Sechs Schülerinnen und Schüler von der Ahlener Fritz-Winter-Schule und ihr Geschichtslehrer Reinhard Künnemann forschten im Kreisarchiv Warendorf nach Spuren der Italienischen Militärinternierten (IMI) in Ahlen im Zweiten Weltkrieg.
Die Suche gestaltete sich mühsam, aber mit detektivischem Eifer analysierte die Gruppe Blatt für Blatt der alten Verwaltungsakten nach Hinweisen auf das Schicksal der Italiener – und wurde fündig: Hier allgemeine Hinweise zur Behandlung am Arbeitsplatz, dort eine Fahndungsliste mit einem Dutzend Italiener, die sich in Münster abgesetzt hatten, und schließlich in der Nachkriegszeit abgefasste kurze Berichte verschiedener Firmen über den Einsatz italienischer Arbeitskräfte in Ahlen.
Fast 300 überlieferte Arbeitskarten enthalten zahlreiche Informationen über die nach Ahlen verschleppten ehemaligen Soldaten und ihre Arbeitgeber. Besonderes Glück hatte die Gruppe, als eine der wenigen mit einem Foto ausgestatteten Arbeitskarten einen Italiener zeigte, der noch heute Kontakt mit einer Ahlener Familie hat.
Ab 1944 waren in Ahlen fast 300 Italiener zur Arbeit herangezogen worden, nachdem sich Italien von den anderen Achsenmächten Deutschland und Japan gelöst hatte. Als der angloamerikanische Oberkommandierende, General Dwight D. Eisenhower, am 8. September 1943 den Waffenstillstand mit Italien verkündete, setzte das Deutsche Reich seit Monaten vorbereitete Befehle in Kraft. In den folgenden Monaten nahm die Wehrmacht etwa 1 Million der 3,7 Millionen italienischen Soldaten gefangen; 600.000 von ihnen wurden als Arbeitskräfte der deutschen Kriegswirtschaft zugeführt. Die nach dem Chef der neuen italienischen Regierung, Pietro Badoglio, \“Badoglio-Schweine\“ beschimpften Soldaten wurden bis Frühjahr 1944 in Viehwaggons nach Deutschland transportiert.
Foto: Schülerinnen und Schüler von der Fritz-Winter-Schule aus Ahlen forschten im Kreisarchiv (Foto: Kreisarchiv Warendorf)
Im Sommer 1944 schließlich wurden sie größtenteils aus dem Status der Kriegsgefangenschaft in den ziviler Arbeitsverhältnisse. Die eigentlich vorgesehene schriftliche Einverständniserklärung unterzeichnete nur ein Drittel der Italiener, die übrigen wurden unter Zwang oder per Anordnung überführt. Etwa 20.000 starben im deutschen Gewahrsam – im Vergleich zu den Todesraten der wesentlich länger gefangenen Westalliierten eine deutlich höhere Quote (6-7%), was auf eine schlechtere Behandlung der als \“Verräter\“ diffamierten Italiener schließen lässt.
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Quelle: Presseinformation Kreis Warendorf, 24.10.2005