Bergung der Kölner Archivalien schreitet voran

Am 18. und 19. März 2009 trat der vom Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma eingesetzte "Koordinierungsstab Unglücksstelle Waidmarkt\“ die ersten beiden Male zusammen. Das Gremium führt die Arbeit des Krisenstabes fort, der nach dem Einsturz des Historischen Archivs und benachbarter Gebäude gebildet worden war, um die notwendigen Sofortmaßnahmen zu steuern. Dem neu gebildeten Koordinierungsstab gehören alle relevanten städtischen Dezernenten und Amtsleiter an, außerdem die Berufsfeuerwehr sowie externe Berater. Die Leitung hat der Oberbürgermeister.

Beraten wurde über die Situation an der Unglücksstelle fünfzehn Tage nach Einsturz des Historischen Archivs und der Nachbargebäude sowie über weitere Maßnahmen. Das Abtragen von Bauschutt und die Sicherung von Archivalien gehen demnach planmäßig voran und zeigen deutlich sichtbare Erfolge. Bis zu 57 Einsatzkräfte waren vor Ort, darunter Berufsfeuerwehr Köln und Freiwillige Feuerwehr, Löschgruppen aus dem Rhein-Erft-Kreis und Technisches Hilfswerk. Am Mittwoch wurden 8 LKW-Ladungen Bauschutt abtransportiert, was einer Masse von 113 Tonnen entspricht. Die Menge des seit Beginn der Bergungsarbeiten weggebrachten Baumaterials erhöhte sich damit auf bisher insgesamt 4.065 Tonnen Baumaterial (294 LKW-Ladungen). 

Es wurde wieder viel Archivgut gefunden und in circa 130 Rollcontainern abtransportiert. Unter den Fundstücken waren Reichskammergerichtsakten aus dem 17./18. Jahrhundert, Akten der französischen Verwaltung und Unterlagen der Rheinischen Eisenbahn aus dem 19. Jahrhundert, hierunter auch vereinzelt Pergamentschriften und Urkunden.

Neben der Betreuung der Menschen, die bei dem Unglück ihre gesamte Habe und ihre Wohnung verloren haben, und der Überprüfung der benachbarten Schulgebäude, ist nun die Einrichtung eines temporären Digitalisierungs- und Restaurierungs-Zentrums in der Nähe des Unglücksortes zur Sicherung der Archivalien vorrangig. Es wird voraussichtlich für fünf Jahre betrieben. Außerdem müsse die Planung für ein neues Historisches Archiv zügig fortgeführt werden, sagte Oberbürgermeister Schramma nach der ersten Sitzung des Koordinierungsstabes.

Quelle: Stadt Köln, Pressemitteilung, 18.3.2009; Pressemitteilung, 19.3.2009

Neue Fahrregalanlage im Stadtarchiv Limburg a.d. Lahn

Limburgs Bürgermeister Martin Richard und Stadtarchivar Dr. Christoph Waldecker nahmen den Einbau einer neuen Fahrregalanlage im Stadtarchiv Limburg an der Lahn zum Anlass, eine Zwischenbilanz der Arbeit des Stadtarchivs zu ziehen. Im Jahre 2007 wurde mit Herrn Dr. Waldecker der erste hauptamtliche Archivar der Kreisstadt Limburg a. d. Lahn eingestellt (siehe Bericht vom 13.1.2008). Seit 1876 wurde das Archiv ehrenamtlich geführt, zuletzt fast 40 Jahre lang von Herrn Studiendirektor a. D. Heinz Maibach. 

Abb.: Bürgermeister Martin Richard (l.), Stadtarchivar Dr. Christoph Waldecker mit der ältesten Limburger Archivalie, einer Urkunde von 1278 (Foto: Stadt Limburg a.d. Lahn).

\"Bürgermeister

Durch den Einbau der neuen Fahrregalanlage wurden die räumlichen Voraussetzungen geschaffen, um Akten zu übernehmen, die vorhandenen Bestände zu erschließen und der Öffentlichkeit im verstärkten Maße zugänglich zu machen. Es stehen nun 1,3 Regalkilometer zur Aufnahme von Akten zur Verfügung. Die Anlage wurde nach einer Ausschreibung zu einem Preis von 25.000 € beschafft. Bereits im Jahre 2008 konnten kostenlos Regale des Hessischen Hauptstaatsarchivs übernommen werden, die nun zur Aufnahme der umfangreichen Bibliothek des Stadtarchivs dienen. 

Bürgermeister Richard und Stadtarchivar Dr. Waldecker legen großen Wert darauf, dass das Archiv sich öffnet und bürgerorientiert arbeitet. Zu diesem Zweck wurden 10 Benutzerarbeitsplätze eingerichtet. Mittwochs ist das Stadtarchiv ganztägig für Benutzer geöffnet, darüber hinaus können weitere Termine vereinbart werden. 

Herr Dr. Waldecker wird die Öffentlichkeitsarbeit weiter verstärken. Lehrer und ihre Schüler sind im Archiv herzlich willkommen. Es besteht die Möglichkeit, Schülerpraktika im Archiv zu absolvieren. 

Darüber hinaus ist das im kommenden Jahr anstehende 1100-jährige Stadtjubiläum auch für das Stadtarchiv eine herausragende Aufgabe. Zusammen mit Lokalhistorikern erarbeitet der Archivar einen Sammelband mit Themen zur Limburger Geschichte. 

Kontakt:
Stadtarchiv Limburg a. d. Lahn
Mühlberg 2
65549 Limburg a. d. Lahn
Telefon: 06431 932367 
christoph.waldecker@stadt.limburg.de

Quelle: Stadt Limburg a.d. Lahn, Pressemitteilung, 10.3.2009

Konten für den Kölner Hilfsfonds sind eingerichtet

Unmittelbar nach dem Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln am 3. März haben Ulrich Soénius, Direktor des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs und Jürgen Wilhelm, Vorsitzender der Landschaftsversammlung Rheinland (LVR) einen Hilfsfonds für das Stadtarchiv vorgeschlagen.

Die Konten sind nun eingerichtet: bei der Kreisparkasse Köln, BLZ 370 502 99 unter der Konto-Nr. 33 98 49, und bei der Sparkasse Köln Bonn, BLZ 370 501 98, Konto-Nr. 19 20 19 20 18. Kontoinhaber Landschaftsverband Rheinland, Stichwort Stadtarchiv Köln. 

Hier kann für die Rettung und die Restaurierung der Archivalien aus dem Historischen Archiv der Stadt Köln zweckgebunden gespendet werden.

Quelle: LVR, Pressemitteilung, 18.3.2009

Trennung von Dokumenten und Schutt des Kölner Stadtarchivs

Von sechs Monaten bis zu einem Jahr Dauer lauten die derzeitigen Schätzungen zum Zeitraum der Bergung der verschütteten Archivalien des Historischen Archivs der Stadt Köln. Dr. Ulrich Fischer, der stellvertretende Archivleiter, erläuterte auf dem 61. Westfälischen Archivtag in Detmold gemeinsam mit dem Leiter des Technischen Zentrums des Landesarchivs NRW in Münster, Dr. Johannes Kistenich, die neu geschaffenen Strukturen der Kölner Archivverwaltung und das Vorgehen zur Bewältigung der Folgen des Einsturzes des Archivs in der Severinstraße. Bei der Bergung von Archivgut an der Unglücksstelle kommen derzeit aus Sicherheitsgründen allein die Kräfte von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW) zum Einsatz. Erst seit dem Auffinden des letzten der beiden verschütteten Anwohner am 12. März kann die Sicherung und der Abtransport der Archivalien im Zentrum der Arbeiten stehen. 

Die Bergung in der Einsturzstelle ist immer noch riskant. Der zunächst massiv eingebrachte Beton zur Sicherung des Untergrunds befindet sich vor allem in einer der im Bau befindlichen U-Bahnröhren. Es sei nicht damit zu rechnen, dass es umfangreiche \“Betonakten\“ in Köln gebe, also Archivgut, das mit dem Beton vermischt wurde. Die Ursache, die zum Abrutschen des Fundamentes und zum Einsturz des sechsgeschossigen Archivgebäudes führte, ist noch ungeklärt: Die rund 40 Meter hohen Bauschlitzwände, also die eingebrachten Seitenwände der 28 Meter tiefen Baugrube, könnten ebenso nachgegeben haben, wie auch ein Eindringen von Grundwasser von unterhalb der beiden U-Bahn-Röhren das Unglück ausgelöst haben könnte. Da eine der Zwischendecken aus Beton über dem U-Bahn-Tunnel gehalten habe, befinde sich glücklicherweise nur ein Teil des Archivgutes in dem Bereich, der vom Grundwasser erreicht werden könne. Das Gros der Dokumente befindet sich im Krater darüber und ist vor weiteren Beschädigungen durch Wasser und lockerem, feuchtem Rheinkies weitgehend geschützt. Die besten Erhaltungschancen haben jene Archivalien, die nicht lose, sondern gebunden gelagert worden und vor allem in Archivkartons verpackt gewesen seien.

\"Geborgene

Abb.: Geborgene Kölner Archivalien (Foto: Rheinisches Bildarchiv der Stadt Köln / Anna C. Wagner)

Die geborgenen Dokumente werden in einem \“Erstversorgungszentrum\“ von Archivaren, Restauratoren und ehrenamtlichen Helfern vom Schutt getrennt und dabei auf vier Schadenklassen aufgeteilt. Diese leicht zu handhabende Sortierung des Archivgutes soll die rasche Weiterbehandlung und tektonische Zuordnung ermöglichen. Gerettet werden konnten beinahe sämtliche Findmittel des Kölner Stadtarchivs, so dass nach und nach eine Positivliste der wiederaufgefundenen Unterlagen erstellt werden könne, so Fischer, der sich bis 2006 im Landesarchiv NRW mit der Retrokonversion von Findmitteln beschäftigt hat. Das Kölner Stadtarchiv ist dankbar für die vielfältige Unterstützung der Archivszene in der Notsituation und bittet darum, auch Hinweise auf Digitalisate und Kopien von Kölner Archivgut dem Archiv mitzuteilen. Da die Sicherheitsverfilmungen des Stadtarchivs in großem Maße geborgen werden konnten und es zusätzlich die Möglichkeit gebe, auf die im Barbarastollen des ehemaligen Schauinsland-Bergwerks bei Freiburg zuzugreifen, könne man hier unter dem Aspekt der Überlieferungsqualität auf die Reproduktionen zurückgreifen.

Das Historische Archiv der Stadt Köln, dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich in provisorischen Büroräumen in Köln-Deutz abstimmen können, hat in den vergangenen zwei Wochen seit dem Archiveinsturz rund 1.500 Hilfsangebote per E-Mail erhalten. Auf diese fachliche Unterstützung wird es in den kommenden Monaten nach und nach zurückgreifen, um im \“Erstversorgungszentrum\“ die Sicherung, Säuberung und Sortierung des Archivgutes gewährleisten zu können.

Der Kontakt zum Historischen Archiv der Stadt Köln kann telefonisch über die Rufnummern 0221/22128746 und 0221/22124455 erfolgen sowie per E-Mail an HistorischesArchiv@stadt-koeln.de.

Salzburger Archivalien kehrten zurück

Nach jahrelangen Bemühungen konnte nun die Rückführung der Salzburger Archivalien, die während der Wirren der napoleonischen Zeit \“geraubt\“ und nach München oder Wien gebracht worden sind, abgeschlossen werden. Es sind nicht alle Akten im Original zurückgekehrt, dafür sind aber alle 19.000 Urkunden digitalisiert und stehen damit – was bei Originalen nicht einmal denkbar wäre – jedem interessierten Nutzer unmittelbar zur Verfügung. Hinzu kommt die Rückkehr der Salzburger Kammerbücher in sechs Bänden (2.500 mittelalterliche Urkunden) mit Inhalten zur Vermögens- und Finanzverwaltung des Erzbistums. Schließlich ist auch der bayerisch-salzburgische Archivalienaustausch, unter anderem anhand von Kostbarkeiten aus der Salzburger Landkartensammlung, nach 200 Jahren zu einem positiven Abschluss gebracht worden.

\“Was uns jetzt wieder vollständig zur Verfügung steht, ist so etwas wie die ‘DNA‘ des historischen Landes Salzburg: die an historischen Dokumenten festgehaltene rechtliche Substanz unseres Landes. Der eigentlichen vollständigen Entschlüsselung durch die historische Wissenschaft, die bisher nur fragmentarisch und mit viel Reiseaufwand möglich war, steht nun nichts mehr im Weg. Ganz im Gegenteil – einen besseren und breiteren Zugang zu den 19.000 Urkunden als deren Digitalisierung kann man sich gar nicht vorstellen. Wir dürfen also mit der Zeit einen kräftigen Schub landesgeschichtlicher Forschung erwarten und viele Antworten auf Fragen, die wir bisher noch gar nicht zu stellen wagten – insbesondere, weil die Dokumente fehlten\“, stellte Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller am 16. März 2009 in einem Informationsgespräch im Salzburger Landesarchiv fest.

Manchmal müsse man einfach ein bisschen Geduld haben. Nach rund 200 Jahren lösen sich die Probleme zwar noch immer nicht von allein. Aber wenn zur richtigen Mischung aus Sachverstand, Beharrlichkeit und Charme dann auch noch die berühmte Gunst der Stunde hinzukomme, dann könne ein wirklich großer Wurf wie dieser gelingen, so Burgstaller weiter, die sich beim Leiter des Salzburger Landesarchivs, Hofrat Dr. Fritz Koller, und seinen Mitarbeitern und zugleich auch bei den Verantwortlichen in München und Wien für deren Kooperationsbereitschaft bedankte.

Für die Landeshauptfrau ist der Abschluss der Rückführung der Salzburger Archivschätze einer der Höhepunkte des Gedenkjahres 2009: \“Es ist das formale und vor allem gute Ende von 200 Jahren der Verwirrung um die Aktenbestände des früher eigenständigen Landes Salzburg. Damit wird eine der längsten ‘Entlehnungen‘ der jüngeren Geschichte beendet. Vielleicht ist das sogar etwas für das Guinness-Buch der Rekorde.\“ 

Lösung in bestmöglicher Form verwirklicht

\“Nach dem Ende der Selbstständigkeit Salzburgs als eigenes Reichsfürstentum 1805 wurden die Schätze aus dem Archiv der Salzburger Fürsterzbischöfe teils nach Wien, teils nach München ‘verbracht‘. Umfangreiche Bestände blieben in Salzburg. 200 Jahre lang wurde nach einer Lösung für diese unbefriedigende Situation gesucht. Das Salzburger Landesarchiv hat sie nun in der bestmöglichen Form verwirklicht\“, erläuterte Hofrat Dr. Fritz Koller. 

Virtuelle Rekonstruktion des Urkundenarchivs der Fürsterzbischöfe

Im Österreichischen Staatsarchiv in Wien befinden sich mehr als 15.000 Salzburger Originalurkunden und mehr als 100 Handschriften. Juristische und finanzielle Gründe schließen eine Rückführung aus. Als bisher einziges Ergebnis der Vermögensverhandlungen zwischen dem Bund und dem Land Salzburg konnte erreicht werden, dass sich Bund und Land die Kosten von 50.000 Euro für eine Sicherheitsverfilmung dieser Archivalien teilen. \“Die Notwendigkeit von Sicherheitsverfilmungen wurde jüngst mit der Katastrophe von Köln verdeutlicht\“, so Hofrat Dr. Koller. Ohne Mehrkosten für das Land übernahm die private wissenschaftliche Organisation "Icarus" gleichzeitig eine Digitalisierung dieser Urkunden. \“Icarus\“ hat auch die zirka 1.000 Salzburger Urkunden in München und die zirka 2.500 Urkunden in Salzburg digitalisiert. Im Salzburger Landesarchiv werden diese insgesamt rund 19.000 Urkunden-Digitalisate mit Inhaltsangaben versehen und ohne Rücksichtnahme auf den heutigen Standort des Originals chronologisch gereiht. Damit entsteht eine virtuelle Rekonstruktion des vor 200 Jahren zerrissenen Urkundenarchivs der Salzburger Fürsterzbischöfe, in das jede Forscherin und jeder Forscher vom Bildschirm aus im Internet unter www.monasterium.net Einsicht nehmen kann.

Rückkehr aus Wien: Die Salzburger Kammerbücher

Was für den Salzburger Archäologen die Schnabelkanne vom Dürrnberg ist, sind für den Salzburger Archivar die \“Salzburger Kammerbücher\“. Sie waren das Herz vom Herzen des fürsterzbischöflichen Archivs. Die sechs Bände stammen aus dem Mittelalter und beinhalten die Abschriften von etwa 2.500 Urkunden, die vielfach nur in dieser Form erhalten sind. 1806 kamen sie nach Wien. Die Rückkehr der Kammerbücher im Original nach 200 Jahren ist mehr als ein Symbol. Besitzrechtliche Fragen wurden in Form einer Dauerleihgabe entschärft, führte der Leiter des Salzburger Landesarchivs aus. 

Bayerisch-salzburgischer Archivalienaustausch

Von 1810 bis 1816 bedienten sich die Bayern an den Resten des Alt-Salzburger Archivs. Sie nahmen mit, was sich auf die Erhebung 1809 gegen Bayern und Franzosen bezog und was für zukünftige Verhandlungen mit Österreich über Grenze, Salz und Holz brauchbar schien. Unter anderem kamen Kostbarkeiten aus der Salzburger Landkartensammlung nach München. Glücklicherweise \“vergaßen\“ die Bayern 1816 in Salzburg einige Bestände. 200 Jahre lang redete man über Nach- bzw. Rückforderungen. 2003 bis 2006 wurde mit dem bayerisch-salzburgischen Archivalienaustausch eine einvernehmliche nachbarschaftliche Lösung erreicht, mithilfe dieser konnten u.a. unersetzliche Originale historischer Karten nach Salzburg zurückgebracht werden.

Kontakt:
Landesarchiv Salzburg
Michael-Pacher-Str. 40
A-5020 Salzburg 
Tel.: 0662/8042/4521 oder 4527 
Fax: 0662/8042/4661
landesarchiv@salzburg.gv.at

Quelle: Land Salzburg, Pressemitteilung, 16.3.2009

Historisches Archiv des Erzbistums Köln deponiert die Pergamenturkunden des Stadtarchivs

Das Historische Archiv des Erzbistums Köln hat am 12. März 2009 in einer ungewöhnlichen und logistisch aufwändigen Großaktion dem Kölner Stadtarchiv die Sorge um die 60.000 Pergamenturkunden abgenommen. Diese waren aufgrund ihrer günstigen Lagerung in einem festen Kellerraum am Rande des Archivs der Einsturzkatastrophe des Historischen Archivs der Stadt Köln glücklicherweise entgangen – und blieben zudem völlig unbeschädigt. 

Für die Aktion wurden auch die Pensionäre des Diözesanarchivs ehrenamtlich aktiviert. Die grob geordnete Einlagerung, die durch zwei bis drei Personen geschehen soll, wird mehrere Wochen dauern. Die Schätze werden voraussichtlich solange im Historischen Archiv des Erzbistums Köln lagern, bis die Stadt Köln ein neues Gebäude für das Stadtarchiv gebaut hat. 

Die Sorge gilt den noch unter den Trümmern liegenden Kulturgütern, bei deren Reinigung, Sortierung und Registrierung die Mitarbeiter des Diözesanarchivs auch – teils dienstlich im Rahmen der Amtshilfe, teils privat – mit im Einsatz sind, ebenso wie viele andere Archive aus ganz Deutschland.

Info:
Siehe dazu die Reportage des WDR über die Großaktion des Diözesanarchivs am 12.3.09: „Kaiserliches auf Tierhaut“.

Kontakt:
Historisches Archiv des Erzbistums Köln
Gereonstraße 2-4
50670 Köln
Tel: 0221/1642-5800
Fax: 0221/1642-5803
archiv@erzbistum-koeln.de
www.erzbistumsarchiv-koeln.de

Ansichten vom Rande des Kölner Kraters

Kölns Kulturdezernent Professor Georg Quander besuchte laut Bericht des Kölner Stadt-Anzeigers (KSTA) vom 15. März 2009 die Einsturzstelle des Historischen Archivs der Stadt Köln in der Severinstraße am 14. März gemeinsam mit dem Direktor der Weimarer Anna-Amalia-Bibliothek – \“und zeigte sich erschüttert über das Ausmaß der Zerstörung\“. Gleichwohl werden Perspektiven zur baulichen Zukunft des Kölner Stadtarchivs benannt. Nach Einschätzung Quanders werde Köln frühestens in fünf Jahren ein neues Stadtarchiv haben können. Zunächst müsse ein Standort für den Bau gefunden werden, die Bauphase und die anschließende Austrocknung der Wände und Räume dauere ihre Zeit, so der Kulturdezernent.

Schwierigkeiten bereitet nicht nur ein realer Neubau, zu Komplikationen scheint auch der Aufbau eines virtuellen Kölner Stadtarchivs führen zu können. Auf Initiative des Vereins \“Prometheus – Das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung & Lehre e.V.\“ wurde einige Tage nach dem Einsturz des Archivs das \“digitale Historische Archiv Köln\“ (www.historischesarchivkoeln.de) ins Netz gestellt. Ehemalige Kölner Archivbenutzer werden gebeten, im Zuge eigener Forschungen erstellte Reproduktionen und Exzerpte von Archivgut aus dem Stadtarchiv nunmehr online zu stellen, um die Rekonstruktion der Bestände zu unterstützen. Die Kopien und Abschriften sollen nach Möglichkeit entsprechend der Systematik des Archivs hochgeladen werden. Dass das \“digitale Historische Archiv Köln\“ nach eigener Auskunft \“dem öffentlichen Anspruch auf \’freien Zugang\‘ (Open Access)\“ folgt, stößt nicht nur auf Gegenliebe. Die Direktorin des Kölner Stadtarchivs, Dr. Bettina Schmidt-Czaia, verweist laut KSTA beispielsweise auf das Problem, dass die Stadtarchivbenutzer etwaige Kopien von Kölner Archivalien lediglich zur eigenen Nutzung erhalten hätten, nicht aber zur Weiterverbreitung, z.B. im Internet. \“Besser wäre es, uns diese Kopien zur Verfügung zu stellen\“, appelliert sie daher an die Forscher.

Letztlich muss sichergestellt werden, dass das Historische Archiv der Stadt Köln möglichst umfänglich wieder in den Besitz des eigenen Archivgutes gelangt – physisch und virtuell. Hierzu bedarf das Kölner Stadtarchiv auf Jahre hinaus der Unterstützung breiter Kreise der (Fach-)Öffentlichkeit und der Solidarität der Zunft. – Schmidt-Czaia selbst forderte am 15. März in der WDR-Fernsehsendung West.art am Sonntag, dass sofort mit der Planung eines Archivneubaus begonnen und ein Digitalisierungszentrum eingerichtet werden müsse.

Die Beurteilung der unübersichtlichen Lage in den ersten Tagen nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs war von Spekulationen über Ursachen und Ausmaß der Katastrophe ebenso geprägt wie von eiligen und voreiligen Schuldzuweisungen und Rechtfertigungen. Auch mussten gute und gut gemeinte Solidaritätsaktionen und Hilfsmaßnahmen in rechte Bahnen gelenkt werden. Das berechtigte öffentliche Interesse nach Erklärungen zu und Erkenntnissen aus den Kölner Ereignissen ist nach wie vor groß.

Gleichzeitig sollte aber zunehmend die Sachlichkeit bei der Aufarbeitung des Geschehens die Oberhand gewinnen. Die Bergung des Archivgutes wird noch Wochen und Monate dauern; sie konnte erst nach dem Auffinden der beiden verschütterten Anwohner intensiviert werden und muss zugleich unter größter Vorsicht geschehen, da die Einbruchstelle schwer abzusichern ist. Meinungsäußerungen vom Rande des Kraters sind angesichts der Bestürzung, die dessen Eindruck weiterhin hinterlässt, nicht immer sachdienlich.

Der Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln hat tragischerweise zwei Todesopfer gefordert. Wie viel mehr Opfer hätten beklagt werden müssen, wenn nicht das Archiv, sondern das gegenüberliegende Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in den Krater des U-Bahn-Baus gerutscht wäre! Die Stadt Köln hat einen Teil ihrer Vergangenheit verloren, glücklicherweise aber nicht ihre Zukunft.

Links:

Kontakt:
Historisches Archiv der Stadt Köln
Telefon: 0221-22124455 oder 0221-22128746 (nur in dringenden Fällen)
claudia.tiggemann-klein@stadt-koeln.de
monika.frank@stadt-koeln.de

Jens Murken, Bielefeld

NRW überprüft Sicherheitsstandards für Archive

Nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs werden die Sicherheitsstandards für Archivgut in Nordrhein-Westfalen auf den Prüfstand gestellt. Das kündigte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers am 10. März 2009 nach einer Kabinettssitzung in Düsseldorf an. Geprüft werde laut einer Pressemitteilung des Landes eine schnellere Digitalisierung von Archivgut und eine Verschärfung des Archivgesetzes. Die Landesregierung NRW will den Gesetzestext bis zum Jahresende novellieren. Mit 300.000 Euro Soforthilfe aus der Landeskasse werden zudem die Restaurierungsarbeiten in Köln unterstützt.

\“Wir erwarten auch von der Bundesregierung finanzielles Engagement, denn die Kölner Archivalien sind von großer Bedeutung für die Kultur ganz Deutschlands und Europas\“, sagte Rüttgers. \“Jetzt muss gerettet werden, was zu retten ist.\“ Besonders gefreut habe ihn, dass in Köln inzwischen erste Bände aus dem Nachlass des ersten deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer (CDU) und Handschriften von Albertus Magnus aus den Trümmern gerettet werden konnten, sagte Rüttgers. Die Frage, ob der U-Bahn-Bau in der Domstadt weiterbetrieben werden sollte, wollte er nicht kommentieren. \“Das ist in der Zuständigkeit der Stadt Köln.\“

Insgesamt seien derzeit aus dem Landesarchiv NRW, den Landschaftsverbänden und der Kölner Bergungsmannschaft 60 Mitarbeiter im Schichtdienst im Einsatz, sagte NRW-Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff. Zusätzlich gebe es zahlreiche Hilfsangebote aus anderen Bundesländern, berichtete Rüttgers. Jetzt werde eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Landesarchivs, des Kölner Stadtarchivs und der Landschaftsverbände eingerichtet, die Rettungsmaßnahmen koordiniert und eine Prioritätenliste für die Restaurierung erstellt.

\“Eine solche Katastrophe darf sich nicht wiederholen\“, sagte der Ministerpräsident. Deswegen werde eine Expertenanhörung zur Sicherheit von Archivgut angesetzt. Dazu gehöre auch die Frage, ob bestimmte Archivalien nicht im Tresor aufbewahrt werden müssten. Darüber hinaus würden umgehend die Sicherheitsstandards des geplanten Landesarchiv-Neubaus in Duisburg überprüft.

Nach seinen Angaben gibt es in NRW rund 1.400 nicht-staatliche Archive, unter anderem der Kommunen, der Kirchen und Parteien. Seit 2005 habe das Land 96 Millionen Euro für öffentliche Archive aufgewendet.

Quelle: Land NRW, Pressemitteilung, 10.3.2009

Populäre Kellerkinder und die bleibenden Werte

In einer Reportage über das regionale Archivwesen und das Institut für Erhaltung von Archiv- und Bibliotheksgut in Ludwigsburg nimmt sich die Badische Zeitung vor dem Hintergrund des Kölner Archiveinsturzes der Bedeutung der Archive als "Gedächtnisse" der Gesellschaft an: "Ein Archiv sagt die Wahrheit", es lüge nicht und sei geduldig. Nach der Katastrophe von Köln genießt das Archivwesen zudem besonderes mediales Interesse: "Deutschlands Kellerkinder, die Archivare, [sind] plötzlich populär". Wohl mit Blick auf die Archivpädagogik wird Archivdirektor Dr. Clemens Rehm zitiert: \“20 Jahre haben wir uns die Hacken abgerannt für mehr Aufmerksamkeit, und dann so etwas".

Das Medieninteresse wird vermutlich bald nachlassen, die Rekonstruktion des Historischen Archivs der Stadt Köln hingegen Jahre und Jahrzehnte dauern, mit derzeit noch ungewissen Erfolgsaussichten. Frieder Kuhn und seine dreißig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Institut für Erhaltung von Archiv- und Bibliotheksgut rechnen damit, beizeiten von den Kölner Kollegen um Hilfe bei der Wiederherstellung der geborgenen Archivalien gebeten zu werden.

Kuhn leitet das Ludwigsburger Institut, eine Abteilung des Landesarchivs Baden-Württemberg, das im mittelalterlichen \“Arsenal\“, einem früheren Waffenlager, untergebracht ist. Von der Buchbinderei mit Pinseln, Pressen und Prägestempeln bis zum Digitalscanner unterm Dach birgt Kuhns Haus alles, was man braucht, um Kostbarkeiten dem Zahn der Zeit zu entreißen und der Nachwelt aufzuheben. Der Zahn der Zeit – das kann Tintenfraß sein, welcher eine Originalpartitur von Bach durchlöchert, so dass man bald nicht mehr sagen kann, ob der Meister halbe oder ganze Noten gemeint hat. Das kann auch selbstzerstörerisches Papier sein, welches seit etwa 150 Jahren für viele Druckschriften benutzt wird. Es bildet Säuren und zersetzt sich. Der Zahn der Zeit kann aber auch von außen am Dokument nagen, per Sonnenlicht, Feuchtigkeit, Feuer, Wasser, Holzwürmern oder Schimmel. Alles Organische zerfällt, das steht fest. Aber fest steht auch, dass Kuhns engagierte Truppe den Ehrgeiz hat, dem Zerfall die Arbeit so schwer wie möglich zu machen.

Ein Landesrestaurierungsprogramm von 1986, das jährlich knapp 900.000 Euro bereithält, finanziert die Arbeit des Instituts für Erhaltung von Archiv- und Bibliotheksgut. – Da die "Langzeitarchivierung" digitaler Daten längst noch nicht zuverlässig ist, schwört Chefrestaurator Kuhn weiterhin auf die Sicherheitsverfilmung: Auf acetatfreien 35-Millimeter-Film werden im Dachgeschoss seines Instituts in großer Zahl Dokumente fotografiert. Manche der Dokumentenseiten, die im Zuge systematischer Sicherungsverfilmung auf die Filme kopiert werden, kann man bereits mit bloßem Auge entziffern. "Wer diese Streifen nach, sagen wir, fünfhundert Jahren aus der Tonne holt\“, verspricht Frieder Kuhn, \“der braucht nur eine Lampe und eine Lupe, um sie zu lesen.\“ Einen Ersatz für die zu schützenden und gegebenenfalls – wie im Kölner Fall – auch massenhaft aufwändig zu restaurierenden \’Originale mit Wahrheitsgehalt\‘ stellen sie gleichwohl nicht dar.

Kontakt:
Landesarchiv Baden-Württemberg
Institut für Erhaltung von Archiv- und Bibliotheksgut
Frieder Kuhn, Abteilungs- und Institutsleiter
Schillerplatz 11
D-71638 Ludwigsburg
Telefon: 07141/18-6622
Fax: 07141/18-6699
frieder.kuhn@la-bw.de

Quelle: Stefan Hupka, Badische Zeitung, 11.3.2009

Die Urkunden des Stifts Buchau

Das im späten 8. Jahrhundert gegründete adlige Damenstift Buchau am Federsee ist eine der bedeutendsten Einrichtungen der Reichskirche in Oberschwaben. Der vorliegende Band "Die Urkunden des Stifts Buchau. Regesten (819) 999–1500" erfasst erstmals den gesamten Urkundenbestand des Stifts von den Anfängen bis in das Jahr 1500 und erschließt ihn in ausführlichen Regesten. Eine Einleitung mit einem umfangreichen Tafelteil führt in die Geschichte des Stifts ein.

Somit bildet das Werk künftig nicht nur eine unverzichtbare Arbeitsgrundlage für die Erforschung der mittelalterlichen Kirchengeschichte Südwestdeutschlands, sondern auch für die Orts- und Landesgeschichte Oberschwabens.

Zu den Autoren: Dr. Rudolf Seigel war zuletzt Professor für Geschichte an den Pädagogischen Hochschulen Reutlingen und Weingarten. Dr. Eugen Stemmler (+) war Leiter des Staatsarchivs Sigmaringen. Dr. Bernhard Theil ist Referatsleiter im Landesarchiv Baden-Württemberg – Hauptstaatsarchiv Stuttgart.

Die Publikation kann über den Buchhandel oder direkt über den Verlag W. Kohlhammer in Stuttgart bezogen werden. 

Info:
Die Urkunden des Stifts Buchau. Regesten (819) 999–1500
Bearbeitet von Rudolf Seigel, Eugen Stemmler (†) und Bernhard Theil
Inventare der nichtstaatlichen Archive in Baden-Württemberg, Band 36
728 Seiten mit 25 Abbildungen, fester Einband/Fadenheftung
ISBN 978-3-17-020783-7
€ 56,-

Quelle: Landesarchiv Baden-Württemberg, Neue Publikationen, 11.3.2009