Das Stadtarchiv Braunschweig zeigt zum 100. Todestag von August Hermann in diesem Jahr vom 18. April bis 31. Mai 2006 eine Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem Autor zahlreicher Veröffentlichungen zur Braunschweiger Sportgeschichte Kurt Hoffmeister erarbeitet wurde. Die Ausstellung präsentiert in Vitrinen ausgewählte Dokumente und besonders sehenswerte Stücke aus den Beständen des Stadtarchivs, der Stadtbibliothek, des Städtischen Museums und dem von Kurt Hoffmeister verwahrten Nachlass Hermanns zum vielseitigen Leben des Sportpädagogen und Mundartdichters. Insbesondere spiegeln die Exponate seine Verdienste für die Entwicklung des Sports in Braunschweig gegen Ende des 19. Jahrhunderts wider.
Der am 14. September 1835 in Lehre bei Braunschweig geborene August Hermann war nach dem Besuch der Realschule und anschließender Ausbildung zum Lehrer an der Präparandenanstalt in Wolfenbüttel zunächst an verschiedenen Bürgerschulen in Braunschweig tätig. Hermann, der selbst begeisterter Turner und bis ins hohe Alter sportlich aktiv war, engagierte sich früh für das Turnwesen in Stadt und Herzogtum Braunschweig. Nachdem er sich 1862 in Dresden zum ersten Turnlehrer Braunschweigs qualifiziert hatte, gab er zunächst nebenberuflich Turnstunden an mehreren Privatschulen, dem Martino-Katharineum sowie dem Braunschweiger Lehrerseminar. In der Folge wurde auf seine Anregung hin Turnen als verbindliches Pflichtfach sowohl für Jungen als auch für Mädchen an allen Braunschweiger Schulen eingeführt. Seit 1869 wurde Hermann mit der Erteilung von Turnunterricht an den Gymnasien Martino-Katharineum und Neues Gymnasium sowie an höheren Mädchenschulen beauftragt. Er war auch Hauptturnlehrer an den beiden Lehrerseminaren in Braunschweig und Wolfenbüttel.
Durch seine zahlreichen Erfindungen von Sportspielen gingen von Hermann bedeutende Impulse für die weite Verbreitung der „Leibesübungen“ in Deutschland aus. Zur Förderung der Bewegung und Gesundheit in den Wintermonaten gründete er 1873 den Eisbahnverein, der auf geeigneten Flächen große Eislaufveranstaltungen anbot. 1874 führte er zusammen mit seinem Kollegen, dem Gymnasialprofessor Konrad Koch, in Deutschland das Fußballspiel ein. Für die ersten, auf dem Kleinen Exerzierplatz stattfindenden Spiele, hatte er sich eigens aus dem Herkunftsland dieses Sports, aus England, einen Fußball kommen lassen. Mit den 1875 ins Leben gerufenen „Sedan-Wettkämpfen“ schuf Hermann ein volksfestartiges Sportereignis, an dem die Bevölkerung teilnehmen konnte. Der Sportpädagoge gilt auch als der Begründer des Basketball- bzw. Korbballspiels in Deutschland. Zum ersten Mal wurde es in Braunschweig 1896 gespielt.
Hermann wirkte weit über Braunschweigs Grenzen hinaus. Er war ein bedeutender Pionier des Mädchenturnens sowie des Schulsports in Deutschland und zählte zu den wichtigsten Initiatoren der Turnlehrer- und Turnlehrerinnenausbildung. Als Mitglied zahlreicher reichsweit tätiger Turnverbände und der entsprechenden Lehrervereinigungen war Hermann maßgeblich am Aufbau der deutschen Turnorganisation beteiligt. Die Fülle der von ihm verfassten Publikationen über viele Bereiche des Turnens und des Sports unterstreichen seine Bedeutung für den Sport gegen Ende des 19. Jahrhunderts. August Hermanns Verdienste auf dem Gebiet des Turnwesens wurden 1887 mit der Ernennung zum ersten herzoglich-braunschweigischen Turninspektor gewürdigt.
Neben seiner beruflichen Arbeit war Hermann auch eine Stütze des gesellschaftlichen Lebens in Braunschweig. Er gehörte zum Freundeskreis Wilhelm Raabes und verfasste selbst zahlreiche Gedichte, Theaterstücke, Lieder und Festspieltexte für die Schulen sowie die Vereine und Klubs, an deren gesellschaftlichem Leben er sich aktiv beteiligte. Sein bedeutendstes und heute noch bekanntes Werk ist der 1892 erschienene Gedichtband in plattdeutscher Sprache „Erenst un Snack, En lütjen Pack“.
Die Ausstellung ist ab Dienstag, 18. April, zu den Öffnungszeiten des Stadtarchivs (Montag und Freitag von 10 bis 13 Uhr; Dienstag bis Donnerstag 10 bis 18 Uhr) im ersten Obergeschoss des Archivgebäudes am Löwenwall 18 B zu sehen. Der Eintritt ist frei.
Quelle: Stadt Braunschweig, Pressemitteilung, 10.4.2006
Abb.: Jugendspiel-Regeln für deutsche Mädchen, Gedicht (Nachlass Hermann)