Nach über 35 Jahren geht die Leiterin des Archivs der Hansestadt Lübeck, Prof. Dr. Antjekathrin Graßmann, Ende des Monats Mai mit 65 Jahren in den Ruhestand. Ihr Engagement und ihre Arbeitsmethoden sind legendär: Den berühmten Reichsfreiheitsbrief von 1226 holte sie in einer Nacht- und Nebel-Aktion in einer Aldi-Plastik-Tüte 1986 aus der damaligen DDR zurück. Es folgten noch 20.000 weitere mittelalterliche und frühneuzeitliche Urkunden aus osteuropäischen Archiven – insgesamt 1.100 Meter Akten. Dafür griff Graßmann auch zu unkonventionellen Mitteln. \“Einmal musste ich in Moskau den Ententanz tanzen.\“ Sie sei damals sogar im sowjetischen Fernsehen zu sehen gewesen.
Einen Ruhestand ohne Folianten, Urkunden und Akten kann und will sich Graßmann nicht vorstellen. Auch nach dem 31. Mai wird sie jeden Tag ins Gebäude an der Parade kommen. Sie plant eine Edition der Chronik von Reimar Kock aus dem 16. Jahrhundert. – Einen Nachfolger als Archivleiter wird es frühestens im kommenden Jahr geben. Graßmann: \“Das Feld ist bestellt. Jetzt brauchen wir jemanden, der unsere Bestände mit moderner Computer-Technik auswertet.\“
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Quelle: Jörg Köpke, Lübecker Nachrichten, 21.5.2005