Ausstellung zum Völkermord an den Sinti und Roma jetzt in Stuttgart

Das Stadtarchiv Stuttgart zeigt noch bis zum 29. Mai 2008 die Ausstellung \“Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma\“. Jahrzehntelang fand der Völkermord an der Minderheit der Sinti und Roma im nationalsozialistisch besetzten Europa nur geringe Beachtung. Nach 1945 gab es eine Kontinuität der Diskriminierung. Erst seit Mitte der 1980er Jahre ist das Schicksal dieser (und anderer) vergessener Opfer ins öffentliche Bewusstsein gerückt und zu einem festen Bestandteil der historischen Erinnerung geworden.

1997 wurde im neueröffneten Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg erstmalig eine Ausstellung der Öffentlichkeit vorgestellt, die den Völkermord an den Sinti und Roma darstellte. In seiner Eröffnungsansprache sagte der damalige Bundespräsident Roman Herzog: \“Der Völkermord an den Sinti und Roma ist mit dem gleichen Motiv des Rassenwahns, mit dem gleichen Vorsatz, mit dem gleichen Willen zur planmäßigen und endgültigen Vernichtung durchgeführt worden wie der an den Juden.\“

Die Ausstellung, die nach zahlreichen Stationen nun auch im Stuttgarter Rathaus präsentiert wird, zeichnet die Entwicklung der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik von der stufenweisen Ausgrenzung und Entrechtung der Sinti und Roma im Deutschen Reich bis zu ihrer systematischen Ermordung nach. Zur Ausstellung gibt es in Stuttgart ein Begleitprogramm. Unter anderem wird Karl Fruchtmanns Dokumentarfilm \“Ein einzelner Mord\“ über die Ermordung des 17-jährigen Sinto Anton Reinhardt in den letzten Kriegstagen 1945 im Kino gezeigt.

Kontakt:
Stadtarchiv Stuttgart
Dr. Roland Müller
Silberburgstraße 191
70178 Stuttgart
Telefon 216-6327
stadtarchiv@stuttgart.de

Quelle: Stadt Stuttgart, Pressemeldung, 29.4.2008

Mühlenarchiv mit Sitz in Geldern

Pfingstmontag 2008 ist auch der Tag des 15. Deutschen Mühlentages. Im Rheinland widmet sich der 1993 gegründete Rheinische Mühlenverband e.V. der Aufgabe, die durch Wind-, Wasser- oder Pferdekraft angetriebenen Mühlen zu erforschen und zu erhalten. Ende April 2008 hat der Rheinische Mühlenverband nach zweijähriger Vorbereitung ein Mühlenarchiv in Geldern eröffnet.

Sitz dieser deutschlandweit einzigartigen Einrichtung ist das Kreisarchiv Kleve. Andreas Berger, der Leiter des Kreisarchivs in Geldern, erhält durchschnittlich zwei Anfragen pro Monat zum Thema Mühlenforschung. Nunmehr könne man kompetent Auskunft erteilen und Recherchen durchführen. Denn der Rheinische Mühlenverband hat mehr als 700 Bücher und Hefte, Ordner, Zeitungen, 500 Fotos und neun Mühlenmodelle zusammengetragen, um sie Forschern und Hobby-Heimatkundlern zugänglich zu machen. Die Bestände des Mühlenarchivs setzen sich aus drei Privatarchiven zusammen, erläutert Rudolf Kersting, der Vorsitzende des Rheinischen Mühlenverbands. Zehntausend weitere Fotos und Dias sollen den Bestand noch ergänzen. 

Kontakt:
Kreisarchiv Kleve
Boeckelter Weg 2
47608 Geldern
Telefon: 02831/391-814
Telefax: 02831/391-860
andreas.berger@kreis-kleve.de 

Rheinischer Mühlenverband e.V.
Weberstr. 30
47533 Kleve
Tel. 02821 – 971687
Fax 02821 – 971688
RudolfKersting@gmx.de

Quelle: Andreas Gröhbühl, RP Online, 23.4.2008

Über 400 Jahre alte Kalender mit persönlichen Eintragungen

Bereits im 16. Jahrhundert gab es Taschenkalender, in die man persönliche Notizen eintragen konnte. Im Staatsarchiv Wertheim haben sich eine ganze Reihe von diesen „Schreibkalendern“ erhalten, darunter aus den Jahren 1561 bis 1598 fast dreißig Hefte des Grafen Ludwig III., des Stammvaters beider Linien der Grafen von Löwenstein-Wertheim.

Die Kalender erlauben uns einen faszinierenden Einblick in das Leben dieses Grafen in einer längst vergangenen Zeit. Ludwig hielt auf Deutsch, Französisch und Latein zum Beispiel seine Besuche am Kaiserhof fest, seine Reisen und wann er auf Jagd ging, seine Teilnahme an der Krönung Maximilians II. und notierte etwa die Gerichtstermine für Auseinandersetzungen mit dem Herzogtum Württemberg wegen der Grafschaft Löwenstein. Die Einträge sind äußerst knapp, wie heute bei unseren Terminkalendern üblich. Damals waren es wohl vor allem Gedächtnisstützen für spätere Zeiten. Beim Tod seiner Mutter am 20. April 1566 etwa notierte Graf Ludwig nur: mortua hora 9 ante meridie – gestorben 9 Uhr vormittags. Geburtstermine der Kinder wurden festgehalten und später die Ausgaben für deren Studium in Straßburg. Ludwig schrieb es sich auf, wenn er einem Boten Geld für die Kinder in Straßburg mitgegeben hatte.

Auch die Beamten des Grafen führten solche Kalender. Ein Hausvogt hielt im Jahr 1603 nahezu täglich fest, was er bekommen und ausgegeben hatte. Da ist die Rede von Bier und Butter, von Wein und Hafer, von Karpfen und Hämmeln, von Schweinen und Pferden. Wenn mal wieder ein Fass Bier auf den Breuberg geschickt worden war, wurde dies eingetragen.

Andere Informationen enthalten die Kalender von Elias Bausback, der in den Jahren des 30-jährigen Krieges als Schreiber und Verwalter für die Grafen tätig war. Auch Bausback schrieb Privates wie Hochzeiten und Todesfälle in seine Kalender, aber auch historisch bedeutsame Ereignisse. Im Februar 1627 herrschte schlechtes Wetter (in der Nacht bei geworfenem Schnee allerhand Ungezifer von Raupen, Regenwürmern. Heuschrecken und anderem gesehen worde). 1630 hielt Bausback Hexenverbrennungen fest und den Tod der Gräfin Walburga am 2. August: Hochwohlgeborn Fräulein Walburg, Gräfin zu Löwenstein-Wertheim, in Gott seeliglich entschlafen, deren Seele Gott gnad. Im Jahr 1632, als ganz Franken von den Schweden besetzt war, notierte Bausback die Huldigung der Wertheimer an die Schweden und eine evangelische Messe in der Bronnbacher Klosterkirche – die Mönche waren vor den Schweden geflohen. Und schließlich hat Bausback sich als Beamter auch immer für seine Besoldung interessiert und in jedem Heft festgehalten, was er in dem Jahr verdient hatte.

Kontakt:
Staatsarchiv Wertheim
Bronnbach 19
97877 Wertheim
Telefon: 09342/91592-0
Telefax: 09342/91592-30
stawertheim@la-bw.de

Quelle: Staatsarchiv Wertheim, Neue Publikationen, 2.5.2008

Besuch von Karlsruher Vorschülern im Generallandesarchiv

Seit langem steht das Generallandesarchiv Karlsruhe (GLA) für Schüler aller Schularten und Altersstufen offen. Ihnen werden jeweils auf ihre Möglichkeiten abgestimmte allgemeine oder thematische Führungen angeboten. Schüler bearbeiten zusammen mit ihren Lehrern engagiert eigene Fragestellungen, präsentieren ihre Ergebnisse in ihren Schulen und Heimatorten, nehmen erfolgreich am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten (Körber-Stiftung) und der vom GLA bereits im Jahr 2000 ins Leben gerufenen jährlichen Karlsruher Tagung für Archivpädagogik teil.

Im steten Bemühen, seine Informationsangebote für die Öffentlichkeit noch attraktiver zu gestalten, baut das GLA sein Aktivitäten immer weiter aus. Am 15. und 17. April 2008 waren wieder zwei speziell vorbereitete Gruppen von 27 Vorschulkindern im Alter von 6 Jahren aus einem Karlsruher Kindergarten im Dienstlokal an der Nördlichen Hildapromenade zu Gast. 

Im Foyer wurden sie und ihre Erzieherinnen nicht nur vom zuständigen Archivar, sondern auch von einem schwarzen Spielzeugritter empfangen, der als Führer für eine kleine Zeitreise fungierte. Diese begann nach einem spielerischen Gespräch, das sich um die Bedeutung von Zeit und Erinnerung sowie Sinn und Zweck des Lesen- und Schreibenlernens drehte, vor einem Bild Friedrichs des Siegreichen von der Pfalz und einer alten Geldtruhe, führte sodann durch die Schatzkammer des Magazins in ein Arbeitszimmer, in dem die Kinder einen Gemarkungsplan des 16. Jahrhunderts betrachten und eine mittelalterliche Kaiserurkunde – selbstverständlich als Faksimile – \“begreifen\“ konnten. 

Von hier ging es zu einer Vorführung in die Restaurierungswerkstatt. Mit Eifer fertigten die Kinder ihre eigenen Siegel an. Besonders groß war die Freude bei den kleinen Besuchern, als am Ende der Veranstaltung jeder von ihnen zur Erinnerung an einen ungewöhnlichen Kindergartentag einen Wachssiegelabguss mit nach Hause nehmen durfte, der den jungen Markgrafen Rudolph IV. von Baden um 1300 als gepanzerten Ritter auf seinem Streitroß präsentiert. Die wunderbare Begeisterungsfähigkeit der Kinder wirkte auf alle Beteiligten geradezu ansteckend. Das Generallandesarchiv wird daher mit Engagement auf dem eingeschlagenen Weg fortfahren.

Wie nachhaltig der Besuch auf die Kinder wirkte, zeigten die am folgenden Tag begonnen Aktivitäten: Mit großem Elan schwärmten die Kinder in ihr Wohnumfeld aus, um mit Papier, Stift und Fotoapparat die noch auffindbaren Spuren aus der frühen Neuzeit (Schloß, Mühle, Kirche, See und Garten) zu dokumentieren. Zusätzlich wurde eine eigene \“Zeitung\“ verfasst, die ausführlich über den Besuch im Generallandesarchiv berichtete: ein \“toller Tag\“ für alle.

Kontakt:
Generallandesarchiv Karlsruhe
Nördliche Hildapromenade 2
76133 Karlsruhe
Telefon: 0721/926-2206
Telefax: 0721/926-2231
glakarlsruhe@la-bw.de

Quelle: Rainer Brüning / Generallandesarchiv Karlsruhe, Pressemeldung.

Der Archivar als Allrounder

Rund sechzig Archivexperten aus ganz Deutschland diskutierten auf Einladung des LWL-Archivamtes für Westfalen und der Vereinigten Westfälischen Adelsarchive auf einem Kolloquium am 8. und 9. Mai 2008 in Münster Fragen zum Wandel des Berufsbildes. In der Öffentlichkeit sei das Berufsbild der Archivare noch stark von Folklore geprägt: "Archivare tragen alle eine Brille mit Gläsern, dick wie Flaschenböden, haben eine blasse Hautfarbe, weil sie den ganzen Tag in fensterlosen Kellern arbeiten\“, so Gastgeber Dr. Marcus Stumpf, Leiter des LWL-Archivamtes für Westfalen, der die Tagung "Das Berufsbild des Archivars im Wandel" eröffnete.

Der Arbeitsalltag in einem Archiv sehe dagegen heute ganz anders aus. Vor allem die rasante Entwicklung elektronischer Medien habe das Berufsbild der Archivare aus früheren Jahrhunderten erheblich erweitert. Stumpf: \“Nicht nur mittelalterliche Urkunden und Akten aus dem 19. Jahrhundert muss der Archivar als Allrounder lesen können, sondern er muss heute elektronische Daten dauerhaft sichern – die wohl bislang größte Herausforderung für den Berufsstand. Moderne Speichermedien wie etwa die CD oder die DVD sind dabei völlig untauglich, da sie nur wenige Jahrzehnte halten.\“ Daher müssten Daten softwareunabhängig in bestimmten Formaten (Fotos z.B. im JPEG 2000-Format) gespeichert und regelmäßig in die jeweils neuen Systemumgebungen überführt werden.

\“Der Kommunalarchivar vereinigt viele Funktionen in einer Person\“, so LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale in ihrem Grußwort zur Tagung. \“Er ist Dienstleister für die Verwalter, wenn es um die Sicherung elektronischer Daten in der Verwaltung geht. Er ist zugleich Dienstleister für die interessierte Öffentlichkeit, indem das Archiv seine Quellenschätze zur Verfügung stellt. Zudem trägt ein gutes Archiv mit einer breitgefächerten Öffentlichkeitsarbeit dazu bei, dass das Archiv aus der Kulturlandschaft einer Stadt nicht mehr wegzudenken ist.\“

Weitere Grußworte steuerten Rudolph Erbprinz von Croy als Vorsitzender der Vereinigten Westfälischen Adelsarchive, der Präsident des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen Prof. Dr. Wilfried Reininghaus, der VdA-Vorsitzende Prof. Dr. Robert Kretzschmar und der Vorsitzende der Koninklijke Vereniging van Archivarissen in Nederland Dr. Fred van Kan bei, die neben fachlichen Aspekten auch das Wirken des kürzlich in den Ruhestand getretenen Leiters des Westfälischen Archivamtes Prof. Dr. Norbert Reimann würdigten. \“Mit der Tagung\“, betonte Stumpf, der seit März das LWL-Archivamt leitet, \“werden auch die Leistungen meines Amtsvorgängers Prof. Dr. Norbert Reimann gewürdigt, der sich in seiner mehr als 20-jährigen Tätigkeit besonders der Professionalisierung der Kommunalarchive gewidmet hat.\“ 

In der von ihm moderierten 1. Arbeitssitzung zum Thema "Profile archivischer Arbeitsfelder" stellte Prof. Dr. Uwe Schaper (Landesarchiv Berlin) die Frage nach einem einheitlichen, spartenübergreifenden Berufsbild angesichts der Vielfalt der archivischen Landschaft. Der BKK-Vorsitzende Dr. Ernst-Otto Bräunche (Institut für Stadtgeschichte – Stadtarchiv Karlsruhe) bezog sich in seinem Vortrag "Kommunalarchivar – ein neues Berufsbild?" auf das Positionspapier "Das Kommunalarchiv" der Bundeskonferenz Kommunalarchive und leitete daraus verschiedene kommunalarchivische "Produkte" ab. Zu den Kernaufgaben für Kommunalarchive müsse mittlerweile auch die Historische Bildungsarbeit gerechnet werde, betonte Bräunche. Im heutigen Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation sei es für Archivarinnen und Archivare dabei notwendig, nach Kooperationspartnern zu suchen. Diese könnten institutionenübergreifend gefunden werden, aber durchaus auf Seiten der archivischen Dienstleister, wenn es zum Beispiel um die Einführung von Dokumentenmanagementsystemen gehe. Das Instrumentarium der Neuen Medien sei auf allen archivischen Aufgabenfeldern zu finden. Nicht nur dies bedinge qualifiziertes Personal für die Archive. Zugleich sei es aber nicht notwendig, es spezielles Berufsbild "Kommunalarchivar" zu entwickeln.

Die beiden weiteren Referate der ersten Arbeitssitzung hatten mit Unternehmens- und Privatarchiven nicht die öffentlichen Archive im Blick und stellten aufgrunddessen auch andere Berufsprofile vor. Prof. Dr. Manfred Rasch (ThyssenKrupp Konzernarchiv) fragte in seinem Vortrag "Was soll bzw. muss ein Wirtschaftsarchivar können?" und gab zugleich einen Einblick in das Rollenverständnis von Archiven in Unternehmen. Die Unternehmen hätten heutzutage nur ein geringes Interesse an Geschichte. Gewisse Impulse gingen lediglich von Unternehmensjubiläen aus, wobei Festschriften, die vom Unternehmensarchivar selbst erarbeitet worden seien, leicht in den Geruch von Auftragsarbeiten kämen. Der Unternehmensarchivar stehe vor der ständigen Herausforderung, die Notwendigkeit, überhaupt ein Archiv zu unterhalten, nachweisen zu müssen. Dabei erweise es sich als besondere Schwierigkeit, dass es für Unternehmen keine Aktenabgabepflicht gebe. Zudem verlangten die Unternehmen von ihren Archivaren in der Regel auch keine Öffentlichkeitsarbeit, so dass es aus zweierlei Gründen wenig Nutzerdruck von außen gebe. Ein Wirtschaftsarchivar müsse daher mit anderen Mitteln seinen betriebswirtschaftlichen Nutzen für das Unternehmen deutlich machen, was in erster Linie über seine Aufgabe als interner Dienstleister geschehe. Archivarische Kenntnisse seien für den Wirtschaftsarchivar von Vorteil, eine Fachausbildung allerdings nicht erforderlich, so Rasch. Der Unternehmensarchivar müsse hingegen ein Allrounder sein, der über eine gute Allgemeinbildung verfüge. Es müsse innerhalb seines Unternehmens ein Netzwerk mit fachnahen Abteilungen bilden und ebenso nach außen hin Kooperationen, insbesondere zum jeweiligen Stadtarchiv, eingehen.

Auch Dr. Martin Dallmeier (Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv, Regensburg) präsentierte in seinem Vortrag "Privatarchive in der deutschen Archivlandschaft" den Allrounder als Realtypus in der Szene der Privat- und Adelsarchive. In dieser Archivsparte führten – wie bei den Unternehmensarchiven – teilweise ebenfalls strategische Überlegungen des privaten Archivträgers im Blick auf Fragen der Geheimhaltung und der Nutzung dazu, dass es einen Rückgang hauptamtlicher Archivare gebe. Im Vergleich zum organisatorisch und fachlich sehr gut aufgestellten Privat- und Adelsarchivwesen in Nordrhein-Westfalen würde dieser Bereich in anderen Bundesländern nicht über ein notwendiges fachliches Rückgrat und Beratungssystem verfügen. Vielfach seien in Privatarchiven keine Facharchivare tätig, obwohl es sich bei diesen Archiven, insbesondere bei den alten Adelsarchiven, nicht um "Exoten", sondern um Archive mit breiter historischer Überlieferung und entsprechend breiter fachlicher Aufgabenstellung handele. 

Die angeregte Diskussion zum Abschluss der Arbeitssitzung formulierte die Anforderung eines "Archivmanagements" als notwendige Erweiterung der fachlichen Qualifikation heutiger Archivarinnen und Archivare. Die Ausbildung müsse ebenso auf Leitungsaufgaben vorbereiten wie auf die Herausforderungen der Verwaltungsreform. Die Diskutanten wiesen unisono darauf hin, dass es insbesondere angesichts der heutigen IT-Herausforderungen verschüttete, fehlende bzw. noch nicht vorhandene Fachkompetenzen bei jedem einzelnen gebe, die man durch lebenslangen Lernen und Weiterbildungen während des Berufslebens auffrischen und neu erwerben müsse. – Im Rahmen seines öffentlichen Abendvortrages "Die Rolle der Archive in der Gesellschaft" zum Abschluss des ersten Kolloquiumstages wies auch Prof. Dr. Hans-Ulrich Thamer (Westfälische Wilhelms-Universität Münster) auf die Folgen der Wissensrationalisierung im Zeitalter der Neuen Medien hin. Er konstatierte dabei mit dem Philosophen Hermann Lübbe allerdings eine Konjunktur des Archivwesens als Folge der gesellschaftlichen Modernisierungsprozesse: "Gegenwartsschrumpfung", "Vertrautheitsschwund" und der rasche "Veralterungsprozess" der Gegenwart führten zu einem wachsenden Bedürfnis nach "Speicher" sowie zu einer vermehrten Selbsthistorisierung der Gesellschaft. Hiervon könnten auch die Archive und Archivare profitieren, insbesondere wenn sie den Blick auf die Sammlung, Erschließung und Bewahrung nichtamtlichen Archivgutes verstärken würden, um den Makrokosmos im Mikrokosmos zu identifizieren.

Die 2. Arbeitssitzung "Professionalisierung und Qualifizierung im Archivwesen" richtete den Blick auf die Reaktionen der Ausbildungseinrichtungen auf die veränderten Anforderungen an Archivarinnen und Archivare. Das Programm sah zunächst eine von Marcus Stumpf moderierte Runde mit Beiträgen von Dr. Frank M. Bischoff (Archivschule Marburg), Prof. Dr. Hartwig Walberg (Fachhochschule Potsdam) und Fred van Kan vor, die ihre jeweiligen Ausbildungskonzepte vorstellen sollten. Des Weiteren standen Vorträge von Dr. Arie Nabrings (Rheinisches Archiv- und Museumsamt, Pulheim) zum Thema "Fort- und Weiterbildung im Dienst der Archivberatung" sowie von Robert Kretzschmar zum Thema "Profil und Professionalisierung eines archivarischen Berufs- und Fachverbands. Der Verband deutscher Archivarinnen und Archivare" auf dem Programm. Als größtem Berufs- und Fachverband in Europa komme dem VdA bei Fragen der Professionalisierung des Berufsstandes eine besondere Bedeutung zu.

Kontakt:
LWL-Archivamt für Westfalen
Jahnstraße 26
48147 Münster
Tel.: 0251/591-3887
Fax : 0251/591-269
LWL-Archivamt@lwl.org
www.lwl.org/LWL/Kultur/Archivamt/

Quelle: LWL-Pressestelle, 8.5.2008

Erlebte Geschichte im Stadtarchiv Mannheim

Eine neue Publikation zieht derzeit in Mannheim große Aufmerksamkeit auf sich. Erlebte Geschichte lautet das Schlagwort, mit dem trockener Geschichtsunterricht zur sinnlichen Erfahrung werden kann. Der „Verein der Freunde des Stadtarchivs – ISG“ sorgte nun dafür, dass die Erinnerungen von Karl Heinz Mehler und Dieter Wolf, zwei ehrenamtlichen Mitarbeitern des Stadtarchivs – ISG, im Druck erhältlich sind. Unter dem Titel „Verführte Jugend“ berichten die beiden von ihren Erlebnissen in den letzten Weltkriegstagen und während ihrer Gefangenschaft danach.

Wolf und Mehler, Jahrgang 1928 und 1929, gehören zur Hitlerjugendgeneration. Sie waren begeisterte Mitmarschierer und kamen beide zum Kriegseinsatz und in Kriegsgefangenschaft. Die Erkenntnis, Verführte einer schrecklichen Diktatur gewesen zu sein, der Verlust vieler Wertvorstellungen und das Erwachen danach waren für beide sehr schmerzhaft. Ihr Vortrag „Verführte Jugend – Zeitzeugen berichten über ihre Jugend im Nationalsozialismus“ soll Jugendliche auf die Gefahren der Indoktrination aufmerksam machen, das Unrechtsbewusstsein wecken und dazu beitragen, die Erinnerung an ein menschenverachtendes politisches System wach zu halten, welches Teil der deutschen Geschichte ist. Der Vortrag ist in erster Linie als eine Ergänzung des Geschichts-Unterrichts an Gymnasien und Realschulen gedacht. Kenntnisse der Geschichte des Nationalsozialismus werden bei den Schülerinnen und Schülern vorausgesetzt.

Mit dem Thema Nationalsozialismus beschäftigt sich auch die von Mannheimer Kultur- und Bildungseinrichtungen gemeinsam ausgerichtete Veranstaltungsreihe „Verbrannte Freiheit“, die an den 75. Jahrestag der Bücherverbrennung im Mai 1933 erinnert. Das Stadtarchiv – ISG Mannheim ist daran mit zwei Beiträgen beteiligt, u.a. mit einem Rundgang zu Stätten der NS-„Machtergreifung“.

Info:
Mehler, Karl Heinz/Wolf, Dieter: Verführte Jugend. Zeitzeugen berichten über ihre Jugend im Nationalsozialismus. Hrsg. vom Verein der Freunde des Stadtarchivs e.V. Mannheim : v. Brandt, 2008. 
ISBN 978-3-926260-74-1, 8.- Euro (für Mitglieder im Verein der Freunde: 5.- €)

Kontakt:
Stadtarchiv Mannheim
Institut für Stadtgeschichte
Collini-Center
Collinistr. 1
D-68161 Mannheim 
Fon +49 621 293-7027
Fax +49 621 293-7476
stadtarchiv@mannheim.de
www.stadtarchiv.mannheim.de

Quelle: Stadtarchiv Mannheim, Newsletter Nr. 7, 5. Mai 2008

Neue Findbücher im Spenger Stadtarchiv

Das bisherige Verzeichnis der über 2.000 Akten im Spenger Stadtarchiv stammt aus den 1970er und 1980er Jahren. Es war allerdings weder chronologisch noch thematisch geordnet. Nach einjähriger Arbeit kann das Stadtarchiv Spenge nun aber fünf neue Findbücher präsentieren.

Bei diesen von Dieter Meyer und Renate Dröge erarbeiteten Repertorien handelt es sich um ein chronologisches und ein themenzentriertes Findbuch sowie um einen Index als Orts-, Personen- und Sachregister. Außerdem gibt es jeweils ein Findbuch zu den Sammlungen von Carl Friedrich August Seippel, Auktionator von 1844 bis 1873, und Günter Hemminghaus, Amts- und Stadtdirektor von 1966 bis 1995. 

Im Bestand A sind die ältesten Akten aus dem Zeitraum von 1807 bis 1918 archiviert. Bestand B reicht von der Zeit der Weimarer Republik bis nach dem Zweiten Weltkrieg und Bestand C von etwa 1945 bis zur Gründung der Stadt Spenge im Landkreis Herford im Jahr 1969. Das Stadtarchiv wird jährlich von 60 bis 80 Bürgern genutzt.

Kontakt:
Stadtarchiv Spenge
Lange Straße 52-56
32139 Spenge
Telefon: 05225-876821
info@spenge.de

Quelle: Neue Westfälische, 7.5.2008

Mittelalterliche Quellen und Neue Medien. Sommerschule des Forums Mittelalter an der Uni Regensburg

Die Sommerschule des Forums Mittelalter an der Universität Regensburg führt einen 2004 veranstalteten Kurs des Forums Mittelalter fort, der das Problemfeld von computergestützter Dokumentation und Edition schriftlicher Texte des Mittelalters erörterte. In der Sommerschule 2008 wird es neben den weiterhin relevanten Fragen der Digitalisierung von Textoberflächen um Fragen der Korpuszusammenstellung, um Probleme der semantischen und syntaktischen Annotation und der Abfrage von Korpusdaten gehen. Neben Urkundentexten soll auch die Zusammenstellung und Aufbereitung von literarischen Korpora angesprochen werden.

Der Kurs soll der Diskussion wichtiger Problemfelder im Zusammenhang mit der Nutzung elektronischer Datenverarbeitung dienen. Ein großer Raum wird aber auch der Vermittlung von praktischen Kenntnissen und dem selbstständigen Übungsbetrieb gegeben. Experten aus den Bereichen der computergestützten Edition, der Korpuslinguistik und der elektronisch basierten Wörterbucharbeit werden Einführungen zu den jeweiligen Themenbereichen geben und die praktische Arbeit im CIP-Pool anleiten.

Die Ausschreibung richtet sich an NachwuchswissenschaftlerInnen, sowie Studierende höherer Semester, die sich für die Nutzung der elektronischen Datenverarbeitung bei der Analyse mittelalterlicher Quellen interessieren. Die Kursteilnahme ist kostenlos, außerdem ist ein Zuschuss zu den Reise- und Aufenthaltskosten vorgesehen.

Gastdozenten
Dr. Hiltrud Gerner, ATILF/CNRS und Universität Nancy, Mediävistische Lexikographie
Ao. Univ. Prof. Dr. Ingo H. Kropač, Universität Graz und Klagenfurt/Stadtarchiv Weiz, Österreich, Historische Fachinformatik und Dokumentation
Dr. Roland Meyer, Universität Regensburg, Slavistische Sprachwissenschaft
Prof. Dr. Achim Stein, Universität Stuttgart, Romanische Sprachwissenschaft

Info:
Mittelalterliche Quellen und Neue Medien II: Elektronische Korpora und ihre Analyse 
Sommerschule des Forums Mittelalter an der Universität Regensburg, 22.-26. September 2008

Bewerbungen mit kurzem Lebenslauf und Empfehlungsschreiben eines Hochschuldozenten bis zum 15. Juli 2008 an:

Prof. Dr. Maria Selig
Lehrstuhl für Romanische Sprachwissenschaft
Universität Regensburg
Universitätsstr. 31
D – 93053 Regensburg
maria.selig@sprachlit.uni-regensburg.de

Link: www.forum-mittelalter.org

Portal MICHAEL freigeschaltet

Am 28. April 2008 wurde im Rahmen der Tagung „Digitales Kulturerbe – gemeinsam vernetzen“ (www.kulturerbe-vernetzen.de) in Berlin das deutsche MICHAEL-Portal (www.michael-portal.de) freigeschaltet.

Das MICHAEL-Deutschland-Portal ist ein Baustein für das europäische MICHAEL-Portal (www.michael-culture.org), das das digitale Kulturerbe von Archiven, Bibliotheken und Museen von insgesamt 20 Ländern mehrsprachig nachweisen und den Zugang dazu vereinfachen wird. Für die digitalen Bestände und Sammlungen wird jeweils eine Beschreibung angeboten, die auch über Zugangsmöglichkeiten zu den Digitalisaten informiert (z.B. Internetadresse eines Webangebots, Adresse eines Lesesaals oder Bezugsquellen). Die deutschen Inhalte werden sowohl im nationalen als auch im europäischen MICHAEL-Informationssystem verfügbar sein.

Der Aufbau der 20 nationalen Instanzen und des gemeinsamen europäischen Portals erfolgt im von der Europäischen Kommission geförderten Projekt „MICHAEL Plus“ (www.michael-culture.eu), das im Mai 2008 mit der Fertigstellung sämtlicher nationaler Portale seinen Abschluss finden wird.

In Deutschland sind sieben Institutionen aus unterschiedlichen Kulturgutsparten am MICHAEL-Projekt beteiligt: das Bundesarchiv, die Deutsche Nationalbibliothek, die Bayerische Staatsbibliothek, das Deutsche Museum, das Landesarchiv Baden-Württemberg, die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Das Landesarchiv Baden-Württemberg hat vor allem an der Konzeption der deutschen Webseite und des Erfassungsmoduls, an Übersetzungen für das europäische Portal und an der Erfassung archivischer Bestandsbeschreibungen mitgewirkt.

Digitale Bestände können weiterhin an die Projektpartner gemeldet und in das Portal aufgenommen werden (Meldeformular unter www.landesarchiv-bw.de/michaelplus/aufnahmeform.php). Weitere Informationen finden sich auf den Projektseiten (www.landesarchiv-bw.de/michaelplus), das deutsche Portal ist unter www.michael-portal.de nutzbar.

Quelle: Landesarchiv Baden-Württemberg, Pressemitteilung, 28.4.2008

Bad Arolser Archiv des Internationalen Suchdienstes nun für alle offen

Mit einer Feierstunde hat der Internationale Suchdienst (ITS) in Bad Arolsen am 30.4.2008 die Öffnung seiner Archive für die historische Forschung und die Öffentlichkeit begangen. „Wir schlagen damit ein neues Kapitel in der Geschichte des ITS auf“, sagte Direktor Reto Meister. „Die Öffnung wird dazu beitragen, die Erinnerung an die ungeheuerlichen Verbrechen der Nazizeit wach zu halten. Gleichzeitig wird sie unsere Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen, Gedenkstätten und Museen fördern.“

In einem HNA-Interview gibt Udo Jost, der Leiter des Archivs des Internationalen Suchdienstes in Bad Arolsen, Auskunft über die nunmehrige Öffnung des Archivs für die Öffentlichkeit. Waren die Opferdaten bislang vor allem den Opfern und ihren Angehörigen zugänglich, so werden die Archive jetzt für die historische Forschung beziehungsweise für die Öffentlichkeit zugänglich. Jeder, der ein berechtigtes Anliegen habe, könne die Dokumente einsehen.

Gleichwohl sei das Archiv des ITS kein herkömmliches Archiv wie beispielsweise ein Staatsarchiv. Man erteile zwar seit sechzig Jahren Auskünfte aus dem Archivmaterial, verfüge aber über keine übliche Archivordnung. Die Dokumente und Bestände sind vielmehr nach den Kriterien eines operativen Suchdienstes geordnet, so dass der zentrale Zugriff über eine Opferkartei mit Namen erfolge. Die zukünftigen Nutzer würden jedoch ein Findbuch über die Datenbestände erwarten, woran nunmehr mit Hochdruck gearbeitet werde. 

Die lange Dauer bis zur Öffnung des ITS-Archivs lag laut Jost an der Zustimmungspflicht sämtlicher elf Mitgliedsstaaten des Internationalen Ausschusses, dem der Suchdienst untersteht. Vor allem die personenbezogenen Daten, d.h. Datenschutzgründe, erschwerten die öffentliche Zugänglichmachung des Materials. Es habe in den Konzentrationslagern eben nicht nur politisch oder religiös Verfolgte gegeben. Vielfach handele es sich bei den Internierungsgründen, seien sie durch die Nationalsozialisten noch so konstruiert worden, um sensible Daten, beispielsweise bei Vermerken wie "arbeitsscheu" oder "asozial".

Die Zahl der privaten Anfragen nimmt ab. Ende der 1990er Jahre erreichten den ITS rund 300.000 Anfragen pro Jahr, heute sind es rund 24.000. Vielfach gehe es heute dabei um Informationen über Familienangehörige, nicht mehr um Rentennachweise etc. – Die Diskussion aber, wohin der Weg des Suchdienstes zukünftig führen wird, beginne erst. Immerhin sei der Suchdienst in Arolsen auf der ganzen Welt bekannt. Udo Jost: "Wir sind schließlich die einzige internationale Organisation mit Weltruf, die in der Region beheimatet ist".

Link: Inventarlisten

Kontakt:
Internationaler Suchdienst (ITS)
Große Allee 5 – 9
34454 Bad Arolsen
Telefon: +49 (0)5691 629 0
Telefax: +49 (0)5691 629 501 
email[at]its-arolsen.org

Quelle: Frank Thonicke, HNA-Online, 28.4.2008; ITS, Pressemeldung, 30.4.2008