Spätestens ab 1933 waren jüdische Unternehmen von der nationalsozialistischen Verfolgung bedroht. Systematisch wurden Waren- und Dienstleistungsströme behindert, Interessenvertretungen und die Industrie- und Handelskammer \“gleichgeschaltet\“. Schon im Umfeld des Boykotts vom 1. April 1933 kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen, deren schrecklicher Höhepunkt die so genannte Köpenicker Blutwoche war.
Weitere zum Teil pogromähnliche Krawalle gab es in Berlin im Sommer 1935 und im Juni 1938. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden tausende jüdische Unternehmen vernichtet. SS, SA und ihre Helfer zerstörten nicht nur die Schaufensterscheiben, sondern ganze Inneneinrichtungen und Lagerbestände, häufig auch Geschäftsunterlagen. Nach dem Pogrom wurde Juden der betrieb von Einzelhandelsgeschäften und Handwerksunternehmen sowie das Anbieten von Waren und Dienstleistungen per Verordnung verboten. Sämtliche jüdische Unternehmen in Berlin wurden schließlich bis 1945 liquidiert oder an Nicht-Juden übertragen.
Im feindlicher werdenden Umfeld entwickelten die jüdischen Unternehmer unterschiedliche Gegenstrategien. Einige versuchten auf dem Rechtsweg gegen die ungerechte Behandlung vorzugehen. Andere besetzten bestimmte Marktnischen oder verstärkten die Auslandskontakte, um als Devisenbringer geschützt zu sein und um sich einen Rückzugsweg zu sichern. Viele richteten sich nun erstmals explizit an ein jüdisches Publikum und warben in jüdischen Gemeindeblättern. Die Vielzahl der Gegenstrategien korrespondierte mit der Vielfalt jüdischen Gewerbetreibens in Berlin.
In der Ausstellung "Verraten und Verkauft. Jüdische Unternehmen in Berlin 1933-1945" werden exemplarische Verläufe der Entrechtung und Existenzvernichtung anhand der Geschichten von sechzehn fast vergessenen Berliner Unternehmen und ihren Eigentümern nachvollzogen.
Ergänzt wird die Ausstellung, die im Herbst 2008 im Foyer der Humboldt-Universität gezeigt worden ist, um Archivalien aus den Beständen des Landesarchivs Berlin zu jenen Geschäften, die auf den Fotos zu sehen sind, die den Rahmen der Ausstellung bilden und Verfolgung und Zerstörung jüdischer Unternehmen in Berlin verorten.
Info:
Verraten und Verkauft. Jüdische Unternehmen in Berlin 1933 – 1945
Eine Ausstellung von AKTIVESMUSEUM. Faschismus und Widerstand e.V. und der Humboldt-Universität zu Berlin, Lehrstuhl für Zeitgeschichte
Eichborndamm 115-121, 13403 Berlin
Dauer der Ausstellung:
27. März 2009 bis 19. Juni 2009
Öffnungszeiten:
Mo + Fr 9.00 bis 15.00 Uhr
Di – Do 9.00 bis 18.00 Uhr
Begleitbroschüre zur Ausstellung
Verraten und Verkauft. Jüdische Unternehmen in Berlin 1933 – 1945, hrsg. von Christoph Kreutzmüller und Kaspar Nürnberg , 2. Auflage Berlin 2009.
78 Seiten.
ISBN 978-3-00-026811-3
Der Katalog ist zum Preis von 5,00 € bei der Geschäftsstelle des Aktiven Museums e.V., Stauffenbergstr. 13-14, 10785 Berlin und im Landesarchiv Berlin erhältlich.