Gefahr im Verzug für Bonner Stadtarchiv

Ungezählte Bücher, Bilder, Akten, Fotos und Plakate, die in den Magazinen des Bonner Stadtarchivs lagern, weisen nach Auskunft von Norbert Schloßmacher, Leiter des Stadtarchivs, teilweise „irreparable Schäden“ auf. Um zu retten, was noch zu retten ist, sei „größte Eile“ geboten, denn es handele sich um Unikate. Da der Etat des Archivs in den vergangenen Jahren stets gekürzt wurde, hofft Schloßmacher nun, dass der Rat die 17.000 Euro, die im Haushalt 2005 für Restaurierungen eingeplant sind, auch bewilligt.

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Der Haushaltsentwurf für 2005 sieht für das Stadtarchiv Bonn einen Gesamtbetrag von 873.000 Euro vor; davon entfallen 80 Prozent auf die Personalkosten. Schloßmacher bedauert, dass der Personalbestand auf nunmehr 18 Mitarbeiter geschrumpft wurde. Diese seien sehr motiviert, doch „unsere Aufgaben sind sehr zeitaufwändig, und es ist schon frustrierend erkennen zu müssen, dass wir längst nicht alles schaffen“. Nun erwägt er, die Möglichkeit der Ein-Euro-Jobs zu nutzen, insbesondere für die Digitalisierung von Fotos. Die Abteilung Dokumentation ist das größte Sorgenkind. Ungezählten Exponaten der mehrere Millionen Fotos, Negative, Postkarten und Plakate umfassenden Sammlung droht der Verfall, weil sie seinerzeit entweder schlecht fixiert worden oder von Schimmel oder Pilzen befallen sind. Daher sollen sie, soweit möglich, restauriert und/oder digital gespeichert werden.

Sorgen bereite zudem die Stadthistorische Bibliothek mit ihren rund 130.000 Bänden. Die zwischen Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts hergestellten Bücher, rund 15.000 Stück, müssen entsäuert werden, wobei die Stadt auch, gegen Bezahlung, eine Massenentsäuerungsanlage des Landschaftsverbandes Rheinland nutzen kann.

In einem Kommentar für den General-Anzeiger vertritt Bernd Leyendecker die Meinung, dass man angesichts der desolaten Bonner Haushaltssituation tunlichst behutsam mit dem Ruf nach \“Mehr Geld!\“ umgehen sollte, wenn es darum gehe, Missstände oder Defizite in der städtischen Infrastruktur beseitigen zu wollen. Gleichwohl dulde das Stadtarchiv keinen Aufschub, da sich dessen Archivgut teilweise in miserablem Zustand befinde. Die von Wasserschäden und Schimmel betroffenen Unikate bedürfen dringend der Restaurierung. Daher sollten sich die Ratsmitglieder vor den Haushaltsberatungen noch einmal an Ort und Stelle die zerfetzten und beschädigten Dokumente anschauen und genau überlegen, wie sie den Etat des Stadtarchivs ausstatten wollen. Denn hier sei Gefahr im Verzug.

Kontakt:
Stadtarchiv Bonn
Berliner Platz 2
53103 Bonn (Stadthaus Ebene 0)
Tel.: 0228/ 77 2410
Fax: 0228 / 77 43 01
stadtarchiv@bonn.de

Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger, 12.4.2005; Bernd Leyendecker, General-Anzeiger, 12.4.2005

Standardwerk über die Königsegger

Königsegg und Aulendorf – das ist ein halbes Jahrtausend gemeinsame Geschichte. Im Marmorsaal zu Aulendorf, im ehemaligen Schloss derer von Königsegg-Aulendorf, hat Dr. med. Horst Boxler jetzt sein Buch über die Königsegger vorstellen können. \“Es hat in der Familie alles an Schicksalen und Charakteren gegeben: genutzte Aufstiegschancen, brillante Königsministerialen und unbelehrbare Raufbolde, Prunksüchtige und Protagonisten bei der Rettung des Abendlandes, ketzerische Kirchenfürsten und Fromme, Berechnende und Samariter, Grausame und Kunstsinnige, Schwache und Starke\“, resümierte Dr. Boxler. 

Zwölf Jahre lang hat der praktizierende Neurologe an der \“Geschichte der Reichsgrafen zu Königsegg seit dem 15. Jahrhundert\“ (910 Seiten) und einem Anhangband (250 Seiten) gearbeitet. \“Disziplin ist alles\“, sagt Horst Boxler. Schon das Recherchieren, das Suchen in Archiven sei eine wahre Lust gewesen, sagte er im Gespräch mit der SZ

Mündliche Überlieferung im Sinne der Oral History zu sichern war Boxler neben all der Archivarbeit ein besonderes Anliegen. So hat er Katharina Olbrisch, eine geborene Freiin von Königsegg, besucht, die den ostpreußischen Zweig der Familie repräsentiert. Ihr hat er viel Erinnerung an die untergegangene Adelskultur Ostpreußens zu verdanken. \“Die radikale damnatio memoriae der sowjetischen Sieger in Ostpreußen\“, das Auslöschen der Erinnerung an das Deutschtum, habe auch vom Erbe der Königsegger im Osten kaum einen Stein, kein Grabmal, kaum Dokumente übrig gelassen. Das, was in Erfahrung zu bringen war, hat Dr. Boxler aufgeschrieben.

Kontakt:
Dr. med. Horst Boxler
Kaiserstr. 93
79761 Waldshut-Tiengen
Telefon: 0 77 51 / 21 80

Quelle: Gerhard Reischmann, Schwäbische Zeitung Online, 12.4.2005

Frauen in Essen

Noch bis Ende Mai haben Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, ihre Beiträge für den Geschichtswettbewerb zum Thema "Frauen in Essen" abzugeben. \“Einige Arbeiten sind bereits eingegangen. Die Schüler haben unter anderem Essener Frauen in der Politik porträtiert\“, sagt Klaus Wisotzky, Leiter des Stadtarchivs Essen. Das Stadtarchiv, der Historische Verein für Stadt und Stift und das Ruhrlandmuseum richten den Geschichtswettbewerb gemeinsam aus. Das Thema des Wettbewerbs wurde anlässlich der Ausstellung \“Krone und Schleier\“ ausgewählt, die im Ruhrlandmuseum zu besichtigen ist.

Das Thema \“Frauen in Essen\“ ist wegen seines breiten Spektrums sehr interessant. Die teilnehmenden Schüler können alle möglichen Aspekte der Frauengeschichte in Essen vom frühen Mittelalter bis heute behandeln. Aufgerufen sind die 5. bis 13. Klassen aller Schulformen. Es können schriftliche Arbeiten jeder Länge, Fotoarbeiten, Hörspiele, Drehbücher für ein Theaterstück oder Filmarbeiten abgegeben werden. Sowohl Schülern als auch Schulen winken Preise.

Kontakt:
Stadtarchiv Essen
Steeler Str. 29
45127 Essen
Tel.: 0201 / 88-41300
Fax: 0201 / 88-41313
info@archiv.essen.de

Quelle: Ilias Abawi, WAZ Essen, 11.4.2005

Ausstellung: Kindereuthanasie in Wien 1940-1945

Vom 4. April bis zum 12. August 2005 wird im Wiener Stadt- und Landesarchiv (Link) eine Ausstellung zum Thema "Kindereuthanasie in Wien 1940-1945. Krankengeschichten als Zeugen" präsentiert. Damit wird eine Thematik aufgegriffen, die an eines der furchtbarsten Geschehen der NS-Zeit gemahnt, mit der sich die historische und medizingeschichtliche Forschung in Österreich erst in den letzten Jahren intensiver auseinandersetzt. 

In Wien befand sich im 14. Wiener Gemeindebezirk auf dem Areal der Heil- und Pflegeanstalt \“Am Steinhof\“ eine Kinderfachabteilung mit der Bezeichnung \“Am Spiegelgrund\“, die im Sommer 1940 für die Tötung behinderter Kinder eingerichtet wurde. Es war nach der Anstalt in Brandenburg – Görden die zweite Einrichtung dieser Art im deutschen Reich, in der zwischen September 1940 und April 1945 über 780 Kinder und Jugendliche starben. 

Als im April 2003 alle identifizierten sterblichen Überreste der Kinder in einem Ehrengrab der Stadt Wien am Zentralfriedhof begraben wurden, schien für viele das Kapitel \“Spiegelgrund\“ damit zu Ende zu sein. Nicht jedoch für die Angehörigen. Noch heute melden sind Verwandte, die bei einem Besuch auf dem Zentralfriedhof einen bekannten Namen fanden. Die TäterInnen in der städtischen Nervenklinik selbst und im Umfeld der städtischen Verwaltung sowie an der Universitätskinderklinik sind heute großteils bekannt. Geschwister hingegen wissen oft nichts über den Bruder oder die Schwester, die in ihrer Kindheit sterben mussten, erkennen erst nach Jahren die Zusammenhänge zwischen dem Verschwinden aus ihrem Leben und dem Tod \“Am Spiegelgrund\“. Informationen in der Familie fehlen. Dem Abhilfe zu schaffen und zugleich aufzuzeigen, zu welchen Handlungen der Mensch fähig sein konnte, ist deklariertes Ziel der Ausstellung.

Die Ausstellung wird auf der Grundlage der seit dem Jahr 2001 in die Bestände des Wiener Stadt- und Landesarchivs übernommenen Krankengeschichten gestaltet. Sie stellt sich auch dem Geschehen nach Kriegsende, als der weitere Missbrauch der Opfer unter dem Deckmantel der wissenschaftlichen Forschung bis in die 1970er Jahre weiterging. 

Info:
Ausstellung: \“Kindereuthanasie in Wien 1940-1945. Krankengeschichten als Zeugen \“
4. April 2005 bis 12. August 2005 
Montag und Freitag von 9 bis 15.30 Uhr
Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 9 bis 18.30 Uhr
Wien 11., Guglgasse 14, Gasometer D, 4. Archivgeschoß (Zugang)

Kontakt:
Magistratsabteilung 8 
Wiener Stadt- und Landesarchiv
Gasometer D, 
Rathaus, A-1082 Wien
Telefon ++43-1-4000-7238

Quelle: Stadt Wien, 14.3.2005; ÖJ Österreich Woche, 4.4.2005

LK Wolfenbüttel zwischen 1933 und 1945

In zweijähriger Arbeit hat der Historiker Markus Gröchtemeier (35) die Zeit des Nationalsozialismus im Kreisgebiet Wolfenbüttels aufgearbeitet. „Nationalsozialismus auf dem Land – Der Landkreis Wolfenbüttel in den Jahren 1933 bis 1945“ lautet der Titel seines Buches, das jetzt erschienen ist. Die Präsentation des vom Landkreis Wolfenbüttel herausgegebenen Werkes war am Freitag gleichzeitig Auftakt der Veranstaltungsreihe zum 60. Jahrestag des Kriegsendes am 11. April 2005.

Landrat Burkhard Drake betonte, es sei an der Zeit gewesen, eine solche Dokumentation vorzulegen. Die Darstellung der Ereignisse während der NS-Diktatur habe für den Landkreis bislang gefehlt. Der Landrat berichtete, dass die Quellenlage im Vergleich zu vielen anderen Gegenden hervorragend gewesen sei. Gröchtemeier habe vieles aus Verwaltungsakten im Niedersächsischen Staatsarchiv in Wolfenbüttel finden können. Und das, obwohl es zum Kriegsende eine umfangreiche Aktenvernichtung gegeben habe.

Aus den Unterlagen hat Gröchtemeier die Kreisgeschichte detailreich nachgezeichnet, so Drake. Heimatpfleger hätten mitgearbeitet. Außerdem kommen Zeitzeugen zu Wort. Das mehr als 160 Seiten starke Buch ist mit historischen Fotos bebildert.

Kontakt:
Landkreis Wolfenbüttel
Bahnhofstraße 11
38300 Wolfenbüttel
Telefon: (05331) 84-0
Telefax: (05331) 84-430
Info@LK-WF.de

Quelle: Hans-Dietrich Sandhagen, newsclick.de, 9.4.2005

Programm des 65. Südwestdeutschen Archivtages

Der Südwestdeutsche Archivtag, der am 3. und 4. Juni 2005 in Lindau (Bayern) stattfindet, hat folgendes Thema: \“Organisationsreformen und ihre Auswirkungen auf die archivische Arbeit – Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen im Vergleich\“. Das Tagungspräsidium übernimmt Dr. Irmgard Christa Becker vom Stadtarchiv Saarbrücken.

Programm
Freitag, 3. Juni 2005
15:00 Stadtführung
17:00 Triariumssitzung
19:00 Stadtgeschichtlicher Vortrag
20:00 Empfang durch die gastgebende Stadt

Samstag, 4. Juni 2005
9 – 9:30 Einleitung und Grußworte
9:30 Aufbruch – Umbruch – Change. Die alten Staatsarchive im neuen Landesarchiv NRW
Dr. Mechthild Black-Veldtrup, Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Staatsarchiv Münster
10:00 Auf einer Stufe zukunftsfähig? Die staatliche Archivverwaltung Baden-Württemberg in der Verwaltungsreform
Dr. Robert Kretzschmar, Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart
10:30 Kaffeepause
11:00 Zur Zusammenarbeit verurteilt. Ein neues Verhältnis zwischen dem Landesarchiv und den Kommunalarchiven in NRW ?
Thomas Wolf, Kreisarchiv Siegen-Wittgenstein
11: 30 Mehr Aufgaben, neue Bestände: die baden-württembergischen Kreisarchive und die Verwaltungs-strukturreform
Manfred Waßner, Kreisarchiv Esslingen

14 – 16 Podiumsdiskussion
Wie wirken sich staatliche und kommunale Organisationsreformen auf die archivische Arbeit aus?

Podium
Dr. Mechthild Black-Veldtrup, Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Staatsarchiv Münster
Dr. Anna Pia Maissen, Stadtarchiv Zürich
Dr. Robert Kretzschmar, Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart
Thomas Wolf, Kreisarchiv Siegen-Wittgenstein
Prof. Dr. Hermann Rumschöttel, Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns
Manfred Waßner, Kreisarchiv Esslingen
Diskussionsleitung: Dr. Irmgard Christa Becker, Stadtarchiv Saarbrücken

Anmeldung: bis spätestens 6. Mai 2005 an: Stadtarchiv Lindau, Reichsplatz (Altes Rathaus), 88131 Lindau (Bayern)
oder stadtarchivLindau@web.de

Tagungsbeitrag: 10,- € Pensionäre und Auszubildende
20,- € bei Überweisung vorab
25,- € Tageskasse

Zahlungen: bis 31. Mai auf das Konto Nr. 387017759 bei der Postbank Karlsruhe (BLZ 66010075) lautend auf Dr. Kurt Hochstuhl/Südwestdeutscher Archivtag

Auskunft: Dr. Kurt Hochstuhl, kurt.hochstuhl@la-bw.de oder Tel.: 0761/3806011

Zimmerreservierungen unter: +49(0)8382-260030 oder reservierung@prolindau.de

Wegen einer Großveranstaltung am 3.-5. Juni sollten die Zimmerreservierungen möglichst bald vorgenommen werden.

Nach 16 Jahren tiefer Blick in die Lüner Geschichte

Zum 50-jährigen Bestehen des Stadtarchivs Lünen präsentiert sich die Einrichtung im Rahmen eines \“Tages der offenen Tür\“: Am 19. April lässt sich Stadtarchivar Fredy Niklowitz wieder in die Schränke schauen – in neue Schränke, wohlgemerkt. Denn nach der zweiwöchigen Schließung wegen Arbeiten an Magazinen und modernen Rollregalen brauche das Stadtarchiv einen kleinen Wachrüttler aus dem Dornröschenschlaf.

Den ganzen Tag liegen die Bücher offen. Niklowitz präsentiert den eigenen Alltag, garniert mit einem Schuss mehr Öffentlichkeitsarbeit als an normalen Tagen. Nach 16 Jahren ist es nun der erste Tag der offenen Tür, nachdem das Stadtarchiv auch am 2. bundesweiten TAG DER ARCHIVE im letzten September nach seinem innerbehördlichen Umzug aus Personalgründen nicht hatte teilnehmen können. 

\“Die wenigsten wissen, dass wir mittlerweile viele Arbeiten mit dem Internet erledigen und längst von Historikern in ganz Deutschland als Anlaufstelle genutzt werden\“, wirbt der Archivar ein halbes Jahrhundert nach der Eröffnung für die Institution im Rathaus und führt ein Beispiel an. Für die TV-Dokumentationsreihe \“Heimkehrer\“ nutzten Wissenschaftler und Journalisten die Bestände in Lünen. Greifbar wird die Geschichte der Stadt zu den Jubiläumsaktionen durch ein Exponat wie das rote Buch, einer Chronik, die bis ins 18. Jahrhundert Historikern als Quelle diente und in den vergangenen Jahren restauriert wurde.

Kontakt:
Stadtarchiv Lünen
Willy-Brandt-Platz 1
44532 Lünen
Tel.: (02306) 104 – 1526
Fax: (02306) 104 – 1460
fredy.niklowitz.85@luenen.de

Quelle: WAZ, 7.4.2005

Ausstellung zum Kriegsende in Menden

Im Rahmen der "Langen Nacht der Kultur" wird Bürgermeister Rudi Düppe am Samstag, 30. April, die Ausstellung "Die Amis kommen!" eröffnen. Diese von Peter Müller, Franz Rose und Andreas Reiser zusammengestellten Schau zeigt die letzten Tage des 2. Weltkriegs im hiesigen Raum. Besucher erhalten Einblick, wie es vor 60 Jahren in Menden ausgesehen hat (wir berichteten). Bei der Eröffnung, die im alten Ratssaal in der Bücherei stattfindet, wird Peter Müller einiges zur von unserer Zeitung präsentierten Ausstellung erzählen, die vom 30. April bis zum 31. Mai im ersten Obergeschoss und im Stadtarchiv der Dorte-Hilleke-Bücherei zu sehen sein wird. Büchereileiterin Veronika Czerwinski weist darauf hin, dass Führungen für Schulklassen gebucht werden können – und dies auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten der Bücherei. Außderdem gibt es auch eine Broschüre zu der Ausstellung, die ebenfalls den Titel "Die Amis kommen!" trägt. Sie kann ab dem 30. April in der Bücherei oder im Stadtarchiv erworben werden.

Quelle: Mendener Zeitung, 7.4.2005

Ausstellung zum Kriegsende in Peine

Ein gerahmtes Porträt von Hitler über’m Schreibtisch in einer Amtsstube im Peiner Rathaus, US-Panzer auf dem Marktplatz, GIs, die dort deutsche Waffen kontrollieren: Sensationelle Fotos und Dokumente, nie zuvor gesehen, bilden jetzt den Rahmen für die Ausstellung "60 Jahre Kriegsende", die am Sonntag im Peiner Kreismuseum um 11.30 Uhr eröffnet wird.

Man spürt den April 1945, man geht zurück in jene furchtbare Zeit. Man erlebt die Niederlage hautnah, kann das Geschehen nachträglich erfassen: Einiges davon ist zwar bekannt, aber nie wurden die Ereignisse vor exakt 60 Jahren so konkret beschrieben, wie es Karl-Heinz Heineke aus Hämelerwald, Oberstleutnant der Panzertruppe, tat: Bilder, flankiert von Beschreibungen und Erläuterungen, sind auf Kartons gezogen, geben detaillierten Aufschluss über jene schicksalhaften Tage, werfen Schlaglichter auf das Geschehen.

So auf die Truppenbewegung der 5. US-Panzerdivision auf die Fuhsestadt zu, an der sie eigentlich vorbei marschieren sollte, die Hintergründe für den geänderten Befehl: Sie werden transparent auf Karten und Stellungsmarkierungen. Der Einmarsch der Amerikaner am 9. April 1945 in Peine – dem Vergessen entrissen. Als Angehöriger des Heeresamtes II in Köln und Koordinator der internationalen Zusammenarbeit des Heeres mit den US Army Battle Laboratories hatte Heineke Zugang zu dem im Archiv in Maryland gelagerten Material.

Und man braucht Stunden, um es zu sichten, lohnenswert genug, dem Museum mehr als einen Besuch abzustatten, zumal es durch das Peiner Stadtarchiv ergänzt wird. Dessen Leiter Michael Utecht ist begeistert, geht von Bild zu Bild, gerät ins Schwärmen über die unbekannte Dokumentation jenes Tages: "Einfach phänomenal." Relikte der Zeit sind auch – nun vergilbt – die letzten Ausgabe der Zeitungen jenes Tages.

Fotos vom Hof Hansen in Rosenthal belegen den Beginn des kurzen Prozesses der Übergabe der Stadt, andere die offizielle durch Bürgermeister Dr. Wiard Bronleewe – und die Zeit, die eine Uhr an der Wand für immer und ewig still stehen lässt: 9.53. Ein weiteres zeigt einen ausgebrannten Panzer, der noch bis 1948 das Dorfbild Wipshausens prägte.

Berichte von Augenzeugen hat Heineke angefügt, die im Gasthof zur Linde mit überlebenden Amerikanern gesprochen hatten: Sie waren in ihrem Jagdpanther über Alvesse abgeschossen worden. Da ist die erschütternde Tagebuchaufzeichnung eines damals 15-Jährigen, seine Angst vor den Panzern, die von Hämelerwald durch Dollbergen über Edemissen nach Peine rollten, das Erlebnis mit dem ersten Kaugummi.

Einzigartig und ebenfalls nie gesehen, die Peiner waren ja nicht eingeladen, wie ein russischer General ausgezeichnet wird und samt seiner Delegation der großen Siegesparade beiwohnt mit Salut aus 18 Panzerhaubitzen auf dem Schützenplatz – Peiner Freischießen einmal anders.

Bis einschließlich Sonntag, 1. Mai, ist die Ausstellung zu sehen.

Quelle: Iris N.Masson, newsclick.de, 7.4.2005

Archiv des Oral-History-Projekts «Archimob»

Das Projekt «Appenzeller Dorfgeschichte» befasst sich vorwiegend mit Sozial-, Wirtschafts- und Alltagsgeschichte. Es sind schon Männer und Frauen interviewt worden, die die bewegten Zeiten der 1920er- bis 1940er-Jahre miterlebt haben. Vor allem geht es in erster Linie darum, die Erinnerungen von Zeitzeugen für die Nachwelt festzuhalten. Es werden weitere Zeitzeugen gesucht.

Der in Appenzell lebende Joseph Fritsche ist Initiator und Gestalter des Projekts. Er hat in Zürich an der Universität allgemeine Geschichte studiert, befasst sich heute beruflich aber mit etwas ganz Anderem, der Vermögensverwaltung. Doch er weiss zu berichten, dass sich Erfahrungen der Geschichte auch hier gut anwenden lassen. Vor einigen Jahren konnte er sich aus Familienbesitz im Ried ein Haus erwerben. In seiner Freizeit betätigt er sich auch mit der Befragung von aufmerksamen, älteren Zeitzeugen aus dem Dorf und vor allem auch dem Ried-Quartier. Er hält somit persönliche Erinnerungen fest, die mit kollektiv geteilten Verstellungen über die Vergangenheit verschmelzen können. Es geht ihm weniger darum herauszufinden, was genau früher passiert ist, als vielmehr darum, welche Aspekte der Vergangenheit von einer bestimmten Vergangenheit hervorgehoben und welche verdrängt werden.

In seinen Forschungen bedient sich Fritsche der Methode der so genannten Oral History. Als Zweig der Geschichtswissenschaft beruht sie auf der Befragung von Zeitzeuginnen oder Zeitzeugen. Das Verfahren ist so alt wie Homer und hat sich heute international durchgesetzt. In der Schweiz ist die Methode hingegen bis vor einigen Jahren noch kaum verwendet worden. Die Holocaust-Debatte hat vieles bewegt, aber auch viele Gemüter erregt. Mit dem umfangreichen Oral-History-Projekt «Archimob» gibt es nun auch ein Archiv, wo die Erinnerungen der Aktivdienst-Generation aufgehoben sind. Auch andere inte-ressante Aspekte gehen der Geschichtswissenschaft unwiederbringlich verloren, die für Zweige wie Kultur- und Alltagsgeschichte wertvoll sein können. Ausserdem lassen sich durch die Beschäftigung mit Erinnerungen neue Einsichten gewinnen in die Prozesse, mittels deren Geschichtsbilder konstruiert werden. Eines zeigt sich dabei rasch. Wahrheit ist ein Plural, tatsächliches Geschehen und persönliches Erleben sind zwei Währungen.

Durch Interviews mit Beteiligten, Betroffenen und zeitnahen Beobachtern historischer Prozesse wird Erlebtes und Berichtetes aufgearbeitet. Auf die Zuhilfenahme eines Tonbandgerätes wird verzichtet, es werden nur in Stichworten Notizen gemacht. Im Unterschied zu anderen Bereichen der Geschichte sind hier die Quellen nicht unmittelbar zugänglich, da sie durch das lebensgeschichtliche Interview erst erstellt werden und sie sich der Historiker somit erst im persönlichen Gespräch erarbeiten muss. An einem detaillierten Fragebogen wird nicht festgehalten; es handelt sich demnach nicht um ein strukturiertes Interview. Joseph Fritsche geht davon aus, dass durch einen unbefangenen wechselseitigen Dialog die Vergangenheit lebendiger und zuverlässiger erinnert und aufgearbeitet wird als bei formal ausgearbeiteten Detailfragen.

Zeitmaschinen sind heute zum Leidwesen vieler Leute noch nicht erfunden worden. Um dennoch Interessantes aus dem Appenzeller Dorfleben der 1920er- bis 1940er-Jahre in Erfahrung zu bringen, ist mittels Homepage ein Aufruf erlassen worden. Die Adresse der Homepage lautet http://www.ainet.ch/appenzellergeschichte (E-Mail: appenzellergeschichte@ainet.ch). Wer mit einem interessanten Beitrag aufwarten kann, soll sich an folgende Adresse wenden: Joseph Fritsche, Wührestrasse 3, 9050 Appenzell. […]

Quelle: Achilles Weishaupt, Appenzeller Zeitung, 6.4.2005