Und nun: das Wetter

Eine Hauptaufgabe von Archivar/innen besteht darin, die ihnen aus verschiedenen Provenienzen übergebenen Materialien auf ihre Archivwürdigkeit hin zu bewerten. Es gilt festzustellen, ob die jeweiligen Unterlagen einen feststellbaren Wert für zukünftige Generationen, etwa unter rechtlichen, kulturellen oder wissenschaftlichen Gesichtspunkten, besitzen. Bei der ungeheueren Masse des produzierten und abgegebenen Materials ist es unumgänglich, dass nur ein vergleichsweise kleiner Prozentsatz davon für die kostspielige dauerhafte Sicherung ausgewählt werden kann. Das meiste muss zwangsläufig in den Schredder wandern. Als relativ kleine Einrichtung hat das IGPP-Archiv bisher glücklicherweise noch kaum Probleme mit massenhaft anfallenden Unterlagen und sich als Spezialarchiv mit einem besonderen Auftrag ohnehin die Aufgabe gestellt, Überlieferungen zu sichern, die an anderer Stelle wahrscheinlich kassiert werden würden. Dennoch gibt es auch im Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e.V. (IGPP) verschiedene Bestände, die keinen dauerhaften Erhaltungswert im Sinne der oben genannten Faktoren besitzen. 

\"Wettervorhersage

Abb.: „Wettervorhersage vom 18.1.70 bis 25.1.1970“ (einzelnes Aufnahme-Blatt), © IGPP-Archiv, Sammlung Arthur P.

Dazu gehören beispielsweise hunderte akribisch erstellter Wettervorhersagen (im Umfang von immerhin 0,8 lfdm.), die von dem Sparkassenangestellten Arthur P. aus G. selbst ausgearbeitet und über mehrere Jahrzehnte hinweg dem Institut zugeschickt wurden. Herr P. war nicht nur überzeugt davon, das Wetter „prophetisch“ vorhersagen zu können, sondern er glaubte auch, die Entwicklung des Wetters „durch die Psyche des Menschen“ beeinflussen zu können. Auf beiden Feldern vermutete er bei sich besondere Fähigkeiten und erhoffte sich, wie viele andere, deren Überprüfung und Einschätzung durch das IGPP. Die Beschäftigung mit derartigen, sehr individuell geprägten Gedankengebäuden gehört seit jeher zum konkreten Beratungsauftrag des IGPP und hat demnach auch seinen archivischen Niederschlag gefunden. Man wird deshalb verschiedene Unterlagen aus der Sammlung von Herrn P. aufbewahren, um exemplarisch den Umgang des IGPP mit entsprechenden Fällen dokumentieren zu können. Der sich strukturell stets wiederholende große Rest des überlassenen Materials kann jedoch als nicht archivwürdig bewertet und kassiert werden.

Kontakt:
Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e.V.
-Institutsarchiv-
Uwe Schellinger
Willhelmstraße 3a
79098 Freiburg
0761/20721-61
schellinger@igpp.de
www.igpp.de

Quelle: Uwe Schellinger (IGPP), Schaufenster ins Archiv 10-06, 1.10.2006

Jenaer Historiker im Ausschuss National wertvoller Archive

Professor Dr. Helmut G. Walther von der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist vom Thüringer Kultusminister für eine dritte Amtszeit in den Sachverständigenausschuss National wertvolle Archive des Freistaats berufen worden. Damit gehört der Mittelalter-Historiker an der Universität Jena in den nächsten fünf Jahren erneut zu den fünf Experten, die das Land dabei beraten werden, welche wertvollen Archivalien als Landeskulturgut betrachtet werden sollten. \“Der Schutz national wertvollen Archivguts gehört natürlich zu den grundlegenden Aufgaben eines Mediävisten\“, begründet Prof. Walther die Annahme des Ehrenamtes. \“Gerade der aktuelle Fall der geplanten Veräußerung von als Zeugnissen kulturellen Gedächtnisses einzigartiger mittelalterlicher Handschriften der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe im Zuge eines Finanzausgleichs des Landes Baden-Württemberg mit dem großherzoglichen Haus Baden macht deutlich, welche Bedeutung einem wachsamen Auge für solche Schätze zukommt\“, ergänzt Walther. \“Denn Kulturgüter entziehen sich per Definition einer Kommerzialisierung\“.

Kontakt
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Historisches Institut
Fürstengraben 13
07743 Jena
Tel.: 03641/9-44400
Fax: 03641/9-44402 
www2.uni-jena.de/philosophie/histinst/start.html

Quelle: Uni-Protokolle Friedrich-Schiller-Universität Jena, 11.10.2006

Münsteraner Kirchenhistoriker forschen in Vatikanischen Archiven

Nachdem der Vatikan in einer kurzen Pressemitteilung am 30. Juni 2006 angekündigt hatte, dass auf persönlichen Wunsch von Papst Benedikt XVI. alle Akten freigegeben werden, die sich auf das Pontifikat Pius XI. (6. Februar 1922 bis 10. Februar 1939) beziehen, haben Wissenschaftler aus aller Welt nun zu Forschungszwecken die Möglichkeit, seit dem 18. September 2006 (nach Beendigung der Sommerferien in den Vatikanischen Archiven) Einblick in die schwierige Phase der Jahre zwischen den beiden Weltkriegen zu nehmen. Hierbei handelt es sich vor allem um Unterlagen, die im vatikanischen Geheimarchiv und im Archiv der zweiten Sektion des Päpstlichen Staatssekretariats für auswärtige Beziehungen aufbewahrt werden. In die Regierungszeit von Papst Pius XI. fallen vor allem die Auseinandersetzungen mit Mussolini in Italien, mit Hitler in Deutschland und mit Stalin in der Sowjetunion. Dazu gehören aber auch der Spanische Bürgerkrieg (1936-1939) und die Diktatur Francos (ab 1938), die Sudetenfrage (Angliederung des böhmischen Grenzgebietes an das Deutsche Reich und die Umsiedlung der dort lebenden Bevölkerung im Jahr 1938) sowie der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich (1938).

Die Deutschland betreffenden Akten aus der Regierungszeit Pius XI. waren auf internationalen Druck hin, bereits im Jahre 2003 – noch vor Ablauf der üblichen Sperrfrist von 70 Jahren – freigegeben worden. Akten der Nuntiaturen in Berlin und München sowie des Staatssekretariates konnten von Wissenschaftlern eingesehen werden. Damit trat der Vatikan Vermutungen entgegen, er halte wichtige Dokumente aus der NS-Zeit zurück.

Bei ihren Nachforschungen im Vatikanischen Archiv sind jetzt Wissenschaftler der Universität Münster – einer von ihnen ist der renommierte Kirchenhistoriker Prof. Hubert Wolf – auf handschriftliche Notizen des damaligen Kardinalstaatssekretärs Eugenio Pacelli gestoßen, der außerdem von 1917 bis 1929 Nuntius in Deutschland war und 1939 als Pius XII die Nachfolge von Papst Pius XI. antrat. Die Notizen des Kardinalstaatssekretärs enthalten Informationen über die täglichen Audienzen bei Pius XI. Da die Zettel jedoch nur sehr knappe Hinweise mit Nummern von einzelnen Berichten sowie die vom Papst dazu getroffenen Entscheidungen enthalten, wird die Auswertung vermutlich noch viele Jahre dauern. Des weiteren machen die zur Einsicht freigegebenen Akten deutlich, dass die Kurie über weltpolitische Ereignisse bestens unterrichtet war. Äußerst wichtig und interessant sind für die Münsteraner Forscher auch die etwa 4 500 Nuntiaturberichte Pacellis im Hinblick darauf, wie er die Informationen aus Deutschland in seine Tätigkeit  im Vatikan mit einbezogen hat. Deshalb planen die Wissenschaftler aus Münster sogar eine Internetedition dieser Berichte.

Kontakt
Katholisch-Theologische Fakultät 
Johannisstraße 8-10 
48143 Münster 
Tel.: +49 251 83-22610 
Fax: +49 251 83-25055 
fb2dekan@ uni-muenster.de 

Quelle: Kölnische Rundschau, 10.10.2006; Kleine Zeitung Online, 30.6.2006; ZENIT – Die Welt von Rom aus gesehen, 30.6.2006; Kath.net., 30.6.2006

Archive, Familienforschung und Geschichtswissenschaft

Die Familienforschung boomt. Dies ist eine Herausforderung für die Archive, die eine Vermittlerfunktion zwischen Schriftgutbildnern, der Wissenschaft und der Laienforschung einnehmen. 

Die beiden Personenstandsarchive im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen haben unter dem Titel „Archive, Familienforschung und Geschichtswissenschaft. Annäherungen und Aufgaben“ insgesamt 20 archivfachliche, quellenkundliche und historische Beiträge von 21 Autorinnen und Autoren zusammengefasst. Die Artikel gehen auf Vorträge zurück, die aus Anlass der Jubiläumstagung beider Personenstandsarchive 2005 und bei den Sommergesprächen des Staats- und Personenstandsarchivs Detmold 2004 und 2005 gehalten wurden. Sie wurden durch weitere Beiträge thematisch ergänzt. 

\"Archive,

Die Tagungen hatten das Ziel, die Personenstandsarchive, die es in Deutschland nur in Nordrhein-Westfalen gibt, stärker in der deutschen Archivlandschaft zu präsentieren. Gleichzeitig sollten sie eine Brücke zwischen Archiven und ihren verschiedenen Nutzergruppen entwickeln. Gruppiert um die gemeinsamen Themen „Archive und Öffentlichkeit“, „Personenstandsquellen in Archiven“, „Archivalien von Morgen“ und „Geschichtswissenschaftliche Perspektiven“ zeigt der Band unterschiedliche Perspektiven heutiger archivischer Arbeit auf, besonders in den Personenstandsarchiven, sowie unterschiedliche Auswertungsmöglichkeiten von Personenstandsquellen, z.B. bei der historischen Familien- und der historischen Migrationsforschung. Diese Publikation ist somit ein Beitrag zur archivfachlichen Diskussion und dient gleichzeitig als Einführung in die Nutzung von personenbezogenen Archivalien etwa für die Genealogie.

Inhaltsübersicht (pdf):

Grußwort von Wilfried Reininghaus (7)
Grußwort von Robert Kretzschmar (9)
Einleitung: Personenstandsarchive und Familienforschung
von Bettina Joergens und Christian Reinicke (12)

1 Archive und Öffentlichkeit
Familienforschung und Archive – eine Beziehung vom Kopf auf die Füße gestellt
von Bettina Joergens (24)

Zwei Personenstandsarchive in Nordrhein-Westfalen oder: Wie gründet man ein Archiv?
Ein Beitrag zur Archivgeschichte des Landes Nordrhein-Westfalen
von Christian Reinicke (39)

2 Personenstandsquellen in Archiven
Vom Kirchenbuch zum Personenstandsarchiv Detmold. Die Entwicklung des Personenstandswesens in Westfalen-Lippe
von Ragna Boden und Christoph Schmidt (56)

Personenstandsüberlieferung in katholischen Archiven
von Joachim Oepen (74)

Personenstandsüberlieferung in evangelischen Archiven unter besonderer Berücksichtigung von Westfalen und Lippe
von Wolfgang Günther und Maja Schneider (88)

Abfahrt vom großen Hafen in Hamburg. Quellen zur Auswanderer im Hamburger Staatsarchiv
von Peter Gabrielsson (110)

3 Archivalien von Morgen
Die Novellierung des Personenstandsgesetzes
von Udo Schäfer (122)

Die Führung von Personenstandsbüchern im Standesamt
von Klaus Kaim (136)

4 Geschichtswissenschaftliche Perspektiven
Zivilstandsregister, historische Demographie und Sozialgeschichte anhand von niederrheinischen Beispielen
von Peter Kriedte (146)

Netzwerkanalyse im Personenstandsarchiv? – Probleme und Perspektiven einer historischen Verflechtungsanalyse
von Stefan Gorißen (159)

Forschungen zur historischen Arbeitsmigration und ihre Quellengrundlagen
von Wilfried Reininghaus (175)

Auswanderung aus Lippe – alte und neue Fragen der Forschung
von Stefan Wiesekopsieker (186)

Das Amerikanetz: eine elektronische Brücke für Auswanderungsforscher
von Friedrich Schütte (212)

Frühe „Auswanderer“ aus der Vogtei Heiden (Lippe). Ein Verzeichnis von 1708 als genealogische und sozialgeschichtliche Quelle
von Wolfgang Bechtel und Nicolas Rügge (223)

Meistererzählung und Leidensgeschichten. Anmerkungen zum kollektiven und personalen Gedächtnis von Flüchtlingen und Vertriebenen
von Thomas Kailer (237)

Der Zweite Weltkrieg: Suche nach vermissten oder vertriebenen Angehörigen, wie geht das? Ein Beispiel aus der Praxis
von Simone Verwied (266)

Genealogie im Internet – Genealogische Datenbanken
von Günter Junkers (277)

Autorinnen und Autoren (290)
Abbildungsverzeichnis (291)

Info:
Archive, Familienforschung und Geschichtswissenschaft. Annäherungen und Aufgaben
hrsg. von Bettina Joergens und Christian Reinicke, Landesarchiv Nordrhein-Westfalen 2006
(Veröffentlichungen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen 7)
ISBN 3-927502-10-3
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Graf-Adolf-Straße 67, D-40210 Düsseldorf
Satz und Layout: Roland Linde, Münster
Herstellung: Books on Demand GmbH Norderstedt, www.bod.de
Printed in Germany
Zu bestellen im Buchhandel, Preis: 24,95 €

Kirchenbuchnutzung in IT-Zeiten

Unter dem Thema „Kirchenbuchnutzung in Zeiten von Digitalisierung und Internet“ fand am 25.9.2006 im Kirchenamt der EKD in Hannover eine Fachtagung des Verbandes kirchlicher Archive in der Arbeitsgemeinschaft der Archive und Bibliotheken statt. \"KirchenbuchnutzungHeimatforscher, genealogische Arbeitsgemeinschaften, aber auch kommerzielle Unternehmen bedrängen die kirchlichen Archive immer stärker mit der Bitte um Zurverfügungstellung der Kirchenbücher zur Herstellung von Internetpräsentationen. Die Familienforschung ist ein wachsender Markt im Internet und damit auch ein Objekt der Kommerzialisierung geworden. Die Tagung sollte dazu dienen, über die Vor- und Nachteile des Outsourcing zu informieren, die rechtlichen Problematiken zu beleuchten und mögliche Handlungsstrategien aufzuzeigen.

Werner Jürgensen (Landeskirchliches Archiv Nürnberg) zeigte in seinem Vortrag den engen rechtlichen Rahmen auf, der zur Zeit für Personenstandsdaten durch das Personenstandsgesetz gegeben ist. Auch wenn offen bleiben kann, inwieweit Kirchenbuchdaten ebenfalls diesen Restriktionen zu unterliegen hat, wurde deutlich, dass die Novellierung des Personenstandsgesetzes mit einer einhergehenden Öffnung der Benutzungsmöglichkeiten der Standesamtsregister längst überfällig ist. Dr. Bertram Fink (Landeskirchliches Archiv Stuttgart) beschrieb die derzeitigen Angebote für kommerzielle Kooperationen, wie sie sich zur Zeit darstellen. Gleichzeitig regte er als Alternative die Prüfung eines eigenen gesamtkirchlichen Angebotes an. Dr. Bettina Joergens (Personenstandsarchiv Detmold) betonte in ihrem Beitrag, wie wichtig es ist, auch in Zukunft die Verfügungsgewalt über die eigenen im Archiv verwahrten Daten zu behalten. Deswegen haben die Personenstandsarchive in NRW ihre Digitalisierungsprojekte, die insbesondere auch im Rahmen der Bestandserhaltung forciert werden, in eigener Zuständigkeit weiterverfolgt. Lediglich für die digitale Veröffentlichung der Kirchenbücher wurde eine Kooperation mit einem Verlag gesucht. Dr. Andreas Röpcke (Landesarchiv Schwerin) konnte von seinen Erfahrungen berichten, die er mit der kommerziellen Digitalisierung von Volkszählungsunterlagen bis jetzt gemacht hatte.

In der Diskussion wurde deutlich, dass der Spannungsbogen zwischen Optimierung der Dienstleistung und Kommerzialisierung durch Digitalisierung der Kirchenbücher gerade in Zeiten finanzieller Engpässe sich nicht einfach auflösen lässt. So führt der Anspruch eines spezifisch kirchlichen Auftrags für kirchliche Archive zu anderen Ergebnissen als eine rein nutzerorientierte Herangehensweise. Einig waren sich alle Teilnehmer, dass ein Verzicht über die Verfügungsgewalt kirchlicher Daten z.B. durch Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte auf keine Fall akzeptiert werden könne. Angestrebt wird eine einheitliche kirchliche Linie, die aber erst noch erarbeitet werden muss. Ob eine solche überhaupt zu finden ist, mag angesichts der unterschiedlichen Ausgangslagen in den einzelnen Landeskirchen allerdings bezweifelt werden.

Wolfgang Günther (Bielefeld)

Links:

Handschriften-Verkauf ins Ausland gestoppt

Die Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe, über die es seit einigen Wochen heftige Debatten im In- und Ausland gegeben hat, soll nicht ins Ausland verkauft werden. 

Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien Bernd Neumann (CDU) sagte am 9.10.2006 in Bonn, es werde sichergestellt, dass kein Kulturgut ins Ausland verkauft werde. Er sei sich in diesem Punkt mit Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) einig. In einem Gespräch mit Oettinger am vergangenen Freitag habe er deutlich gemacht, was auf dem Spiel stehe, sagte Neumann zum Auftakt einer Konferenz zum Kulturgüterschutz mit dem Titel »Im Labyrinth des Rechts? Wege zum Kulturgüterschutz« (Bonn, 9. und 10. Oktober). Dabei habe er zum Ausdruck gebracht, dass der Bund, falls das Land Baden-Württemberg einer Übertragung der Handschriften an das Haus Baden zustimme, den Antrag stellen werde, die Handschrift auf die Liste nicht veräußerbarer Kulturgüter setzen zu lassen. Baden-Württemberg teile seinen Standpunkt, und es werde vermutlich nicht nötig sein, einen entsprechenden Antrag zu stellen.

Ursprünglich wollte das Land Baden-Württemberg aus einem Bestand von rund 3.600 Handschriften wertvolle Stücke verkaufen, um mit dem erwarteten Erlös in Höhe von rund 70 Millionen Euro den Erhalt des Schlosses und des Münsters Salem der Markgrafenfamilie von Baden zu finanzieren. – Es steht zu hoffen, dass der rechtlich ohnehin äußerst umstrittene Verkaufsplan nunmehr gänzlich auf Eis gelegt wird und die mittelalterliche Handschriftensammlung in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe zusammen bleibt.

Link: BLB Karlsruhe

Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Pressemitteilung Nr. 342, 9.10.2006; ORF.at, 9.10.2006; FAZ.net, 9.10.2006

Stadtarchiv Leipzig zeigt Kupferstiche

Margot Bitzer absolvierte ihre Ausbildung zur Kupferstecherin in der Wertpapier-Druckerei der DDR in Leipzig und stellte anschließend über viele Jahre hinweg in ihrer dortigen Werkstatt die Druckplatten für Banknoten, Ersttagsbriefe und Briefmarken her. Zusätzlich machte sie noch eine zeichnerische Ausbildung an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Seit 1983 arbeitet Margot Bitzer jedoch freiberuflich und ist auch seit 1986 Mitglied im Verband bildender Künstler. 

Gezeigt werden in der Ausstellung sowohl historische als auch aktuelle Ansichten der Stadt Leipzig, die Margot Bitzer jahrzehntelang in Kupferstichen festgehalten hat. Diese weisen in ihrer Linienführung eine solche Präzision auf, dass selbst kleinste Details wie z.B. die Maserung von Fensterläden oder dekorativ gestaltete Fassaden genau wiederzuerkennen sind. Aber auch Stilleben und Stiche mit zahlreichen floralen Motiven werden zu  besichtigen sein. Um eines dieser Motive ihren Vorstellungen entsprechend auszuführen, benötigt Margot Bitzer bis zu acht Wochen oder manchmal sogar bis zu einem Vierteljahr. Eröffnet wird die Ausstellung am Donnerstag, den 12. Oktober 2006 um 18.30 Uhr im Stadtarchiv Leipzig. Während der Öffnungszeiten des Lesesaals kann sie ohne Voranmeldung bis zum 21. Dezember 2006 besichtigt werden.

Kontakt
Stadtarchiv Leipzig
Torgauer Str. 74
04318 Leipzig
Tel.:  0341 / 24 29-0
Fax:  0341 / 24 29 121
stadtarchiv@leipzig.de

Quelle: Leipziger Internet-Zeitung, 9.10.2006; Corinna Nitz, Mitteldeutsche Zeitung,  26.7.2004

Neue Broschüre des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen erschienen

Nachdem die erste Auflage der Broschüre „Landesarchiv Nordrhein-Westfalen“ binnen kurzer Zeit vergriffen war, erschien Ende September 2006 pünktlich zum Deutschen Archivtag in Essen eine Neuauflage. \"BroschüreDie Publikation präsentiert sich im neuen Corporate-Design des Landesarchivs, die Inhalte der Erstauflage sind aktualisiert und verbessert worden.

Das Landesarchiv wendet sich mit seiner Broschüre an eine breite, interessierte Öffentlichkeit. Eine ausführliche Einleitung bietet den Leser(inne)n Informationen über Organisation und Aufgaben der drei zentralen und vier regionalen Abteilungen des Landesarchivs in den Bereichen Übernahme, Bestandsbildung und Erschließung, Bestandserhaltung, Benutzung und Öffentlichkeitsarbeit. Ein weiterer Abschnitt der Einführung widmet sich neuen Technologien und neuen Herausforderungen.

Die regionalen Abteilungen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen an den Standorten Düsseldorf, Münster, Detmold und Brühl werden umfassend mit ihrer Geschichte und Zuständigkeit, ihrer Beständestruktur und ihren Serviceangeboten vorgestellt. Adressangaben, Hinweise auf Öffnungszeiten, Nahverkehrsverbindungen und weiterführende Literatur machen die Broschüre zu einem praktischen Wegweiser für den Archivbesuch. Darüber hinaus bietet die Publikation ein Verzeichnis aller bis 2006 erschienen Veröffentlichungen der staatlichen Archive des Landes Nordrhein-Westfalen.

Die reich bebilderte Broschüre kann kostenlos über das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen bezogen werden (Kontakt: www.lav.nrw.de).

Wohin steuert das Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr?

Nach dem Übergang des langjährigen Leiters des Stadtarchivs Mülheim an der Ruhr, Dr. Kurt Ortmanns, in den Ruhestand (siehe Bericht vom 2.9.2006) wird das Stadtarchiv mit seinen zehn Mitarbeitern seit Oktober 2006 nun von von Ortmanns ehemaliger Stellvertreterin Eva Kniese kommissarisch geleitet. Entsprechend einer Haushaltsauflage der Bezirksregierung wird der Chefsessel für ein halbes Jahr nicht besetzt. 

Dennoch ist mittlerweile eine Debatte um die zukünftige Leitung des Hauses entbrannt, zumal die Stadt Mülheim mit ihrem Archiv große Pläne hat. Pünktlich zum Stadtjubiläum 2008 soll es zum "Haus der Stadtgeschichte" werden und mit der Musikschule in eine alte Augenklinik einziehen (siehe Bericht vom 30.8.2005). Die Verhandlungen sind jedoch noch nichts abgeschlossen. Da der Kulturetat der Stadt mit seinem Drei-Prozent-Anteil am Gesamthaushalt jedoch kein Sanierungsfeld darstellen und auch das Stadtarchiv nach den Worten des Kulturdezernenten Peter Vermeulen ohne Personalkürzung auskommen soll, müssen richtungsweisende Entscheidungen bald getroffen werden.

Bereits jetzt forderten Manfred Rasch vom ThyssenKrupp-Konzernarchiv in Duisburg, Horst A. Wessel vom Mannesmann-Archiv in Mülheim und der Leiter der Marburger Archivschule, Frank Bischoff, in einem Schreiben an die Stadt eine adäquate Neubesetzung der Leiterstelle im Mülheimer Stadtarchiv. Die Diskussion soll nach Ansicht der Stadt jedoch zunächst vor allem über Inhalte, nicht über Personen geführt werden. In diesem Sinne spricht auch Jens Roepstorff, einer von drei Diplom-Archivaren des Stadtarchivs, von einem Reformstau, den es aufzuarbeiten gelte. Als Bereiche, auf denen man zukünftig verstärkt aktiv werden wolle, nennt er die Öffentlichkeitsarbeit und eine verstärkte Geschichtsarbeit mit Schülern. Auch über flexiblere, bürgerfreundliche Öffnungszeiten denke man nach.

Kontakt:
Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr
Aktienstraße 85
45473 Mülheim an der Ruhr 
Tel: 02 08 / 455 4260
Fax: 02 08 / 455 4279
stadtarchiv@stadt-mh.de

Quelle: Thomas Emons, NRZ, 4.10.2006

Ackerbürgertum in Wertheim

In Verbindung mit der Volkshochschule Wertheim setzt der Archivverbund Main-Tauber seine Vortragsreihe "Stadtgeschichte(n)" am 12.10. 2006 fort. Um 19.30 Uhr wird Dr. Kurt Andermann im Vortragssaal des Staatsarchivs Wertheim über "Ackerbürger in der Residenz. Stadtwirtschaft und Stadtverfassung in Wertheim und in Südwestdeutschland" referieren. Auf die mittelalterliche und frühneuzeitliche Stadt projiziert man traditionell alle Ideale bezüglich des sozialen und ökonomischen Fortschritts. Das Zauberwort heißt \“Stadtluft macht frei\“. Aber: Das Spektrum des Phänomens Stadt war stets ungeheuer breit. Neben den großen Reichsstädten gab es die kleinen, und darüber hinaus ist an eine Vielzahl von landesherrlichen Städten zu denken. Neben wenigen großen Wirtschaftszentren gab es unzählige Klein- und Minderstädte, neben den stolzen Patriziern die gewerblichen Mittelschichten und die ärmlichen Unterschichten, dazu allerlei Randgruppen und Minderheiten – und in jeder Stadt gab es ein mehr oder minder zahlreiches Ackerbürgertum. Der Vortrag wird diesem Ackerbürgertum in Wertheim sowie in vielen kleinen und großen Städten Südwestdeutschlands nachspüren.

Dr. Kurt Andermann ist Projektleiter beim Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Landesforschung und Landesbeschreibung. Er hat an der Beschreibung des Neckar-Odenwald-Kreises (1992) mitgewirkt und bereitet derzeit die Kreisbeschreibung des Hohenlohekreises vor (erscheint Herbst 2006). Seine Interessen gelten der Verfassungs- und Sozialgeschichte des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Am Historischen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau hat er einen Lehrauftrag für Landesgeschichte.

Kontakt:
Staatsarchiv Wertheim
Bronnbach 19
97877 Wertheim
Telefon: 09342/91592-0
Telefax: 09342/91592-30
stawertheim@la-bw.de

Quelle: Landesarchiv Baden-Württemberg Aktuell; Fränkische Nachrichten, 7.10.2006