Im Dresdner Stadtarchiv gerät die neuere Stadtgeschichte in Vergessenheit – eine späte Folge der Rationalisierungswut der DDR-Behörden. Diese verwendeten selbst für wichtige Akten in den 1970er und 1980er Jahren meist sehr billiges Papier, dessen Schrift inzwischen oft kaum noch zu lesen ist. Rund 30 Prozent des Bestandes aus den letzten beiden Jahrzehnten der DDR, darunter durchaus auch Dokumente mit bis heute rechtlicher Relevanz, seien bereits unwiederbringlich verloren, teilte Stadtarchivdirektor Thomas Kübler mit. Weitere 1.600 laufende Aktenmeter in dem insgesamt rund 10,8 laufende Kilometer umfassenden Stadtarchiv seien unmittelbar vom Verfall bedroht.
Das Problem liegt im damals verwendeten Papier: Oft nutzten die Institutionen Ormig- und Thermokopierpapier, auf das die Aufzeichnungen nur oberflächlich aufgeprägt sind, so dass die Buchstaben und Zahlen recht schnell zerfasern. Zwar gibt es Methoden, um auch altes Papier zu rekonstruieren, angesichts der Fülle des betroffenen Materials in Dresden wäre der Kostenaufwand jedoch immens. Man hat sich daher in Dresden dazu entschlossen, dem Erhalt der Information den Vorrang vor dem Erhalt des Papiers zu geben.
Das Stadtarchiv Dresden will im kommenden Jahr ein auf ein Jahrzehnt angelegtes Verfilmungsprogramm für die DDR-Akten der 1970er und 1980er Jahre starten. Die Rettungsaktion wird etwa eine halbe Million Euro kosten. Aus Kostengründen habe man sich allerdings festgelegt, die Akten auf Schwarz-Weiß-Mikrofilme zu bannen; die authentischere Farbverfilmung wäre zu teuer.
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Quelle: Heiko Weckbrodt, Dresdner Neueste Nachrichten, 27.9.2005