Das Marburger Lichtbildarchiv (LBA) ist die weltweit größte Sammlung von Photographien mittelalterlicher Urkunden im Format 1:1. Ende der 20er Jahre von dem Marburger Historiker Edmund E. Stengel gegründet, verfügt es über eine Sammlung von ca. 16.000 Urkunden in etwa 45.000 Abbildungen (vgl. Bericht vom 16.9.2005).
Mittelalterliche Urkunden besitzen weit über ihren Inhalt hinaus auch durch die äußere Gestaltung, die Schrift, die graphischen Symbole und die Siegel eine hohe Bedeutung für die wissenschaftliche Interpretation und historische Einordnung. Stengels Idee war es folglich, die Urkunden als Denkmäler des Mittelalters zu sammeln, zu erforschen und der Wissenschaft zugänglich zu machen. Da die Originale in den Archiven ganz Europas liegen, können bestimmte, für die Urkundenforschung zentrale Fragestellung ohne erheblichen Aufwand nur im Marburger Lichtbildarchiv, das das verstreute Material sammelt und somit zusammenführt, bearbeitet werden.
Inhalt des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Projektes war es, sowohl die Abbildungen als auch die entsprechenden Findmittel, die beide bisher lediglich in herkömmlicher Form vorlagen, zu digitalisieren, in eine Datenbank einzuspeisen und so weltweit verfügbar zu machen. Unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Meyer konnten nun Dr. Francesco Roberg (wissenschaftliche Koordination), Dr. Jürgen Nemitz (fachinformatische Koordination, bis November 2007), Lisa Dieckmann M.A. (fachinformatische Koordination, ab November 2007) sowie stud. phil. Sebastian Müller (fachinformatische Koordination) die einschlägigen Findmittel in eine Datenbank einspeisen.
Dabei handelt es sich um einen historischen Datenbestand, der einstweilen noch nicht aktualisiert werden konnte, so dass jüngere Entwicklungen wie etwa die geänderten Signaturen vieler in Bayern verwahrter Urkunden oder neuere Editionen noch nicht nachgetragen werden konnten. Diese Findmittel wurden mit den zur Zeit etwa 4500 digitalisiert vorliegenden Urkundenabbildungen verknüpft und sind nun unter der Adresse http://lba.hist.uni-marburg.de/lba/pages/ (am besten mit einer neueren Mozilla- oder Firefox-Version als Browser) zugänglich. Parallel werden die restlichen Abbildungen mit einer digitalen Scanner-Kamera photographiert und nach und nach in die Datenbank übertragen. Diese erlaubt die – gegebenenfalls auch kombinierte – Suche nach Aussteller, Empfänger, verwahrendem Archiv, Druck oder Regest, Ausstellungsort sowie weiteren Kriterien. In einer ersten Ansicht werden sämtliche Treffer durch einen Thumbnail der Urkunde sowie den zur Identifizierung nötigen Angaben angezeigt. Im Anschluss kann der Benutzer einen Treffer auswählen und erhält eine größere Ansicht der Urkunde sowie sämtliche vorliegenden Daten angezeigt. Die Anwendung ermöglicht zudem eine virtuelle Rotation der Abbildung sowie das Zoomen bis zur circa achtfachen Größe. Durch ein Tool ist es ferner möglich, die nun große Abbildung mit Hilfe der Maus auf dem Bildschirm zu bewegen, und so einzelne Teile ohne Scrollen in den Blick nehmen zu können. Über einen personalisierten Zugang können Arbeitsmappen für Forschungsprojekte, Vorträge oder die Lehre angelegt und verwaltet werden.
Die Implementation weiterer Komponenten ist geplant.
Quelle: Francesco Roberg (Marburg), H-Soz-u-Kult, 17.4.2008