»Das Thema ist weiß Gott ein Dauerbrenner«, betonte Bundespräsident Horst Köhler anlässlich der Preisverleihung des Geschichtswettbewerbs »Sich regen bringt Segen? Arbeit in der Geschichte«. Da es noch immer zu wenig wettbewerbsfähige Arbeitsplätze in Deutschland gäbe, sei Arbeit eine der zu bewältigen Kernaufgaben für die Zukunft. Köhler dankte der Körber-Stiftung, dass diese sich zur Krise der Arbeitswelt engagiere und Jugendliche zur historischen Spurensuche auffordere. Die eingereichten Beiträge zeigten die vielseitigen Zusammenhänge dieses Themas und »welch spannende Ergebnisse die Schüler dabei zutage förderten«.
Dr. Wolf Schmidt vom Vorstand der Körber-Stiftung begrüßte den Bundespräsidenten, dessen Besuch im neuen Hamburger KörberForum Schmidt auch als »Anerkennung einer bislang höchst gelungenen Zusammenarbeit« wertete. Seit 1973 habe der Wettbewerb weit über 100.000 Teilnehmern Impulse für forschendes Lernen gegeben. Vor allem drei Ziele habe die Körber-Stiftung dabei im Blick: die Erinnerungsarbeit vor Ort zu stärken, aktuelle Herausforderungen auf den Prüfstein der Geschichte zu stellen sowie durch die Förderung von Wissenserwerb und Problemlösungskompetenzen eine neue Lernkultur zu unterstützen.
Im Anschluss an die Preisverleihung disktutierten v.l.n.r.: Prof. Dr. Dorothee Wierling, die Preisträger Christopher Wratil (2. Preis), Carola Opitz von Boberfeld (3. Preis), Friederike Krause (1. Preis), Jana Bosse (2. Preis). Es moderierte Christiane Brehl, SWR (rechts im Bild).
Wie vielseitig die Fragen waren, denen die jungen Geschichtsforscher nachgingen, zeigten die fünf vorgestellten, mit 2000 Euro dotierten ersten Preise. Friederike Krause (15) aus Münster portraitierte drei Generationen von Verkäuferinnen in »Tante-Emma-Läden« und fragte nach der Verantwortung der Verbraucher für das Aussterben der kleinen Läden mit ihrem gut ausgebildeten Fachpersonal. Aus der Sicht der Arbeiter bilanzierte Christina Brauner (16) aus Gladbeck den schweren Abschied ihres Wohnorts von Kohle und Stahl – und gab damit dem Strukturwandel tatsächlich »ein Gesicht«. Die Mainzer Julia Dörr (16), Alexander Voitmann (16) und Noela Müller (15) setzten mit einem Portrait der Hasenhaarschneider einem gesundheitsgefährdeten, inzwischen ausgestorbenen und beinahe vergessenen Handwerk ein Denkmal. Zwischen persönlicher Loyalität und historischer Bewertung balancierte Clemens von der Heide (18) aus Braunschweig die Beschreibung seiner Großmutter, die sich als Leiterin eines Kindergartens ab 1937 zunehmend in den Dienst des NS-Staates stellte.
Bei der Vergabe der Schulpreise des Bundespräsidenten belegte das Mainzer Rabanus-Maurus-Gymnasium den mit 3000 Euro dotierten ersten Platz. 107 Schüler hatten 73 Arbeiten eingereicht und wurden dabei von 11 Lehrern betreut. Platz zwei belegte die Marienschule aus Münster vor dem Landgraf-Ludwigs-Gymnasium aus Gießen.
Der Festakt endete mit einer Podiumsdiskussion zum Thema »Arbeit in Deutschland. Lernen aus der Geschichte?« Bundespräsident Köhler diskutierte mit vier Wettbewerbs-Preisträgern und der Jurorin des Geschichtswettbewerbs Prof. Dr. Dorothee Wierling. Moderiert von Christiane Brehl, SWR, stellten die Teilnehmer ihre Wettbewerbsarbeiten vor und kamen darüber mit dem Bundespräsidenten in ein Gespräch über verschiedene Facetten der Arbeitswelt. »Viele Wettbewerbsbeiträge handelten von Verlusten, sowohl von Firmen wie von Berufen«, sagte Dorothee Wierling. Einerseits könne es kein Zukunftsrezept sein, so der Bundespräsident, dass alles so bleiben soll, wie es war. Vielleicht könne auch der geschlossene »Tante-Emma-Laden« einmal mit neuen Dienstleistungen wiederkommen. Da Vollbeschäftigung wohl nie wieder erreicht werde, gab die Preisträgerin Carola Opitz von Boberfeld zu bedenken, müsse zukünftig neben der Arbeit auch über andere Werte als Mittel zur Selbstverwirklichung diskutiert werden. Es komme vor allem darauf an, so der Bundespräsident, dem Betroffenen mitzuteilen: »Du bist nicht nutzlos.« Dazu gehöre auch eine finanzielle Grundsicherung. Die persönliche Sinnfindung und Anerkennung durch Arbeit sei über viele Jahre gewachsen, betonte Dorothee Wierling. Angesichts der sich rasch verändernden Umständen sei es schwer, diese Einstellung ebenso schnell zu ändern. »Wir werden wohl noch viele Jahre mit diesem Problem leben müssen.« Doch da die Körber-Stiftung in ihrem Wettbewerb immer den lokalen und den biografischen Bezug zu ihren gestellten Themen herstellt, biete ihre historische Spurensuche ein »Riesenreservoir für menschliche Handlungs- und Erfahrungsmöglichkeiten«.
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Katja Fausser
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