Die aus den Beständen des Stadtarchivs Würzburg von Sybille Grübel und Dr. Robert Maier konzipierte Ausstellung "Die Bürger und ihr Spital. Aspekte aus der Geschichte des Bürgerspitals in Würzburg, wird seit Januar 2007 im Foyer des Stadtarchivs gezeigt. Anlass war das 690. Jubiläum der Gründung des Bürgerspitals durch den Würzburger Patrizier Johannes von Steren, der um das Jahr 1316 das „Neue Spital vor dem Haugerburgtor“ in Würzburg stiftete. Die Ausstellung beleuchtet schlaglichtartig die Spitalgeschichte unter verschiedenen Aspekten. Anhand von Archivalien aus dem im Würzburger Stadtarchiv verwahrten Archiv des Bürgerspitals werden u.a. die Gründung des Spitals, seine Funktionsweise oder die in der Einrichtung tätigen Personen vorgestellt. Aber auch dem Weingut und der Entwicklung der Stiftung nach 1945 sind Vitrinen gewidmet.
Johannes von Steren stellte für Würzburger Bürger ein Haus zur Verfügung, damit dort bresthafte Christgläubige gepflegt und hungernde Arme versorgt werden sollten. Entstanden in einer Umbruchzeit, als die bischöfliche Stadtherrschaft durch eine Doppelwahl geschwächt und die Frage der städtischen Selbstverwaltung umkämpft war, konnte sich die Neugründung durch das umsichtige Vorgehen von Sterens schnell etablieren. Innerhalb weniger Jahre bestätigten der Würzburger Bischof Gottfried von Hohenlohe, Papst Johannes XXII., sowie Kaiser Ludwig der Bayer die Gründung. Wer das Glück hatte und Pfründner im Spital wurde, konnte bis an sein Lebensende dort wohnen, wurde verpflegt und notfalls ärztlich behandelt. Vermögende Personen zahlten eine gewisse Summe und erhielten dafür die Versorgung. Sie kauften sich als Oberpfründner im Spital ein. Arme Würzburger, die so genannten Unterpfründner, mussten dagegen, solange es ihr Gesundheitszustand ermöglichte, im Spital mithelfen. Dafür war den Bewohnern auch im Krankheitsfall eine medizinische Versorgung sicher. Der Stadtarzt war gleichzeitig der spitälische Arzt, Krankenwärterinnen kümmerten sich um die Versorgung der kranken Pfründner. Selbst größere Operationen wurden durchgeführt.
Ein wichtiges Moment in der inneren Geschichte des Spitals stellen die geistlichen Aspekte dar. Bereits der früheste schriftliche Beleg aus dem Jahr 1317 beschäftigt sich mit den theologischen Gesichtspunkten der Stiftung. Der Bischof von Chur erteilte mit Urkunde vom 19. August 1317 allen Personen, die bußfertig waren, gebeichtet hatten und dem Spital Almosen gespendet hatten, einen Ablass von 40 Tagen für schwere Vergehen. Die Insassen des Spitals wurden durch einen Pfarrer betreut, tägliche Andachten und Gebete waren für sie in der Pfründnerordung festgeschrieben. Eine Kirche besaß das Spital seit 1371, auf einem eigenen Friedhof innerhalb des Spitalsgeländes wurden die Verstorbenen begraben. Und schließlich war es für das Fortbestehen der Einrichtung von großer Bedeutung, dass Gläubige aus Sorge um ihr Seelenheil sicherstellen wollten, dass ihrer regelmässig im Gebet gedacht wurde. Eine Vielzahl von Zuwendungen Würzburger Bürger in Form von Geldspenden oder der Übereignung von Grundstücken, die so genannten Jahrtagsstiftungen, half mit, die wirtschaftliche Grundlage des Spitals zu sichern. Allein durch diese Spenden hätte das Spital aber nicht über die Zeitläufte hinweg bestehen können. Das Spital war immer auch ein Wirtschaftsbetrieb. Mühlen wurden betrieben, Höfe und Wälder bewirtschaftet, man betätigte sich sogar als Bank und verlieh Geld gegen Zins.
Der bekannteste Wirtschaftszweig der seit der Gründung des Juliusspitals 1576 „Bürgerspital“ genannten Einrichtung ist jedoch das Weingut. Schon 1334 erhielt das Spital erstmals ein halbes Joch Weinberge am Hubland geschenkt. Heute werden 110 ha bestockte Rebfläche bewirtschaftet. In der besten Würzburger Weinlage Stein und Steinharfe ist das Spital größter Grundbesitzer. Die Luftangriffe im 2. Weltkrieg auf Würzburg trafen auch das Bürgerspital, seine Gebäude und Einrichtungen schwer. Der Wiederaufbau der zerstörten Anwesen in der Semmelstraße und der Theaterstraße zog sich bis in die sechziger Jahre hin. In dieser Zeit begann auch die Anpassung der Einrichtung an den Wandel in der Altersvorsorge und Krankenpflege. So war das Bürgerspital Vorreiter bei der geriatrischen Rehabilitation, für die es als erster Träger in Unterfranken eine entsprechende stationäre Einrichtung eröffnete. Dafür erhielt das Spital im Jahre 2000 eine der größten Zuwendungen in seiner gesamten Geschichte, als das Würzburger Ehepaar Krick 10 Millionen Mark spendete.
Die Senioreneinrichtungen der Stiftung Bürgerspital finanzieren sich heute auch aus den rund 700 Erbbaurechten und anderen Liegenschaftserträgen. Die Stiftung Bürgerspital sieht ihre Aufgaben in der Pflege und Rehabilitation von Senioren sowie der Hilfe zur Selbsthilfe. Damit erfüllt das Bürgerspital immer noch den ursprünglichen Stifterwillen. Die Betreuung älterer Menschen wird vom Bürgerspital zur Zeit in insgesamt sieben Häusern vorgenommen. Mehrere ursprünglich nicht zu ihr gehörende Einrichtungen wurden unter das Dach der Stiftung übernommen, so dass das Bürgerspital heute der größte Betreiber von Senioren- und Pflegeheimen in Würzburg ist. Fünf Seniorenheime werden in der Form des betreuten Wohnens geführt. Das „Stammhaus“ in der Semmelstraße ist seit dem Jahr 2005, als die geriatrische Rehabilitation dort eingerichtet wurde, kein Seniorenwohnheim mehr. Drei Seniorenwohnstifte ermöglichen den Bewohnern, selbstständig ihr Leben zu gestalten, aber im Bedarfsfall auch Hilfe aus dem Haus in Anspruch nehmen zu können. Das Bürgerspital zum Hl. Geist in Würzburg präsentiert sich im Jahr 2006 als ein modernes Dienstleistungsunternehmen mit den Schwerpunkten Rehabilitation, Altenpflege, Weingut und Liegenschaftsverwaltung und gehört als soziale Stiftung zu den größten seiner Art in Deutschland.
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Quelle: Ausstellungen Stadtarchiv Würzburg.