Rund 150 Feldpostbriefe aus dem Zweiten Weltkrieg wurden jetzt offiziell dem Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr übergeben. Das Besondere ist neben der enormen Zahl ihr Autor: Gunther Hasenjaeger, Sohn des damaligen Mülheimer Oberbürgermeisters Edwin Hasenjaeger.
Die Sammlung umfasst Briefe aus den Jahren 1939 bis 1943, die der junge Gunther Hasenjaeger an seinen Vater Edwin und seine Mutter Gertrud, bisweilen auch an seine Geschwister Gisbert und Margarete, geschrieben hat. Aus Russland, wohin Hasenjaeger 1941 abkommandiert worden war, schildert er beispielsweise im Oktober schildert Szenen bei der Essensausgabe: "Bei der Brotausgabe waren einzelne zerbrochene Brote übrig geblieben. […] Auf diese Brotkrumen stürzten sich die Essensholer wie hungrige Tiere und klaubten sich das Zeug in den Mund und in die Kochgeschirre. Es kam beinah zu Schlägereien. Für einen Film von diesem Vorfall würde die englische Propaganda zahlreiche Pfunde zahlen. Also die Kompanie hungert."
Ungefähr alle zwei bis drei Tage kam ein Brief von Gunther in Mülheim an. Auf diese Weise hielt er Kontakt zu seiner Familie. Die Briefe waren für ihn eine wichtige Stütze inmitten der Wirren und Schrecken des Krieges. Nach seinem Tod an der Ostfront im Februar 1943 ließ der trauernde Vater eine Holzschatulle für die Briefe anfertigen, die im Gedenken an den Sohn auf eine Kommode gestellt und wie ein Schatz gehütet wurde.
Die Briefe überdauerten alles: den großen Angriff auf Mülheim 1943, bei dem die elterliche Wohnung in der Teinerstraße zerstört wurde, den Tod der Mutter, den Tod des Vaters, den Tod der Stiefmutter, den Tod des ältesten Bruders Gisbert, der die Briefe als \“Stammhalter\“ der Familie in Plettenberg aufbewahrte. Danach gelangten sie an die Schwester Margarete zurück nach Mülheim. Als letztes der Kinder von Edwin Hasenjaeger entschloss sich Margarete Pferdmenges geb. Hasenjaeger, die zeitgeschichtlich wertvollen Dokumente dem Mülheimer Stadtarchiv zu übergeben und somit der Nachwelt zur Verfügung zu stellen.
Kontakt:
Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr
Aktienstraße 85
45473 Mülheim an der Ruhr
Tel: 02 08 / 4 55 42 60
Fax: 02 08 / 4 55 42 79
stadtarchiv@stadt-mh.de
Quelle: Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr, Aktuelle Mitteilung; Antonia Röder, Der Westen, 25.1.2008