Seit fünf Jahren treffen sich einen Vormittag in der Woche Horst-Dieter Kossmann, Hubert Schmitt und Heinz Jung, um wertvolle alte Bücher aus dem Besitz des Stadtarchivs Bingen zu restaurieren. Der pensionierte Buchbindermeister Hubert Schmitt hat sich im Keller der Bingerbrücker Grundschule eine kleine Werkstatt eingerichtet. Mit Hilfe von Heftladen, Bügeleisen, Klotzpresse, Schneidemaschine, einigen Spezial-Leimen, Pinseln, Goldfolien und Prägeeisen für Verzierungen werden dort so manche jahrhundertealte Schriften vor dem Verfall gerettet. Aus einer ehemaligen lose Blatt-Sammlung von 1744 sind inzwischen mit Kupfer beschlagene Lexikon-Bände mit goldverzierten Deckeln geworden. Zu ihren fertiggestellten Arbeiten gehören des weiteren die sehr alte Landesordnung, mehr als 200 Jahre alte Waldurkunden, alte Handschriften mit Siegeln sowie eine Schrift aus dem Jahr 1790 über den Streit mit dem Mainzer Domkapitel. Zur Zeit wird ein Exemplar des Code Civil, dem französischen Zivilgesetzbuch, aufgearbeitet. Besonders stolz sind die Männer auf das geheime Buch der Feldgeschworenen, einem ledergebundenen Werk mit großem Vorhängeschloss. Aus jedem Ort wurden sieben ehrbare Bürger ausgewählt, die das Wissen um die Grenzsteine hüteten. Anhand von Geheimzeichen, die aus Schieferstücken, Kieselsteinen oder Scherben bestanden und in einer genau festgelegten Reihenfolge unter die Grenzsteine gelegt wurden, konnten sie heimliche Grenzveränderungen nachweisen. Eine fortlaufende Dokumentierung dieser Geheimzeichen findet sich in dem Buch von 1690 bis einschließlich 1952. Aufbewahrt wurde das Buch von dem Vorsitzenden der Feldgeschworenen, während sich der Schlüssel für das Schloss im Besitz eines weiteren Mitglieds befand. Befürchtungen, dass ihnen irgendwann die Arbeit ausgehen könnte, haben die drei ehrenamtlich Tätigen nicht, denn Archivleiter Horst-Dieter Kossmann sorgt dafür, dass noch viele beschädigte Buchexemplare in der Restaurierungswerkstatt landen werden.
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Quelle: Christine Tscherner, Main-Rheiner, 3.8.2007