Hundert Jahre Bildhauerei in Darmstadt

Darmstadt ist im 20. Jahrhundert auch eine Bildhauer-Stadt! Die Ausstellung "Raum, Form und Zeit – Hundert Jahre Bildhauerei in Darmstadt 1880 – 1980", die am 16. November 2008 eröffnet wurde sowie das im März 2009 erscheinende Katalogbuch sind ein erster Versuch, das skulpturale und plastische Schaffen Darmstädter Künstler im Zusammenhang vom späten 19. Jahrhundert bis in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts darzustellen, zu kommentieren und zu interpretieren. Die Ausstellung des Kunst Archivs Darmstadt macht an Hand von Einzelwerken bedeutender Darmstädter Künstler Entwicklungslinien der Bildhauerei über 100 Jahre sichtbar, vom Realismus der neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts über die Stilkunstbewegung. Die kunsthistorischen Linien spannen sich über den Expressionismus, die Weimarer Republik und das Dritte Reich bis hin zum Neubeginn der jungen, um 1920 geborenen Generation, die andere Bildideen verwirklichte und dem Menschenbild neue und zeitgenössische Aspekte in Stil, Material und Auffassung hinzufügte. 

Die Figur, das sich wandelnde Menschenbild, ist die beherrschende Thematik der Bildhauer. So war 1929 die große Ausstellung „Der schöne Mensch in der Kunst“ auf der Mathildenhöhe zu sehen. „Das Menschenbild in unserer Zeit“ war der Titel der Ausstellung, die das erste Darmstädter Gespräch 1951 begleitete und 1974 zeigte die Darmstädter Kunsthalle die Ausstellung \“Die menschliche Gestalt\“. Um die Jahrhundertwende wurden verstärkt Plastiken auf öffentlichen Plätzen, Parks und im städtischen Gefüge aufgestellt. Bestimmend waren die Bildhauer der Künstlerkolonie: Bernhard Hoetger, Ludwig Habich und Heinrich Jobst. Kaum eine andere Stadt verfügt über so viele Kunstwerke im öffentlichen Raum wie Darmstadt. Ein von der Stadt herausgegebenes \“Verzeichnis der Kunst im öffentlichen Raum. 1641 – 1994\“, zählt rund 500 Plastiken, skulpturale Gestaltungen, Reliefs und Mosaike auf. Erworben wurden die Werke hauptsächlich nach 1945. Auch das ist Indiz und Argument für die Bildhauerstadt Darmstadt. 

Die Technische Hochschule Darmstadt (heute Technische Universität) bildete am Lehrstuhl für Architektur immer auch Bildhauer aus. Hermann Geibel gehörte zu den herausragenden Lehrern, ebenso Waldemar Grzimek, der eine Gruppe jüngerer Bildhauer von Berlin nach Darmstadt zog und in der Stadt zu einem dem Realismus verbundenen Garant für figurative Bildhauerei wurde. Viele der Bildhauer waren oder sind Mitglieder der Darmstädter Sezession, die seinerseits seit 1973 im Zweijahresrhythmus auf dem Freiplastikgelände der Ziegelhütte Ausstellungen zeitgenössischer Bildhauer einrichtet. 

Die Ausstellung gibt auch über die Arbeitsweise und die verwendeten Materialien Auskunft: Statuetten und figurative Kleinplastik sind zu sehen, Porträtplastiken, Reliefs und Plaketten in den Materialien Gips und Terrakotta, Bronze und Eisen, Sandstein und Marmor. Beteiligt sind Bildhauer bis zum Geburtsjahr 1930 und nicht auszuschließen ist es, in einer späteren Fortsetzungs-Ausstellung zeitgenössische Bildhauerei ab 1980 bis heute zu dokumentieren. „Hundert Jahre Bildhauerei in Darmstadt“ ist das ambitionierteste und umfangreichste Ausstellungs- und Katalogprojekt des Kunst Archivs. Die Eröffnung der Ausstellung fand im Vorfeld des 25-jährigen Bestehens statt: Am 10. Oktober 1984 wurde das Kunst Archiv Darmstadt unter dem Namen Archiv Darmstädter Künstler e.V. gegründet. Bis zum 30. April 2009 kann die Ausstellung besichtigt werden. Allerdings ist das Kunst Archiv vom 20. Dezember 2008 bis 5. Januar 2009 geschlossen. Ergänzend zur Ausstellung wird auch ein Parallelprogramm angeboten. 

Kontakt
Kunst Archiv Darmstadt e. V.
Kasinostraße 3 (Kennedyhaus)
64283 Darmstadt
Tel.: 06151 / 29 16 19  
Fax: 06151 / 29 16 83
rainer.lind@ gmx.de 

Quelle: Kunstarchiv Darmstadt, 20.11.2008; Echo-Online, 11.12.2008

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