Das Overather Stadtarchiv hat neue Räume bezogen

Der bisherige Standort des Overather Stadtarchivs war nicht optimal – im Keller des Bauamtes platzte es aus allen Nähten, eine Erweiterung der Räumlichkeiten war nicht möglich. Das größte Problem für die wertvollen Archivgüter war jedoch die Feuchtigkeit – bei Starkregen stand der Keller gelegentlich unter Wasser. Aufgrund dessen musste dringend ein anderer Standort gefunden werden. 

Als ideale Lösung erwies sich ein geräumiger Raum im Keller des Schulzentrums Cyriax – auf rund 100 qm sind die stadtgeschichtlichen Dokumente jetzt in über 100 Metern Regalfläche sicher und trocken untergebracht. Nicht nur die klimatischen Bedingungen sind jetzt ideal, wie die Archivberaterin des Landschaftsverbandes Rheinland Angelika Neugebauer bestätigt, auch die räumlichen Kapazitäten sind großzügig bemessen, es stehen noch Reserven zur Verfügung. Besonders freut sich der städtische Archivar, Otmar Sedlaczek, dass er jetzt endlich ein Büro für die anfallenden Verwaltungsarbeiten hat. 

Auch der Bergische Geschichtsverein Overath profitiert von dem neuen Standort – so hat er einen vom Archiv abgetrennten Raum zur Lagerung seiner eigenen historischen Dokumente erhalten – die unmittelbare Nähe zum Stadtarchiv erleichtert den Mitgliedern natürlich auch die historische Forschung.

Nicht zuletzt aus pädagogischer Sicht ist der neue Standort ideal. \“Seit das Archiv im Schulgebäude untergebracht ist, erhalte ich viel mehr Anfragen und Besuche von interessierten Schülern, die in den gelagerten Dokumenten Recherchen für ihre Arbeiten betreiben,\“ berichtet Archivar Othmar Sedlaczek. 

So lagern hier viele historisch bedeutsame Dokumente, als älteste Bestände datieren wohl die Hofgerichtsprotokolle aus dem frühen 17. Jahrhundert. Auch die Urrisse der ersten Katasteraufnahmen sind kostbare Dokumente ebenso wie die gesammelten Ratsprotokolle und vieles andere historisch Bedeutsame mehr. 

Anlässlich der offiziellen Einweihung der neuen Räumlichkeiten durch Bürgermeister Andreas Heider hat das Archiv noch eine besondere Schenkung erhalten. Gabriele Supe-Kolzem hat dem Stadtarchiv aus dem Nachlass ihres Vaters Manfred Supe dankenswerterweise eine historisch wertvolle Fotosammlung über Overath überlassen. 

Overath ist eine mittlere kreisangehörige Stadt im Rheinisch-Bergischen Kreis im Süden von Nordrhein-Westfalen. Im Jahre 1064 erstmalig erwähnt, leben hier heute über 27.000 Menschen.

Kontakt:
Stadtarchiv Overath
Schulzentrum Cyriax
Perenchiesstraße
51491 Overath-Cyriax

Stadt Overath
Der Bürgermeister
Hauptstr. 25
51491 Overath 

Quelle: Stadt Overath, Aktuelles; Bergisches Handelsblatt, 8.4.2008

Deutsches und französisches Fernsehen bis 1963

Das Fernsehen entwickelte sich im zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts aus dem Experimentalstadium heraus zum Leitmedium. Es stand dabei immer in der Spannung zwischen Transnationalität (Funkwellen kennen keine Grenzen) und nationalstaatlicher Organisation. Michael Rother stellt diese Entwicklung eines großtechnischen Systems wie eines publizistischen Mediums im binationalen Raum der Nachbarländer Deutschland und Frankreich dar. Er untersucht dabei nicht zwei Fernseh-Geschichten, sondern geht der Frage nach, inwieweit \“Fernsehen\“ sich in zwei nationalen Systemen und den Beziehungen zwischen ihnen konkretisiert, wie zwei nationale Fernseh-Systeme sich zeit- und teilweise zu einer Art Super-System verbinden. 

Die Arbeit reicht von den Anfängen in den 1930er Jahren bis zum Jahre 1963, als sich durch Elysée-Vertrag und beginnende Ausweitung und Differenzierung des Fernsehens durch zusätzliche Programme in beiden Ländern neue Rahmenbedingungen und Strukturen ergeben. 

Die systematische Perspektive, das Bemühen, in Analyse und Darstellung beiden nationalen Perspektiven gerecht zu werden, über Veränderungen und Brüche im Verhältnis beider Länder hinweg Kontinuitäten herauszuarbeiten, sind für die Arbeit bestimmend. Sie verbindet historische und systematische Aspekte und zeigt den Zusammenhang nationaler und transnationaler Entwicklungen auf: im Nebeneinander, Miteinander, Gegeneinander. 

Info:
Michael Rother: 
Kooperation – Kollaboration – Konkurrenz. Deutsches und französisches Fernsehen bis 1963 
Berlin : Verl. für Berlin-Brandenburg 2008. – 337 S.
ISBN 978-3-86650-602-2 
Preis: 30.00 EUR 
Dieses Buch ist über den Buchhandel oder direkt beim Verlag erhältlich.

Link: Inhalt und Vorwort (PDF)

Mülheimer Kompetenzzentrum Geschichte

Der 2001 begonnene und 2007 fortgeschriebene "KulturDialog" in Mülheim an der Ruhr dient der Entwicklung der städtische Kulturarbeit als Ergebnis eines öffentlichen Diskussionsprozesses. Beispielsweise sind der demografische Wandel, das bürgerschaftliche Engagement, die Entwicklung der Kulturwirtschaft oder die Integration von Migrantinnen und Migranten aufgrund ihrer hohen kultur- und gesellschaftspolitischen Relevanz Themen des KulturDialogs. Nicht zuletzt stellt die Verleihung des Titels Kulturhauptstadt Europas 2010 an das Ruhrgebiet die kommunale Kulturarbeit vor neue inhaltliche Herausforderungen.

Im KulturDialog ist unter anderem festgeschrieben, dass das Mülheimer Stadtarchiv als \“Kompetenzzentrum Geschichte\“ im \“Haus der Stadtgeschichte\“ aufgehen soll. Als Gebäude dafür soll der Stadt die alte Augenklinik an der Von-Graefe-Straße dienen (siehe Bericht vom 22.5.2007). Ziel sei die Eröffnung im Jahr der Kulturhauptstadt 2010, so Kulturbetriebsleiter Dirk Schneider. Dort soll in enger Zusammenarbeit mit den anderen Instituten ein Mülheimer Geschichtsnetzwerk entstehen. Als Steuerungsstelle ist das Stadtarchiv künftig organisatorisch für die historischen Museen zuständig. Dabei steht die Weiterentwicklung der Konzepte für die Museen Schloss Broich, Tersteegenhaus und Büromuseum im Vordergrund.

Die Zusammenarbeit mit Schulen soll ausgebaut und ein archivpädagogisches Konzept erstellt werden. So wird das laufende Projekt \“Archiv & Schule\“ im Haus der Stadtgeschichte auf eine neue Basis gestellt. Daneben soll es zu den laufenden Vorträgen zur Mülheimer Geschichte eine neue Schriftenreihe geben. Ausgewählte Schriften sollen online gestellt werden.

Kontakt:
Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr
Aktienstraße 85
45473 Mülheim an der Ruhr 
Tel: 02 08 / 455 4260
Fax: 02 08 / 455 4279
stadtarchiv@stadt-mh.de

Quelle: Margitta Ulbricht, WAZ, 4.4.2008

Jüdisches Archivwesen

Der 2007 von der Archivschule Marburg publizierte Sammelband "Jüdisches Archivwesen" umfasst neben einer Einleitung des Leiters des Zentralarchivs zur Erforschung der Geschichte der Juden (Heidelberg), Peter Honigmann, und dem Leiter der Archivschule Marburg, Frank M. Bischoff, ein Grußwort des Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn, drei Beiträge zum Thema „Formen jüdischer Archivorganisation“, vier Beiträge zum Thema „Displaced Archives – Entstehung einer archivischen Nachkriegsordnung“, drei Beiträge zum Thema „Spezielle Quellengruppen“, drei Beiträge zum Thema „Nationale Modelle und Erfahrungen“, drei Beiträge zum Thema „Bedingungen der Kommunikation“ und drei Beiträge zum Thema „Spezialinventare“ sowie Kurzbiografien der beteiligten Kolloquiumsteilnehmer.

\"Frank

Aus internationaler Perspektive bieten die fundierten Beiträge einen guten Einblick in die Entwicklung jüdischer Archive in den USA, Deutschland, Israel, Großbritannien, Frankreich, Polen, Russland vor, während und nach der Katastrophe des Holocaust. Die ersten Beiträge verdeutlichen die diversen Methoden der Akquisitionspolitik während und nach dem Zweiten Weltkrieg, als hunderte von jüdischen Gemeinden nicht mehr existierten.

Inka Arroyo berichtet, dass zum Zwecke der Bereitstellung von Beweismaterial für die geplanten Prozesse gegen die NS-Kriegsverbrecher sowie für wissenschaftliche Zwecke seit April 1944 das JGHA in Jerusalem, die Wiener Library in London, der Jewish World Congress und das YIVO in New York, das Centre de Documentation Juive Contemporaine in Paris, das Hilfskomitee der Jewish Agency, der zionistische Gewerkschaftsbund und die Central Zionist Archives in Israel einem Aufruf nachkamen, um Material über die NS-Verfolgung der jüdischen Jugend (S. 80) zu sammeln. Hier muss es sich um einen Schreib- bzw. Übersetzungsfehler handeln. Warum sollte die Dokumentation der Verfolgung von Juden und sog. Mischlingen jeglichen Alters nicht genauso wichtig sein? 
Insbesondere aufgrund der Verhandlungen des Direktors der Central Zionist Archives, Alexander Bein, mit den jüdischen Gemeinden Berlin West/Ost konnten 1951 53 Kisten und 1958 95 Kisten mit Akten aus den Beständen des ehemaligen Gesamtarchivs nach Israel ins JHGA, dem heutigen CAfHJP, transloziert werden. Ein kleiner Teil gelangte 1972 mit dem Nachlass Jacob Jacobsons in das Archiv des Leo Baeck Institut in New York. Weitere Teilbestände gelangten ins Moskauer Sonderarchiv und in das Archiv des Jüdischen Historischen Institut in Warschau. Ein weiterer Teil des ehemaligen Gesamtarchivs überlebte auch die DDR und wird heute im CJA 1 von der Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum verwahrt.

Die ersten Beiträge berichten über die Gründungsanlässe und die Archivpolitik des Philadelphia Jewish Archives Center (1975-2005), des Gesamtarchiv der deutschen Juden in Berlin (1905-1938) und des Central Archives for the History of the Jewish People (gegr. 1969) in Jerusalem. Die nächsten Beiträge explizieren das Schicksal jüdischen Archivgutes der Jüdischen Gemeinde Hamburg, der ins Moskauer Sonderarchiv als „Trophäen-Bestände“ nach dem Ende des „Großen Vaterländischen Krieg“ translozierten jüdischen Akten sowie das Schicksal der Bestände des YIVO-Archivs (gegr. 1926). Das Archiv des Holocaust Memorial Museum (geöffnet seit 1993; Sammlungsbeginn seit 1986) in Washington D.C. sammelt Material mit Bezug zu den Opfern, Tätern, Überlebenden und zur Frage der Rechtsprechung. 

Feliks Tych, ehemaliger Direktor des Jüdischen Historischen Instituts in Warschau, verdeutlicht den großen Stellenwert des Quellenkorpus von 7.300 Zeugenaussagen, die auf der Grundlage von expliziten Fragebögen für Erwachsene und Kinder im Auftrage der Zentralen Jüdischen Historischen Kommission von August 1944 bis Dezember 1947 gesammelt wurden. 

Hartmut Heinemann expliziert den Wert der bis in die letzten Kriegstage des Zweiten Weltkriegs von der Firma Gebrüder Gatermann im thüringischen Schloss Rathsfeld am Kyffhäuser mikroverfilmten jüdischen Personenstandsregister, die den Beständen des Gesamtarchivs der deutschen Juden entstammten und vom Reichssippenamt für antisemitische Zwecke genutzt worden waren. 

David Frei gibt einen Überblick über die Entwicklung der gesetzlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich der rechtlichen Emanzipation britischer Staatsbürger jüdischen Glaubens im allgemeinen und hinsichtlich des britisch-jüdischen Personenstandswesens im besonderen. 

Laura Jockusch berichtet über die Gründung eines Informationsbüros in Odessa durch die russisch-jüdischen Intellektuellen Simon Dubnow (Historiker), den zionistischen Theoretiker Ascher Ginzburg (Achad Haam) und den Dichter Chaim Nachman Bialik als Reaktion auf den Pogrom von Kischinjow in der russischen Provinz Bessarabien im April 1903. Bialik wurde an den Ort des Pogroms gesandt, um Informationen in Krankenhäusern von Schwestern und Ärzten zu erhalten und Fotos zu sammeln. Die Publikation eines Buches Kischinjow verzögerte sich bis nach dem Ersten Weltkrieg, da die Pogrome 1905/06 viel mehr Opfer forderten, aufgrund der russischen Zensur und der finanziellen Situation der Gruppe. 

Uriel Gast erläutert als Hauptzweck der 1995 durch den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund und der ETH Zürich gegründeten Stiftung Jüdische Zeitgeschichte den Aufbau der Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte.

Georges Weill, u.a. ehemaliger Inspecteur général des Archives de France, gründete 1962 mit Kollegen die Commission Française des Archives Juives zur Beratung der jüdischen Registraturbildner. Obwohl das Archivgut der Israelitischen Konsistorien vor 1905 in Frankreich und im Elsaß noch heute als staatliches Archivgut angesehen wird, verzögert sich ihre Abgabe bzw. Archivierung aus verschiedenen Gründen: profanes Verwaltungsschriftgut hat keinen religiösen Wert; jüdische Einwanderer haben wenig Interesse daran, die Unterlagen der Altgemeinden zu bewahren; jüdische Funktionäre haben kein großes Interesse an der Archivierung ihrer Unterlagen und an ihrer Öffnung für die Forschung. Eine kleine Zahl von Archivaren hat sich aber in den letzten Jahren zur Aufgabe gemacht, die jüdischen Archivbestände Frankreichs zu retten.

Peter Honigmann stellt in seinem Beitrag seine praktischen Erfahrungen hinsichtlich der Bewertung und Nutzung von Unterlagen unter rechtlichen Aspekten dar, die aufgrund von Depositalverträgen mit den abgebenden Gemeinden bzw. Autoren im Heidelberger Zentralarchiv verwahrt werden. Zum einen besteht die relativ seltene Gefahr, dass der Eigentümer sich entschließt, sein Archivgut wieder zurückzunehmen. Um den Persönlichkeitsschutz zu garantieren, verlangen viele jüdische Gemeinden den Genehmigungsvorbehalt im Depositalvertrag hinsichtlich der Nutzung ihrer Altunterlagen. Da die staatlichen Archivgesetze für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften keine Gültigkeit haben, da sie keine von Bund oder Land beaufsichtigten Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, im Unterschied zu Kommunen, Universitäten und Berufskammern, stellen die jüdischen Organisationen ihre eigenen Regeln hinsichtlich des Datenschutzes und Durchführung des informationellen Selbstbestimmungsrechtes auf. Bei der Publikation von Findmitteln mit expliziten Namenslisten steht der Archivar vor dem Problem, möglichen Schaden und Nutzen, der bei ihrer Publikation entstehen könnte, abzuwägen. Aufgrund der unterschiedlichen Sperrfristen für personenbezogene Unterlagen in verschiedenen Archivgesetzen und der Frage ihrer Anwendbarkeit im Falle des Zentralarchivs plädiert Honigmann für den Rekurs auf und Anwendung traditioneller jüdischer Rechtsvorschriften, da schon Tora und Talmud die Verbreitung schädigender Informationen verbieten.

Aubrey Pomerance, Leiter des Historischen Archivs des Jüdischen Museums Berlin und der Zweigstelle des Leo Baeck Archiv New York in Berlin, erörtert die Sammlungspolitik und -methodik, Stand der Erschließung, Zugänglichkeit der Bestände für die wissenschaftliche Öffentlichkeit und die Motivation der Stifter, dem Museum persönliche Unterlagen zu überlassen. Die gegenwärtige Herausforderung besteht darin, die Informationen über die gesammelten Objekte digital so zu erschließen, dass sie online recherchierbar sind. 

Frank Mecklenburg, Archivar und Forschungsdirektor am Leo Baeck Institute New York, stellt einige virtuelle Zeitschriftenarchive und Internetportale für jüdische Familienforscher und Genealogen vor mit eigenen Datenbanken, Suchmaschinen hinsichtlich ausgelöschter Gemeinden in Osteuropa, Gräber und Friedhöfe, Familiengeschichten und -stammbäume und Hilfsfunktionen zum Austausch von Informationen der Internetnutzer hinsichtlich der Übersetzung von Texten. Bei dem Portal „JewishGen“ handelt es sich also um ein interaktives Portal.

Friedrich Battenberg, Leiter des Hessischen Staatsarchivs Darmstadt, begründet seine Ansicht, warum bei der sachthematischen Inventarisierung von archivischen Judaica-Betreffen nur zwei Methoden akzeptabel seien: a) die traditionelle Urkundenregesten-Technik, b) der Aufbau eines virtuellen Judaica-Bestandes, der mittels Internet über die Datenbank HADIS öffentlich zugänglich gemacht wird. Schlichte Meta- bzw. Auswahlverzeichnisse würden zukünftig durch die Bereitstellung von elektronischen Findbüchern mit ihren Suchfunktionen obsolet gemacht. 

Albrecht Eckhardt, ehem. Leiter des Staatsarchivs Oldenburg, berichtet über die Durchführung des Projektes „Quellen zur Geschichte und Kultur des Judentums im westlichen Niedersachsen vom 16. Jhdt. bis 1945. Albrecht Eckhardt, Jan Lokers, Matthias Nistal (Leitung). Bearb. v. Heike Düselder und Hans-Peter Klausch. Teile 1-4. Göttingen 2002“. Es wurden die Bestände der drei Staatsarchive Aurich, Oldenburg und Osnabrück nach gleicher Systematik nach jüdischen Betreffen durchgesehen. Von 14.000 Akten wurden 6.000 Akten ausgewählt und intensiv mit Enthält-Vermerken verzeichnet. Der vierte Band enthält einen Gesamtindex für alle drei Bände. 

Gail T. Reimer, Gründungsdirektorin des virtuellen Jewish Women\’s Archive, erläutert den Reichtum des umfassenden Informationspotentials dieses zehn Jahre alten Projektes. U.a. werden Informationen zu 1700 Frauen, 737 archivische Sammlungen in 178 unterschiedlichen Findbüchern, 1.000 Dokumente, die Digitalisierung der Zeitschrift „The American Jewess“ (1895-1899) dem Internet-Nutzer zur Verfügung gestellt. In einem Dokumentationspilotprojekt sammelten hunderte von jüdischen Frauen Material und Informationen über ihre Erfahrungen in ihren Gemeinden und führten Oral History Interviews durch mit 90 Frauen aus drei amerikanischen Großstädten, transkribierten, indexierten und erschlossen sie in lokalen Findbüchern und werden sie im Internet zugänglich machen. Ein neuer Internetauftritt erforscht die wechselseitige Beziehung zwischen der jüdischen Frauengeschichte und der zweiten Welle des amerikanischen Feminismus in den 1960er und 70er Jahren. Persönliche Sammlungen von 74 Aktivisten dokumentieren die vielfältigen Aktivitäten dieser Bewegung. 

Insgesamt geben die Beiträge – ausgehend von rechtlichen, technischen, archivpolitischen und gesellschaftspolitischen Fragestellungen – eine gute internationale Übersicht über die laufenden praktischen Tätigkeiten und Probleme moderner jüdischer Archive oder deutscher Staatsarchive, die Archivgut jüdischer Provenienz verwalten und erschließen. Während das Gesamtarchiv der deutschen Juden als zentrales jüdisches Archiv in Deutschland angesehen wurde, sammeln das CAfHJP in Jerusalem und das Archiv des Holocaust Museum in Washington weltweit Archivgut. 

Info:
Frank M. Bischoff, Peter Honigmann (Hrsg.): Jüdisches Archivwesen. Beiträge zum Kolloquium aus Anlass des 100. Jahrestags der Gründung des Gesamtarchivs der deutschen Juden zugleich 10. Archivwissenschaftliches Kolloquium der Archivschule Marburg, 13.-15. September 2005. Marburg: Veröffentlichungen der Archivschule Marburg. Institut für Archivwissenschaft Nr. 45, 2007, ISBN 978-3-923833-10-8, 430 S., € 28,60. 

Volker Beckmann, Herford

Gründung der Universität des Saarlandes vor 60 Jahren

Vor 60 Jahren, am 9. April 1948, wurden in Paris die Weichen zur Gründung der Universität des Saarlandes gestellt. Im Außenministerium traf sich der erweiterte Verwaltungsrat des 1947 eingerichteten Homburger Hochschulinstituts und beriet über Lage und Perspektiven dieser Institution. Dabei fasste der aus französischen und saarländischen Mitgliedern gebildete Verwaltungsrat mehrere grundlegende Beschlüsse: So müsse das Homburger Institut in eine saarländische Universität \“mit internationaler Ausstrahlung\“ umgewandelt werden. Diese Universität werde von einem von Saarländern und Franzosen paritätisch besetzten Verwaltungsrat geleitet. An der Spitze dieses Verwaltungsrates stehe \“ein französischer Präsident aus der wissenschaftlichen oder literarischen Welt\“. Die Universität werde durch einen französischen Rektor und einen saarländischen Vize-Rektor verwaltet. Die Universität werde Fakultäten für Recht, Medizin, Philosophie und Naturwissenschaften umfassen. Ebenso erörterte man den \“europäischen Charakter\“ der neuen Universität: \“Die Universität des Saarlandes muss eine internationale Ausstrahlung haben … Wenn die Universität eine internationale Ausstrahlung aufweist, ist es möglich, die Fragen der Berufsmöglichkeiten, der materiellen Existenz der Universität zu lösen und es so einzurichten, dass diese die saarländischen Studenten anzieht und die Rolle einer Brücke zwischen Frankreich und Deutschland spielt.\“ 

Die Umsetzung der Pariser Beschlüsse vom 9. April 1948 verzögerte sich aber. Der Streik der Studierenden des Homburger Hochschulinstituts im Mai dokumentierte diesen Schwebezustand und die ungelösten Probleme. Der französische Hochkommissar Gilbert Grandval ernannte am 15. September 1948 den von der Universität Nancy kommenden Physiker Jean Barriol zum Rektor der neuen Universität. Anfang Oktober konstituierten sich die vier Fakultäten. Mitte November 1948 nahm dann die Universität des Saarlandes an ihren beiden Standorten Saarbrücken und Homburg den Lehrbetrieb auf. 
Daher wird die Universität auch zu Beginn des kommenden Wintersemesters, im Oktober 2008, ihr 60-jähriges Jubiläum begehen. 

Kontakt
Universität des Saarlandes
Universitätsarchiv
Dr. Wolfgang Müller
Postfach 15 11 50
66041 Saarbrücken
Tel.: 0681 / 302 – 2699
Fax: 0681 / 302 – 2687
w.mueller@univw.uni-saarland.de 

Quelle: Uni-Protokolle der Universität des Saarlandes, 28.3.2008

14.500 Jahre lückenlose Geschichte dank Baumringen, Eis und Sonnenwind

Das Klima spielte verrückt, erste stadtähnliche Siedlungen wuchsen und der Steinzeitmensch erfand den Ackerbau: Für Klimaforscher und Archäologen ist das Auslaufen der jüngsten Eiszeit einer der wichtigsten Wendepunkte der Geschichte. Gleichzeitig sind die damaligen Klimaturbulenzen ein wichtiger Hinweis auf das, was auf uns aktuell zukommen könnte. Doch bislang lagen die Details über die dramatischen Klimaschwankungen dieser Epoche im geschichtlichen Dunkel, weil eine genaue Datierung nicht möglich war. Mit einem neuen Methoden-Mix gelang es Forschern, die Klima- und Geschichts-Archive aus Eiskernen und Baumhölzern direkt zu verknüpfen – womit sie erstmals Ereignisse bis in die Zeit vor 14.500 Jahren exakt datieren können. Finanziert wurde die Forschung im Rahmen des EuroClimate-Programms der European Science Foundation. Details über die neue Methode veröffentlichten die Forscher von der Universität Lund (Schweden), der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, der Universität Kopenhagen, der Eidgenössischen Forschungsanstalt in Birmensdorf (Schweiz) und der Universität Hohenheim in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift \“Nature – Geoscience". \“Es ist nicht auszuschließen, dass wir lange versucht haben, eine historische Lücke zu schließen, die es gar nicht gibt\“, orakelt Michael Friedrich, Paläobotaniker an der Universität Hohenheim. Grund für den bisherigen Fehler ist, dass sich die Forscher hier mit einer Zeit beschäftigten, die mehrere 1 000 Jahre vor den ersten schriftlichen Quellen liegt. Statt schriftlicher Überlieferung müssen die Naturwissenschaftler deshalb verschiedene Hilfsmittel anwenden, um Klima und Menschheitsgeschichte der auslaufenden Eiszeit zu rekonstruieren.

Besonders wichtige Archive sind Baumstämme, die die Jahrtausende in Mooren und Kiesschichten von Flüssen überstanden und Eisschilde in Grönland und in der Antarktis, in denen Klimasignale längst vergangener Epochen zu finden sind. Bislang ließen sich diese Quellen nicht verbinden. Doch im transeuropäischen Forschernetz gelang es Botanikern, Physikern und Glaziologen jetzt erstmals, Baumringe und Eiskerne als kombiniertes Klima- und Geschichtsarchiv zu nutzen. Eis oder Holz: Beide haben vergangenes Klima und Geschichte in Eislagen und Baumringen archiviert. Bei Bäumen ist es die Breite, Dichte und chemische Zusammensetzung der Jahrringe, die Aufschluss über Temperatur und Niederschlag der Vergangenheit geben. Im Eis ist es die chemische Zusammensetzung des Wassers und der im Eis eingeschlossenen Luftbläschen, die Rückschlüsse auf die Vergangenheit zulassen.

Allerdings gibt es aber auch Seiten, die in den Geschichtsbüchern aus Holz und Eis noch fehlen. Und auch in ihrer Aussagekraft haben beide Archive ganz spezielle Vor- und Nachteile. \“Beide Archive zeigen uns, dass das Klima am Ende der jüngsten Eiszeit verrückt spielte: Erst wurde es mehrere Grad wärmer, dann wieder eiskalt um schließlich auf unser heutiges Niveau anzusteigen\“, berichtet Friedrich. Wichtige Menschheitsfragen, zum Beispiel, wie sprunghaft das Klima sich ändern kann und welche Prozesse dabei eine Rolle spielen, konnten wegen der zeitlichen Ungenauigkeit nicht befriedigend beantwortet werden. Durch einen neuartigen Mix von Methoden haben die Forscher die beiden Kalender aus Holz und Eis nun zusammengeführt. \“Die neue Methode kombiniert die Vorteile beider Archive und überwindet die jeweiligen Nachteile. Bislang hatten wir zum Beispiel in unserem Baumring-Kalender eine Lücke von bis zu 200 Jahren vermutet. Mit Hilfe des Gletschereises vermuten wir nun, dass sie vielleicht gar nicht vorhanden ist\“, sagt Friedrich.

In Sachen Genauigkeit sind Baumringe bislang unschlagbar: Für jede Epoche hinterließen Klima und andere Faktoren ein typisches Muster von dicken und dünnen Jahrringen, das bei allen Bäumen einer Region aus dieser Zeit identisch ist. Wie bei einem Puzzle-Spiel hatten Forscher der Universität Hohenheim so den längsten Jahrring-Kalender der Welt aufgebaut, indem sie die Jahrring-Muster von Baumstämmen analysierten, ältere und jüngere Hölzer an einandersetzten und so immer weiter in die Vergangenheit zurückstießen. \“Ob Dachbalken, antike Möbel oder der Griff einer Steinzeitaxt – jedes Holzstück, das wenigstens 50-100 Jahrringe besitzt, zeigt ein so charakteristisches Muster, dass wir das Alter bis auf das Jahr genau bestimmen können\“, so Friedrich. Exakt 12 468 Jahre umfasst der ununterbrochene Hohenheimer Jahrring-Kalender heute, bis ans Ende der letzten Eiszeit. Davor gibt es einzelne Puzzle-Stücke, die sich teilweise zu Zeitinseln zusammenfügen, aber noch nicht angehängt und damit genau datiert werden konnten. Auch eine zweite Methode zur Altersbestimmung nutzt den jahrgenauen Baumring-Kalender der Universität Hohenheim: die Datierung mit radioaktivem Kohlenstoff (C14). Ob Knochen, Holz oder Torf: alle organischen Substanzen enthalten Kohlenstoff, von dem ein geringer Teil radioaktiv ist. Da radioaktive Elemente zerfallen, gibt der Anteil an radioaktivem Kohlenstoff Auskunft über das Alter der Substanz. \“Um aber das genaue Alter mit dieser Methode zu bestimmen, muss man die Ergebnisse allerdings mit einer Eichkurve vergleichen, die aus den jahrgenau datierten Bäumen des Hohenheimer Baumring-Archivs gewonnen wird. Jeder Ausbau des Jahrringkalenders bedeutet daher auch gleichzeitig immer bessere Radiokarbondaten\“, erklärt Friedrich.

Als bestes Klima-Archiv haben sich dagegen die Eisschichten jahrtausende alter Gletscher und Eisschilde etabliert. Denn Gletschereis besteht aus gefrorenem Schnee, der jedes Jahr auf die Oberfläche fällt und im Lauf der Jahrtausende zu Eis gepresst wird. Als Eiskerne bezeichnet man die zum Teil kilometerlangen Eisstangen, die von der Oberfläche eines Gletschers bis zum Boden herausgebohrt wurden. In jeder Eisschicht dieses Eisbohrkerns sind neben dem Schnee jeden Jahres, aber auch kleine Bläschen, die heute noch die Luft längst vergangener Zeiten enthalten. Unter anderem lassen sich daran die Temperatur, das Klima und der CO2-Gehalt der Luft zu Zeiten des Schneefalls ablesen. \“Als Kalender ist das Gletschereis leider jedoch nicht so genau: Mal fehlen ein paar Jahre, weil der Wind den Neuschnee an manchen Stellen fortwehte, mal sind sie doppelt, weil fort gewehter Schnee an anderer Stelle wieder zu Boden fällt\“, erklärt Botaniker Friedrich. \“Über die Jahrhunderte gleicht sich das wieder aus, so dass wir die Klimaschwankungen im Groben ganz gut nachvollziehen können. Jahrgenaue Geschichtsschreibung, wie wir es für Holzfunde mit den Baumringen können, ist beim Klima durch Eiskerne jedoch nicht möglich. Dafür ist der Eiskalender aber über mehr als hunderttausend Jahre lückenlos.\“

\“Gäbe es Baumstämme im Gletschereis, hätten wir beide Kalender längst schon kombinieren können\“, philosophiert Botaniker und Dendrochronologe Friedrich. Doch uralte Baumstämme finden sich heute nur in Mooren oder in Kiesgruben mit dem Schotter von prähistorischen Flüssen. Gletscher dagegen treten meist in Regionen jenseits der Baumgrenze auf. \“Eiskerne und Baumringe sind damit wie zwei Geschichtsbücher in verschiedenen Sprachen, für die es noch keine gemeinsame Übersetzung gibt.\“ Doch nun haben die Forscher eine gemeinsame Sprache gefunden, durch die sich Baumringe und Eiskerne direkt verbinden lassen. \“Das Prinzip ist ähnlich wie in unserer internationalen Arbeitsgruppe, wo Wissenschaftler aus Deutschland und Skandinavien englisch miteinander reden, weil sie die Muttersprache des anderen nicht beherrschen.\“ Im Fall der Eiskerne und Baumringe beruht die gemeinsame Sprache auf zwei radioaktiven Elementen, die hoch über Gletschern und Bäumen in der Atmosphäre gebildet werden. Beide entstehen durch Sonnenwind und kosmische Strahlung. Und bei beiden schwankt der Anteil in der Atmosphäre im Lauf der Zeit auf so charakteristische Weise, dass auch dieses Schwankungsmuster einen eigenen Kalender bildet.

\“Eines dieser radioaktiven Elemente ist Beryllium (10Be), das mit dem Schnee aus der Atmosphäre gewaschen wird und in den Eiskernen erhalten bleibt. Ein anderes ist radioaktiver Kohlenstoff (14C), den Bäume aus der Luft aufnehmen und in ihre Jahrringe einbauen\“, erklärt Friedrich. \“Die Beryllium Kurve aus dem Grönländischen Eis und die des radioaktiven Kohlenstoffs aus den Jahrringen weisen im Laufe der Zeit exakt die gleichen Schwankungsmuster auf – und machen damit Eiskerne und Jahrringe direkt miteinander vergleichbar.\“ Für den Jahrring-Kalender bedeutet das, dass die alten, bislang isolierten Puzzlestückchen nun bald schon an ihrer richtigen Lage eingepasst werden können. Dadurch lassen sich nicht nur die Klimaschwankungen am Ende der letzten Eiszeit genau bestimmen: Es ist auch möglich, eine neue Radiokarbon-Eichkurve zu erstellen, mit der die Daten der frühen Menschheitsgeschichte exakt datiert werden können. \“Die neuen Ergebnisse scheinen einige Rätsel zu lösen, die uns jahrelang beschäftigt haben. Sie geben aber auch neue Rätsel auf. Bisher sind wir allerdings noch mit den Übersetzungsarbeiten beschäftigt. Wenn das, was sich abzeichnet stimmt, dann werden wir in der Klimaforschung einige Theorien zu überdenken haben.\“

Kontakt
Universität Hohenheim 
Institut für Botanik (210)
Dipl. agr. biol. Michael Friedrich
Garbenstr. 30
70599 Stuttgart 
Tel.: 0711 / 459 – 22196 oder – 22188
Fax: 0711 / 459 – 23355
michaelf@uni-hohenheim.de 

Quelle: Florian Klebs, Pressemitteilung Universität Hohenheim, 1.4.2008

Schätze im Bad Homburger Stadtarchiv

Die Städte Bad Homburg und Münster planen gemeinsam eine Ausstellung, bei der die älteste bislang bekannte Ansicht der westfälischen Stadt im dortigen Museum gezeigt werden soll. „Dieser Wunsch ist aus Münster an unser Stadtarchiv herangetragen worden, nachdem die Karte dort überraschend bekannt geworden ist“, berichtet Oberbürgermeisterin Dr. Ursula Jungherr, „Bad Homburg stellt das wertvolle Stück selbstverständlich gerne zur Verfügung.“ 

Die Entdeckung der Karte durch den Marburger Historiker Dr. Holger Th. Gräf hatte vor allem in Münster, dann aber auch in Bad Homburg ein breites Medienecho ausgelöst. Die Karte von Münster ist ein gutes Beispiel dafür, dass in Archiven scheinbar unentdeckte Schätze schlummern. Sie sind allerdings – wie die Karte auch – in den Findbüchern der jeweiligen Archive verzeichnet. Doch erwarten die Historiker, die ihre Bedeutung einschätzen könnten, solche Stücke nicht an diesem Ort. Zugang zu den Findbüchern anderer Archive haben sie aber nur, wenn sie dort mit interessanten Archivalien rechnen. Für die Leiterin des Bad Homburger Stadtarchivs, Dr. Astrid Krüger, ist dieser „Sensationsfund“ deshalb ein Grund, in einem Beitrag für die „Hessischen Archivnachrichten“ für Online-Findbücher zu plädieren. Damit hätten Heimatforscher die Chance, Bestände der Archive im Internet zu erkunden.

Tatsache ist, dass keiner der westfälischen Heimatforscher diesen Schatz im Archiv der hessischen Kurstadt vermutet hatte – und deshalb auch niemand im Gotischen Haus gesucht hat. Dabei ist das wertvolle Stück längst erfasst und verzeichnet. Wäre das Findbuch online abrufbar, wäre die Karte von Münster für jeden Interessenten auffindbar gewesen. So aber bedurfte es eines Zufalls: Eine Gruppe von Marburger Studenten mit ihrem Dozenten Dr. Holger Gräf vom Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde bekam diese bei Archivführungen gerne gezeigte Karte zu sehen. Das frühneuzeitliche Stück zog die Aufmerksamkeit des Wissenschaftlers auf sich. Er stellte den „Fund“ bei einer kurz darauf stattfindenden Tagung des Instituts für vergleichende Städtegeschichte in Münster vor. Dort war man begeistert! Die Forscher in Münster identifizierten die Stadtansicht schnell als älteste bislang bekannte. Sie zogen damit die Aufmerksamkeit der Medien auf den Fund. Das Ergebnis: Ende April 2008 wird das gute Stück den Wissenschaftlern und der Öffentlichkeit im Stadtmuseum von Münster präsentiert und anschließend eine Woche lang ausgestellt werden.

Das Blatt gehört zu einem Nachlass, der weitere Kostbarkeiten enthält. Er stammt von dem 1885 in Homburg verstorbenen preußischen Archivrat Friedrich Ludwig Carl von Medem. Dabei handelt es sich um einen von 62 im Stadtarchiv aufbewahrten Nachlässen. Von Medem war zunächst am Staatsarchiv in Stettin tätig, bevor er versuchte, in dem sich entwickelnden westfälischen Archivwesen Fuß zu fassen. In dieser Zeit „archivischer Unordnung“ baute er sich eine hochrangig bestückte Sammlung auf, zu der neben zahlreichen Urkunden aus dem Pommerschen auch Stücke westfälischer Provenienz gehören. Zu letzteren zählt ein Handschriftenfragment, dessen Wert für die historische Forschung mit dem der Münster-Karte durchaus vergleichbar ist: Es handelt sich um die zweite Seite eines Briefes des Theologen Ratramnus von Corbie († nach 866) an Erzbischof Rimbert von Bremen und Abt Adalgar von Corvey. Thema ist die Ehe unter Verwandten. Das Schreiben stammt aus der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts. Es wurde im 10. Jahrhundert auf frei gebliebenen Seiten des so genannten „Herforder Evangeliars“ abgeschrieben. Später hat jemand Seiten aus dem Evangeliar entfernt, darunter auch die Seite, die sich in von Medems Nachlass befindet. Das Bad Homburger Stadtarchiv kann somit das heute in Krakau aufbewahrte „Herforder Evangeliar“ um ein interessantes Blatt ergänzen.

Die Stadtansicht von Münster und das frühmittelalterliche Handschriftenfragment sind nur zwei Beispiele bedeutender Archivalien, die im Nachlass von Medem ruhen und deren Relevanz die Grenzen der Homburger Stadtgeschichte sprengt. „Ihre Existenz ist den Homburger Heimatforschern und den Mitarbeitern des Stadtarchivs zwar sehr wohl bekannt, doch würde kein anderer Forscher dieses Material in unserer Stadt vermuten“, so Oberbürgermeisterin Dr. Jungherr. Zumindest bei von Medem soll sich das auch ohne Online-Findbücher ändern. „Das Stadtarchiv Bad Homburg plant für das kommende Jahr eine Tagung, die der Person des Archivrates und den Archivalien seines Nachlasses gewidmet sein wird“, kündigt Jungherr an. Für Historiker ein Termin, der mit Spannung erwartet werden wird.

Kontakt
Stadtarchiv Bad Homburg 
Gotisches Haus 
Tannenwaldweg 102 
61350 Bad Homburg 
Tel: 06172 / 37882 
Fax: 06172 / 937216
stadtarchiv@bad-homburg.de

Quelle: Pressemeldung Stadt Bad Homburg, 1.4.2008

10.000 Vorarlberger Urkunden im Internet

Das Vorarlberger Landesarchiv verfügt über rund 10.000 Urkunden, die bis 1139 zurückreichen und nutzte die Möglichkeit, als erstes Landesarchiv im Rahmen des Projektes "Monasterium.net" den gesamten Urkundenbestand zu digitalisieren. Damit können nun weltweit originale Abbildungen samt Inhaltsangaben im Internet frei zur Verfügung gestellt werden.

PROJEKTPRÄSENTATION: Freitag, 4. April 2008. 10-11.00 Uhr. Bregenz, Landesarchiv (Kirchstraße 28)

Link: www.mom.findbuch.net

Kontakt:
Vorarlberger Landesarchiv 
Kirchstraße 28
A-6900 Bregenz
Tel: 0043(0)5574/511-45005
Fax: 0043(0)5574/511-45095
landesarchiv@vorarlberg.at
www.landesarchiv.at

Archiv und Wirtschaft 1/2008

Das jetzt erschienene Heft 1/2008 der Zeitschrift "Archiv und Wirtschaft" enthält folgende Beiträge:

Aufsätze:

Susan Becker: „Tradition verpflichtet zum Fortschritt“ – Erinnerungskultur im Unternehmen am Beispiel der BASF AG

Frank Wittendorfer: Warum ist Siemens in München?

Gabriele Fünfrock: Die Anfänge des Archivs der Dyckerhoff AG

Jana Hoffmann, Britta Weschke u. Claudia Wöhnl: Vom Sammeln, Bewahren und Ausstellen historischer Schätze – Sparkassenmuseen in Sachsen

Hans Eyvind Næss: Tried and trusted strategies for archivists: Overcome frontiers, take part in the international community and boost your vigour!

Berichte:

Katja Glock: Bayer – „eine spannende Geschichte“

Horst A. Wessel: Filme in Archiven: Sammeln – Sichern – Sichten. Öffentliche Fachtagung des AK Filmarchivierung NRW am 4. Oktober 2007 in Schwerte

Renate Köhne-Lindenlaub u. Manfred Rasch: 30 Jahre Regionaler Erfahrungsaustausch Ruhrgebiet

Rezensionen

Martin Burkhardt: Arbeiten im Archiv. Praktischer Leitfaden für Historiker und andere Nutzer 

Sabine Brenner-Wilczek, Gertrude Cepl-Kaufman u. Max Plassmann: Einführung in die moderne Archivarbeit (Johannes Grützmacher)

Britta Leise: Die Vereinigung deutscher Wirtschaftsarchivare e.V. (VdW). Aspekte zur Entwicklung des Archivwesens der Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland bis 1990 (Volker Beckmann)

Hans-Jürgen Gerhard u. Alexander Engel: Preisgeschichte der vorindustriellen Zeit. Ein Kompendium auf Basis ausgewählter Hamburger Materialien (Wilfried Reininghaus)

Stephan Lindner: Hoechst – ein I. G. Farben Werk im Dritten Reich (Harald Wixforth)

Jennifer Schevardo: Vom Wert des Notwendigen. Preispolitik und Lebensstandard in der DDR der fünfziger Jahre (Gerhard Neumeier)

Peter Danylow u. Ulrich S. Soénius (Hrsg.): Otto Wolff. Ein Unternehmen zwischen Wirtschaft und Politik (Harald Wixforth)

Karsten Rudolph u. Jana Wüstenhagen: Große Politik – kleine Begegnungen. Die Leipziger Messe im Ost-West-Konflikt (Evelyn Kroker)

Kim Christian Priemel: Flick. Eine Konzerngeschichte vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik (Christian Marx)

Konrad Schneider (Hrsg.): Gewerbe im Kronthal. Mineralwasser und Ziegel aus dem Taunus (Wilfried Reininghaus)

Nachrichten

Impressum

Kontakt:
Dr. Detlef Krause
Commerzbank AG
Zentraler Stab Konzernkommunikation 
Public Affairs & Issue Management 
Historisches Archiv

Postanschrift: D-60261 Frankfurt am Main 
Geschäftsräume: Kaiserplatz, D-60311 Frankfurt am Main

Tel.: 069/136-23616
Fax: 069/136-41665
E-Mail: <mailto:detlef.krause@commerzbank.com>
http://www.commerzbank.de/konzern/geschichte

Hochschulübergreifende Ausbildung in der digitalen Langzeitarchivierung wird möglich

Mit der Unterzeichnung eines \“Memorandum of Understanding\“ haben acht Bildungseinrichtungen im Herbst vergangenen Jahres eine bislang einmalige Qualifizierungs-Partnerschaft vereinbart: Gemeinsam soll das Ziel realisiert werden, ein kooperatives Curriculum zu Fragen der digitalen Langzeitarchivierung und Langzeitverfügbarkeit zu entwickeln. Hierzu werden unter Beteiligung von Studierenden spezielle e-Learning-Module entwickelt, die allen Partnern für Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebote zur Verfügung stehen werden. Studierende können so an unterschiedlichen Standorten auf ein gemeinsames Lehrangebot im Bereich der langfristigen digitalen Archivierung digitaler Objekte zurückgreifen, das dann in Veranstaltungen an der jeweiligen Hochschule eingebunden und in diesem Kontext auch weiterentwickelt werden kann. Partner dieser Vereinbarung sind: Archivschule Marburg Fachhochschule Köln Fachhochschule Potsdam Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Hochschule für Technik und Wissenschaft Chur Humboldt-Universität zu Berlin Technische Universität Wien. Der verantwortliche Koordinierungspartner von nestor, dem deutschen Kompetenznetzwerk für Fragen der Langzeitarchivierung digitaler Ressourcen, ist die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek der Georg-August-Universität Göttingen.

Engagement für die digitale Langzeitarchivierung
Neben der gemeinsamen Entwicklung von Bausteinen zur Aus-, Fort- und Weiterbildung planen die Partner, den curricularen Anteil des Themas Digitale Langzeitarchivierung in der Lehre auszubauen, gemeinsame Lehrveranstaltungen durchzuführen sowie die dabei erworbenen Kreditpunkte nach dem ECTS-System (European Credit Transfer System) gegenseitig anzuerkennen. Sobald die Voraussetzungen erfüllt sind, könnten dann am Thema interessierte Personen aus der Wirtschaft und öffentlichen Einrichtungen weitgehend unabhängig von ihrem Standort z.B. einen Master-Studiengang in digitaler Langzeitarchivierung absolvieren.

\“Wir haben festgestellt, dass noch an keiner Hochschule ausreichend Kapazitäten bestehen, das Thema umfassend zu behandeln. Die Verbindung der fachlichen Schwerpunktthemen der einzelnen Hochschulpartner einerseits, die kooperativ entwickelten Lehr- und Lernmodule andererseits ermöglichen uns nun schon bald, auf ein kohärentes Lehrangebot der kooperierenden Hochschulen zugreifen und dieses in unsere Lehrkonzepte einfügen zu können. Daran waren die Studierenden mit ihrer spezifischen Perspektive und viel Kreativität beteiligt\“, so Prof. Dr. Achim Oßwald von der FH Köln, einer der Mitinitiatoren der ersten Stunde.

Mit eLearning zum Abschluss
Schon jetzt liegen modular aufgebaute Angebote vor, mit denen der durchaus komplexe Lehrstoff künftig vermittelt werden kann. Studierende der Fachhochschulen Köln, Potsdam und Leipzig sowie der FH Ostschweiz in Chur beteiligen sich aktuell an der inhaltlichen Entwicklung von eLearning-Tutorials zu verschiedenen Themenfeldern der Langzeitarchivierung digitaler Objekte.

Parallel dazu es gibt weitere Qualifizierungsangebote: So findet im Juni 2008 die dritte nestor School statt, eine mehrtägige Seminarreihe, zu der wieder bedeutende Experten als Referenten gewonnen wurden. Den Teilnehmern wird hier ein grundsätzliches Verständnis der digitalen Langzeitarchivierung nebst Lösungsmöglichkeiten für spezielle Frage-stellungen vermittelt. Ebenfalls im Juni wird auch das nestor-Handbuch, die aktualisierte "Kleine Enzyklopädie der digitalen Langzeitarchivierung\“ sowohl unter Open Access-Bedingungen als auch in Druckform vorliegen.

\“Wir wünschen uns, dass sich auch das nestor-Handbuch an den Hochschulen etabliert\“, so Dr. Heike Neuroth, Leiterin Research & Development bei der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen. \“Je mehr Menschen dieses auch für die Wirtschaft so wichtige Thema kennen lernen, desto eher werden wir praktisch anwendbare Lösungen für die drängenden Probleme der langfristigen Bewahrung unseres digitalen kulturellen Erbes finden.\“

Das Kompetenznetzwerk nestor
nestor ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderter Projektzusammenschluss von derzeit sieben institutionellen Partnern: die Deutsche Nationalbibliothek, die Bayerische Staatsbibliothek, das Bundesarchiv, die Humboldt-Universität zu Berlin, die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek der Georg-August Universität, das Institut für Museumsforschung sowie die Fernuniversität Hagen.
nestor bündelt die deutschen Kompetenzen auf dem Gebiet der Langzeitarchivierung digitaler Ressourcen. Ziel von nestor ist der Aufbau einer dauerhaften Organisationsform für alle Belange der Langzeitarchivierung sowie nationale und internationale Abstimmungen und Aufgabenteilungen. Eine weitere, wichtige Aufgabe ist es, die Öffentlichkeit über die Bedeutung der Bewahrung unseres digitalen kulturellen Erbes zu informieren und aufzuklären.

Kontakt:
Projektkoordination nestor
Natascha Schumann c/o Deutsche Nationalbibliothek
Adickesallee 1, D – 60322 Frankfurt
Tel.: +49 – 69 – 1525 – 1141
Fax: +49 – 69 – 1525 – 1010
n.schumann@d-nb.de
www.langzeitarchivierung.de

Quelle: nestor, Pressemitteilung, 26.3.2008