Depositum Wachtendonk auf CD-ROM gespeichert

Das Depositum Wachtendonk (Kreis Kleve), das seit 1896 im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf. lagert, wurde in zweijähriger Tätigkeit von Heinz-Hermann Laughs auf CD-ROM gespeichert. Von den in 40 Aktenordnern gesammelten 8.800 Seiten hat er inzwischen 8.000 Seiten erfolgreich eingescannt. Da viele Seiten der bis zu 500 Jahre alten Unterlagen im Laufe der Jahre verschmutzt und teilweise auch zerfleddert waren, musste er sie erst sorgfältig reinigen, bevor er sie abspeichern konnte. Die restlichen 800 Seiten waren in der schwarz-weißen Scannung nicht zu erkennen, weshalb er sie probeweise in Farbe scannte. Das Problem lag jedoch darin, dass sie in dieser Form nicht auf die eine CD gepasst hätten, sondern zwanzig davon nötig gewesen wären. Aus diesem Grunde will Heinz-Hermann Laughs diese Seiten nach gründlicher Säuberung extra abspeichern, damit sie für gezielte Nachforschungen über die Wachtendonker Geschichte – die es bisher kaum gab – ebenfalls zur Verfügung stehen. 

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Quelle: Michael Klatt, RP-Online, 9.5.2007

Aufarbeitung der nationalsozialistischen Jahre in Burscheid

Die drei ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Stadtarchivs Burscheid, Barbara Sarx, Sabine Wurmbach und Anne Marie Frese sowie der Vorsitzende des Bergischen Geschichtsvereins, Abteilung Burscheid, Rolf Engelhardt, sind dabei, die Jahre von 1933 bis 1945 in Burscheid aufzuarbeiten. Ein großes Problem für die Nachforschungen besteht jedoch darin, dass sämtliche Dokumente und Ratsprotokolle sowie alle entsprechenden Tageszeitungen von 1933 bis 1945 nicht mehr im Stadtarchiv Burscheid vorhanden sind. Die entsprechenden Seiten wurden einfach aus den Akten herausgerissen. Aus diesem Grunde ist das Forscherteam bei seiner Aufarbeitung dringend auf die Mithilfe Burscheider Familien angewiesen, die vielleicht noch wichtige Unterlagen besitzen oder mündlich etwas zur Aufklärung der nationalsozialistischen Jahre beitragen können. Des Weiteren ist geplant, alle Stadtarchive von Solingen bis Leverkusen nach Unterlagen zu durchforsten. Trotz der vorhandenen Schwierigkeiten ist es Rolf Engelhardt allerdings schon gelungen, wichtige Informationen über den damaligen Bürgermeister Werner Hallauer zusammenzutragen, der auch nach Kriegsende – eingesetzt von den Alliierten – weiter seines Amtes waltete. Weitere umstrittene Persönlichkeiten sind der evangelische Pastor Berg, der als Mitbegründer der NSDAP in Burscheid gilt sowie der damalige Ortsgruppenleiter Bringschulte. Außerdem soll die Rolle der Burscheider Industrie während der Zeit des Nationalsozialismus näher beleuchtet werden.

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Quelle: Timm Gatter, Rhein-Berg Online, 9.5.2007

Tagungsbericht »1968« – Was bleibt von einer Generation

Überlieferung und Überlieferungsbildung einer nicht alltäglichen Zeit. Am 27. Februar 2007 in Stuttgart veranstaltet vom Landesarchiv Baden-Württemberg.

„Geschichtsbilder“ sind nicht erst seit dem letztjährigen Historikertag in aller Munde. Dabei sind es nicht nur Bilder, durch die historische Prozesse der Nachwelt überliefert werden. Sie sind nur ein Ausschnitt aus der Welt der Quellen, die in Archiven aller Orten bereit gehalten wird, um eine Rekonstruktion und Interpretation des Vergangenen zu ermöglichen. Seitdem in der Archivwelt der letzten Jahre die Nutzung von Archivgut als finale Legitimation des eigenen Tuns verstärkt diskutiert wird, steht auch die Auswahl des „Archivwürdigen“ im Blickfeld. Wenn Quellen in Archiven dazu dienen sollen, eine demokratische Kontrolle politischer Entscheidungen und gesellschaftlicher Prozesse im Nachhinein zu ermöglichen und gleichzeitig Material zur Identitätsstiftung bereitgehalten werden soll, muss auch die Auswahl des Materials, das in die Archive gelangt, ein Ergebnis einer Diskussion sein, die sich nicht nur auf Archivzirkel beschränkt. Die Offenlegung von Auswahl- und Vernichtungskriterien von Material durch Archivare gehört ebenso dazu wie in einem zweiten Schritt die Partizipation derjenigen, die die Quellen nutzen wollen.1

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Denn „Überlieferungsbildung“ ist nur ein vermeintliches Randthema – es ist ein gravierender Vorgang mit erheblichen Auswirkungen: Was nicht als Überlieferung gesichert ist, kann nicht in den geschichtswissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs eingebracht werden. Der folgenreiche Prozess der Auswahl von „archivwürdigem“ Material und der damit einhergehenden Vernichtung von „nicht archivwürdigem“ – eben der Vorgang der „Überlieferungsbildung“ – ist vielen Historikern kaum bewusst und zeigt, wie sehr die Rolle der Archive auch in der Fachwelt noch unterschätzt wird.

Daher war das Ziel des Kolloquiums eine verbesserte Kommunikation, mehr noch das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Dialogs zwischen der Forschung einerseits, die Quellen sucht und die vorliegende Materialen unhinterfragt nutzt, und den Archiven, die Unterlagen bisher nach ihren eigenen Kriterien auswählen. Es war die Fortsetzung einer Diskussion, die im AK Bewertung des Verbands deutscher Archivarinnen und Archivare 2001 aufgegriffen wurde und auf dem 46. Deutschen Historikertag in Konstanz auch erstmals in die historische Fachöffentlichkeit getragen wurde.2

Konkretisiert wurde dies am Thema „1968“, das durch die aktuelle Diskussion um die Begnadigung des Terroristen Christian Klar zusätzliche Aufmerksamkeit gewonnen hat. Dabei standen diesmal nicht die Ereignisse oder die Interpretation des „roten Jahrzehnts“ im Fokus des Interesses, sondern die Quellen und ihre Auswahl.

Prof. Dr. Thomas Etzemüller, Universität Oldenburg, stellte im Einführungsvortrag den Forschungsstand zu „1968“ vor: Früher seien die 50er Jahre als undifferenzierter Block provinziellen Miefs und politisch-moralischer Konformität beschrieben worden, auf den 1968 dann die plötzliche Befreiung von verkrusteten Normen durch die protestierenden Studenten gefolgt wäre; dieser politische Aufbruch sei 1970 schon unterdrückt und zerschlagen gewesen: „1968“ – ein singuläres Ereignis.

Inzwischen gerät in der Forschung zum ersten die Phase von den (späten) fünfziger Jahren bis weit in die siebziger Jahre als eine Einheit in den Blick. In diesen Jahren durchliefen die westlichen Gesellschaften die fundamentale Transformation zu einer modernen, liberal-demokratischen Konsumgesellschaft; ein Wandel mit „1968” als integralem Teil. Als exemplarische Belege für diese Sichtweise führte er die in den 50er Jahren aufbrechende Jugendkultur und die Veränderungen von Geschlechterrollen im Erwerbsleben.

Auswirkungen für Archivare bei der Überlieferungsbildung haben die von Etzemüller genannten Beobachtungen zur Komplexität der 68er-Bewegung: die inkonsequente Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, die Radikalisierung der Auseinandersetzungen ab 1964 mit entsprechenden Polizeieinsätzen und die für die Eskalation wesentlichen Wahrnehmungsprozesse der Handelnden – einerseits die Furcht vor einem Wiederaufleben des Faschismus und andererseits die Angst, die „fünfte Kolonne Moskaus“ könnte Erfolg haben. 

Ebenfalls schwierig quellenmäßig zu fassen ist der von Etzemüller konstatierte, parallel verlaufende Politisierungsprozess, bei dem auf ein spezifisches Vokabular und Denken zurückgegriffen wurde, das den wahrgenommenen Strukturwandel der Nachkriegszeit in Begriffe und Sinnzusammenhänge fasste und es erlaubte, gesellschaftsverändernde Handlungsvorgaben zu formulieren und zu begründen. 

Die Frage nach dem, was bleibt, ist selbstverständlich entscheidend durch das geprägt, was überhaupt an Unterlagen entsteht. So stellte zuerst Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger, Stuttgart, für die Aktenbildner die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaften dar, wobei er – eigene Erfahrungen als Ermittler in den RAF-Verfahren einbringend – den Bogen bis zum „Deutschen Herbst“ 1977 spannte. Das Ermittlungsinteresse bezog sich logischer Weise auf bekannte Straftaten. Aber auch unspektakuläre Unterstützungsaktionen zogen Aktivitäten staatlicher Organe nach sich. Dabei wird eine Grundproblematik der Überlieferungsbildung im Justizbereich offenbar: Nur zu strafwürdigem oder vermeintlich strafwürdigem, abweichenden Verhalten entstehen überhaupt Unterlagen. Allgemeine Mentalitäten und ihr Wandel lassen sich dadurch nur bedingt ermitteln. Selbstverständlich finden sich in den Justizunterlagen ganz bewusst Selbstzeugnisse von Angeklagten, sie sind aber nur für einen kleinen, begrenzten Teil der „1968er“ aussagekräftig. Die Einstellungen der Menschen, die statt auf den Terrorismus auf den „Marsch durch die Institutionen“ setzten, ist damit nicht nachvollziehbar.

Sehr wohl wird in den Akten aber die „Grundposition“ des Staates in jener Zeit, die Intentionen und Grundhaltungen seiner Vertreter erkennbar. Zudem ist spannend festzustellen, dass nebenbei noch Selbstzeugnisse und Dokumente der Täter zusammengetragen werden, durch die der Mythenbildung („Mord in Stammheim“) entgegengearbeitet wird. Insofern ist und bleibt die Justizüberlieferung wichtig für die Aufarbeitung einer Zeit, in der versucht wurde, Konflikte gerade über die juristische Ebene zu lösen.

Anschließend stellte Dr. Elke Koch (LA BW) die Chancen eines staatlichen Archivars dar, sich der Thematik „1968“ zu nähern. Der Versuch, Quellen zu ermitteln und in die Archive zu übernehmen, aus denen aussagekräftig die gesellschaftliche Entwicklung ablesbar wird, muss – das wurde schnell deutlich – über die Justizüberlieferung hinausreichen. 

Dabei können sich Archivare in einem ersten Schritt auf ihr übliches, bewährtes Bewertungsinstrumentarium verlassen. Durch reguläre Überlieferungsverfahren z.B. für Personalakten werden Unterlagen von „Aktivisten“ archiviert, die allerdings auch Unspektakuläres enthalten. Aufgrund von gesetzlichen Zuständigkeiten können in allen staatlichen Bereichen Unterlagen ermittelt werden – auch wenn manchmal Verluste sind zu vermelden sind. Neben den Universitäten – die als besonderer Bereich von Becker (s.u.) angesprochen wurden –, stellte Koch beispielhaft die Überlieferungen von Fachhochschulen vor. Konnte sie dabei doch gleichzeitig herausarbeiten, dass „1968“ gerade in der Provinz unzweifelhaft ebenfalls stattgefunden hat, aber eben auch eine differenzierte Entwicklung festzustellen ist. Aber nicht nur die Unterlagen zu konkreten Ereignissen, wie Demonstrationen etc. ermöglichen ein Fenster in die Geschichte einer Region, auch allgemeine Mentalitätsverschiebungen sind dokumentiert. Was ist z.B. in der Forstverwaltung die Einrichtung von Wanderparkplätzen anderes als die massenhafte Mobilisierung der Bevölkerung unter dem Schlagwort „zurück zur Natur“? Insofern kommt der staatlichen Überlieferung für die Dokumentation des gesellschaftlichen Wandels aufgrund ihrer Vielseitigkeit und Vielschichtigkeit ein besondere Bedeutung zu.

So breit sich die staatliche Überlieferung darstellt, so konzentriert ist die der Studentenbewegung selber. Dr. Thomas Becker, Universitätsarchivar in Bonn, fächerte vier Säulen der Überlieferung auf: Universitäten und andere Hochschulen haben in Deutschland traditionell eine zweigeteilte Verwaltung, den zentralen Verwaltungsapparat mit einem Kanzler an der Spitze der Kanzler und die akademische Selbstverwaltung mit Rektorat, Senat, Dekanen, Fakultätsräten und Institutsräten. Daneben agiert die studentische Selbstverwaltung mit ihren Gremien und Ausführungsorganen vom AStA bis zur Fachschaft. Neben diesen Elementen der universitären Verwaltung, muss bei einer Dokumentation von „Studentenbewegung“ das universitäre Leben mit politischen und konfessionellen Studierendengruppen, die kulturellen Vereine, Sportclubs und studentischen Korporationen mit berücksichtigt werden.

Daher wird in keinem Universitätsarchiv in Deutschland ein eigener Bestand „Studentenbewegung“ oder „1968“ zu finden sein. Vielmehr setzt sich die Tektonik aller Hochschularchive aus diesen vier Säulen zusammen. Gefragt sind also Verwaltungsakten, Akten der akademischen Selbstverwaltung, AStA- und Fachschaftsüberlieferung und private Sammlungen von studentischen Gruppen oder von Einzelpersonen. 

Die Dokumentationsdichte ist dabei von Hochschule zu Hochschule unterschiedlich, aber das ist eine Folge des jeweiligen records management und der lokalen Besonderheiten. Insbesondere die vierte Säule, das vielschichtige politisch-kulturelle Leben ist nur durch eine intensive Sammeltätigkeit der Nachwelt zu überliefern – die freilich an Grenzen bei denjenigen stößt, die nicht bereit sind Dokumente des „Kampfes gegen das Establishment“ nun einer Institution des Staates zu übereignen.

Diese Situation, dass viele Protagonisten der Studentenbewegung einerseits ihr Handeln sehr wohl dokumentieren wollten, andererseits aber ihre Einstellungen auch in der Art der Langzeitsicherung sichtbar machen wollten, war Ursache für die Entstehung von alternativen Archivierungskonzepten, den Bewegungsarchiven. Diese Archive sollten – so die Gründungsgedanke – Bestandteil der politischen Aktivitäten einer Region sein. Michael Koltan vom Archiv soziale Bewegungen, Freiburg konnte überzeugend darstellen, dass gerade die Verwurzelung und ständige Verankerung im Milieu eine, wenn nicht die wesentliche Voraussetzung für die Bereitschaft von potentiellen Nachlassgebern ist, ihre privaten Dokumente überhaupt sichern zu lassen. Diese Materialien werden in den Bewegungsarchiven aktiv akquiriert – subjektive Zeugnisse einer „radikal subjektivistischen Bewegung“. Neben klassischem Sammlungsgut wie z.B. Flugblättern und Plakaten, das gleichsam am Mensatisch erfasst wurde, werden „Ego-Dokumente“ wie Notizen, Briefe, und Fotomaterial gesucht. Erst in den letzten Jahren ist beispielsweise bewusst gewordene, dass in erheblichem Umfang privates Filmmaterial auf Super 8 in dieser Zeit entstanden ist.

In den Bewegungsarchiven ist die Zeit der Schuhkartons und provisorischen Regale längst vorbei; archivfachliche Standards lassen sich zunehmend umsetzen. Aufgrund ihres einzigartigen Materials, das allerdings v.a. bei Druckerzeugnissen an unterschiedlichen Stellen mehrfach überliefert sein kann, sind sie zunehmend als Projektpartner gefragt. Gleichwohl ist die Kontinuität dieser Archive gefährdet, weil sie vielfach fast ausschließlich auf Spendenmittel oder begrenzte Projektmittel angewiesen sind.

Dr. Wolfgang Kraushaar vom Hamburger Institut für Sozialforschung wandte sich den „Weißen Flecken“ der Überlieferung zur Studentenbewegung zu, die er im Kern für überschaubarer hält als allgemein angenommen wird. Dabei stellte er keine systematische Karte fehlender Quellen vor, sondern konnten anhand von Beispielen die Probleme herausarbeiten, wie an Primarquellen der 68er Bewegung zu gelangen ist.

Eine sachgerechte Archivierung bedarf einer genauen Kenntnis inhaltlicher, d.h. politischer Zusammenhänge, so dass aus Fragestellungen heraus die Suche nach bestimmten Materialien entwickelt und präzisiert werden kann. Allein mit einer formal systematischen Sammeltätigkeit oder unspezifischen Sammelwut sind die gewünschten Ergebnisse nicht zuzielen. Dass hier in vielen Fällen auch finanzielle Mittel nötig sind, weil die Eigentümer einen kommerziellen Wert der Unterlagen gelten machen, verschärft die Aufgabe insbesondere für die Bewegungsarchive, die in der Regel über einen sehr beschränkten und wenig verläßlichen Etat verfügen.
So sehr die staatlichen Einrichtungen den Vorteil der Unabhängigkeit, der Rechtsicherheit und der Überparteilichkeit bei der Archivierung haben, so sehr ist es nach den Erfahrungen Kraushaars für viele Protagonisten der Studentenbewegung unvorstellbar, ihre Unterlagen überhaupt abzugeben – und wenn nur an nichtstaatliche Einrichtungen.

Allerdings droht hier eine andere Gefahr: Wie er am Beispiel der Kommunarden Kunzelmann belegen konnte, ist der Dokumentar seiner eigenen Aktivistentätigkeit nicht unbedingt der ideale Archivar. Er kann und wird ggf. interessegeleitet verzeichnen und damit entsprechende Schneisen in die Überlieferung schlagen – oder Dokumente verstecken.

In der Diskussion wurde vor allem auf die Aspekte Zugänglichkeit, regionale Differenzierung und „Archivierung im Verbund“ eingegangen: 

Zugänglichkeit
Es wurde intensiv gestritten, inwieweit gleichmäßige öffentliche Zugänglichkeit von allen Archiven zu fordern wäre. Das Jedermann-Recht – für den Bürger bei öffentlichen Archiven selbstverständlich und gesetzlich geregelt – wird bei Bewegungsarchiven aufgrund ihrer besonderen Beziehung zu ihren Nachlassgebern problematisiert. Nicht jeder – v.a. nicht derjenigen mit „falschen“ Absichten – soll Einsicht in Unterlagen erhalten können. Schließlich könnten in den Beständen durchaus noch brisante Informationen enthalten sein, deren Bekanntmachung eventuell aktuelle Konsequenzen nach sich ziehen würden. So problematisch – und grundsätzlich inakzeptabel – eine nach Personengruppen differenzierte Einschränkung der Zugänglichkeit erscheint, wiesen doch auch Archivare aus dem „staatlichen Bereich“ darauf hin, dass ihnen viele Unterlagen aus dieser Zeit vorenthalten würden, eben weil sie jeden Benutzer unabhängig vom Erkenntnisinteresse gleich behandelten. Das Vertrauen, das die Bewegungsarchive hier genießen würden, habe für die Überlieferungssicherung eine zentrale Funktion. Ohnehin sei dies ein Problem der Zeiträume, meist seinen diese von den vorherigen Eigentümern der Dokumente erbeten Schutzräume befristet.

Regionale Differenzierung 
Zum Kolloquium war eingeladen worden mit der Anfrage an die Forschung, was an Unterlagen für die Bearbeitung der Fragestellungen zum Umbruch „1968“ benötigt wird und ob in den Archiven eigentlich das Wesentliche auch wirklich überliefert wird. Deutlich wurde, dass insbesondere für die Ereignisse und Entwicklungen in der „Provinz“ überraschend viel überwiegend noch nicht ausgewertetes Material zur Verfügung steht: seien es personenorientierte Unterlagen (z.B. Lehrerpersonalakten) oder Polizeiberichte. Unter dem Stichwort der „Lemgoisierung“ wurde eine Perspektive für Forschungslinien angerissen: den forschenden Blick über die Zentren in Berlin oder Frankfurt hinaus zu erweitern. Das Quellenmaterial ist dafür vorhanden.

„Archivierung im Verbund“ 
In der Schlussdebatte wurde mehrfach gefordert, die Überlieferungsbildung vernetzt anzugehen und diese Vernetzung transparent zu kommunizieren. Den Benutzern müsste leicht erkennbar sein, in welchem Archiv sich welche Überlieferung befinde. Da sich gerade im Sammlungsbereich deutliche Überschneidungen abzeichnen, sei vor allem hier eine Kooperation gefragt, bei der jeder Partner seine Stärken einbringen könnte. 

Gerade die „Frontstellung“ zwischen Bewegungsarchiven und staatlichen Archiven, die sich aus der Entstehungszeit und den Gründungsgedanken der Bewegungsarchive herleiten lässt, erscheint heute anachronistisch. Mit Blick auf die Forschung sollte eine Kooperation, eine „Archivierung im Verbund“ entstehen. 
Prof. Kretzschmar, Vorsitzender des Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. (VdA) wies darauf hin, dass sich noch in diesem Jahr eine Arbeitsgruppe konstituieren wird, um zu prüfen, ob und wie eine Annäherung von Bewegungsarchiven und etablierten Archiven sich auch organisatorisch im VdA verankern lässt.

Die ursprüngliche Intention der Veranstalter – die Forschung um Anregungen zur Überlieferungsbildung zu bitten – konnte nur teilweise erreicht werden, weil in vielen Fällen die Grundlagen für eine solche Diskussion fehlten. Erst einmal wurde offenkundig, dass im universitären Bereich das Wissen nur unzureichend verbreitet ist, in welchen Archiven und Dokumentationsstellen überhaupt welche Unterlagen erwartet werden können. Das Wissen um Strukturen und Zuständigkeiten von Archiven und Dokumentationsstellen muss zum Nutzen von Forschungsergebnissen intensiver in den fachwissenschaftlichen Diskurs eingebracht werden – ein derzeit zu beklagendes kommunikatives Desiderat. Es ist schon jetzt absehbar, dass bei den chronologisch folgenden Themen wie der Umwelt- und Friedensbewegung mit Blick auf die Archivierung ähnliche Fragestellungen zu erörtern sein werden.

Eine Publikation der Kolloquiumsbeiträge ist geplant.

Clemens Rehm, Stuttgart
April 2007

Anmerkungen:

1) Vgl. ROBERT KRETZSCHMAR, Archivische Bewertung und Öffentlichkeit. Ein Plädoyer für mehr Transparenz bei der Überlieferungsbildung. In: Konrad Krimm u. Herwig John (Hgg.), Archiv und Öffentlichkeit, Stuttgart 1997 (Werkhefte der staatlichen Archivverwaltung A 9), S.145-156; CLEMENS REHM, Kundenorientierung. Modewort oder Wesensmerkmal der Archive. Zu Transparenz und Partizipation bei der archivischen Überlieferungsbildung. In: Hans Schadek (Hg.), Zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Das Dienstleistungsunternehmen Archiv auf dem Prüfstand der Benutzerorientierung. Vorträge des 61. Archivtags am 26. Mai 2001 in Schaffhausen, Stuttgart 2002, S.17-27; HERMANN RUMSCHÖTTEL, „Das Kulturelle Gedächtnis und das Archiv“ oder „Das Archiv – ein wach zu küssendes Dornröschen?“ In: Thomas Dreier, Ellen Euler (Hgg.), Kulturelles Gedächtnis im 21. Jahrhundert. Tagungsband des internationalen Symposiums 23. April 2005, Karlsruhe 2005.

2) Vgl. www.uni-konstanz.de/historikertag im September 2007 (4.5.2007), Neuere Geschichte Sektion 10.

Automatisierte Rekonstruktion von Stasiakten

Selbst heute in Zeiten von E-Mail und Internet ist Papier ein wichtiger Geheimnisträger. Weitaus mehr galt das noch in der ehemaligen DDR. Deshalb sollten heikle Akten der Staatssicherheit in einer Nacht- und Nebelaktion im Herbst 1989 vernichtet werden. Das Ergebnis: In 16 250 Säcken lagern bis heute schätzungsweise 45 Millionen der damals zerrissenen Dokumente. Im Auftrag der Bundesbehörde für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR BStU soll das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK in Berlin nun dieses gigantische Puzzle zusammensetzen. In einem Pilotprojekt wird in den nächsten zwei Jahren der Inhalt aus 400 Säcken automatisiert rekonstruiert. 

Um die Geheimnisse des DDR-Regimes zu bewahren, wurden zwischen Herbst 1989 und Januar 1990 im ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit systematisch Akten vorvernichtet. Die Menge der Dokumente war so enorm, dass die Reißwölfe ausfielen. Ein großer Teil der Unterlagen musste per Hand zerrissen werden. Geschätzte 45 Millionen DIN-A4 Seiten wurden in je 8 bis 30 Teile zerlegt. Bisher gelang es nur einen geringen Teil dieser Dokumente zu rekonstruieren. Denn das manuelle Zusammensetzen ist sehr zeitintensiv. Um die etwa 600 Millionen Papierschnipsel von Hand zusammenzufügen, würden 30 Personen 600 bis 800 Jahre benötigen. Forscher des IPK können das weitaus schneller: Sie entwickelten ein computergestütztes Verfahren, um das Schnipselpuzzle zu automatisieren und somit eine zeitnahe Auswertung der Unterlagen zu ermöglichen. Bereits 2003 wurde die Machbarkeit dieses virtuellen Puzzelns demonstriert. Nun startet das Pilotprojekt für die rechnerbasierte Rekonstruktion. 

Bevor das virtuelle Puzzeln losgehen kann, müssen die Schnipsel beidseitig digitalisiert werden. Diesen Scanprozess übernimmt die zur Bertelsmann AG gehörende arvato direct services GmbH. Seit 2005 arbeiten arvato direct services und das IPK zusammen an der Digitalisierung von unterschiedlichen Dokumenten, insbesondere für Anwendungen im Behördenmarkt und in der Finanzbranche. Während dieser Kooperation, die vom Land Berlin gefördert wird, entstanden neuartige Scankonzepte, die nun bei der Digitalisierung der Schnipsel zum Einsatz kommen. »Das virtuelle Puzzeln folgt der Logik des manuellen Puzzelns«, erklärt Dr. Bertram Nickolay, Abteilungsleiter am IPK. Der Mensch verwendet für die Lösung dieses Geduldsspiels eine Vielzahl von Merkmalen, anhand derer er entscheidet, ob zwei Teile zueinander passen oder nicht – die Form der Teile oder welche Farbe oder Schrift auf den Puzzlestücken zu erkennen ist. Diese Vorauswahl macht das Suchen und Finden passender Puzzlestücke leichter. »Auch der virtuelle Puzzleprozess beginnt so«, sagt Nickolay. »Das System berechnet verschiedene beschreibende Merkmale wie Form oder Textur, um den Suchraum zu reduzieren. Innerhalb dieser kleineren Menge erfolgt die eigentliche Rekonstruktion.« Dafür werden Schnipsel entlang ihrer Konturen auf Übereinstimmungen hin verglichen. Sind passende Teile gefunden, werden sie zu einem größeren Dokument zusammengefasst. Dann beginnt der Vorgang von vorn. Schnipsel für Schnipsel entsteht so wieder Seite für Seite der Stasiakten. 

Die Forscher am IPK sind schon einen Schritt weiter mit der Entwicklung ihrer Technologie als 2003: Ihre Algorithmen können inzwischen nicht nur von Hand zerrissene Unterlagen, sondern auch geschredderte Papiere wieder zusammensetzen. Das ist besonders kompliziert, da bei maschinell zerkleinerten Dokumenten ein wesentliches Merkmal des Puzzelns – die Form – nicht zur Verfügung steht. Stattdessen müssen Buchstabenteile als Merkmale herangezogen werden. So konnte beispielsweise für eine Steuerfahndungsbehörde ein Sack mit geschredderten Dokumenten vollständig rekonstruiert werden. 

Kontakt:
Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK
Dr. Bertram Nickolay
Pascalstraße 8 – 9
10587 Berlin
Tel.: 0 30 / 39 006 – 201
Fax: 030 / 39 175 – 17

Quelle: Presseinformation Fraunhofer-Gesellschaft, 9.5.2007; Judith Regner, Wiener Zeitung Online, 10.5.2007

Darmstädter Hochschuljubiläen und Plakatkunst

Zwei Ausstellungen von Universitätsarchiv und Kartensammlung der ULB am Fest der offenen Türen (20. Mai 2007)

Am Internationalen Museumstag, der in Darmstadt vom Hessischen Landesmuseum und anderen Kultureinrichtungen als Fest der offenen Türen mit gemeinsamen Programm begangen wird, zeigen das Universitätsarchiv der TU Darmstadt und die Kartensammlung der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt im Haus der Geschichte (Karolinenplatz 3, 64289 Darmstadt) zwei Ausstellungen aus ihren Beständen.

Feste feiern – Darmstädter Hochschuljubiläen im Blick

Vor zehn Jahren wurde aus der TH die TU. Anlass für einen Rückblick auf die runden Geburtstage einer dynamischen Universität mit einer bewegten Geschichte.

Nach der Gründung der Höheren Gewerbeschule im Jahr 1836 wurden 1861 und 1886 die ersten Jubiläen im Geist der bürgerlichen Festkultur des 19. Jahrhunderts begangen. Reden und Festschriften künden vom Stolz auf die noch junge Bildungsanstalt, der 1877 als Technische Hochschule der Aufstieg in den Kreis der Universitäten gelang. Auch dieses Datum erlangte den Rang eines Gründungsjahres, so dass an der TH 1936 und 1977 binnen 50 Jahren zweimal eine Hundertjahrfeier stattfinden konnte.

1936 bot die Jubelfeier der nach den Prinzipien des Nationalsozialismus neu organisierten Hochschule eine willkommene Plattform der Selbstdarstellung. Die Festakte, die zum Teil gemeinsam mit dem Verein Deutscher Ingenieure veranstaltet wurden, waren geprägt von der politischen Kommunikation des Dritten Reiches. Aufmärsche, Uniformen, Flaggen und NS-Attribute wie die obligatorische Hitler-Büste bestimmten das offizielle Bild, während die Berichterstattung in der Presse eher den Blick zurück auf die Erfolgsgeschichte der TH zu lenken versuchte. 

Das Jubiläum im Oktober 1977 wurde überschattet von dem Geschehen um die RAF. In der medialen Öffentlichkeit hatten Studierende und Universitäten einen schweren Stand, zudem gerieten einzelne Professoren in die Kritik. Die lange vorbereiteten repräsentativen Veranstaltungen wurden dennoch mit großer internationaler Beteiligung durchgeführt, lediglich das gesellschaftliche Ereignis \“Hochschulfest\“ wurde auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Die Ausstellung zeigt Festzeitungen, Programme, Medaillen und andere Erinnerungsstücke, darunter ein Photoalbum mit seltenen Aufnahmen aus dem Jahr 1936.

Kunst, Kultur, Kommerz. Plakate in Darmstadt um 1920 aus den Beständen der ULB Kartensammlung

Selten ist Graphik so vielseitig einsetzbar wie in der Plakatkunst. Die unterschiedlichen Verwendungsmöglichkeiten dieser Kunst demonstriert eine Schau von 21 Plakaten aus der Kartensammlung der ULB Darmstadt aus dem ersten Viertel des 20. Jahrhunderts.

Den Auftakt macht die Eigenwerbung der Kunst: Die Plakate zu den Darmstädter Ausstellungen, darunter von Cissarz für die Künstlerkolonie 1904 und von Kleukens für Deutsche Kunst 1918, aber auch zu Expressionismus 1920 und zur Darmstädter Secession 1921 unterstreichen die künstlerische Botschaft der Graphiker. Die Brücke zum Kommerz schlägt eine zweite Gruppe von Exponaten. Beginnend mit einem Plakat der Werbekunst Ausstellung in Offenbach sind mehrere Beispiele der Produkt- und Messewerbung aus den goldenen Zwanzigern zu sehen. Ein weiterer Abschnitt der Präsentation ist den Plakaten der Darmstädter Vereine gewidmet. Hier findet sich u.a. ein Plakat Eschles für den Traditionsverein SV Darmstadt 98. Am Schluss stehen politische Plakate, die in der ihnen eigenen suggestiven Wirkung keinen Zweifel an ihrer Botschaft aufkommen lassen.

Ort: 
Karolinensaal im Haus der Geschichte, Karolinenplatz 3, 64289 Darmstadt
20. Mai 2007, 11 bis 18 Uhr

Kontakt:
Andreas Göller
Universitätsarchiv
Tel. 06151/16 31 29
goeller@ulb.tu-darmstadt.de

Gisela Immelt
Kartensammlung
Tel. 06151/16 58 62 
immeltg@ ulb.tu-darmstadt.de

Nachlass von Robert Kothe im Stadtarchiv Straubing

Robert Kothe (1869-1947) war Rechtsanwalt, Komponist, Dichter, Geigenspieler, Schauspieler, Sänger sowie Mitglied des Kabaretts "Die Elf Scharfrichter", das er 1901 in München mitbegründet hatte. Ab 1903 widmete er sich jedoch ganz dem Lautenspiel und der Erneuerung des deutschen Volksliedes, womit er in ganz Deutschland große Erfolge feierte. Nachdem im Jahre 2006 ein Robert-Kothe-Abend stattgefunden hatte, zeigt nun eine kleine Ausstellung im Stadtarchiv Straubing persönliche Unterlagen aus dem Nachlass des in Straubing geborenen Robert Kothe. Archivleiterin Dr. Dorit-Maria Krenn hatte im vergangenen Jahr Kontakt zu Kothes Tochter – Gundula Fuchsberger – aufgenommen. Diese hatte nicht nur die Forschungen über ihren Vater unterstützt, sondern dem Stadtarchiv unter anderem auch Liederhefte, handgeschriebene Gedichte und Texte sowie eine Sammlung von Rezensionen zu seinen Auftritten überlassen. Vor Ort überzeugte sich jetzt die Familie Fuchsberger von der sachgemäßen Unterbringung des Nachlasses sowie der angemessenen Präsentation.

Kontakt
Stadtarchiv Straubing
Dr. Dorit-Maria Krenn
Rentamtsberg 1
94315 Straubing
Tel.: 09421 / 9919 – 51
Fax: 09421 / 9919 – 55
stadtarchiv@straubing.de

Quelle: Bogener Zeitung, 10.5.2007

Tag der Frauenarchive

Am Freitag, 11. Mai 2007 feiern die knapp 30 Frauenarchive in Deutschland den "Tag der Frauenarchive". In Kooperation mit einer entsprechenden Einrichtung der Stadt Bochum ("ausZeiten") begeht das Frauenarchiv "leihse" der Ruhr-Universität Bochum den Tag mit einer Hommage an die am 11.5. geborene Lyrikerin Rose Ausländer (1901-1988). Aus ihren Werken liest Gitta Büchner. Ab 16 Uhr stellt sich das in dieser Form deutschlandweit einzigartige Frauenarchiv der RUB im Gebäude FNO öffentlich vor, auf dem Programm steht u. a. ein Film sowie ein Imbiss.

Link: http://www.rub.de/frauenarchiv

Kontakt:
FRAUENARCHIV leihse 
Leihbücherei und Archiv für Frauen
Ruhr-Universität Bochum
Forum Nordost (FNO)
Ebene 02 Raum 015
Postfach Nr. 2 im FNO
44780 Bochum
Telefon 0234 -32-22594

Ausstellung über den Architekten Bürkel in Mittweida

Nachdem im Jahr 2006 in einer feierlichen Veranstaltung in der "Bürkel-Halle" an der Johann-Gottlieb-Fichte-Schule der Stadt Mittweida (Sachsen) der Lehrer am Technikum und Architekt Johann Nepomuk Bürkel geehrt wurde, folgt nun eine Ausstellung von Skizzen und anderen Materialien aus dem Nachlass dieses verdienstvollen Mannes. Die Präsentation, die am 4. Mai 2007 eröffnet wurde, ist nur möglich geworden, weil der Enkel von Johann Nepomuk Bürkel, Peter Bürkel aus Winterthur, dem Archiv der Hochschule Mittweida in großzügiger Weise viele Stücke überlassen hat. Zur Eröffnung der Präsentation begrüßte Professor Dr.-Ing. Lothar Otto, Rektor der Hochschule Mittweida (FH) / University of Applied Sciences, die Gäste. Eine Einführung, die Professor Dr. rer. nat. Hansgeorg Hofmann vortrug, diente einem besseren Verständnis der Leistungen dieser Persönlichkeit. Im Rahmen der Eröffnung stellte Frau Dr. Marion Stascheit, Leiterin des Hochschularchivs Mittweida, auch das von der Arbeitsgruppe \“Hochschulgeschichte\“ erarbeitete Buch \“Johann Nepomuk Bürkel – Lehrer am Technikum – Architekt für Mittweida – Unternehmer in Winterthur\“ vor.

Johann Nepomuk Bürkel wurde am 16. Dezember 1864, als Sohn eines Baumeisters, in München geboren. Nach dem Besuch der Volksschule und einem Wintersemester an der Baugewerkeschule in München, begann er eine Lehre als Maurer und Bauzeichner, die er 1882 beendete. Im Jahre 1891 kam Bürkel auf Bitten des damaligen Direktors nach Mittweida, um am Technikum eine Tätigkeit als Lehrer für Bauwissenschaften aufzunehmen. Später wurde er neben seiner Lehrtätigkeit auch als Architekt aktiv. So übernahm er die Bauleitung für viele öffentliche Gebäude und Privathäuser in Mittweida. Bürkel fertigte die Baupläne für den Mittweidaer Wasserturm, der 1897 fertig gestellt wurde, und übernahm gleichzeitig auch die Bauleitung für dieses Projekt. Der Wasserturm, der zur Sicherung des Wasserdrucks dient, wurde nach erfolgter Renovierung zeitgleich mit der Ausstellung wiedereröffnet. 1897 entstand auch das Maschinenhaus des Wasserwerks, ebenfalls unter seiner Leitung. Durch seine Hilfe entstanden ebenso das Technische Institut des Technikums, benannt nach Alfred-Udo Holzt und die Fichte-Schule, deren Turnhalle 2006 den Namen \“Bürkel-Halle\“ erhielt. Auch die Pläne für den Zwischenflügel im Hauptgebäude des Technikums, dem heutigen Hauptgebäude Carl-Georg-Weizel-Bau, entstanden durch den Architekten. Die Ausstellung über Johann Nepomuk Bürkel, der das Stadtbild Mittweidas maßgeblich mitgestaltete, kann in der Hochschule Mittweida, Pfarrberg 1, noch bis zum 31. Oktober 2007 besucht werden.

Kontakt
Hochschule Mittweida (FH)/ University of Applied Sciences
Hochschularchiv Mittweida
Dr. Marion Stascheit 
Technikumplatz 17
09648 Mittweida 
Tel.: 0 3727 / 58 – 1427 
Fax: 0 3727 / 58 – 1323 
staschei@htwm.de 

Quelle: Ute Ahner, Pressemitteilung Hochschule Mittweida (FH)/ University of Applied Sciences, 7.5.2007; Anne-Katrin Engels, Aktuelles Medien Mittweida, 2.5.2007

Umfangreiche Restaurierungsmaßnahmen im Edith-Stein-Archiv

Das Edith-Stein-Archiv hat sich die Aufgabe gestellt, Leben und Werk Edith Steins in Wort und Bild zu dokumentieren. Die Bestände des privaten Archivs setzen sich aus Archivalien von Edith Stein und über sie zusammen. Für gewöhnlich ist es Außenstehenden nur auf Anfrage zugänglich. Jedoch bemüht sich die Gemeinschaft, wissenschaftliche Anfragen gewissenhaft zu beantworten. Der Grund für die Materialsammlung wurde von Teresia Margareta Drügemöller OCD, die mit Edith Stein im Noviziat des Klosters Karmel gelebt hat, bereits in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts gelegt, indem sie Dokumente, Fotos und Briefe sicherte. Die erste Biographie über Edith Stein wurde bald nach Ende des 2. Weltkrieges von der damaligen Priorin Teresia Renata Posselt OCD verfasst. Die Publikation, die es auf 16 Auflagen und viele Übersetzungen in fremde Sprachen brachte, verfolgte den Zweck, Licht in das Schicksal der seit Anfang August 1942 verschollenen Mitschwester zu bringen. Edith Stein, im Orden Teresia Benedicta a cruce, war im Niederländischen Kloster Echt einer Razzia zum Opfer gefallen, die den katholischen Juden und Jüdinnen galt – ein Racheakt gegenüber den Bischöfen, die am 26. Juli 1942 ein Protestschreiben gegenüber dem Regime der nationalsozialistischen Besatzer in allen Kirchen der Niederlande hatten verlesen lassen. Ordensfrauen hatten darauf hin die Handschriften Edith Steins einfach in zwei Säcke gepackt und auf der Flucht in einem Hühnerstall versteckt. Etwa zehn Jahre später, veranlasst durch den Verein katholischer Lehrerinnen und vieler anderer Freunde der Vermissten, wurde die Seligsprechung Edith Steins ins Auge gefasst. Seit Jahrhunderten war keine deutsche Frau mehr zur Ehre der Altäre erhoben worden; zumal fehlte im Heiligenkalender völlig eine im modernen Sinn berufstätige Frau. Edith Stein, am 1.1. 1922 zur katholischen Kirche konvertiert, hatte sich schon früh den Ruf einer gläubigen Philosophin, Rednerin, Schriftstellerin, Lehrerin und Dozentin erworben.1962 eröffnete Josef Kardinal Frings von Köln den Seligsprechungsprozess. Ca. 100 Zeugen, die Edith Stein persönlich gekannt hatten, wurden vernommen, während im s.g. Schriftenprozeß alles gesammelt wurde, was Edith Stein während ihres Lebens niedergeschrieben hatte: Briefe, philosophische, pädagogische und psychologische Studien, Übersetzungen, hagiographische Abhandlungen und spirituelle Texte. 

Die Handschriften der bedeutenden Philosophin und heiligen Europapatronin im Edith-Stein-Archiv des Kölner Klosters Karmel Maria vom Frieden, um die sich Schwester Maria Antonia Sondermann kümmert, umfassen 25.000 Folio und sind durch den starken Säuregehalt des Papiers und das Ausblassen der Tinten sehr stark bedroht. Um das bedeutende Kulturgut für Europa und für die Kirche zu erhalten, müssen umgehend alle Autographe digitalisiert werden. Erst dann kann mit umfangreichen Restaurierungsmaßnahmen begonnen werden. Nach Einschätzung von Professor Manfred Thaller von der Fachinformatik für Geisteswissenschaften der Universität Köln wird dieses Vorhaben mindestens drei bis vier Jahre dauern. Die notwendigen Restaurierungsmaßnahmen erfordern nach Maßgabe von Experten außerdem einen beträchtlichen Kostenumfang. Daher ist man zur Finanzierung des Projektes auf Sponsoren und Spenden angewiesen. Im Juli 2006 hat die Universität Köln in Zusammenarbeit mit dem Edith Stein Archiv mit der Digitalisierung des Handschriftenbestandes begonnen. Ziel ist es, den Handschriftenbestand von Edith Stein in einer Datenbank für wissenschaftliche Zwecke bereit zu stellen. 

Kontakt
Edith-Stein-Archiv
Karmel Maria vom Frieden
Vor den Siebenburgen 6
50676 Köln
Tel.: 0221 / 311637
Fax: 0221 / 3100295
edith-stein-archiv@karmelitinnen-koeln.de

Quelle: Kornelia Hanke, Kölnische Rundschau, 7.5.2007

Standards als gemeinsames Fundament der digitalen Langzeitarchivierung

Internationale Standardisierungsexperten trafen sich am 7. und 8. Mai 2007 in Göttingen. Beim METS Opening Day und METS Implementors Meeting wurde in den „Metadata Encoding and Transmission Standard“ (METS) eingeführt und seine Bedeutung für die Langzeitarchivierung erläutert. Die Veranstaltung wurde im Rahmen des Projekts "nestor – Kompetenznetzwerk Langzeitarchivierung" gemeinsam vom METS Editorial Board, der internationalen Digital Library Federation und der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (SUB) organisiert.

Eine der zentralen Aufgaben, um digitale Objekte langfristig verfügbar zu halten, ist die adäquate Beschreibung der Objekte. METS bietet eine allgemeine und flexible Struktur für Objektbeschreibungen, die im Bereich der Langzeitarchivierung genutzt werden. „Der Metadata Encoding and Transmission Standard ist ein vielfach genutzter Standard im Bereich der digitalen Langzeitarchivierung“, erläuterte Tobias Steinke von der Deutschen Nationalbibliothek. \“Standards wie METS sind die Voraussetzung dafür, dass im Umgang mit digitalen Objekten alle Beteiligten die gleiche Sprache sprechen. Aus diesem Grund engagiert sich nestor auch im Bereich Standards\“, führte Jens Ludwig, einer der Sprecher der nestor AG Standards, SUB Göttingen, aus.

Am ersten Tag führten Nancy Hoebelheinrich (Stanford University Libraries), Rick Beaubien (University of California) und Brian Tingle (California Digital Library) in die Grundlagen von METS und die Anpassung an individuelle Nutzungsszenarien an. Weitere Redner u.a. von der SUB Göttingen, vom Bundesarchiv, der British Library und von der Technischen Universität Lissabon präsentierten Möglichkeiten und Erfahrungen mit der Nutzung von METS.

Das METS Implementors Meeting am zweiten Tag bot stärker technisch Interessierten ein Forum, um sich über technische Umsetzungen und zukünftige Arbeiten auszutauschen. \“Die METS-Veranstaltung hat die Etablierung internationaler Standards und Kooperation deutlich gefördert\“ sagte Markus Enders, SUB Göttingen. \“nestor wird die Standardisierung auch in Gremien wie der ISO oder dem DIN vorantreiben, um eine höhere Verbindlichkeit im Bereich der Langzeitarchivierung zu erreichen.\“

Kontakt:
Dr. Heike Neuroth 
c/o Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen
Papendiek 14
37073 Göttingen
Tel.: +49 – 551 – 39 – 7700
neuroth@sub.uni-goettingen.de

Quelle: Pressemitteilung, nestor/common, 8.5.2007