Jahrhunderte lang war die Rolle der Frauen in den europäischen Gesellschaften auf die der Mutter, Gattin und Hausfrau beschränkt. Frauen sollten ihren Männern gefallen, sie umsorgen, sie ehren und Ihnen das Leben angenehm machen.
Durch die sich rasant ausbreitende Philosophie der Aufklärung, geprägt durch Immanuel Kants berühmten Wahlspruch „Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“ entwickelte sich im Bürgertum ein neues Bewusstsein und daraus auch erstmals eine Forderung nach Emanzipation der Frauen. Schrittweise wurden Veränderungen in den traditionellen Rollenbildern der Frauen vollzogen. Zwar lebten sie nach wie vor mit, für und durch ihre Familie, jedoch gab es zunehmend Frauenpersönlichkeiten, die über ihre häuslichen Pflichten hinaus nach gesellschaftlichen Kontakten und kultureller Bildung strebten. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelten sich in größeren Städten wie Halle, Eisleben, Wittenberg und Magdeburg so genannte Lesegesellschaften in Form von Salons, die als Zentrum künstlerischen Austauschs galten. Hier wurde gelesen, über das Gelesene debattiert und ausgetauscht und selbst geschrieben.
So wurde Frauen langsam eine Öffnung aus der häuslichen Enge zugestanden und ermöglicht.
Die Präsentation im Stadtmuseum Christian-Wolff-Haus, die am 7. Dezember 2008 eröffnet wurde, widmet sich dem Jahrhundert der Aufklärung aus Frauenperspektive. Die Sonderausstellung – „Weiber sind nicht in der Welt, bloß um Männer zu amüsieren…“. Frauenbilder – Frauenleben des 18. Jahrhunderts in Halle – stellt mit Blick auf die Situation in der aufstrebenden preußischen Universitätsstadt Halle die Lebensgeschichten von Frauen aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten und Milieus vor. Neben prominenten Beispielen für weibliche Emanzipation wie der ersten promovierten Medizinerin Dorothea Leporin Erxleben, der Kanzlerin Agnes Wilhelmine Niemeyer, der Philosophin Dorothea Schlözer und der Musikerin und Komponistin Louise Caroline Reichardt werden auch Frauen porträtiert, die von der Aufklärung kaum profitierten. In einem Teil der Exposition werden dem damals entwickelten Idealbild weiblicher Anmut und Schönheit die heiter-koketten und amourösen Darstellungen von Liebesabenteuern auf ausgewählten Objekten aus dem Landeskunstmuseum Moritzburg und dem Schlossmuseum Gotha gegenübergestellt.
Die im Ausstellungsrahmen versammelten Originalzeugnisse und Porträts geben so Einblicke in ein kulturgeschichtlich reiches Jahrhundert und spiegeln Bildung und Gelehrsamkeit der Frauen sowie Haushaltung, Interieur und Mode der Zeit wider. Über 300 Objekte, die Mehrzahl wurde bisher noch nicht öffentlich präsentiert, können im Christian-Wolff-Haus angesehen werden. Bestaunt werden können unter anderem eine Brautausstattung samt Krone, eine kostbare Hochzeitsfahne, ein restauriertes Kleid aus dem 18. Jahrhundert, Stickmustertücher und ein Tafelaufsatz für Katharina die Große. Zu den Hauptleihgebern zählen neben dem Landeskunstmuseum Moritzburg, die Franckeschen Stiftungen Halle, das Stadtarchiv Halle, das Händel-Haus Halle, die Universitäts- und Landesbibliothek Halle, das Universitätsarchiv Halle und die Domgemeinde Halle mit den Objekten zum Freiweltlichen Fräuleinstift. Die Ausstellung findet vom 7.12.2008 bis 30.04.2009 im Rahmen der Landesinitiative „Sachsen-Anhalt und das 18. Jahrhundert“ statt.
Ergänzend zur Ausstellung wird auch eine Führung mit einem "waschechten Frauenzimmer" des 18. Jahrhunderts zu historischen Plätzen und Orten Halles angeboten. Dabei erfährt man einiges über wichtige historische Ereignisse und wie diese das Stadtbild aber auch das gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Leben dieser Stadt entscheidend geprägt haben. Im Anschluss an die Stadt- und Museumsführung wird dann noch ein abschließendes 3-Gänge-Menü im Dorint Hotel Charlottenhof angeboten, dass ganz im Zeichen dieses von Weiblichkeit geprägten Jahrhunderts den Höhepunkt dieser besonderen Zeitreise bildet. Die erste Führung findet am Freitag, 12. Dezember 2008 um 17.00 Uhr statt, danach einmal monatlich auf Anfrage. Anmeldungen dafür nimmt die Tourist-Information entgegen.
Kontakt:
Stadtmuseum Halle
Christian-Wolff-Haus
Große Märkerstraße 10
06108 Halle (Saale)
Tel.: 0345 / 221 – 3030
Fax: 0345 / 221 – 3033
stadtmuseum@halle.de
Stadtarchiv Halle (Saale)
Rathausstraße 1
06108 Halle (Saale)
Tel.: 0345 / 221 – 3301
Fax: 0345 / 221 – 3330
Quelle: Newsarchiv Halle, 5.11.2008; Sonderaustellung Stadtmuseum Halle; Katja Pausch, Mitteldeutsche Zeitung, 5.12.2008