Die Daten von mehr als 17 Millionen zivilen Opfern des NS-Regimes verzeichnet der Bestand des Internationalen Suchdienstes (ITS) des Roten Kreuzes in Bad Arolsen. Die Bundesregierung will die Archive nun für wissenschaftliche Forschung freigeben. Das kündigte Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) bei einem Besuch in Washington an.
Vorausgegangen war ein jahrelanger Streit um die rund 50 Millionen Akten, die bislang nur den Angehörigen der Opfer zugänglich waren. Diese dokumentieren das Schicksal von KZ-Häftlingen, Zwangsarbeitern und anderen Opfern des Nationalsozialismus. Die Bundesregierung hatte sich gegen die Öffnung gewehrt und darauf verwiesen, dass die ITS-Akten sensible Persönlichkeitsdaten, etwa zu Vorstrafen oder sexueller Orientierung enthielten. „Wir werden sehen“, antwortete Zypries auf die Frage, ob Deutschland nun mit Klagen von Hinterbliebenen rechnen müsse.
Auf die Öffnung der Archive hatte vor allem das Holocaust-Museum in Washington gedrängt. Dessen Chefhistoriker Paul Shapiro hatte dem Hessischen Rundfunk vor wenigen Wochen gesagt, die Vereinigten Staaten würden es nicht zulassen, „dass weitere Holocaust-Überlebende sterben mit der Angst, dass ihr Schicksal in Vergessenheit gerät.“ Die Direktorin des Museums, Sara Bloomfield, sieht in der Entscheidung der Bundesregierung einen wichtigen Schritt für die Holocaust-Forschung.
Zypries will beim nächsten Treffen der elf ITS-Vertragsstaaten in Luxemburg am 17. Mai eine entsprechende Änderung des Vertrags vorschlagen. 1955 hatten acht westeuropäische Staaten mit Israel und den USA die Bonner Verträge unterzeichnet, die die Rechtsgrundlage des Internationalen Suchdienstes bilden. Später trat auch Polen dem Abkommen bei.
Quelle: Vorwärts (Pressemitteilung), tagesschau.de; Tagesspiegel, 19.4.2006