Vertrauenswürdige digitale Langzeitarchive: Kriterien und deren Bewertung

Digitale Archive bewahren in ihren Beständen Bits und Bytes für kommende Generationen und sollen Sorge tragen, dass die Informationen von heute mit der Technologie von morgen gelesen werden können. In der Arbeitsgruppe \“Vertrauenswürdige Archive – Zertifizierung\“ des \“nestor\“-Kompetenznetzwerks Langzeitarchivierung (www.langzeitarchivierung.de) befassen sich Vertreter von Bibliotheken und Verbünden, Archiven und Museen, Verlagen sowie Forschungseinrichtungen, Software- und Zertifizierungsexperten mit der Frage nach den Standards, die langfristig die Qualität der Sicherheit und Verfügbarkeit der Daten beschreiben und bewerten.

Ein Workshop zum Thema \“Vertrauenswürdige digitale Langzeitarchive: Kriterien und deren Bewertung\“ fand am 21. Juni 2005 mit rund 70 Teilnehmern in der Bayerischen Staatsbibliothek München (BSB) statt. Zum Auftakt der Veranstaltung stellten Dr. Astrid Schoger (BSB) und Susanne Dobratz (Humboldt-Universität Berlin) die bisherigen Ergebnisse der nestor-Arbeitsgruppe \“Vertrauenswürdige Archive – Zertifizierung\“ vor: \“Wir sehen unsere Aufgabe darin, mit der Entwicklung eines in Deutschland praktikablen Zertifizierungsverfahren dazu beizutragen, dass die Vertrauenswürdigkeit digitaler Langzeitarchive aufgebaut und bewertet werden kann\“, erläutern Schoger und Dobratz einen zentralen Aspekt der Arbeitsgruppe, der auch im Rahmen des Workshops thematisiert wurde. Dabei sei nicht an eine Garantie für die nächsten fünf oder auch fünfzig Jahre gedacht, sondern an die Entwicklung von Strategien, die den beständigen Wandel bewältigen können. 

Peter Rödig von der Universität der Bundeswehr in München stellte in seinem Vortrag vorhandene Ansätze zur Entwicklung verschiedener Qualitätsstandards vor. In einem ersten Resümee konnte er feststellen, dass der Status Quo schon jetzt eine brauchbare Basis für allgemeine Bewertungskriterien liefere.

Um besondere Ansprüche an die Langzeitarchivierung von \“Objekt-Informationen\“ ging es im Beitrag von Dr. Siegfried Krause (Germanisches Nationalmuseum Nürnberg) und Dr. Karl-Heinz Lampe (Forschungsmuseum Koenig, Bonn). Traditionell sind kultur- und naturhistorische Museen völlig unterschiedlich organisiert. Im Zusammenhang mit der digitalen Archivierung von Informationen über die Sammlungsbestände stehen jetzt beide vor der Herausforderung, diese getrennten Wissenschaftsbereiche inhaltlich zu vernetzen.

Der Blick in die Zukunft aus unterschiedlichen Perspektiven wurde von Dr. Karl-Ernst Lupprian (Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns) um eine Darstellung des \“Ist-Stands\“ bei der Archivierung digitaler Verwaltungsunterlagen ergänzt. Lupprian griff dafür auf die vorläufigen Ergebnisse einer umfassenden Befragung unter digitalen Langzeitarchiven zurück, die im Frühjahr dieses Jahres im Rahmen des Projekts nestor durchgeführt wurde. 

Andreas Aschenbrenner von der Österreichischen Nationalbibliothek stellte das Projekt \“reUSE\“ vor, an dem verschiedene Universitäts- und Nationalbibliotheken beteiligt sind. Das Projekt hat zum Ziel, digitale Daten aus dem Publikationsprozess zu sichern, indem es sich in diesen Prozess einklinkt und die Daten direkt vom Produzenten in die Archive transferiert. Mit nestor verbindet das Projekt dabei nicht nur die Zielsetzung, Bewertungsschemata für vertrauenswürdige Archive zu entwickeln, sondern auch die holistische Herangehensweise, mit der außer der Technologie auch \“die Menschen hinter den Systemen\“ in den Blick genommen werden sollen.

Wichtige Kriterien für vertrauenswürdige Langzeitarchive stellte die nestor-Arbeitsgruppe vor und diskutierte sie mit der breiten Fachöffentlichkeit, um die Anwendbarkeit zu prüfen und die Angemessenheit von Bewertungen sicherzustellen. 

Die Abschlussdiskussion ergab, dass Vertrauenswürdigkeit auf unterschiedlichen Wegen angestrebt werden kann. Zunächst kann sich ein digitales Langzeitarchiv beim Aufbau und Betrieb an anerkannten Kriterien orientieren. In einem weiteren Schritt kann es sich durch Selbstdarstellung qualifizieren und die Transparenz gegenüber Nutzern, Kooperationspartnern, Datenproduzenten und den eigenen Mitarbeitern erhöhen. Ferner kann ein digitales Langzeitarchiv in einem formalen Verfahren nach strengen Kriterien ein Zertifikat erwerben.

Informationen über den Workshop stehen online auf http://www.langzeitarchivierung.de im Menü "Workshops"

Kontakt
Susanne Dobratz, 
Humboldt-Universität zu Berlin 
dobratz@cms.hu-berlin.de

Dr. Astrid Schoger, 
Bayerische Staatsbibliothek München 
schoger@bsb-muenchen.de

Quelle: Pressemitteilung nestor- Kompetenznetzwerk Langzeitarchivierung, 15.7.2005

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