Zahlreiche, bisher auf Karteikarten oder maschinenschriftlichen Findbüchern verzeichnete Archivalien im Stadtarchiv Lemgo warten darauf, in eine moderne, recherchierbare Archivdatenbank übertragen zu werden. Wertvolle Hilfe erhielt das Team des Lemgoer Stadtarchivs um Leiterin Dr. Anikó Szabó in den letzten Monaten von der Studentin Sabine Lehr aus Potsdam.
Sie studiert dort an der Fachhochschule Informationswissenschaften im Studiengang Archiv und absolviert im Stadtarchiv Lemgo nun ein mehrmonatiges Praktikum. Hier beteiligte sie sich an der Bewertung von Schriftgut im Verwaltungsarchiv, d. h. an der Entscheidung über Aktenvernichtung bzw. die dauernde Übernahme in das Stadtarchiv.
Vornehmlich verzeichnete Sabine Lehr jedoch Nachlässe. Hervorzuheben ist dabei der wertvolle und häufig nachgefragte Nachlass der Familie Wippermann. Eine Linie der Familie lebte in Lemgo, wo der Name nach wie vor Klang besitzt. Neben Bürgermeistern dieses Namens, die die Geschichte der Alten Hansestadt prägten, erinnern sich noch viele Lemgoer an die Schnapsbrennerei Wippermann. Das Familienarchiv Wippermann wurde dem Stadtarchiv 1995 zur dauernden Aufbewahrung und Sicherung übereignet, nachdem sich der Verein der Engelbert Wippermann’schen Familienstiftung aufgelöst hatte.
Seit 1621 bestand diese Familienstiftung. Engelbert Wippermann, Domherr zu Bremen, gründete sie durch Testamentsverfügung. Die Stiftungsgelder sollten Söhnen der Familie das Rechtsstudium ermöglichen; außerdem wurde für Familienangehörige eigens eine Stiftungsprofessur an der Universität zu Rinteln eingerichtet. Im 20. Jahrhundert hatte sich der finanzielle Grundstock der Stiftung verringert. Stipendien konnten aus den Zinsen nicht mehr finanziert werden. Seitdem wurde das verbleibende Vermögen in die Traditionspflege investiert. 1971 wandelte sich die Rechtsform der Stiftung zum eingetragenen Verein, der sich schließlich – wie erwähnt – 1995 auflöste. Als das Stadtarchiv Lemgo das Familienarchiv Wippermann zur dauernden Aufbewahrung übernahm, erhielt das Stadtarchiv für den Aufwand von Erschließung und Sicherung der bedeutsamen Überlieferung die vormaligen Stiftungsgelder, die auch für Ankäufe von wertvollen und bedeutsamen Archivalien zur Stadtgeschichte genutzt werden sollen.
Das über vier Jahrhunderte gewissenhaft geführte Familienarchiv umfasst alle die Stiftung betreffenden Dokumente, so das Testament des Stifters Engelbert Wippermann, Urkunden, Siegel, Fotografien und eindrucksvolle, kunstvoll gestaltete Stammbäume. Ebenfalls Teil des Nachlasses ist die von Familienangehörigen gründlich erforschte Familienchronik „Geschichte der Engelbert Wippermann’schen Familie“ von 1893. Auch die „Geschichte der Einrichtungen der Engelbert-Wippermannschen Familie“, 1912 verfasst von Conrad Wilhelm Wippermann und zur Zeit ihrer Entstehung nur den Familienmitgliedern einsehbar, befindet sich im Bestand und ist Interessierten nunmehr zugänglich. Der jüngste Zugang zum Bestand ist das in diesem Jahr fertig gestellte Manuskript über die im 19. Jahrhundert nach Amerika ausgewanderten und in Wisconsin angesiedelten Familienmitglieder. Das von Sabine Lehr verzeichnete Findbuch zum Familienarchiv Wippermann ist im Stadtarchiv unter der Angabe „NL 16 – Nachlass Familienarchiv Wippermann“ einsehbar.
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