeschichte näher kennen zu lernen. Die Veranstaltung wird gemeinsam präsentiert von der VHS Amberg, dem Staatsarchiv Amberg und dem Stadtarchiv Amberg. Die Leitung der Veranstaltungen teilen sich Dr. Maria-Rita Sagstetter, Leiterin des Staatsarchivs Amberg, und Dr. Johannes Laschinger, Leiter des Stadtarchivs Amberg. Der Eintritt zu den Archivaliengesprächen, die jeweils von 19.00 – 20.30 Uhr im großen Saal des Stadtmuseums Amberg stattfinden, ist frei.

Info
4. Mai 2009: Erstnennung Ambergs: Die Urkunde vom 24. April 1034

11. Mai 2009: Vom Dorf zur Stadt

18. Mai 2009: Die Stadtrechtsurkunde Herzog Rudolfs I. von 1294

25. Mai 2009: Die Hammereinung von 1387

Kontakt
Staatsarchiv Amberg
Archivstr. 3 
92224 Amberg 
Tel.: 09621 / 307 – 270
Fax: 09621 / 307 – 288 
poststelle@staam.bayern.de

Stadtarchiv Amberg
Zeughausstraße 1
92224 Amberg
Tel.: 09621 / 10 – 266 oder 10 – 268
Fax: 09621 / 10 – 828
stadtarchiv@amberg.de

Stadtmuseum Amberg
Zeughausstraße 18
92224 Amberg
Tel.: 09621 / 10 – 283 oder 10 – 284
Fax: 09621 / 10 – 855
stadtmuseum@amberg.de 

Quelle: Pressemeldung Stadt Amberg, 16.4.2009; Kunst & Kultur Stadt Amberg; Marielouise Scharf, Oberpfalznetz, 18.4.2009; Termine Stadtarchiv Amberg.

Ludwig Achim von Arnims Texte für die Deutsche Tischgesellschaft ediert

Am 22. April 2009 stellte das Goethe- und Schiller-Archiv der Klassik Stiftung Weimar die erste Edition der überlieferten Dokumente des Schriftstellers Ludwig Achim von Arnims (1781-1831) vor, die für den patriotisch-geselligen Verein mit dem Namen »Deutsche Tischgesellschaft« bestimmt waren, sowie alle von anderen Mitgliedern der Tischgesellschaft überlieferten Texte. In Vorträgen erörterten namhafte Germanisten sowie der Herausgeber des Bandes, Stefan Nienhaus, in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften die verschiedenen Aspekte der Texte der Tischgesellschaft. Die »Deutsche Tischgesellschaft«, die am 18. Januar 1811 gegründet wurde und bis mindestens 1834 bestand, besaß in den Jahren von 1811 bis 1816 ein hohes Maß an gesellschaftlichem Einfluss. Sie gilt als wichtiges literatur- und gesellschaftshistorisches Ereignis der preußischen Reformzeit. Zugleich wird mit ihr das Aufleben des frühen deutschen Nationalismus und Antisemitismus verbunden. Hochrangige Persönlichkeiten der Berliner Gesellschaft – Künstler und Intellektuelle wie Clemens Brentano und Adam Müller, Ministerialbeamte wie Friedrich August von Staegemann, Universitätsgelehrte wie Johann Gottlieb Fichte und Friedrich Schleiermacher, Militärs wie Carl von Clausewitz – trafen sich in ihr, um sich bei einem gemeinsamen Mahl durch Tischreden unterhalten zu lassen und sich über die politische Situation zu verständigen. 

Die Tischgesellschaft sah sich in der Tradition romantischer Geselligkeit, verfolgte aber einen exklusiven Anspruch: Als demonstrative Haltung gegen die soziale Integration der jüdischen Bevölkerung nahm der Verein nicht einmal getaufte Juden auf. In satirischen Abhandlungen Brentanos und Arnims wurden diese Ausschlusskriterien begründet. Als ideologisches Band dienten der Tischgesellschaft der preußisch-deutsche Patriotismus und der Hass auf die napoleonische Besatzungsmacht. Die zahlreichen überlieferten Tischreden sind darüber hinaus Zeugnis eines umfangreichen Kulturprogramms, in dessen Zentrum der Kult um Schiller und Goethe stand. Bereits publizierte Texte wie die Abhandlung »Ueber die Kennzeichen des Judenthums« sind erstmals im Band 11 der Arnim-Ausgabe historisch-kritisch ediert. Der überwiegende Teil der etwa 150 Blätter umfassenden Dokumente, die hauptsächlich aus dem Arnim-Nachlass des Goethe- und Schiller-Archivs und der Varnhagen-Sammlung der Universitätsbibliothek Krakau stammen, wird hier erstmals veröffentlicht. Damit macht die vorliegende Edition zum ersten Mal den Gesamtbestand der überlieferten Handschriften und Drucke, die für die deutsche Tischgesellschaft geschrieben oder nach dem Vortrag in ihrem Auftrag publiziert wurden, zugänglich.

Die Weimarer Arnim-Ausgabe erscheint unter dem Gesamttitel »Ludwig Achim von Arnim. Werke. Aufzeichnungen. Briefwechsel. Historisch-kritische Ausgabe. In Zusammenarbeit mit der Stiftung Weimarer Klassik hrsg. von Roswitha Burwick, Lothar Ehrlich, Heinz Härtl, Renate Moering, Ulfert Ricklefs und Christof Wingertszahn«. Die Herausgeber und weitere Bandbearbeiter sind an Universitäten und Institutionen der Bundesrepublik Deutschland, Italiens, Großbritanniens und der USA tätig. Die in einer Arbeitsstelle der Klassik Stiftung Weimar wissenschaftlich, technisch und organisatorisch betreute Ausgabe soll 40 Bände umfassen. In chronologischer Anordnung werden ediert: Werke und Schriften (Band 1-29), Briefe von und an Arnim (Band 30-40). Bände mit Dokumenten, Chronik und Bibliographie kommen hinzu. Grundlagen der Texte sind die Handschriften oder, wenn diese nicht überliefert sind, die Erstdrucke aus Arnims Lebenszeit bzw. aus den von Wilhelm Grimm und anderen 1856 herausgegebenen »Sämmtlichen Werken«. Die Textgrundlagen werden diplomatisch getreu wiedergegeben. Der Kommentar gliedert sich in Überblickskommentar, Einzelstellenerläuterung, kommentierendes Verzeichnis der Überlieferungsträger und vollständige Darbietung der Varianten. Bisher sind sechs Bände erschienen:
Band 1: Schriften der Schüler- und Studentenzeit. Hrsg. von Sheila Dickson (2004)
Band 2: Naturwissenschaftliche Schriften, Teil 1: Text, Teil 2: Kommentar. Hrsg. von Roswitha Burwick (2007)
Bd. 11: Texte der deutschen Tischgesellschaft. Hrsg. von Stefan Nienhaus (2008)
Band 10: Die Päpstin Johanna. Hrsg. von Johannes Barth (2006)
Band 30: Briefwechsel 1788 – 1801. Hrsg. von Heinz Härtl (2000)
Band 31: Briefwechsel 1802 – 1804. Hrsg. von Heinz Härtl (2004)

Kontakt
Klassik Stiftung Weimar
Goethe- und Schiller-Archiv
Arnim-Arbeitsstelle
Dr. Gert Theile
Hans-Wahl-Str. 4
99425 Weimar
Tel.: 03643 / 545 – 240
Fax: 03643 / 545 – 454 
gsa@klassik-stiftung.de 
gert.theile@klassik-stiftung.de

Quelle: Pressemitteilung Klassik Stiftung Weimar, 20.4.2009