Seit 1977 finden alle zehn Jahre in Münster die Skulptur Projekte statt. Nach fast dreijähriger Vorbereitungszeit eröffnete am 16. Juni 2007 die Ausstellung zum vierten Mal und zeigt über 105 Tage, bis zum 30. September 2007, Positionen von 36 Künstlern, die sich intensiv mit der Stadt auseinandergesetzt haben. Der Rhythmus von zehn Jahren wurde bewusst gewählt, um durch diesen langen Zeitraum zwischen den einzelnen Ausstellungen die jeweils aktuellen Strömungen in der Kunst sichtbar zu machen. Für die Ausstellung bedeutet das aber auch, dass sich der Name Skulptur Projekte immer wieder neu verankern muss. Die Kunstproduktion geschieht unmittelbar vor Ort, setzt sich also mit der städtischen Gemengelage auseinander und bezieht den \“Bürger\“ aktiv mit ein. Mit dieser kritischen Fragestellung hat sich das Projekt seit 1977 in der Liga der großen internationalen Ausstellungen fest verortet. Unter den vielen Projekten, die sich inzwischen mit \“Kunst im öffentlichen Raum\“ beschäftigen, gilt Münster damit nicht nur als Pionier, sondern als die einzige Plattform, auf der seit 30 Jahren konstant das Thema aufgegriffen und zeitgemäß bearbeitet wird.
Münster ist nach der dreißigjährigen Geschichte von Skulptur Projekte nicht mehr nur eine typische mittelgroße deutsche Stadt, in der sich Lokales und Universelles beispielhaft verbinden. Vielmehr birgt die Stadt inzwischen auch eine historische Perspektive auf die Ausstellung. 39 Werke, die im städtischen Raum einen dauerhaften Ort gefunden haben, sind Zeugen der vergangenen Skulptur Projekte. Die Stadt Münster ist ohne Kunst nicht mehr zu denken. Auch für skulptur projekte münster 07 waren die eingeladenen Künstler wieder aufgefordert, sich mit der Stadt und ihren Gegebenheiten auseinander zu setzen. Die intensive Durchdringung des Ortes und seiner spezifischen Bedingungen ist der Grund für die außergewöhnlich hohe Qualität und überraschende Einzigartigkeit der hier entstehenden Arbeiten. Ausgehend vom Domplatz verteilen sich die Projekte vor allem auf den Kern der Stadt innerhalb des Promenadenrings. Einige Projekte werden diesen Rahmen verlassen und an anderen Orten des Stadtgebietes angesiedelt sein, zum Beispiel am Aasee und an den naturwissenschaftlichen Instituten der Universität. Erstmals wurden auch die Medien Film und Video stärker mit einbezogen, performative Arbeiten spielen eine wichtige Rolle und das Internet als erweiterte öffentliche Plattform transportiert künstlerische Ideen über den städtischen Kontext hinaus.
Erstmals begleitet eine Archiv-Ausstellung – 77/87/97/07 archiv – im Lichthof des LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, kuratiert von Dr. Brigitte Franzen, der Kuratorin für Gegenwartskunst am LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, die Skulptur Projekte und beleuchtet ihre Vergangenheit. Hier erwartet den Besucher eine umfangreiche Dokumentation der wechselhaften Geschichte der Ausstellung. Anhand von Original-Skizzen, Briefwechseln, Filmsequenzen und Modellen aus dem inzwischen umfangreichen Archivbestand wird die Entwicklung der Ausstellung nachgezeichnet. Das Skulptur-Projekte-Archiv, das die Arbeiten von mehr als 175 Künstlern beherbergt, die sich seit 1977 am Projekt beteiligt haben, öffnet in einer ersten Sichtung erstmals für die Öffentlichkeit. So werden nicht nur Modelle für realisierte Projekte wie etwa das von Claes Oldenburgs Poolballs (1977) und von Richard Tuttles Arbeit Ohne Titel (1987) gezeigt, sondern auch Modelle nicht beziehungsweise anders realisierter Projekte. Die Entwürfe und Briefwechsel erhellen Kontexte und Hintergründe der künstlerischen Aneignung und Auseinandersetzung mit öffentlichen und visuellen Kulturen und der Frage nach der skulpturalen Form. Ausgewählte Zeitungsartikel dokumentieren darüber hinaus die lebhaften, kontrovers geführten Diskussionen, die alle Auflagen von Skulptur Projekte in der Öffentlichkeit ausgelöst haben. Gezeigt werden aber auch Modelle und Zeichnungen zu den aktuellen Projekten, wie z.B. das Gipsmodell der Eiben-Hecke am Aasee von Rosemarie Trockel und das Modell für die Käseglocke über den Handwerkerbrunnen auf dem Harsewinkelplatz.
Die umfangreiche Sammlung hat einen herausragenden kunstwissenschaftlichen Wert. Sie dokumentiert den künstlerischen Umgang mit den Untersuchungsgegenständen „Stadtraum“, „Kunst im öffentlichen Raum“, „Skulptur im Außenraum“. In einem vielfältigen Begleitprogramm werden außerdem verschiedene Perspektiven auf das Thema eröffnet. Filmvorführungen, Diskussionsrunden, Vorträge und Künstlergespräche beleuchten unterschiedliche Aspekte von Öffentlichkeit, Urbanität und städtischem Raum. Ein breit gefächertes Vermittlungsprogramm bietet Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen viele Möglichkeiten, sich aktiv in die Diskussion mit einzubringen und Öffentlichkeit zu gestalten. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der neben einer ausführlichen Darstellung aller künstlerischen Projekte auch einen umfangreichen Theorieteil enthält. 134 Begriffe zum Untersuchungsgegenstand werden von 74 renommierten Autoren vorgestellt. Ergänzt wird der Katalog durch einen Kurzführer. Außerdem liefert das Kinderbuch \“Was ist ein skulptur projekte? Fünf Touren für Kinder\“ spannende, lustige und unerwartete Informationen zu allen Kunstwerken, die farbig illustriert sind. Die erste Publikation zur Ausstellung, Vorspann, ist bereits im März in Kooperation mit der Kunstakademie Münster erschienen und enthält Gespräche mit beteiligten Künstlern sowie eine Podiumsdiskussion mit den Kuratoren der Ausstellung. Träger der Ausstellung sind der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und die Stadt Münster. Förderer und Hauptsponsoren sind das Land Nordrhein-Westfalen, die Kulturstiftung des Bundes, die Kunststiftung NRW, die Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung und die Sparkasse Münsterland Ost.
Kontakt:
Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster
Domplatz 10
48143 Münster
Tel.: 0251 / 5907 – 01
Fax: 0251 / 5907 – 210
landesmuseum@lwl.org
Quelle: Pressemitteilung Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, 22.3.2007; Pressemitteilung LWL, 16.6.2007; Gerhard Kock, Westfälische Nachrichten, 21.7.2007