Der Ende 2007 vorgelegte Bericht der Enquetekommission des Deutschen Bundestages „Kultur in Deutschland“ stellt fest, dass die christlichen Kirchen in Deutschland zu den größten Kulturträgern zählen. Bischof Prof. Dr. Martin Hein greift das Thema in seinem Bericht anlässlich der 10. Tagung der 11. Landessynode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck am 24. November 2008 zentral auf: er titelt „Kulturelle Größe“. Zwanzig Prozent der gesamten kirchlichen Ausgaben werden für kulturelle Aufgaben verwendet. Als einen Arbeitsbereich kirchlicher Kulturarbeit nennt der Bericht der Enquetekommission neben anderen die Archive.
Basis und Grundlage aller Archivarbeit des Landeskirchlichen Archivs Kassel ist das inzwischen zehn Jahre alte Archivgesetz der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck aus dem Jahr 1998, das die kulturpolitische Dimension, Mitverantwortung für kulturelles Erbe aktiv zu übernehmen, eindeutig definiert. Da macht es Sinn, die Dezernatszuständigkeit für Archivwesen und Kirchengeschichte der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck an das Archiv zu binden und in die Hände der Archivleiterin zu legen. Neben das archivische Alltagsgeschäft sind also vielfältige neue Aufgaben getreten, so z.B. die Mitarbeit in der Lenkungsgruppe 75 Jahre EKKW, die für Juni 2009 ein wissenschaftliches Symposion und ein Fest der Begegnungen vorbereitet, die Zusammenarbeit mit dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst in Sachen „Reformationsjubiläum 2017“ sowie die Mitarbeit im wissenschaftlichen Beirat zur Auswertung der Kirchenkampfdokumentation der EKHN, der sich im August 2008 konstituiert hat.
Zwei kulturpolitischen Arbeitsfeldern hat sich das Landeskirchliche Archiv Kassel im vergangenen Jahr besonders intensiv gewidmet. Da ist zum einen die Historische Bildungsarbeit in vielfältiger Ausformung zu nennen. Der Tag der Archive im März 2008 war der Tag mit historischen Quellen für alle. Die „Erlebniswelt Archiv“ war für Konfirmanden, für Grundschüler wie für Gymnasiasten geöffnet. Rund 100 Kinder und Jugendliche haben sich auf eine fremde Welt eingelassen und waren begeistert. Insgesamt haben 185 Personen eine der 15 Archivführungen „gebucht“. Das waren doppelt so viele Führungen wie im Vorjahr mit dreimal so vielen Teilnehmern.
Zum anderen spielt die Digitalisierung von archivischem Kulturerbe eine immer größere Rolle. Das Kirchenbuchportal – die Anfänge liegen inzwischen zwei Jahre zurück – wird demnächst mit Unterstützung der EKD die Pilotphase erreichen. Das Landeskirchliche Archiv Kassel war beim Start von MICHAEL (Multilingual Inventory of Cultural Heritage in Europe) in Berlin im April 2008 dabei. Hier geht es darum, digitales Kulturerbe gemeinsam zu vernetzen. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Portal www.kulturerbe-digital.de macht Digitalisierungsprojekte aus Archiven, Bibliotheken, Museen und der Denkmalpflege und die daraus gewonnenen Erfahrungen sicht- und nutzbar.
Das Landeskirchliche Archiv verzeichnete und digitalisierte den Nachlass des Grafikers Dieter von Andrian und setzte das im Jahr 2003 begonnene Erschließungs- und Digitalisierungsprojekt „Einbandfragmente in kirchlichen Archiven aus Kurhessen-Waldeck“ fort. Entdeckt wurde u.a. ein bedeutendes Fragment in deutscher Sprache, ein sehr seltener Fund.
Info:
Bettina Wischhöfer, Kulturelle Größe Landeskirchliches Archiv Kassel – Tätigkeitsbericht des Landeskirchlichen Archivs Kassel 2008
(Schriften und Medien des Landeskirchlichen Archivs Kassel 25), Kassel 2009
ISBN: 978-3-939017-06-6, 72 Seiten, 6,50 € (Der Bericht steht auch als Download zur Verfügung.)
Bezugsadresse:
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