Übergabe wichtiger Firmenunterlagen ans Stadtarchiv Mannheim

Der Initiative von Oberbürgermeister Gerhard Widder, dass der alte Firmenname Daimler-Benz AG wieder aufleben muss, ist jetzt ein wichtiger Neuzugang beim Stadtarchiv Mannheim – ISG zu verdanken. Frau Liselotte Eicher, wohnhaft in Kusel und überzeugte Mannheimerin, las von dem Aufruf und schrieb spontan dem Oberbürgermeister. Außer der vollen Unterstützung für die Aktion bot sie ihm gleich noch Firmenunterlagen aus Familienbesitz über die Benz & Cie an. Oberbürgermeister Gerhard Widder und sein persönlicher Referent Herbert Bangert reagierten sofort und vermittelten den Kontakt zum zuständigen Stadtarchiv-ISG. Inzwischen sind alle wertvollen Unterlagen von Frau Eicher dort als Schenkung übernommen worden.

Schon bei einer kursorischen Prüfung der Unterlagen fand sich Überraschendes. Es handelt sich im Falle der Firmenunterlagen der Benz & Cie, Rheinische Gasmotorenfabrik Mannheim AG um Schriftstücke aus dem Besitz des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Max Caspar Rose von der Gründung der Aktiengesellschaft im Jahre 1899 bis zu seinem Rücktritt als Vorsitzender des Aufsichtsrats 1908. 

Mit Max Caspar Rose und Friedrich Wilhelm Eßlinger fand Carl Benz 1883 die für seine Geschäftsidee geeigneten Partner und konnte sich mit voller Kraft seinen Erfindungen widmen. Mit ihnen zusammen gründete er am 1. Oktober 1883 die Firma ,,Benz & Co., Rheinische Gasmotorenfabrik Mannheim" als offene Handelsgesellschaft. Am 8. Mai 1899 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Diese trug fortan den Namen ,,Benz & Cie, Rheinische Gasmotorenfabrik AG Mannheim". Dem wirtschaftlichen Erfolg der Firma folgte nach der Jahrhundertwende die Krise. Zwischen 1900 und 1902 geht der Absatz der Mannheimer deutlich zurück, 1903 /04 machte die Firma hohe Verluste. Zu lange hatte es die Benz & Cie versäumt, auf den sich wandelnden Automarkt zu reagieren, und dabei technisch nicht marktreife Konstruktionen angeboten, die zu Reklamationen führten. Die schlechte Geschäftslage führte rasch zu Auseinandersetzungen um die künftige Modell- und Firmenpolitik, die sich in den Unterlagen und vertraulichen Protokollen des Aufsichtsrats widerspiegeln.

Am 21. April 1903 verließ Carl Benz verärgert den Vorstand von Benz & Cie und zog sich nach Ladenburg zurück. Jedoch nahm er ab 1904 als Aufsichtsrat auch wieder am Geschehen bei Benz & Cie in Mannheim teil, wobei sich u. a. ein Schreiben von ihm in den Unterlagen findet, das ein bezeichnendes Licht auf die Konkurrenz zu Daimler wirft. Benz berichtete Rose am 21. August 1904, dass der Dresdner Verkaufsvertreter zu Daimler gewechselt sei, der schon früher einmal hinter unserm Rücken ein anderes Fabrikat verkaufte. Und der Vater des Automobils führte weiter aus: Und sehe ich die Sache nicht so schlimm an. Nachtheiliger für uns sind die immer noch zur Reparatur kommenden Wagen, die die laufende Fabrikation wieder aufhalten. Erst wenn wir mit den Untergestellen der bereits gelieferten Wagen ganz in Ordnung sind, können wir wieder ans Verdienen denken. Zusammen mit seinen Söhnen gründete Carl Benz 1906 eine neue Automobilfirma unter der Bezeichnung ,,C. Benz Söhne, Ladenburg", die 1912 in den Alleinbesitz seiner Söhne Eugen und Richard überging.

Die übergebenen Unterlagen geben somit tiefe Einblicke in einen ausgesprochen spannenden Teil einer bedeutenden Mannheimer Firmengeschichte. Besonders die Person des 1849 geborenen, aus Pommern stammenden Max Rose verdient größere Aufmerksamkeit. Diese jüdische Unternehmerpersönlichkeit scheint auch in der Krise stets versucht zu haben, die Benz & Cie zu erhalten, und war Carl Benz wohl zeit seines Lebens freundschaftlich verbunden. Nachfahren aus seiner Familie wurden später Opfer der NS-Verfolgung. Frau Eicher, die aus der Familie Eßlinger stammt, übergab unter anderem ein Bilanzbuch der eigenen Firma von Max Rose. Dieser trat auch Friedrich Wilhelm Eßlinger bei. Schließlich übergab Frau Eicher noch weitere persönliche Papiere aus der Familie Eßlinger. Die Unterlagen werden als Nachlass Eßlinger-Rose im Stadtarchiv näher erschlossen und geben interessante Einblicke in die Stadt- und Wirtschaftsgeschichte Mannheims am Beginn des 20. Jahrhunderts. 

Kontakt:
Stadtarchiv Mannheim – Institut für Stadtgeschichte
Dr. Ulrich Nieß
Collini-Center
68161 Mannheim
Tel.: 0621 / 293 – 7027
Fax: 0621 / 293 – 7476
ulrich.niess@mannheim.de

Quelle: Pressemitteilung Stadtarchiv Mannheim – ISG, 28.6.2007; Pressemeldung Stadt Mannheim, 29.6.2007

Falscher Magister wird nicht Stadtarchivleiter von Hamm

Der vor wenigen Tagen als neuer Leiter des Stadtarchivs Hamm vorgestellte Fröndenberger CDU-Politiker und Bezirksvorsitzende der Jungen Union Ruhrgebiet, Dirk Sodenkamp, wird die Stelle nicht antreten. Wie der Westfälische Anzeiger am 29.6.2007 berichtete, räumte Sodenkamp ein, ein angebliches Magister-Examenszeugnis gefälscht zu haben, um an die Stelle zu gelangen. Der 31-Jährige hatte in Hamm die beglaubigte Kopie einer Magisterurkunde der Westfälischen Wilhelms-Universität vorgelegt und wurde dann – aufgrund der Befristung der Stelle auf zwei Jahre – ohne Beteiligung der politischen Gremien zum Archivar gewählt. Daraufhin musste sich CDU-Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann den Vorwurf der Vetternwirtschaft gefallen lassen.

Hatte Sodenkamp die Leitung des Stadtarchivs zunächst nicht mehr übernehmen wollen, weil \“das politische Etikett, das der Diskussion aufgedrückt wird\“, der Stelle nicht dienlich sei, so ergaben schließlich Nachforschungen bei der Uni Münster, dass ihm der Studienabschluss fehlte. Dabei hatte der 31-Jährige sogar angegeben, gerade mit seiner Promotion begonnen zu haben und sogar das Thema benannt: \“Polen-Politik des deutschen Kaiserreiches\“. Die in Frage kommenden Professoren des Historischen Seminars der Uni Münster haben aber weder dieses Thema vergeben noch Sodenkamp unter ihren Promotionskandidaten geführt.

Um die Nachfolge der früheren Stadtarchivarin Dr. Elke Hilscher hatten sich bis Mitte April laut Oberbürgermeister Hunsteger-Petermann \“64 hoch qualifizierte Bewerber\“ bemüht. Entsprechend der Ausschreibung ist die Position mit der Entgeltgruppe 13 des Tarifsvertrages für den öffentlichen Dienst vergütet (2817 Euro im ersten Berufsjahr). Ab dieser Gehaltsstufe wird allerdings eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulausbildung vorausgesetzt.

Während einer Sonderratssitzung am 10.7.2007 beantragte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Neufassung der Hauptsatzung in Personalangelegenheiten; die Sozialdemokraten forderten die Neuausschreibung der Leitungsstelle im Stadtarchiv Hamm. Durch seinen Verfahrensvorschlag, die Stadtarchivleitung bis zum Jahresende 2007 kommissarisch zu besetzen und die Leitung mit der Aufgabe einer Neukonzeption zu beauftragen, kam Oberbürgermeister Hunsteger-Petermann der SPD entgegen, die ihren Antrag daraufhin zurückstellte. Der Kulturausschuss soll über die Neukonzeption des Stadtarchivs beraten, um dessen "Kellerdasein" zu beenden und um das Archiv für die Bürger zugänglicher zu machen.

Quelle: Westfälischer Anzeiger, 20.6.2007, 27.6.2007, 29.6.2007, Hamm-Online-News, 12.7.2007

Fernsehexperiment 1968

Am 15. Februar 1968 wurde in der ARD die knapp einstündige Sendung "Die Grenzen der Vernunft" ausgestrahlt. Abschließender Bestandteil dieser von dem Regisseur André Libik produzierten Sendung über paranormale Phänomene war „das erste ‚telepathische Live-Experiment’ am Bildschirm“. Der Versuch wurde von den Wissenschaftlern des Freiburger Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene (IGPP) vor- und nachbereitet. Ausgesuchte Sender-Personen übermittelten den Zuschauer/innen während dieses Fernsehexperiments ‚telepathisch’ verschiedene Bilder (Gegenstände, Tiere). Das Fernsehpublikum sollte seine individuellen Eindrücke aufzeichnen und die Ergebnisse dann an die Sendeanstalt (Sender Freies Berlin) zurückschicken. 

Nach Ausstrahlung der Sendung trafen tatsächlich rund 22.000 – teilweise reichlich amüsante – Zuschriften ein, von denen 1.000 wissenschaftlich ausgewertet wurden. Das öffentliche ASW-Experiment stellt einen frühen Versuch dar, konkrete parapsychologische Forschungsmethoden im Medium Fernsehen zu präsentieren und wurde demzufolge relativ spektakulär angekündigt. Allerdings war man seitens der beteiligten Parapsychologen keinesfalls mit der offensichtlich durch den SFB vorgegebenen Versuchsanordnung und Durchführung des Experiments zufrieden. Das Ganze wurde deshalb im Nachhinein als methodische Sackgasse beurteilt, was u.a. dazu führte, dass aus der aufwändigen Auswertung keine Publikation o.ä. resultierte. 

\"IGPP-Archiv,

Abb.: Selbst gemalte Karikatur eines Zuschauers (19.2.1968), IGPP-Archiv, E/22/210

Von der Gesamtsendung "Die Grenzen der Vernunft" blieben somit später nur die anderen Parts in Erinnerung. Das Fernsehexperiment von 1968 bzw. sein zwangsläufiges Scheitern kann man als frühen Beleg für das ambivalente, zwischen gegenseitiger Anziehung und Ablehnung pendelnde Verhältnis von Parapsychologie und den populären Massenmedien betrachten.

Objekte im IGPP zum Thema:

1. Presseankündigung in der BILD-Zeitung vom 13.2.1968
IGPP-Archiv, E/22-213

2a. Zuschriften in Postkartenform
2b. Zuschrift: selbst gemalte Karikatur eines Zuschauers (19.2.1968) 
IGPP-Archiv, E/22/210

3. „Vorläufiges Endergebnis der Auszählung von ca. 22000 Einsendungen zum Fernsehexperiment“ 
IGPP-Archiv, E/22/209

4. Film-Manuskript „Die Grenzen der Vernunft“ (1968)
IGPP-Archiv, E/22/203

Kontakt:
Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e.V.
Wilhelmstraße 3a
79098 Freiburg i.Br.
Telefon: +49-(0)761-2072110 
igpp@igpp.de
www.igpp.de

Quelle: Uwe Schellinger (IGPP), Schaufenster ins Archiv, Nr. 07-07, 1.7.2007