Kolloquium zum 500. Jubiläum des Leipziger Stapelprivilegs

Die Leipziger Messe feiert in diesem Jahr gleich zwei Jubiläen: Vor 500 Jahren besiegelte Kaiser Maximilian I. in Konstanz das zweite Reichsmesseprivileg. Die am 23. Juni 1507 unterzeichnete Pergamenturkunde garantierte der Leipziger Messe die Alleinherrschaft im Umkreis von 15 Meilen, die Messe etablierte sich damals als bedeutendster Handelsplatz in Europa. Das zweite Jubiläum ist die Geburt des Doppel-M vor 90 Jahren: Im Spätsommer 1917 hatte das einzigartige Logo der Leipziger Messe Premiere – und ist bis heute Symbol für fast ein Jahrtausend Messegeschichte. Über die bewegte Vergangenheit der Leipziger Messen und ihre Perspektiven im medialen Zeitalter diskutieren Politiker, Historiker und Messemanagement auf dem Kolloquium „500 Jahre Verleihung des zweiten großen Messeprivilegs durch Maximilian I.“, zu dem die Leipziger Messe GmbH und das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig mit Unterstützung des Stadtarchivs Leipzig für den 22. Juni 2007 einladen. Die Veranstaltung findet von 14.00 bis 18.00 Uhr im Festsaal des Alten Rathauses statt. Das Stadtgeschichtliche Museum präsentiert zum Jubiläum in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv und dem Unternehmensarchiv der Leipziger Messe GmbH eine Sonderschau zur Messegeschichte, unter anderem mit den originalen Messeprivilegien von 1497 und 1507. 

Am 23. Juni 1507 unterzeichnete Kaiser Maximilian I. in Konstanz am Bodensee das zweite Reichsmesseprivileg und bescheinigte Leipzig damit eine Sonderstellung. Die Urkunde mit dem roten Siegel an schwarz-gelben Seidenschnüren war für die Zukunft der Stadt von außerordentlicher Bedeutung: Das Schriftstück fixierte endgültig die Dominanz Leipzigs als einziges Handelszentrum Mitteldeutschlands. Die Stadt war damals schon als „Tor zum Osten“ der wichtigste Handelsplatz zwischen Ost- und Westeuropa. Das Stück Pergamentpapier war für die Leipziger Messe Gold wert: Mit dem in dem Stapelprivileg festgeschriebenen Verbot, im Umkreis von 15 Meilen (etwa 125 Kilometern) Messen oder Jahrmärkte zu errichten, konnte sie Konkurrenten wie Erfurt endgültig aus dem Feld schlagen. Außerdem bestimmte der Kaiser mit seiner Unterschrift, dass alle Reichsstraßen für Warenzüge nach Leipzig offen blieben. Warenlager durften nur in Leipzig unterhalten, Zwischenlager anderswo mussten aufgelöst werden. Selbst das Umfahren Leipzigs war untersagt: Die Händler mussten vorgeschriebene „Geleitsstraßen“ befahren – die Routen führten natürlich immer nach Leipzig hinein. Jeder Auswärtige musste in der Stadt seine Waren wiegen lassen, verzollen und für mindestens drei Tage zum Verkauf anbieten. Das Sperren von Straßen oder Beschlagnahmen von Handelsgütern wurde als Landfriedensbruch gebrandmarkt, Verstöße mit Reichsacht belegt. Bei Verletzungen des 15-Meilen-Privilegs drohte eine Geldbuße von 50 Mark „lötigen Goldes“ – das entspricht fast zwölf Kilogramm Gold! Außerdem bezeichnete das Schreiben die Leipziger Jahrmärkte erstmals als „Messen“.

Es war bereits das zweite Mal, dass sich der Leipziger Rat um ein Messeprivileg bemühte, denn schon im Juli 1497 hatte Kaiser Maximilian I. Leipzig auf dem Reichstag zu Worms zur Reichsmesse erhoben. Die kaiserliche Unterschrift unter das erste Reichsmesseprivileg kostete den Leipziger Rat damals 178 Gulden. Bereits dieses Schriftstück hatte neue Jahrmärkte in den Bistümern Magdeburg, Halberstadt, Meißen, Merseburg und Naumburg verboten. Doch Streit um sich etablierende Märkte in Erfurt ließ die Leipziger Ratsherren erneut aktiv werden. Die kaiserlichen Privilegien schafften die Rechtsgrundlage für die Leipziger Märkte – und bestätigten Leipzigs Entwicklung zum wichtigsten Warenumschlagplatz Europas. Die Messe bestimmte den Rhythmus der Stadt über Jahrhunderte hinweg und prägt ihr Bild bis heute. Die Leipziger Messe sei die einzige Messe der Welt, die sich eine eigene Stadt halte – so eine Redensart. Denn Leipzig ist um einen Marktplatz herum gewachsen. Hier kreuzten sich im 11. Jahrhundert die wichtigsten Handelsstraßen Europas – die von Bergen nach Rom führende Reichsstraße Via Imperii mit der von Paris nach Nowgorod laufenden Königsstraße Via Regia. Ein reger Handel zwischen den weit gereisten Kaufleuten ließ das kleine Dorf slawischen Ursprungs wachsen – zum Schutz der Märkte entstand die 1015 erstmals erwähnte Burg Libzi. Um 1160 erhielt die Siedlung das Stadtrecht – und der Handel machte sie reicher und größer. Der Leipziger Markt hat heute noch die Originalmaße seines historischen Urahns. Das Stadtbild jedoch wurde durch die Messe und die Handelshöfe bestimmt. Es wandelte sich vor allem im 19. und 20. Jahrhundert: 1896 eröffnete das Städtische Kaufhaus als erster „Meß-Palast“ der Welt, zahlreiche weitere Messepaläste folgten.

Doch dem schnellen Rhythmus des Industriezeitalters war der Handel des alten Stils nicht mehr gewachsen. Dem Takt der Massenproduktion konnte er nicht Schritt halten. Deshalb läutete Leipzig Ende des 19. Jahrhunderts eine Revolution im Messewesen ein. Die Messe wandelte sich vom Jahrmarkt zu Musterschau und Orderplatz – effektiver und ökonomischer als der aufwändige Warenhandel vor Ort. „Mustermesse“ hieß das neue Konzept. Die Bekanntmachung dazu wurde am 2. Juni 1894 von Oberbürgermeister Otto Georgi unterschrieben. Die Frühjahrsmesse 1895 gilt als „Geburtstermin“ der Messe neuen Typs. Andere Messen folgten später dem Leipziger Vorbild: 1915 veranstaltete London seine erste Mustermesse, 1916 Lyon, Frankfurt am Main, Lausanne und Bordeaux. Doch Leipzig setzte sich trotz der Wirren des Ersten Weltkrieges als unangefochtene „Mutter aller Messen“ und Weltleitmesse durch. Immerhin liefen bis zu einem Sechstel aller deutschen Exporte in den 20-er Jahren über Leipzig. Eng verbunden mit dem erneuten Erfolg der Leipziger Messe und dem Mustermesse-Konzept ist das Doppel-M, 1917 im Auftrag des neu gegründeten „Meßamts für die Mustermessen“ vom Leipziger Künstler Erich Gruner entworfen. Das wohl bekannteste Logo der deutschen Messewirtschaft feiert in diesem Jahr seinen 90. Geburtstag. Premiere hatte es zur Herbstmesse vom 26. August bis 1. September 1917. Heute steht das Doppel-M nicht mehr für Universalmessen, sondern wandelte sich zur Dachmarke für zahlreiche Fach- und Publikumsmessen.

Kontakt:
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Torgauer Str. 74
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stadtarchiv@leipzig.de

Stadtgeschichtliches Museum Leipzig
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04109 Leipzig
Tel.: 0341 / 9 65 13 38
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stadtmuseum@leipzig.de

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Fax: 0341 / 678 81 82
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Quelle: Pressemitteilung Leipziger Messe, 19.6.2007; Leipziger Internet Zeitung, 21.6.2007

 

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