Zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland wurden Hunderttausende Zwangssterilisationen durchgeführt, um so genannten erbkranken Nachwuchs zu verhindern. Unfruchtbar gemacht wurden vor allem diejenigen, die dem arischen Ideal der Nationalsozialisten nicht entsprachen, darunter Behinderte, Alkoholiker und homosexuelle Menschen.
Mitarbeiter des Gesundheitsamtes Friesland in Jever haben jetzt bei Umbauarbeiten zahlreiche Akten zu Zwangssterilisationen in der NS-Zeit entdeckt. Die Kranken- und Gerichtsakten wurden in sieben Umzugskisten auf dem Dachboden der Behörde gefunden.
Die Akten dokumentieren Zwangssterilisierungen in Friesland zwischen 1934 und 1945. Neben Personendaten findet sich in den Unterlagen auch eine "erbbiologische Bestandsaufnahme" des Jeverlandes. Die Dokumente seien historisch bedeutend und ließen auch Rückschlüsse auf Praktiken im gesamten Oldenburger Land zu, meint der Wissenschaftler Dr. Ingo Harms, der am Institut für Sonderpädagogik der Universität Oldenburg die regionale nationalsozialistische Gesundheits- und Sozialpolitik erforscht.
Bisher liege nur aus dem Gesundheitsamt der Wesermarsch ein umfassender Aktenbestand aus dem Dritten Reich vor. Die Akten des 1939 gegründeten Landkreises Friesland hätten bislang als verschollen gegolten
Die Kisten werden in dieser Woche dem Niedersächsischen Staatsarchiv in Oldenburg übergeben. Der stellvertretende Leiter des Staatsarchivs, Dr. Matthias Nistal, hat die Nazi-Akten über Zwangssterilisationen und „erbbiologische Bestandsaufnahmen“ bereits gesichtet. Laut Nistal lagerten bereits 3.000 bis 4.000 Dokumente zur NS-Medizin im Staatsarchiv. Die Dokumente aus Jever sollen zunächst ausgewertet und restauriert und dann der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
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