Mit einer Feierstunde hat der Internationale Suchdienst (ITS) in Bad Arolsen am 30.4.2008 die Öffnung seiner Archive für die historische Forschung und die Öffentlichkeit begangen. „Wir schlagen damit ein neues Kapitel in der Geschichte des ITS auf“, sagte Direktor Reto Meister. „Die Öffnung wird dazu beitragen, die Erinnerung an die ungeheuerlichen Verbrechen der Nazizeit wach zu halten. Gleichzeitig wird sie unsere Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen, Gedenkstätten und Museen fördern.“
In einem HNA-Interview gibt Udo Jost, der Leiter des Archivs des Internationalen Suchdienstes in Bad Arolsen, Auskunft über die nunmehrige Öffnung des Archivs für die Öffentlichkeit. Waren die Opferdaten bislang vor allem den Opfern und ihren Angehörigen zugänglich, so werden die Archive jetzt für die historische Forschung beziehungsweise für die Öffentlichkeit zugänglich. Jeder, der ein berechtigtes Anliegen habe, könne die Dokumente einsehen.
Gleichwohl sei das Archiv des ITS kein herkömmliches Archiv wie beispielsweise ein Staatsarchiv. Man erteile zwar seit sechzig Jahren Auskünfte aus dem Archivmaterial, verfüge aber über keine übliche Archivordnung. Die Dokumente und Bestände sind vielmehr nach den Kriterien eines operativen Suchdienstes geordnet, so dass der zentrale Zugriff über eine Opferkartei mit Namen erfolge. Die zukünftigen Nutzer würden jedoch ein Findbuch über die Datenbestände erwarten, woran nunmehr mit Hochdruck gearbeitet werde.
Die lange Dauer bis zur Öffnung des ITS-Archivs lag laut Jost an der Zustimmungspflicht sämtlicher elf Mitgliedsstaaten des Internationalen Ausschusses, dem der Suchdienst untersteht. Vor allem die personenbezogenen Daten, d.h. Datenschutzgründe, erschwerten die öffentliche Zugänglichmachung des Materials. Es habe in den Konzentrationslagern eben nicht nur politisch oder religiös Verfolgte gegeben. Vielfach handele es sich bei den Internierungsgründen, seien sie durch die Nationalsozialisten noch so konstruiert worden, um sensible Daten, beispielsweise bei Vermerken wie "arbeitsscheu" oder "asozial".
Die Zahl der privaten Anfragen nimmt ab. Ende der 1990er Jahre erreichten den ITS rund 300.000 Anfragen pro Jahr, heute sind es rund 24.000. Vielfach gehe es heute dabei um Informationen über Familienangehörige, nicht mehr um Rentennachweise etc. – Die Diskussion aber, wohin der Weg des Suchdienstes zukünftig führen wird, beginne erst. Immerhin sei der Suchdienst in Arolsen auf der ganzen Welt bekannt. Udo Jost: "Wir sind schließlich die einzige internationale Organisation mit Weltruf, die in der Region beheimatet ist".
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Quelle: Frank Thonicke, HNA-Online, 28.4.2008; ITS, Pressemeldung, 30.4.2008