Selbst Kenner der westfälischen oder der deutsch-jüdischen Literatur wissen wenig über jüdische Schriftsteller aus Westfalen. Das zeigen die neuesten Literaturgeschichten und Lexika. \“Doch es gab und gibt diese Autorinnen und Autoren. Ihre Spuren wurden – aus Gleichgültigkeit wie aus Vorsatz – übersehen, vergessen, verdrängt, getilgt\“, so die Herausgeber des Bandes "Westfälische Lebensstationen. Texte und Zeugnisse jüdischer Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus Westfalen". Die LWL-Literaturkommission hat damit jetzt eine Anthologie vorgelegt, die 45 jüdische Autoren vorstellt. Entstanden ist sie im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts mit der Universität Paderborn, in dem die jüdische Literatur in Westfalen umfassend erschlossen und zugänglich gemacht wird.
Das Projekt \“Jüdische Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Westfalen\“ arbeitet seit 2000 daran, diese weitgehend unbekannte Literatur zu erschließen. Entstanden ist ein Archiv zur jüdischen Literatur in Westfalen, das über eine stetig wachsende Internetdatenbank (www.juedischeliteraturwestfalen.de) öffentlich zugänglich ist und inzwischen rund fünf Millionen Anfragen von Besuchern aus aller Welt erfahren hat.
Eine nun von der LWL-Literaturkommission für Westfalen vorgelegte Anthologie stellt 45 jüdische Autoren in Wort und Bild ausführlich vor. Die Herausgeber Dr. Iris Nölle-Hornkamp und Prof. Dr. Hartmut Steinecke legten dabei ein besonderes Augenmerk auf autobiografische Texte, die einen leichten und lebendigen Zugang zu den Verfassern herstellen. Wie die Herausgeber hervorheben, ist der Band keineswegs nur historisch von Belang. Über die Hälfte der Texte erschien im letzten halben Jahrhundert, einige wurden für den Band überarbeitet oder neu geschrieben.
Weiterführende Informationen über die Beiträge runden einen Band ab, der so unterschiedliche Charaktere wie den Mediziner und Religionsphilosophen Salomon Ludwig Steinheim, den Verleger Emil Herz, die Politikerin Jeanette Wolff, den Journalisten Felix Fechenbach, den Theatermann Paul Walter Jacob oder den in die USA ausgewanderten Germanisten Werner Vordtriede zu Wort kommen lässt.
Der Band ist bereits die neunte Veröffentlichung des vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) mit unterstützten Projektes. Sein Erscheinen wurde von der Kunststiftung NRW gefördert.
Info:
Iris Nölle-Hornkamp und Hartmut Steinecke (Hgg.):
Westfälische Lebensstationen. Texte und Zeugnisse jüdischer Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus Westfalen. Mit Fotografien von Julian Voloj.
Bielefeld: Aisthesis Verlag 2007
Veröffentlichungen der Literaturkommission für Westfalen 27,
533 S., zahlr. Abb. Preis 24,80 Euro. ISBN 978-3-89528-649-0
Quelle: LWL, Pressemitteilung, 19.2.2008