Historisches Pergament aus dem Jahre 1371 zurück in Lemgo

Am 19. Januar 2009 fand im Süsterhaus, dem Sitz des Lemgoer Stadtarchivs, ein Besuch des Oberbürgermeisters der Stadt Bielefeld, Eberhard David, statt. Grund des Empfangs durch Lemgos Bürgermeister Dr. Reiner Austermann war die Übergabe einer mehr als 600 Jahre alten Urkunde an das Lemgoer Stadtarchiv.

Im Rahmen von Forschungsarbeiten des Bielefelder Professors Dr. Seelbach im Bielefelder Stadtarchiv fiel dort eine Urkunde aus dem Jahre 1371 auf. Recherchen des Archivleiters Dr. Jochen Rath ergaben, dass es sich um eine Urkunde über ein Rechtsgeschäft der Grafen zu Sternberg und der Hansestadt Lemgo handelte. Zwischen ihm und seiner Lemgoer Kollegin Dr. Anikó Szabó bestand schnell Einigkeit, dass diese Urkunde besser in die historischen Lemgoer Bestände passt. Dieser Vorschlag fand auch die Zustimmung des Bielefelder Stadtoberhauptes, der am Montag die Urkunde persönlich seinem Lemgoer Kollegen Dr. Austermann im Lemgoer Stadtarchiv überreichte. Im Rahmen des Treffens erläuterte Dr. Rath wie die Urkunde dem Bielefelder Archiv vor über 100 Jahren zugegangen ist und legte dar, dass es sich um ein Dokument über einen Kredit der Hansestadt Lemgo an die Grafen zu Sternberg handelt.

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Abb. ( von links): Oberbürgermeister Eberhard David, Dr. Anikó Szabó, Dr. Jochen Rath und Bürgermeister Dr. Reiner Austermann mit der historischen Urkunde aus dem Jahre 1371 (Foto: Stadt Lemgo)

Dr. Szabo ging auf den Inhalt der Urkunde ein. Sie dokumentiere, wie die Stadt zur Sicherung ihres politischen und wirtschaftlichen Einflusses im Mittelalter vielfältige Beziehungen zu ihren Nachbarn unterhielt. Ihr wirtschaftliches Potential war beachtlich, so dass sie ihren Einfluss als Kreditgeber weiter festigen konnte. Die nun wieder aufgefundene Sternberger Urkunde von 1371 sei dafür ein Nachweis. Lemgo hatte den Grafen von Sternberg in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts einen Kredit von 300 Mark Pfennigen geliehen. Für die damalige Zeit eine nicht unbeträchtliche Summe: Dies entsprach seinerzeit ungefähr dem Gegenwert von etwa 1.200 Schweinen. Im Gegenzug sicherten die Grafen der Stadt in der Urkunde vom 17. März 1371 bis zur Rückzahlung des Kredits verschiedene Rechte zu. Zunächst sollte kein Lemgoer Bürger im Territorium der Grafen gerichtlich oder außergerichtlich belangt werden. Alle Streitfälle, in die Lemgoer Bürger verwickelt waren, sollten vielmehr vor dem Ratsgericht in Lemgo verhandelt werden. Außerdem waren alle Lemgoer Bürger in der Herrschaft der Grafen vom Wegegeld und anderen Abgaben befreit und hatten das Recht, ihr Vieh dort beim Durchtrieb mit Wasser und Weide zu versorgen. Sollte doch einmal ein Bürger durch die Grafen oder deren Amtleute zu Schaden kommen, wurde ihm Schadenersatz zugesichert.

Dr. Szabo: „Die Urkunde von 1371 ist ein bedeutendes Dokument zur Geschichte der Alten Hansestadt Lemgo während ihrer Blütezeit innerhalb des hansischen Verbundes im späten Mittelalter. Lemgo war damals die größte und bedeutendste Stadt der Grafschaft Lippe, die sich mit anderen Herrschaftsträgern politisch und ökonomisch klug vernetzte. Die rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen der Bürger, insbesondere der Lemgoer Kaufleute, sollten durch Verträge und Abkommen mit den benachbarten Herrschaften unterstützt und abgesichert werden“. Sie bedankte sich bei Herrn Dr. Rath für seine außerordentliche Kooperationsbereitschaft, der die Herkunft der Urkunde aus Lemgo respektiere und durch die Übergabe auch würdigte.

Oberbürgermeister David machte deutlich, dass dieses für die Geschichte Lemgos bedeutende Dokument auch als Zeichen für eine gute Nachbarschaft zwischen Lemgo und Bielefeld, besser im Lemgoer Stadtarchiv aufbewahrt werde. Bürgermeister Dr. Reiner Austermann dankte seinem Kollegen für die Überlassung dieser historischen Urkunde und überreichte ihm als kleines Zeichen des Dankes eine Flasche Lemgoer Hansetrunk. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen meinte Dr. Austermann anschließend: „Der Rechtsnachfolger der Grafen zu Sternberg ist der Landesverband Lippe. Ihr gehört auch die Burg Sternberg. Eine Bestätigung der Rückzahlung des Kredites liegt uns bisher nicht vor. Ich werde demnächst das Gespräch mit dem Landesverbandsvorsteher führen, ggfls. bekommen wir ja noch den Gegenwert von 1.200 Schweinen aus dem Jahre 1371 mit Zinsen und Zinseszins vom Landesverband Lippe erstattet. Dies würde dem städtischen Haushalt gut tun. 

Kontakt:
Stadtarchiv Lemgo
Süsterhaus 
Rampendal 20a
32657 Lemgo
Tel. 0 52 61 / 21 32 75
stadtarchiv(at)lemgo.de
www.stadtarchiv-lemgo.de

Quelle: Pressemitteilung der Alten Hansestadt Lemgo vom 20.1.2009

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