Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg will, solange es Ermittlungen gibt, weiterarbeiten. Ausgangspunkt für Ermittlungen ist in vielen Fällen der eigene Datenbestand: 1.657567 Karteikarten mit den Namen von 687.380 Personen, 608.946 Orten und 361.242 Einheiten lagern in den Gewölben des Zentralarchivs in Ludwigsburg. Jede dieser maschinenbeschriebenen Karten ermöglicht den Zugriff zu den Aktenordnern.
Bei ihrer Suche nach nationalsozialistischen Gewaltverbrechern, die aufgrund des hohen Alters der Täter ein Wettlauf gegen die Zeit ist, hat die Zentrale Stelle nun aber auch wichtige Unterlagen und Hinweise aus den USA, Argentinien und Italien erhalten. Im Holocaust-Museum in Washington habe man Unterlagen in russischer und englischer Sprache erhalten, die derzeit ausgewertet werden, erläuterte der Leiter der Ludwigsburger Institution, Oberstaatsanwalt Kurt Schrimm. Bei dem Material handele es sich meist um Prozessakten aus Beständen des sowjetischen Geheimdienstes KGB; Gerichtsakten über Prozesse, die gegen deutsche Kriegsgefangene oder russische und ukrainische Kollaborateure geführt wurden. Flüchtig sei noch der ehemalige KZ-Arzt Aribert Heim alias \“Dr. Tod\“, der möglicherweise in Lateinamerika untergetaucht ist. Deutschland hat eine Belohnung von 130.000 Euro auf ihn ausgesetzt, das Wiesenthal-Zentrum weitere 10.000 Euro.
Seit dem Ende des Kalten Krieges haben sich mit der Öffnung vormals unzugänglicher Archive von Prag bis Moskau wahre Aktengebirge erschlossen, die noch zur Klärung vieler unaufgeklärter NS-Verbrechen beitragen könnten. Seit einigen Jahren sind die Ermittler mit dieser erdrückenden Zeugenschaft gesühnter und ungesühnter Verbrechen aber nicht mehr allein. Über ihre Außenstelle in Ludwigsburg sind Spezialisten des Bundesarchivs dabei, den Dokumentenbestand fachgerecht zu konservieren und als einzigartige Quelle für die Forschung aufzubereiten.
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Quelle: Die WELT, 3.1.2006