Vorschul-Archivpädagogik im Landeskirchlichen Archiv Bielefeld zum Tag der Archive

Als einziges öffentliches Archiv in Bielefeld beteiligte sich das Landeskirchliche Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen am Samstag, den 6. Mai 2006, am 3. bundesweiten „Tag der Archive“. Der Einladung in die Ritterstraße 19, die unter dem Motto „Zu Gast bei Freunden“ stand, folgten fünfzig Besucherinnen und Besucher. Darunter waren zwanzig Kinder im Vorschulalter, für die das Archivteam ein besonderes Programm vorbereitet hatte. Mit der schlauen „Archivratte“ Bernd, einem Stofftier in Lebensgröße, ging es bei insgesamt drei Führungen auf Entdeckungsreise durch die Magazine des Archivs. 

Archivar Dr. Jens Murken erläutert die Absicht der Archivpädagogik für Kleinkinder: „Archive sind Lern- und Forschungsstätten. Gerade das Vorschulalter ist für die Förderung von Intelligenz und Kreativität hervorragend geeignet. Dafür müssen die Lernangebote aber derart gestaltet sein, dass sie bei den Kindern die Lust und Freude am Lernen wecken und den kindlichen Forscherdrang unterstützen\“. Ausgehend vom Benutzerraum, wo die Kinder eigene Benutzeranträge ausmalen durften, die anschließend von der Archivmitarbeiterin Christine Koch als „Chefratte“ unterzeichnet wurden, erkundeten die meist Drei- bis Sechsjährigen auch die anderen Arbeitsbereiche des Archivs, die herkömmlichen Besuchern verborgen bleiben. Die Kinder selbst erkannten dabei den Unterschied zwischen zu vernichtendem Material und aufbewahrenswertem Schriftgut („die Bilder, die ich im Kindergarten male, kommen in eine Mappe“). Sie zählten die langen Regalreihen im Magazin und konnten dabei an verschiedenen Stationen die Tätigkeiten der fleißigen „Archivratten“ ergründen. 

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Abb. 1: Mit „Archivratte“ Bernd auf Entdeckungsreise im Landeskirchlichen Archiv am „Tag der Archive“ (Foto: LkA BI)

Archivarin Claudia Brack benennt das Vorgehen: „Mit den Archivratten haben wir selbstironisch einen geläufigen Spottnamen für die Archivarszunft aufgegriffen. Auf den unterschiedlichen Arbeitsstationen, die wir während unserer Rundgänge im Archiv besucht haben, zeigten wir die Ratte aber nicht als Schädling, sondern als kluge Papierliebhaberin, die ihr Material ordnen, reinigen, lesen und technisch aufbereiten kann“. Dass die Archive nach qualitativer Vorauswahl aber letztlich nur einen kleinen Teil der anfallenden Überlieferung aufbewahren, etwa ein bis zehn Prozent aller papierenen Akten und elektronischen Daten, das erfuhren die Kinder am mannshohen Reißwolf. Magaziner Manfred Wittland setzte den Schredder in Betrieb und die Kinder fütterten ihn dann begeistert mit Restakten. Die dabei angefallenen Papierschnipsel verwendeten die kleinen Hilfsarchivare zur gemütlicheren Auskleidung der Archivkartonbehausungen für die vielen „Archivratten“, die IKEA dem Archiv gesponsort hat.

Nach jeweils rund 75-minütiger Führung zurück im Benutzersaal konnten sich die kleinen und großen Archivbesucher ein wenig stärken, um zum Abschluss gemeinsam zur Gitarre einen „Archivratten-Song“ anzustimmen. „Besser als toll“ sei es im Archiv gewesen, so der sechsjährige Linus, und auch die Eltern und Großeltern zeigten sich von der ebenfalls für sie aufschlussreichen Veranstaltung im Landeskirchlichen Archiv durchweg begeistert. Der vom Verband deutscher Archivarinnen und Archivare ausgerufene „Tag der Archive“ findet das nächste Mal in zwei Jahren deutschlandweit statt; die Archive sind jedoch stets für interessierte Besucher geöffnet.

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Abb. 2: Zu Gast bei Freunden! Kris Kamp, ehemaliger Schulpraktikant im Landeskirchlichen Archiv, mit dem Plakat zum Tag der Archive (Foto: LkA BI)

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