Der Stadtarchivar von Neumarkt in der Oberpfalz, Dr. Frank Präger, weis den Wert von Schülerfacharbeiten zu schätzen. Mittlerweile besitzt das Archiv zehn bis zwölf Leitzordner mit Arbeiten, die ein Stück unbearbeiteter Heimatgeschichte, aber auch aktuelle Themen behandeln. Sämtliche Facharbeiten mit lokalem Bezug werden archiviert.
Jetzt erhielt der Bestand Zuwachs: Katharina Wittmann, 25-jährige Schülerin der Neumarkter Berufsoberschule, übergab ihre im Fach Religion angefertigte Facharbeit dem Stadtarchiv Neumarkt. Sie schlug mit ihrer Arbeit über ein 1942 bis 1945 bestehendes Durchgangslager für osteuropäische Zwangsarbeiter in Schafhof ein Kapitel Stadtgeschichte auf, das den meisten Neumarktern nicht mehr bekannt ist.
Katharina Wittmann skizziert in ihrer 19 Seiten langen Facharbeit die Entwicklung „Von der Erbauung der Baracken bis hin zur Entstehung des Mahnmals“: 1942 kamen die ersten deportierten Zivilpersonen aus von der Wehrmacht besetzten Ländern, hauptsächlich aus Polen und der Ukraine, am Neumarkter Bahnhof an. Sie wurden in 33 Holzbaracken, die auf dem Waldgelände einen Kilometer von Schafhof entfernt lagen, gebracht. Die Baracken dienten als Verteilungslager der Osteuropäer zum Arbeitseinsatz im nordostbayerischen Raum.
Insgesamt 128.000 Menschen durchliefen innerhalb der drei Jahre während des Zweiten Weltkriegs das Lager, mehr als tausend starben. Nach 1945 führten die Überlebenden ein fast autonomes Lagerleben: „Viele beantragten eine Ausreise nach Amerika oder Australien, weil sie nicht mehr in die mittlerweile kommunistische Heimat zurück wollten“, erklärte Archivleiter Dr. Präger. Auch dieses Kapitel sei bisher noch nicht bearbeitet, weil es kaum Quellen gebe. Ab 1949 dienten die Baracken den Heimatvertriebenen aus Schlesien und dem Sudetenland als Notunterkunft. Heute stehen noch drei Baracken, seit Frühjahr 2005 erinnert ein Friedenskreuz als Mahnmal an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und des Krieges.
Kontakt:
Stadtarchiv Neumarkt i.d.OPf.
Bräugasse 1
92318 Neumarkt
09181 / 26 16 63
stadtarchiv@neumarkt.de
Quelle: Mittelbayerische, 13.2.2006