Millionen von Akten, Urkunden und Büchern, die in Hamburger Archiven und Bibliotheken gespeichert werden, drohen durch zunehmenden Säurefraß unwiederbringlich verloren zu gehen. Denn bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts waren dem industriell gefertigen Papier Zusätze beigemengt, die durch zunehmende Säurebildung allmählich die Zellulosemoleküle zerstörten (siehe Bericht vom 23.3.2006).
Die Fraktionen der Hamburgischen Bürgerschaft haben das Problem erkannt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Nach einer ausführlichen Schadensanalyse sollen die betroffenen Dokumente nach Bedeutung und Dringlichkeit eingestuft werden. Erst danach ist es möglich, einen exakten Kostenplan zu erstellen. Ausgegangen wird aber von Millionensummen. Allein für das Hamburger Staatsarchiv müssten zwischen 30 und 50 Millionen Euro und für die Staats- und Universitätsbibliothek 15 Millionen Euro eingeplant werden. Um wenigstens 50.000 Bücher in den nächsten zwei Jahren zu entsäuern, müssten 500.000 bis 600.000 Euro im Haushaltsplan einkalkuliert werden. Gefährdet sind aber nachweislich in sämtlichen Bibliotheken rund zwei Millionen Bücher.
Im Staatsarchiv sind eventuell sogar zwei Drittel des Bestandes (ca, 20 Regalkilometer) vom Zerfall bedroht. Betroffen sind u.a. nicht nur Entnazifizierungsdokumente, sondern auch Bestände der Geheimpolizei aus der Kaiserzeit. Damit diese genauso wie alle übrigen Dokumente, die die geschichtliche und politische Bedeutung und Entwicklung Hamburgs belegen, für die Nachwelt erhalten werden können, bedarf es in den nächsten Jahren der gemeinsamen Anstrengung von Politikern und Fachleuten.
Quelle: Insa Gall, Die WELT, 28.6.2006