In den neuen Räumen des Stadtarchivs Neuss wurde am 15. März 2007 die Ausstellung „Geschichte in Gesichtern“ eröffnet, zeitgleich zu den \“Jüdischen Kulturtagen", die 2007 unter dem Motto: neue töne – jüdisches (er)leben stehen. Sie sind ein gemeinsames Projekt der Städte Bonn, Düsseldorf und Köln (rhein land ag), der acht jüdischen Gemeinden des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und der Synagogen-Gemeinde Köln, der Städte Aachen, Bedburg-Hau, Duisburg, Essen, Krefeld, Leverkusen, Mönchengladbach, Neuss, Nettetal, Ratingen, Wuppertal sowie des Landschaftsverbandes Rheinland und des NRW KULTURsekretariats Wuppertal. In diesem Jahr werden mehr als 270 Veranstaltungen wie Konzerte, Lesungen, Vorträge, Filme oder Ausstellungen angeboten. Grundlage der Ausstellung im Stadtarchiv Neuss sind 25 000 Glasplatten, die vor knapp zwei Jahren an das Stadtarchiv übergeben wurden. Auf ihnen hat das Neusser Fotoatelier Kleu in den Jahren 1903 bis 1973 Neusser Bürger abgelichtet. Dieser lange unentdeckt gebliebene Schatz wird jetzt im Stadtarchiv Neuss gesichert und gesichtet. In dieser für die Kulturgeschichte einzigartigen Überlieferung finden sich auch zahlreiche bislang unbekannte Bildnisse Neusser Jüdinnen und Juden aus der Zeit vor 1945. Namen und Schicksale bekommen mit diesen lebendigen Porträts erstmals ein Gesicht. Alphabetisch und chronologisch geordnete Register ermöglichten es sogar, Geschichten rund um die Portraitierten zu rekonstruieren, die selbst Archivleiter Dr. Jens Metzdorf und Professor Stefan Rohrbacher vom Institut für Jüdische Studien der Uni Düsseldorf überrascht haben. Gemeinsam mit Studenten beteiligte sich Prof. Rohrbacher im Rahmen eines Seminars an dem Projekt. Selbst er – der bereits ein Buch über die Juden in Neuss veröffentlicht hat, erfuhr bei der Recherche noch so manches über die Menschen, die er bisher nur dem Namen nach kannte.
In der Ausstellung, die noch bis zum 27. April 2007 zu besichtigen ist, sind Bildnisse Neusser Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens zu sehen. Die Ausstellung zeigt einerseits die Kunst des Fotografen, andererseits vermittelt sie aber auch einen Eindruck von dem Selbstverständnis eines deutsch-jüdischen Bürgertums in einer rheinischen Mittelstadt und konfrontiert mit den Schicksalen der Porträtierten. Der Betrachter begegnet den Kindern des Viehhändlers, die Schulranzen auf dem Rücken, der Tochter des Kantors in ihrer Schwesterntracht, dem einst angesehenen Geschäftsbesitzer und seiner Frau, die sich im Festtagsstaat ablichten lassen – nur kurze Zeit vor der Deportation. Mit den eindrucksvollen reproduzierten Großaufnahmen werden so beispielhaft Lebensverhältnisse und Schicksalswege Neusser Juden vermittelt. Auf Wandfahnen wurden Informationen zu den Dargestellten kurz und prägnant zusammengefasst. Wer mehr erfahren möchte, kann die ausführlicheren Beschreibungen in den handlichen Mappen lesen, die ebenfalls den Besuchern zur Verfügung stehen. Ergänzend dazu sind zwei Vitrinen mit handgeschriebenen Postkarten der Porträtierten oder wenigen originalen Schriftstücken aus dem Stadtarchiv bestückt. Führungen durch die Ausstellung gibt es am 29. März und 26. April 2007, jeweils um 18 Uhr oder nach Vereinbarung.
Kontakt:
Stadtarchiv Neuss
Oberstr. 15
41460 Neuss
Tel.: 02131 / 90 – 4250
Fax: 02131 / 90 – 2433
Quelle: Aktuelles Stadtarchiv Neuss, 6.3.2007; Helga Bittner, Neuss-Grevenbroicher-Zeitung, 15.3.2007